Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Ich will auf einen weiteren Punkt hinweisen. Als die Fälle öffentlich wurden, sind gleich die Politik, die Landesregierung und wir im Wirtschaftsministerium gefragt worden: Was macht Ihr denn jetzt? Wenn nicht mehr herauszufinden ist, wer wo das Geld für sich behalten und nicht weitergeleitet hat, sodass es bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommt, müsst ihr dann nicht im Rahmen euer sozialen Verantwortung als Land eingreifen und dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer ihren Lohn erhalten? Wir haben das nicht gesagt. Ich will das noch einmal hier in aller Form deutlich machen. Weder im Fall Bostalsee noch im Fall Höll sind irgendwelche öffentlichen Mittel geflossen. Wir haben - obwohl wir überhaupt kein Verhandlungsmandat hatten -, zumindest in einer Moderation darauf hingewirkt, dass die beteiligten Firmen - das war zum einen beim Bostalsee die Firma IETC und Lins, und zum anderen die Firma Höll selbst -, obwohl sie darauf bestehen, die Mittel ordnungsgemäß weitergeleitet zu haben, sie möglicherweise ein zweites Mal direkt an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt haben. Ich sage Ihnen, dabei wird es bleiben.

Wenn wir jetzt anfingen, Versäumnisse, teilweise kriminelle Machenschaften in der Weise auszugleichen, dass wir am Schluss diejenigen sind, die den Leuten die Löhne nachbezahlen, dann wäre das nichts anderes als eine Aufforderung an Vermittler in Osteuropa, das Geld für sich zu behalten und nicht an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterzugeben. Das ist deren Aufgabe. Die Politik kann gar nicht so blöd sein, den Eindruck zu erwecken, sie bezahle am Schluss die Rechnung. Diese Rechnung muss von anderen bezahlt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Deshalb bin ich der Auffassung, dass gerade die beiden Fälle im Saarland gezeigt haben, dass wir im Saarland bereits über ein gut funktionierendes Netzwerk der Zusammenarbeit aller maßgeblichen Akteure zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung sowie des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen verfügen. Dieses Netzwerk umfasst folgende Akteure: die Landesregierung, die Gewerkschaften, die Bundesagentur für Arbeit, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die Staatsanwaltschaft. Wir sind dabei, diese Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. Das kann man Task Force nennen, muss man aber nicht.

Am vergangenen Montag, am 13.05., gab es auf Arbeitsebene zum Beispiel ein Gespräch mit dem BMF im Zusammenhang mit den Kontrollen zum Saarländischen Tariftreuegesetz. Auch hier wollen wir eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium und der FKS auf den Weg bringen. Ob Sie das jetzt Task Force nennen oder nicht, wir tun das. Wir tun das und wir haben zwei Aufgaben zu erledigen. Das eine ist, dafür zu sorgen, dass gesetzliche Lücken, die keiner will, geschlossen werden. Das können wir hier alleine nicht, sondern das müssen wir auf Bundesebene erreichen. Dafür brauchen wir Partner, die suchen wir auf der nächsten Wirtschaftsministerkonferenz.

(Beifall der Abgeordneten Kolb (SPD).)

Das Zweite ist, dass wir dort, wo wir in der Verantwortung sind, in der Kontrolle die Netze, die es gibt, mit allen Akteuren noch engmaschiger machen, als sie sind. Die haben sich dazu bereit erklärt. Ich kann nicht ausschließen, dass es in Zukunft noch einmal solche Fälle gibt. Aber ich kann Ihnen zumindest versichern, dass wir, wenn es Fälle gibt, im Rahmen unserer Möglichkeiten alles dafür tun werden, sie schnell aufzuklären und dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land anständig bezahlt und entlohnt werden, denn das Saarland war, ist und wird nie ein Eldorado für Lohndumping werden. Dafür werden wir sorgen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Minister Maas. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Prof. Dr. Heinz Bierbaum von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sind uns darin einig, dass Maßnahmen gegen den Missbrauch von Werkverträgen unternommen werden müssen. Wir sind uns dabei einig, dass Gesetzesänderungen notwendig sind. Der Kollege Kurtz hat darauf hingewiesen, dass in Bezug auf die Scheinselbstständigkeit der Rechtsrahmen von 2004 wiederhergestellt werden müsse. Mir sei die Frage

(Minister Maas)

erlaubt - der ich allerdings nicht weiter nachgehen will -, wer denn anschließend die Regierung gestellt hat.

(Beifall von der LINKEN und von B 90/GRÜNE.)

Wir sind uns auch einig, dass das Saarland überfordert ist, eine generelle Regelung zu schaffen. Hier wird beschworen - aber ich bin mir nicht so sicher, ob da wirklich Einigkeit herrscht -, die prekäre Arbeit in ihrem gesamten Umfang zu bekämpfen, weil das der einzig wirkliche Schutz gegen den Missbrauch von Werkverträgen darstellt.

Dann gibt es ein sehr zentrales Thema. Der Kollege Kurtz hat darauf hingewiesen. Wir brauchen mehr Kontrollen. Im Antrag der Koalitionsfraktionen ist allerdings von Kontrolle wenig die Rede. Da wird begrüßt, was die Landesregierung macht, da wird begrüßt, was hier passiert und dort. Eben ist begrüßt worden, dass die Wirtschaftsministerkonferenz sich damit beschäftigen wird. Das eigentliche Problem wird aber verkannt.

Ich glaube, dass der Sinn und Zweck unseres Antrags nicht begriffen worden ist. Der Sinn und Zweck unseres Antrags war es nicht, die Regierung schlechtzumachen. Es war gar nicht notwendig, jetzt darauf hinzuweisen, was da alles Gutes gemacht worden sei. Darüber will ich jetzt im Einzelnen gar nicht reden, ob man wirklich rechtzeitig gehandelt hat, ob man wirklich so schnell gehandelt hat, wie es hier behauptet wird. Darum geht es uns im Kern überhaupt nicht. Wir begrüßen auch gerne das, was von Staatssekretär Barke an unmittelbarer Hilfe in diesem konkreten Fall koordiniert worden ist. Es geht vielmehr darum, dass wir eine Situation vermeiden, wo wir auf diese Fälle per Zufall oder durch die Tatsache aufmerksam werden, dass es einen besonderen Missbrauch gab wie beispielsweise bei Höll, wo die Betroffenen vor die Saarbrücker Zeitung gezogen sind. Was wir wollen, ist, dass präventiv vorgegangen wird, indem eine systematische Kontrolle erfolgt. Das ist der Sinn und Zweck unseres Antrags.

(Beifall von der LINKEN und von B 90/GRÜNE.)

Ich weiß sehr wohl, dass es schwierig ist. Ich weiß sehr wohl, dass es unterschiedliche Dinge gibt und dass Abgrenzungen da sind. Es geht uns aber darum, die Kontrollen zu verstetigen. Wir wollen doch nicht so tun, als ob es ein oder zwei Fälle wären. Das ist die Spitze des Eisbergs, natürlich kein saarländisches Problem, aber auch ein Problem im Saarland. Das ist der Punkt. Deswegen wollen wir Folgendes aufgreifen: Diejenigen, die dafür zuständig sind, sollen gemeinsam und koordiniert handeln. Das ist der Sinn und Zweck einer Task Force. Da geht es nicht um den einen oder anderen Fall, es geht um das Phänomen eines wirklich eklatanten Missbrauchs von Werkverträgen, der mit modernem

Sklaventum einhergeht. Das ist etwas, was wir nicht akzeptieren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Da verstehe ich wirklich nicht, warum man dann so drumherum redet, indem man zum Teil die Zustände beschönigt, indem man sagt, man mache ja schon alles und Ähnliches. Auch der Minister hat eben in seinem Beitrag deutlich gemacht, dass es notwendig ist, dafür Netzwerke zu haben. Das kann man auch Task Force nennen. Ich glaube aber, dass das, was wir gegenwärtig haben, nicht ausreichend ist, sondern dass wir etwas brauchen in Analogie - da bin ich dem Kollegen Neyses dankbar, dass er darauf hingewiesen hat - zur Task Force bei den Grenzgängern. Die hat ganz andere Aufgaben, das weiß ich, mit dem Thema der schwierigen rechtlichen Situation, Sozialversicherung und dergleichen mehr. Aber gerade die Problematik der Werkverträge, des Subunternehmertums, das ist doch auch eine sehr komplexe Materie. Deswegen wäre es wichtig, dass die Behörden da Hand in Hand arbeiten. Anhand dieser Fälle gibt es doch für bestimmte Branchen - das muss ich hier auch einmal deutlich sagen - einen generellen Verdacht, dass hier die Zustände nicht in Ordnung sind.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Deswegen verstehe ich nicht, warum man unseren Antrag ablehnt. Es geht uns wirklich nur darum, die Sachen zu bündeln und diese Kontrolle einmal systematisch zu machen. Insofern ist das auch eine präventive Maßnahme, wenn man solche Kontrollen systematisiert. Es hat überhaupt nichts mit dem Thema Werkverträge generell zu tun, Herr Kollege Wegner. Ich bin schon einmal von einem Journalisten gefragt worden, ob die LINKE vielleicht Werkverträge verbieten will. Solch eine Frage ist ausgemachter Unsinn. Es geht nur um den Missbrauch. Es geht auch gar nicht - Sie meinen fälschlicherweise, das in unserem Antrag entdeckt zu haben - um die Hersteller-Zulieferer-Beziehungen wie beispielsweise im Supplier Park in Saarlouis oder Ähnliches. Es geht um ganz konkrete Dinge, die bekannt geworden sind und von denen wir alle wissen, dass sie keine Einzelfälle sind, sondern dass sie die Spitze des Eisbergs darstellen. Deswegen möchte ich an Sie appellieren, nicht auszuweichen, nicht immer bloß auf gesetzliche Regelungen, die sicherlich notwendig sind, abzustellen, sondern das zu machen, was wir hier im Saarland machen können. Das ist die Einrichtung einer „Task Force Missbrauch Werkverträge“ in der Weise, wie wir es beschrieben haben. Deswegen bitte ich erneut um die Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Das Wort hat der Abgeordnete Eugen Roth von der SPD-Landtagsfraktion. Die CDU-Landtagsfraktion hat die Redezeit auf die SPD übertragen. Herzlichen Dank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Stichwort, das gegeben wurde, lautet: Wir müssen das tun, was wir tun können. Es gehe - so Heinz Bierbaum zum Ende seiner Ausführungen - nicht darum, die Landesregierung schlechtzumachen. Wenn ich mir anschaue, was bei dem von allen Rednern festgestellten Missstand regelungsbedürftig ist, brauche ich im Detail nicht alles zu wiederholen. Klar ist, der gesetzgeberische Ball liegt eindeutig auf der Bundesebene. Es gibt kein einziges saarländisches Gesetz, wo man bei dieser Frage noch an irgendeiner Schraube drehen könnte.

Ursache der Debatte sind Vorkommnisse, die leider auch bei uns im Land eingetreten sind. Es war bei uns immer und ist wohl nach wie vor Konsens, dass das wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges ist. Das ist nicht nur der berühmte Ausnahmefall, sondern das kommt öfter vor. Ich will noch nicht sagen, das ist systematisch, weil ich das nicht beweisen kann. Aber es gibt nicht nur den Ausnahmefall.

Vor diesem Hintergrund zu sagen - das ist der Dissens, den wir haben -, wir bilden eine Sonderorganisation, halten wir für falsch. Warum halten wir das für falsch? Wir halten es für falsch, weil unsere Regierungsorganisation, die zuständigen Ämter und Behörden, den Nachweis erbracht haben, dass sie schnell und umfassend reagieren in einem Maße, wie das aufgrund der kurzen Wege - auch der kurzen Wege zu den Gewerkschaften - in anderen Bundesländern wahrscheinlich nicht der Fall wäre.

Wir haben im Wirtschaftsausschuss lange und breit diskutiert. Es war auch eine klare Erkenntnis, dass zum Beispiel in der Bundeshauptstadt Berlin, wo solche Dinge leider jeden Tag blühen und gedeihen man muss sich nur die vielen Neubauten ansehen -, sich um einen solchen Fall wahrscheinlich überhaupt keiner gekümmert hätte. Bei uns am Bostalsee habe ich nur darauf gewartet, dass noch die Heilsarmee auftritt und für die rumänischen Kollegen Musik macht. Da war ja das halbe Land in Bewegung.

Die Regierung hat schnell und umfassend reagiert. Es waren - mit Verlaub, Hubert Ulrich - nicht die GRÜNEN, die das mit einer Sitzung hochgebracht haben, sondern die GRÜNEN sind auf das Thema aufgesprungen. Nachdem unsere Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt das hochgebracht hatte,

haben die GRÜNEN das genutzt, um es politisch auszuschlachten.

(Andauernde Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Es ging überhaupt nicht mehr um die Werkvertragsunternehmer. Es ging nur noch darum, mit Dreck zu schmeißen, um nichts anderes!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich saß morgens mit den Leuten in der Kantine. Da hat der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN die noch nicht einmal begrüßt; das ist bei mir hängengeblieben. - Bitte, Herr Ulrich.

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Wieso hat denn das Ministerium in der von uns beantragten Sondersitzung in den Osterferien immer noch behauptet, man könne gewisse Dinge nicht tun, dazu sei man nicht befugt? Das war im April. Das widerlegt das, was Sie gesagt haben.

(Abg. Roth (SPD) : Was widerlegt das?)

Es war die Behauptung des Ministeriums, man könne nicht eingreifen, weil man die Befugnisse nicht hätte.

(Zuruf: Welche?)

Entsprechende Kontrollen durchzuführen. Sie waren doch alle dabei! Meinen Sie, ich hätte mir die Sätze genau mitgeschrieben, welche Befugnisse es waren? Das Ministerium hat erklärt, es gäbe keine Befugnisse, um entsprechende Kontrollen durchzuführen. Danach wurden sie trotzdem durchgeführt. Das ist die Realität, und um die reden Sie hier einfach herum.

Was jetzt gesagt wurde, entspricht - so wie ich es mitbekommen habe - vorne und hinten nicht den Tatsachen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Lesen Sie das Protokoll!)

Das ist Huberts Welt, die hier dargelegt wird, die ich als Eugens Welt so nicht erlebt habe. Es ging in dieser Sitzung des Wirtschaftsausschusses auch darum, dass Staatssekretär Jürgen Barke en détail dargelegt hat, dass die Landesregierung - so steht es auch in unserem Antrag - aufgrund einer moralischen, nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung innerhalb kürzester Zeit tätig geworden ist und dafür gesorgt hat, dass die Leute - was der Kollege der IG BAU ihnen versprochen hatte - am gleichen Tag noch Geld ausbezahlt bekamen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Vier Monate später!)

Alles Quatsch! - Das war eine in höchstem Maße komplizierte Angelegenheit, weil man - wie Heiko Maas es dargelegt hat - dadurch in enorme Schwierigkeiten kommen kann. Es geht darum, in guter Absicht Regelungen zu treffen, um den Menschen zu helfen, und nicht darum, hier billige Debatten zu führen und hinterher zu sagen, wir haben das gemacht, obwohl man nichts gemacht hat. Und dann kommen die Nächsten, die Übernächsten und die Dritten und sagen, im Saarland kriegen sie eine Bedienung, wie sie sie sonst nirgendwo kriegen. Das muss doch jeder, der bis fünf zählen kann, kapieren!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Frage, eine Sonderorganisation zu bilden, sehen wir sehr kritisch. Das führt immer zu dem Nebenaspekt, dass sich die „normale“ Organisation ein Stück weit nicht mehr so damit beschäftigen muss, weil man ja die Sonderorganisation hat. Ich will, dass das weiterhin so funktioniert, wie es funktioniert hat, weil es den Praxistest bereits bestanden hat.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Das ist völlig widersinnig!)

Ich verweise, lieber Heinz, auf unseren Antrag, drittletzter und zweitletzter Spiegelstrich, wo es heißt: „Einführung von neuen Regeln sowie effektive Umsetzung der Kontrollmöglichkeiten zur Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit und Scheinwerkverträgen - Koordinierte Einbindung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit“. Der Vertreter hat übrigens in derselben Ausschusssitzung gesagt, dass er ebenfalls gut bedient wurde. Da blieb auch nicht der Hauch eines Zweifels.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)