Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

kung der Bürgerbeteiligung. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Nach § 69 Abs. 1 des Gesetzes über den Landtag des Saarlandes muss über verfassungsändernde Gesetze in Dritter Lesung namentlich abgestimmt werden. Ich darf die Schriftführer bitten, die Namen der Abgeordneten aufzuführen.

(Namentliche Abstimmung) 1 Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? Dann schließe ich die Stimmabgabe und bitte die Schriftführer, mir das Abstimmungsergebnis zu übermitteln. (Die Schriftführer zählen die Stimmen aus.)

Nach Artikel 101 Abs. 1 der Verfassung des Saarlandes ist für die Annahme dieses Gesetzes in Dritter Lesung die Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten, also 34, erforderlich. Ich gebe das Ergebnis bekannt: Es sind 50 Stimmen abgegeben worden - ein Abgeordneter ist entschuldigt -, davon 45 mit Ja-Stimmen, drei mit Nein-Stimmen und zwei Stimmenthaltungen. Ich stelle also fest, dass das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Saarlandes zur Stärkung der Bürgerbeteiligung Drucksache 15/140 mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in Dritter Lesung angenommen ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben die Tagesordnungspunkte 2 und 3 gemeinsam behandelt. Deshalb kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf zur Änderung des Volksabstimmungsrechtes Drucksache 15/302. Hierzu hat die Landtagsfraktion DIE LINKE mit der Drucksache 15/492 einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Landtagsfraktion DIE LINKE. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages Drucksache 15/492 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/492 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Abgeordneten Simone Peter, Ablehnung der Koalitionsfraktionen und Enthaltung der Fraktion der PIRATEN.

Die PIRATEN-Landtagsfraktion hat mit der Drucksache 15/480 ebenfalls einen Abänderungsantrag eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrags 15/480 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/480 mit Stimmenmehrheit abgelehnt

ist. Zugestimmt haben die Fraktionen PIRATEN, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abgelehnt haben die Koalitionsfraktionen.

Auch die B 90/GRÜNE-Landtagsfraktion hat mit der Drucksache 15/487 einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des Volksabstimmungsrechtes eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass dieser Abänderungsantrag ebenfalls mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt haben die Fraktionen B 90/GRÜNE und DIE LINKE bei Ablehnung der Koalitionsfraktionen und Enthaltung der PIRATEN.

Der zuständige Ausschuss für Inneres und Sport hat mit der Drucksache 15/461 einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des Volksabstimmungsrechtes eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag des Ausschusses. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/461 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen bei Ablehnung der PIRATEN und Enthaltung der Fraktionen DIE LINKE und B 90/GRÜNE.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 15/302. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 15/302 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrags ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/302 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrags mit Stimmenmehrheit angenommen ist. - Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen bei Ablehnung der PIRATEN und Enthaltung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zum Vollzug der Sicherungsverwahrung im Saarland (Saarländi- sches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz - SLSVVollzG) (Drucksache 15/387) (Abände- rungsanträge Drucksachen 15/460 und 15/478)

(Präsident Ley)

Zur Berichterstattung erteile ich der Ausschussvorsitzenden Frau Petra Berg das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf wurde vom Plenum in seiner 13. Sitzung vom 20. März 2013 mehrheitlich angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung überwiesen. Der Gesetzentwurf verweist im Wesentlichen auf das rheinlandpfälzische Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetz, welches in Rheinland-Pfalz am 24. April 2013 in letzter Lesung verabschiedet wurde.

Das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz trägt dem Abstandsgebot zum Strafvollzug Rechnung, indem es den Vollzug konsequent therapiegerichtet und freiheitsorientiert ausgestaltet und den Untergebrachten ein Leben in Würde und weitgehender Selbstbestimmung ermöglicht. Neben der Verweisung enthält der Gesetzentwurf Regelungen zu unmittelbarem Zwang, Disziplinarmaßnahmen und Datenschutz. Da in Rheinland-Pfalz weder Schusswaffengebrauch noch Disziplinarmaßnahmen in der Anstalt vorgesehen sind, waren insoweit abweichende Regelungen für das Saarland zu treffen. Durch die notwendige Neuregelung der Sicherungsverwahrung steigen die Kosten, die das Saarland aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung an Rheinland-Pfalz zahlt, von derzeit 884.000 Euro jährlich auf circa 1,9 Millionen Euro.

Der Ausschuss hat am 11.04.2013 eine Anhörung durchgeführt sowie zahlreiche schriftliche Stellungnahmen ausgewertet. Im Rahmen der Anhörung wurde zunächst gegenüber den Anhörungsteilnehmern klargestellt, dass die saarländischen Regelungen zu unmittelbarem Zwang und zu Disziplinarmaßnahmen sich nach dem Territorialprinzip auf das Saarland beschränken. Im rheinland-pfälzischen Justizvollzug, in dem die saarländischen Sicherungsverwahrten aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung untergebracht sind, kommen also weder Schusswaffengebrauch noch Disziplinarmaßnahmen gegenüber den saarländischen Sicherungsverwahrten zur Anwendung. Damit wurden die durch die Anhörungsteilnehmer vorgetragenen Bedenken ganz überwiegend schon gegenstandslos.

(Vizepräsidentin Ries übernimmt den Vorsitz.)

Aus datenschutzrechtlicher Sicht wurde die in § 11 Absatz 8 enthaltene Befugnis, erkennungsdienstliche Unterlagen auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen zu verwahren, im Hinblick auf den Grundsatz der Datensparsamkeit kritisch gesehen. Stattdessen wurde vorgeschlagen, eine spezielle Befugnis auf den Fall des Entweichens zu schaffen. Zudem wurde die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der in

§ 13 vorgesehenen Zentraldatei bezweifelt. Im Hinblick auf § 16 wurde angeregt, auch interne und externe psychologische Gutachten wegen der Sensibilität der Daten getrennt von sonstigen Unterlagen zu führen. Die in § 19 vorgesehene Speicherfrist der Videoüberwachung wurde als unverhältnismäßig lang eingeschätzt. Hier wurde ein Zeitraum von 48 Stunden zur Feststellung, ob ein sicherheitsrelevanter Vorfall vorliegt, als ausreichend angesehen. Bezüglich § 20 Abs. 8 wurde dafür plädiert, grundsätzlich ein Akteneinsichtsrecht der Sicherungsverwahrten vorzusehen.

Ein Abänderungsantrag der PIRATEN-Landtagsfraktion, der Ihnen als Drucksache 15/478 vorliegt, wurde im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt. Der Antrag sah anstelle einer dynamischen eine einfache Verweisung auf das rheinland-pfälzische Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetz vor. Zudem griff der Antrag ganz überwiegend die vonseiten des Datenschutzes vorgebrachten Bedenken auf.

Ein Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen, der im Ausschuss einstimmig angenommen wurde und Ihnen als Drucksache 15/460 vorliegt, sieht lediglich eine geringfügige sprachliche Präzisierung vor.

Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 02.05.2013 beraten und empfiehlt dem Plenum einstimmig bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/387 nach Maßgabe des Abänderungsantrages Drucksache 15/460 in Zweiter und letzter Lesung. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich danke der Berichterstatterin und eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Abgeordnete Heike Kugler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zur Sicherungsverwahrung im Saarland greift bis auf wenige Ausnahmen auf den rheinlandpfälzischen Gesetzestext zurück. Daher konnten wir das Gesetz in der letzten Plenarsitzung nicht beschließen, sondern wir mussten die Verabschiedung des Gesetzes in Rheinland-Pfalz abwarten und haben heute diesen Punkt erneut auf der Tagesordnung.

Daher möchte ich zwei Punkte aufgreifen, die sich vom rheinland-pfälzischen Gesetzestext abheben. Dies betrifft zum einen die Zulassung des Schusswaffengebrauchs innerhalb der Anstalt, da die in der Sicherungsverwahrung untergebrachten Personen nicht bei uns im Saarland untergebracht sind, sondern ausnahmslos in Rheinland-Pfalz, in Diez. Da mutet es umso befremdlicher an, dass die

(Präsident Ley)

saarländischen Sicherheitsverwahrten anders behandelt werden sollen als die rheinland-pfälzischen. Ein Schusswaffengebrauch durch Vollzugsbedienstete wird nur nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit in Betracht kommen. So ist dies bereits bislang in vielen Bundesländern.

Wenn tatsächlich ein Fall eintritt, der den Schusswaffengebrauch notwendig erscheinen lässt, so wird ohnehin die Hilfe der Polizei in Anspruch genommen. Es gelten dann damit auch die Vorschriften des Polizeirechts. In der Sicherungsverwahrung ist schwer vorstellbar und für die Betroffenen nicht vermittelbar, dass verwahrte Personen aus dem Saarland anders behandelt werden sollen, als dies im rheinland-pfälzischen Sicherungsverwahrungsgesetz vorgesehen ist. Eine Differenzierung im Umgang je nach Herkunft der Insassen in ein und derselben Anstalt erscheint nicht als sinnvoll.

Dies gilt auch für den zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte, den Bereich der Disziplinarmaßnahmen. Entgegen dem rheinland-pfälzischen Sicherungsverwahrungsgesetz enthält der saarländische Gesetzestext sehr wohl auch disziplinarische Maßnahmen, die bei schuldhaften Pflichtverletzungen greifen sollen. Behandlungsangebote werden für alle verwahrte Personen gleichermaßen angeboten. Eine Differenzierung ist einzig aufgrund der Motivation oder des Behandlungsstandes vorgesehen. Dies bedeutet, dass Personen, die von Gerichten in Rheinland-Pfalz verurteilt wurden und für die daher keine Disziplinarmaßnahmen gelten, denselben Behandlungsgruppen angehören wie auch saarländische Untergebrachte, bei denen das Disziplinarrecht greift.

Daher haben auch Fachleute kritisch angemerkt, dass diese Regelung wenig praktikabel sei, so zum Beispiel Prof. Dr. Axel Dessecker aus der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, der anmerkt, dass die durch die Landesherkunft geschaffene disziplinarrechtliche Differenzierung für die Untergebrachten weder in therapeutischer Hinsicht noch für die Bediensteten der Anstalt praktikabel sei. Hinzu kommt das Problem, dass eine mögliche Disziplinarmaßnahme eine Einschränkung im Bereich der Unterhaltungselektronik vorsieht. Somit ist auch das Informationsrecht der Untergebrachten angetastet. Dies sollte genauer geprüft werden. Eine Differenzierung in der Behandlung zwischen rheinland-pfälzischen Verwahrten und saarländischen Verwahrten, noch dazu im rheinland-pfälzischen Diez, erscheint uns von daher nicht gerade sinnvoll, im Gegenteil sogar absurd. Wir finden es schade, dass diese Punkte, obwohl sie mehrfach im Ausschuss angemahnt wurden, nicht nachgebessert worden sind. Wir werden uns daher enthalten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und von B 90/GRÜNE.)

Das Wort hat die Abgeordnete Petra Berg von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat den Ländern aufgegeben, bis zum 31. Mai 2013 - also genau in zwei Wochen - ein Gesamtkonzept der Sicherungsverwahrung normativ festzuschreiben, das die Vorgaben des Abstandsgebotes zum Strafvollzug erfüllt. Wir haben mit Rheinland-Pfalz eine Kooperation getroffen mit Wirkung zum 01.01.2010. Damit gilt unser saarländischer Entwurf allenfalls für singuläre Fälle, da eine Unterbringung saarländischer Sicherungsverwahrter schon jetzt in Diez erfolgt. Dennoch ist auch der saarländische Gesetzgeber gehalten, tätig zu werden, damit auch für Einzelfälle die rechtliche Grundlage einer Unterbringung gegeben ist.

Was bedeutet denn überhaupt Sicherungsverwahrung? Sicherungsverwahrung ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung mit Präventivfunktion, da sie die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern schützen soll. Wie einschneidend eine solche Maßregel ist, wird auch daran deutlich, dass sie grundsätzlich unbefristet erfolgt. Die Sicherungsverwahrung setzt nach der Verbüßung der Freiheitsstrafe ein. Sie stellt deshalb einen schwerwiegenden Eingriff in das Freiheitsgrundrecht dar. Der Untergebrachte bringt nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts ein Sonderopfer, da er die Haft bereits vollständig abgesessen hat. Deshalb muss die Sicherungsverwahrung nach einem freiheitsorientierten und therapiegerichteten Gesamtkonzept erfolgen.

Die Leitlinien des Bundes für den Vollzug der Sicherungsverwahrung sehen zur Erfüllung des Abstandsgebotes folgende Aspekte vor. Dem Untergebrachten ist eine individuelle und intensive Betreuung anzubieten, die ihn zur Mitwirkung motiviert und darauf zielt, die Gefährlichkeit des Untergebrachten so zu mindern, dass die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder aber für erledigt erklärt werden kann. Außerdem müssen Sicherungsverwahrung und Strafvollzug räumlich getrennt voneinander erfolgen. Und die Sicherungsverwahrung darf auch immer nur Ultima Ratio, also das letztmögliche Mittel nach Ausschöpfung aller weniger einschneidenden Maßnahmen, sein. Dies folgt dem Gedanken, dass bereits im Vollzug dem Prinzip der Ultima Ratio entsprochen werden muss.

Kommt Sicherungsverwahrung in Betracht, müssen schon während des Strafvollzuges - das ist sehr wichtig - alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Gefährlichkeit des Straftäters zu reduzieren. Es muss gewährleistet werden, dass die entspre

(Abg. Kugler (DIE LINKE) )

chenden Behandlungen zeitig beginnen, mit der erforderlichen Intensität durchgeführt werden und möglichst schon vor dem Strafende abgeschlossen sind.

Die zu Sicherungsverwahrung verurteilten Gefangenen sind im Saarland während der Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken untergebracht. Derzeit sind es 24 männliche Gefangene, die eine Sicherungsverwahrung im Gepäck haben. Der Jüngste ist 30 Jahre alt, der Älteste 63 Jahre. Bei einem Großteil handelt es sich um Sexualstraftäter, bei anderen häufig um Menschen mit einer psychopathischen Persönlichkeitsstruktur. Dementsprechend unterschiedlich ist die individuelle Therapiefähigkeit und Therapiemotivation.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass bereits im Mai 2012, also vor genau einem Jahr, eine Arbeitsgruppe von Fachleuten unter Federführung des Justizministeriums ein detailliertes, hochqualifiziertes Behandlungskonzept erstellt hat, wie es das Bundesverfassungsgericht für die Sicherungsverwahrten zum 01.06.2013 gefordert hat. Das Saarland hat hier also schon sehr frühzeitig eine Vorreiterrolle eingenommen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle allen Beteiligten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizministeriums, für diese herausragende Arbeit ganz besonders danken.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das wesentliche Ziel des saarländischen Konzeptes für zur Sicherungsverwahrung Verurteilte ist, bereits in der Strafhaft die Bemühungen des Fachpersonals zu intensivieren, Behandlungsmaßnahmen zu definieren und festzuschreiben, die den Antritt der Sicherungsverwahrung entbehrlich machen sollen. Kommt es dennoch zur Sicherungsverwahrung, muss hierfür Vorsorge getroffen werden.

Ich darf aus dem Behandlungskonzept zitieren: „Kann ein Gefangener trotz aller Anstrengungen nach Verbüßung der Haft nicht entlassen werden, ist ein koordinierter Übergang von der Strafhaft in der JVA Saarbrücken in die Sicherungsverwahrung zu gewährleisten. Der Übergang von der JVA Saarbrücken in die JVA Diez soll strukturiert und standardisiert gestaltet werden mit Hilfe eines Behandlungsnavigators oder einer Behandlungsnavigatorin.“

Der saarländische Gesetzesentwurf beinhaltet auch zwei Abweichungen zum rheinland-pfälzischen Gesetz, Frau Kugler hat dies eben schon angesprochen, einmal die Zulassung des Schusswaffengebrauchs und zum Zweiten die Anordnung von Disziplinarmaßnahmen. Zur Zulassung des Schusswaffengebrauchs muss ausdrücklich betont werden, dass im Saarland derzeit keine Sicherungsverwahrten untergebracht werden. Sollte dies aber in Einzelfällen geschehen, werden für diese Fälle unsere Ju

stizvollzugsbeamtinnen und -vollzugsbeamten eingesetzt, die auch im Strafvollzug beschäftigt sind.

Es ist nicht zuzumuten, dass die Justizvollzugsbeamten zunächst zu dem einen Inhaftierten gehen mit der Schusswaffe und auf dem Weg zu dem Sicherungsverwahrten dann in diesem Einzelfall wieder zurückgehen und die Schusswaffe ablegen müssen. Das ist nicht praktikabel und kann so nicht durchgeführt werden. Dennoch ist der Schusswaffengebrauch ausschließlich für äußerst seltene Extremsituationen zugelassen und daher gerechtfertigt. Brüche und Unklarheiten in der Vollzugspraxis werden dadurch vermieden.

Der saarländische Gesetzesentwurf verzichtet auch ganz bewusst nicht auf Disziplinarmaßnahmen. Diese können als regulierende Maßnahmen das geordnete Zusammenleben einer schwierigen Personengruppe fördern und sind deshalb auch gerechtfertigt. Dabei dürfen diese nur unter engen Voraussetzungen, zurückhaltend und im Bewusstsein der bereits beschriebenen „Ausnahmesituation Sicherungsverwahrung“ angewendet werden.