Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Astrid Schramm von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Schmidt, es ist schon sehr merkwürdig, dass Sie, nachdem Sie ja an den Plänen beteiligt waren, sich hierhin stellen und das auch noch verteidigen. Das finde ich schon schlimm.

(Abg. Scharf (CDU) : Wieso? - Weitere Zurufe.)

Es ist aber auch für unsere Fraktion nicht nachvollziehbar, dass bei den Gesprächen „Krankenhäuser in Not“ von der Schließung der Pädiatrie in Merzig mit keinem Wort die Rede war. Es wäre doch gut gewesen, wenn man dort schon dieses Problem auf die Tagesordnung gebracht und dazu Stellung genommen hätte!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Meine Frage an Sie, Herr Schmidt, der Sie an der Schließung beteiligt gewesen sind: Die fünf Betten, waren die belegt? Wie hoch waren die belegt? Waren die vielleicht sogar zu wenig? Vielleicht können Sie das noch beantworten!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Simone Peter von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Hans, ich habe den Eindruck, dass die Trennung zwischen wirtschaftlicher und politischer Entscheidung doch etwas überbetont wird. Wir haben das vorhin schon im Energiebereich diskutiert. Das Land beteiligt sich an VSE, aber bei der Windkraft sollen möglichst alle Entscheidungen im wirtschaftlich autarken Raum stattfinden. Das Gleiche beim Krankenhausplan. Ich war beim ersten Krankenhausplan Kabinettsmitglied. Da wurde lange gefeilscht, da gibt es ja immer auch politische Interessen. Die Träger und die Politik sitzen konkret zusammen, nicht im Hinterzimmer, sondern in offenen Räumen, sie sitzen mit allen Beteiligten zusammen,

wenn es darum geht, einen umfassenden Plan für das Saarland - und das soll der Krankenhausplan ja auch ermöglichen - zu schmieden, der eine bedarfsgerechte Versorgung im gesamten Saarland sicherstellt. Von daher zu sagen, lasst den Trägern die freie Entscheidung - das ist ja grundsätzlich richtig, aber man darf es nicht bei dem einen gut finden und bei dem anderen falsch.

(Zuruf des Abgeordneten Heinrich (CDU).)

VSE haben wir heute Morgen diskutiert. Es geht ja grundsätzlich darum, ob die Politik sich in wirtschaftliche -

(Zurufe und Sprechen.)

Doch, ich habe das heute Morgen genannt. Sie können es im Protokoll nachlesen. Es geht darum, dass wir als Akteure in einem kleinen Land zusammensitzen: die politischen Akteure, die wirtschaftlich agierenden Akteure, die Träger im Krankenhausbereich. Von daher ist mir das Argument nicht zugänglich, das möchte ich noch mal betonen.

Herr Schmidt, dass wir hier Ängste schüren, ist in keiner Weise der Fall. Wenn hier 13.000 Unterschriften gesammelt werden -

(Zuruf.)

Richten Sie den Blick doch bitte mal auf die andere Seite, wenn Sie solche Bemerkungen loslassen. Die Hebammen sitzen hier. Es geht nicht um Ängste, sondern es geht um die Sorgen der Leute vor Ort. Die Menschen sind verunsichert, wenn es zu einer Trennung kommt. Wenn ab der 37. Schwangerschaftswoche die Versorgung woanders erfolgt als vorher, wenn es bei Risikoschwangerschaften einer Einschätzung bedarf, dann sind die Menschen verunsichert, ob sie sich nach Merzig wenden sollen oder an eine andere Klinik. Das Beispiel Saarbrücken zieht natürlich überhaupt nicht. Wenn es in der Caritas-Klinik zu einer Risikogeburt kommen sollte, gehen die Leute natürlich in die WinterbergKlinik, das ist doch räumlich -

(Zuruf: Die kooperieren doch mit Homburg.)

Mit Homburg auch, aber das ist doch räumlich eine ganz enge Situation. Ich habe selber in Saarbrücken entbunden, da konnte man sich entscheiden, ob man auf dem Winterberg entbinden wollte. Das ist doch wirklich kein Argument. Ich weiß, dass die Frauen aus Saarbrücken sich für den Winterberg entscheiden.

Das Argument, dass, selbst wenn hier Teile der Versorgung wegbrechen, die Anzahl über 300 bleibt, ist für mich auch nicht nachvollziehbar. Oft wird ja eine Lawine ausgelöst dadurch, dass die Menschen vor Ort verunsichert sind, weil die Versorgung nicht mehr komplett stattfindet. Da wandern die Gebärenden ab und da ist es schnell passiert, dass man un

(Abg. Neyses (PIRATEN) )

ter 300 Geburten rutscht. Das ist eine Einschätzungssache. Wir schätzen es so ein, Sie schätzen es anders ein. Wir werden hoffentlich nicht erleben, dass wir die Grenze 300 unterschreiten.

Ich habe gehört, dass am runden Tisch auch darauf hingewiesen wurde, dass die ärztliche Versorgung über 24 Stunden gewährleistet sein muss. Das ist in den wirtschaftlichen Berechnungen nicht umfassend berücksichtigt. Wenn der Arzt da sein muss, spart man ja gar nicht den gesamten Betrag ein - ich habe es eben ausgeführt -, dann muss man noch einmal 400.000 Euro investieren. Von daher ist es uns ein Anliegen, alle Aspekte noch einmal in den Topf zu werfen und die Akteure zusammenzubringen. Wenn Sie von vornherein den Kopf schütteln, mag das ja damit zusammenhängen, dass Sie Träger und Politik in Personalunion sind. Ich würde aber darum bitten, dass die Politik in Form der Abgeordneten, in Form der Landesregierung sich noch einmal im Rahmen eines Gesamtplanes mit der Thematik Merzig beschäftigt und im Sinne unseres Antrages auf die Akteure vor Ort zugeht. - Vielen Dank.

Herzlichen Dank. - Das Wort hat nun der Minister für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Andreas Storm.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist Weltfamilientag, deshalb ist es zunächst einmal ein gutes Zeichen, dass unter unseren Zuschauern die Hebammen aus Merzig sind. Ich nenne sie stellvertretend für alle Hebammen in diesem Land, die einen ganz wichtigen Dienst tun. Das ist vor allen Dingen deshalb wichtig, weil wir im Saarland das Bundesland mit dem höchsten Anteil an hochbetagten Menschen sind; ich werde am Schluss noch einmal darauf zurückkommen. Umso wichtiger ist es aber, dass wir eine gute Versorgung auch für den Nachwuchs im Blick haben.

Zunächst einmal aber zur Frage der Trägerentscheidung. Es ist mehrfach zu Recht betont worden, dass es eine Entscheidung des Trägers, der SHG ist, die gesagt hat, dass sie die Pädiatrie in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten kann. Dabei ist die entscheidende Frage: Was ändert sich dadurch? Es sind drei Essentials, die ich hier hervorheben möchte. Erstens, ganz klar: Die Klinik für Geburtshilfe bleibt. Es ist klar, dass über 90 Prozent der Geburten damit auch weiterhin in Merzig betreut werden können. Das, was der grüne Antrag suggeriert, nämlich dass die Grenze von 300 Geburten in Gefahr stehen würde im Landkreis Merzig-Wadern oder im Umfeld, ist definitiv nicht der Fall. Das haben die Gespräche mit dem Träger auch ganz klar ergeben. Wir haben derzeit über 600 Geburten - das hat Tobi

as Hans mit Beispielen aus den letzten 12 Jahren verdeutlicht -, selbst wenn wir den Anteil der Frühgeburten komplett herausnehmen würden, lägen wir immer noch in einer Dimension weit über 500, zumal durch die Schließung in Hermeskeil das Potenzial eher wieder größer geworden ist. Es geht kein Mensch davon aus, dass wir in den nächsten Jahren Gefahr laufen, die Grenze von 300 auch nur annäherungsweise zu erreichen oder zu unterschreiten. Und deshalb ist ganz klar: Die Klinik für Geburtshilfe bleibt! Deshalb ist das Krankenhaus auch nicht in Not, sondern es ist gesichert.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zweiter Punkt. Auch die Notfallversorgung ist gesichert, unabhängig vom Versorgungsauftrag. Das ist im Saarländischen Krankenhausgesetz geregelt, und hier braucht niemand Bedenken zu haben. Der dritte Punkt, der auch wichtig ist, wenn es eine solche Veränderung gibt, ist die klare Zusage, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird.

Ich komme aber nun zur Pädiatrie selbst. Wir haben hier in der Tat eine sehr kleine Abteilung mit zuletzt fünf Betten. Es waren bis 2007 30 Betten, dann bis 2011 - nach der Reduzierung - 12 Betten, und jetzt sind es noch fünf Betten, ausschließlich zur Versorgung der Frühgeborenen. Nun muss man sehen, dass der Träger nachgewiesen hat, dass eine wirtschaftliche Versorgung wegen des hohen Defizits nicht möglich ist. Der entscheidende Punkt aber, der hoffentlich in diesem Haus allen am Herzen liegt, ist die Frage der bestmöglichen Versorgung. Und hier ist das Kriterium nicht die Frage der unmittelbaren Wohnortnähe, sondern der Ergebnisqualität. Ich darf einmal zitieren aus den Schriften der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, die bei der Charité in Berlin angesiedelt ist und dort im vergangenen Jahr zwölf Thesen ausgearbeitet hat. Dort wurde deutlich gemacht: Für die große Anzahl kleinerer Abteilungen, weniger als 30 Betten, wird es zunehmend schwieriger werden, eine ausreichende Kompetenz und ein ausgeglichenes Kosten-ErlösVerhältnis vorzuhalten. Ein Kriterium zur Bewertung von kinder- und jugendmedizinischen Abteilungen muss die Ergebnisqualität sein. - In einem weiteren Abschnitt heißt es: Eine Umstrukturierung der stationären kinder- und jugendmedizinischen Versorgung wird in Zukunft vorwiegend in Flächenstaaten notwendig sein. Dabei sind alternative Betriebsmodelle unabdingbar. - So weit ein Auszug daraus, der deutlich macht, dass wir nicht die Einzigen sind, bei denen sich die Frage einer sehr kleinen Zahl stellt, dass aber das entscheidende Kriterium die Qualität der Versorgung sein muss. Und hier haben wir einfach nicht mehr die Mindestgröße, die das auf Dauer aufrechterhalten lassen würde.

Im Saarland insgesamt haben wir zwei Level-1-Zentren, das eine ist in Homburg am UKS und das an

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) )

dere ist das Klinikum in Saarbrücken, und wir haben zwei Level-2-Zentren mit Marienhaus Saarlouis-Dillingen und Marienhaus St. Josef Kohlhof. Deshalb ist auch klar, dass wir im Landkreis St. Wendel eine solche Form der Versorgung nicht haben. Aber niemand würde auf die Idee kommen, dass dadurch die Geburtenrate im Landkreis St. Wendel auch nur näherungsweise negativ beeinflusst würde. Wir sind ein Land, das mit einer Versorgung an vier Standorten eine angemessene Versorgung hat, wenn wir und das betone ich noch einmal - die Qualität der Leistung im Blick behalten wollen.

Meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass wir bei der Weiterentwicklung unserer Krankenhauslandschaft nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern vor allen Dingen die Versorgungsqualität für die Menschen als den zentralen Aspekt betrachten. Aber das, was uns umtreiben muss, ist die Frage: Wie können wir als das Land mit dem höchsten Anteil hochbetagter Menschen im gesamten Westen unserer Republik eine solche Versorgung sicherstellen? Deshalb haben wir auch das Thema demografiegerechte Versorgung ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Dabei müssen wir, sozusagen an beiden Enden der Alterspyramide, bei den hochbetagten Menschen, aber auch bei unserem Nachwuchs ansetzen. Das kann aber nur gehen, wenn wir bereit sind, auch auf weitere Entwicklungen einzugehen.

Ich darf Ihnen noch einmal versichern, dass eine Verschlechterung der Versorgung der Menschen im Landkreis Merzig-Wadern hier nicht zur Debatte steht. Diese Maßnahme, über die der Träger entschieden hat, ist eine Maßnahme, die eine qualitativ hochwertige Versorgung auch im Norden unseres Landes in Zukunft sicherstellen wird. Und ich bin mir auch sicher, dass bei den Beratungen, die vor Ort am runden Tisch stattfinden, weitere Lösungen gefunden werden, um die von den Betroffenen in besonderer Weise gesehen Punkte angemessen berücksichtigen zu können. Aber ohne eine Bereitschaft zur Weiterentwicklung werden wir es nicht schaffen, dass wir die gute Versorgungssituation in diesem Land aufrechterhalten können. Das ist gerade auch wichtig, wenn wir an die Jüngsten im Saarland denken.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/483 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der

Antrag Drucksache 15/483 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Fördern statt Sitzenbleiben an Grundschulen (Drucksache 15/484)

Zur Begründung erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Hubert Ulrich das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute hier den zur Abstimmung stehenden Antrag eingebracht, weil Bildungsminister Commerçon in der Presse angekündigt hat, dass er das Sitzenbleiben an den Grundschulen im Saarland abschaffen will. Herr Commerçon, dazu kann ich Sie nur beglückwünschen. Das ist ein richtiger Vorstoß, wir unterstützen das. Das entspricht der Programmatik der GRÜNEN und das entspricht offenbar auch, dass wissen wir ebenso, der sozialdemokratischen Programmatik. Leider Gottes war es nur so, dass Ihr Koalitionspartner von der CDU wegen Ihres Vorstoßes sofort auf die Barrikaden gegangen ist. Es gab eine kleine Koalitionskrise, die mittlerweile beigelegt ist, aber leider ist sie beigelegt zulasten der Sache und zulasten der Sozialdemokratie an dieser Stelle. Ich kann das in der Sache aber nicht verstehen, weil die Christdemokraten im Koalitionsvertrag mit uns GRÜNEN genau dieser Vorgehensweise bereits zugestimmt hatten, und zwar nicht nur im Bereich der Grundschulen, sondern bis zur Klassenstufe 6.

Es gibt hier im Saarland, noch eingeleitet von Klaus Kessler, sogar einen Schulversuch an 11 saarländischen Gymnasien „Fördern statt Sitzenbleiben“. In diesen Schulen fällt das Sitzenbleiben in den Klassenstufen 5 und 6 weg. In den Klassenstufen 1 und 2 ist es schon weggefallen. Das Wegfallen in den Grundschulen insgesamt hätte in unserer Koalition Bestand gehabt und wäre im Verlauf der weiteren Arbeit dieser Koalition auch umgesetzt worden. Vor diesem Hintergrund kann ich den Zusammenhang nicht so richtig verstehen, warum die Christdemokraten für sich genommen hinter eine Position zurückgehen, die sie bereits öffentlich in einem Koalitionsvertrag zugestanden haben. Und was ich überhaupt nicht mehr verstehen kann, Herr Commerçon: Wieso in aller Welt, wenn Sie in Ihren Koalitionsverhandlungen auf Augenhöhe mit den Christdemokraten verhandelt haben, lassen Sie sich hinter eine bereits ausgehandelte Linie zurückdrängen? Angeblich wa

(Minister Storm)

ren Sie doch so stark bei den Verhandlungen! Es ist ja immer schwierig, etwas Neues zu verhandeln. Das wissen alle, die jemals Koalitionsverhandlungen geführt haben und die in der Politik unterwegs sind. Aber eine Position, die von uns GRÜNEN bereits erkämpft war, einfach wieder aufzugeben und dann auch noch innerhalb der Koalition einen öffentlichen Vorstoß zu machen, um ihn dann wieder schlucken zu müssen, ist eine sehr erklärungsbedürftige Vorgehensweise. Ich sage ganz offen, ich verstehe das nicht. Der Sache hat das auf jeden Fall nicht gedient.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Ich möchte auch durchaus in der Sache selbst argumentieren, nicht nur über den Vorgang an sich. Uns GRÜNEN und, so vermute ich, auch Ihnen, Herr Commerçon, geht es ja nicht einfach darum, das Sitzenbleiben abzuschaffen, weil es einem nicht gefällt. Nein, es geht darum, lernschwachen Kindern und Jugendlichen, die in aller Regel nur einem Fach oder zwei Fächern lernschwach sind, Förderunterricht zukommen zu lassen, um sie im Klassenverband mitzunehmen. Natürlich sieht auch dieser Gedankengang das freiwillige Wiederholen aufgrund langer Krankheit oder wegen Entwicklungsverzögerungen durchaus vor. Das muss man aber nicht weiter erläutern, denn das wissen Sie, das wissen eigentlich alle in diesem Haus.

Wir stützen unsere Position im Übrigen auch nicht einfach nur auf irgendeine Ideologie. Nein, wir stützen unsere Forderungen auf empirische Schulforschung. Die Erkenntnisse der empirischen Schulforschung sind eigentlich sehr deutlich: Es wird ganz klar festgestellt, dass das Sitzenbleiben keine dauerhafte Leistungsverbesserung erbringt. Das Sitzenbleiben entspricht dem Sortierverfahren, das an deutschen Schulen betrieben wird mit dem Ziel, homogene Leistungsgruppen zu erreichen. Homogene Leistungsgruppen sind allerdings heterogenen Leistungsgruppen nicht überlegen, das belegen explizit die PISA-Studien. Das Sitzenbleiben wirkt darüber hinaus auf viele Schülerinnen und Schüler äußerst demotivierend. Und nicht zuletzt widerspricht das Sitzenbleiben dem Inklusionsgedanken, wonach niemand ausgesondert werden soll. Leistungsrückstände können besser durch individuelles Lernen und Fördern ausgeglichen werden als durch eine pauschale Wiederholung des gesamten Stoffs.

Für alles das gibt es viele Belege. Insbesondere gibt es auch die Bertelsmann-Studie mit dem Titel „Klassenwiederholungen - teuer und unwirksam“. Kosten entstehen beim Wiederholen insbesondere, weil durch das Sitzenbleiben, wie es immer wieder geschieht, zusätzliche Klassen gebildet werden können. Nach Bertelsmann bedeutet das, bezogen auf das Untersuchungsjahr 2007/2008 - ich gehe davon aus, dass diese Zahlen auch heute noch relevant

sind -, jährlich 1,5 Millionen Euro an Mehrkosten in diesem Land. 1,5 Euro Mehrkosten, dies vor dem Hintergrund der Schuldenbremse, dies vor dem Hintergrund eines Bildungsbereiches, der von Ihnen sukzessive immer weiter zusammengestrichen wird! Diese 1,5 Millionen Euro wären sehr viel besser für die Finanzierung von Förderunterricht statt zur Finanzierung des Sitzenbleibens eingesetzt.