Protokoll der Sitzung vom 28.08.2013

Man muss aber auch klar sehen, dass es sich bei der finanziellen Schieflage im Wesentlichen um Altlasten handelt. Bei den kommunalen Schulden gibt es eine enorme Spreizung, die von null Euro pro Kopf in St. Ingbert und Saarwellingen über viele Städte und Gemeinden in unserem Land, die mit 500 bis 1.000 Euro im Bundesmittel liegen, bis hin zu unseren traurigen Spitzenreitern mit bis zu 4.000 Euro pro Kopf reicht. Diese Tatsache zeigt, dass die bilanzielle Überschuldung unserer Städte und Gemeinden, zumindest in diesem Ausmaß, nicht zwangsläufig war. Das Dilemma nahm mit den kommunalen Kassen- oder auch Liquiditätskrediten seinen Anfang, Kredite, denen kein entsprechender Wert entgegensteht. Erst die Doppik, die moderne Art der Haushaltsführung, brachte das Ausmaß dieser Büchse der Pandora an den Tag. Ich erkläre das Thema Kassenkredite immer wie folgt: Das ist so, als würde die Bank jemandem nicht nur für den Kauf eines neuen Autos Geld geben, sondern auch für das tägliche Benzin.

Dass der Entschluss, einen kommunalen Entlastungsfonds, KELF genannt, aufzulegen, weder selbstverständlich und schon gar nicht lapidar ist, muss man aber manchen Geistern in diesem Land leider immer wieder vor Augen führen. 120 Millionen sind ein enorm großer Brocken unseres Haushaltsvolumens. Das ist eines der teuersten Projekte dieser Großen Koalition, und mit 120 Millionen Euro hätte man auch viele andere wünschenswerte Projekte realisieren können. Nicht zuletzt hätte man damit auch einen Teil der eigenen Schulden des Landes zurückführen können. Die landesseitige ProKopf-Verschuldung ist in etwa viermal so hoch wie die der Kommunen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Trotz alledem hat man aber die Steuermehreinnahmen 2012 - im Wesentlichen stammen die 120 Millionen Euro ja hieraus - reserviert für die Kreditrückzahlung der am stärksten verschuldeten Kommunen in unserem Land. Das ist der Kraftakt, den man einfach wertschätzen muss.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Man kann es auch nicht oft genug betonen: Das Land hatte keine rechtliche Verpflichtung, den Kommunen derart unter die Arme zu greifen. Das Land hat sich vielmehr verpflichtet gefühlt, weil wir die vor uns liegenden Aufgaben gemeinsam zu lösen haben und weil wir den Kommunen ein Signal geben wollten, dass wir gemeinsam in einem Boot sitzen. Nur gemeinsam können wir bis 2020 das Ufer einer auf null reduzierten Netto-Neuverschuldung erreichen, wohlwissend, dass auch dann noch ein Berg von Altschulden zu überwinden sein wird.

Das Saarland als Konsolidierungsland hat im Übrigen auch nicht ohne Weiteres die Berechtigung, sei

nen Kommunen eine solch umfangreiche Leistung zu gewähren. Dies belegt spätestens das Fazit des Stabilitätsrates zum saarländischen Landeshaushalt 2013, wo es heißt: „Das hohe Volumen dieses Fonds von 120 Millionen Euro ist nur zu rechtfertigen, weil die Vergabe der Mittel an strenge Voraussetzungen und Auflagen geknüpft wird.“ Damit ist klargestellt: Die alleinige Einhaltung des Haushaltssanierungspfades, wie noch für 2013 in diesem Gesetz definiert, taugt zumindest dauerhaft nicht als solche Voraussetzung. - Überhaupt ist es nicht hoch genug zu schätzen, dass wir es geschafft haben, einen Modus zu finden, nach dem die gut 17 Millionen Euro jährlich möglichst gerecht auf die Kommunen verteilt werden können. Der Kommunale Sanierungsrat aus Vertretern von Land und Städte- und Gemeindetag hat sich dabei als Instanz bewährt. Eine Verteilung dieser Gelder auf die am höchsten verschuldeten sowie die bereits zahlungsunfähigen Kommunen im Verhältnis 30 : 40 ist erarbeitet. Bereits im letzten Herbst war dieser Verteilmodus gefunden und schließlich im Wesentlichen als gerecht akzeptiert worden.

Aber keine Zahlung ohne Rechtsgrundlage. Damit die Kommunen die für 2013 avisierten Gelder nun auch vereinnahmen können, bringen wir dieses Gesetz heute ein. Wir wollen damit den Kommunen einen Anreiz bieten, ihre Sparbemühungen fortzusetzen und noch zu verstärken. Für die kommenden Jahre muss dann wie eben zitiert noch eine modifizierte Rechtsgrundlage verabschiedet werden, die die Auszahlung an deutlich strengere Kriterien knüpft als nur die Einhaltung des Sanierungspfades. Deshalb wird uns der Auszahlungsmodus des KELF für die Folgejahre auch in einer der nächsten Sitzungen wieder beschäftigen. Wichtig ist aber, dass die Gelder für den gesamten Zeitraum bereits jetzt reserviert sind und die Tranchen bis ins Jahr 2019 mit 17 Millionen Euro pro Jahr feststehen. Mit diesen Geldern können derzeit 33 Kommunen jeweils den größten Teil ihrer Zinsbelastungen aus ihren Kassenkrediten im laufenden Jahr bedienen. Das verschafft notwendige und sicherlich hilfreiche Luft für die drängendsten Aufgaben und Investitionen, wenn auch der zehnprozentige Sanierungspfad dabei nicht verlassen werden darf.

Kurz zum Prozedere. Bewilligungsvoraussetzung für die für 2013 bereitgestellten Summen ist die Einhaltung der Sanierungsauflagen der Kommunalaufsichtsbehörde für das Jahr 2012. Verwendet werden dürfen die Gelder nur für die zusätzliche Kredittilgung. Ihre Auszahlung erfolgt erst nach Beantragung und sorgfältiger Prüfung. Zweifelsfälle werden im paritätisch besetzten Sanierungsrat entschieden.

Eines sei ebenfalls erwähnt: Die in der letzten Woche veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung hat uns leider, so muss man sagen, keine wirklich

(Abg. Meyer (CDU) )

neuen Informationen gebracht, denn die dort veröffentlichten Zahlen sind uns längst bekannt und werden von uns und den Gebietskörperschaften in ihrer Entwicklung seit Jahren mit Sorge beobachtet, analysiert und auch angegangen. Wir haben bereits seit 2010 das Ruder herumgerissen. Wir treten auf die Nettoneuverschuldungsbremse beim Bund, beim Land und bei den Kommunen. Auch da kommt die Stiftung mit ihrem Rat quasi hinterher wie „die alt Fasenacht“.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, es wird am Ende nicht ausreichen, nur auf die Bremse zu treten. Um eine Karambolage zu verhindern, müssen wir und auch andere an anderer Stelle kräftig Gas geben, beim Länderfinanzausgleich, beim Solidarpakt, bei der Beteiligung des Bundes an den Soziallasten und bei der Lösung der Altschuldenfrage. Wir müssen aber auch bremsen - und das deutlich. Dabei dürfen wir den Schwarzen Peter nicht permanent zwischen den Regierungs- und Verwaltungsebenen hin- und herschieben, sondern wir müssen gemeinsam die Verantwortung für eine schuldenfreie Zukunft übernehmen. Dabei müssen wir selbst mit größtem Augenmaß wirtschaften, aber auch die akuten Herausforderungen auf der anderen Ebene anerkennen. Das halte ich für unsere vornehmlichste Aufgabe. Nur dann wird es gelingen, die Finanzausstattung von Bund, Ländern, Kreisen und Gemeinden wieder gerechter und bedarfsorientierter zu gestalten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Kommunen haben die Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge zu leisten. Sie sollen wieder in die Lage versetzt werden, sich selbst zu verwalten und nicht in erster Linie ihre Schulden. Der KELF markiert dabei das kraftvolle Signal des Landes an die Kommunen, dass es diesen eine Hand reicht. Weitere Handreichungen, Kooperationen und viel Ideenreichtum werden in den nächsten Jahren noch gefragt sein. Dieses Gesetz ist ein maßgeblicher Aufschlag für diesen Prozess. Ich bitte nun um seine Überweisung und konstruktive Beratung im Ausschuss für Inneres und Sport. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Heinz Bierbaum.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es um die Umsetzung des bereits im Rahmen der Haushaltsberatung beschlossenen Kommunalen Entlastungsfonds. Ich

will deutlich sagen, dass wir im Rahmen der Haushaltsberatungen diesem Kommunalen Entlastungsfonds zugestimmt haben. Wir haben es getan, weil wir ebenfalls der Auffassung sind, dass die Kommunen entlastet werden müssen und dass hier Handlungsbedarf besteht.

Lassen Sie mich dennoch einige kritische Anmerkungen machen, auch was die Gesetzesbegründung und die Bezugnahme, die dabei erfolgt, angeht. Wir haben ein Gesetzesvorhaben vorliegen, das für das Jahr 2013 gilt. Für 2014 ist ein neues angekündigt. Für 2013 wird Bezug genommen auf die Sparauflagen, die aus dem Jahr 2012 stammen. Bei den weiteren Gesetzesvorhaben, die angekündigt worden sind, wird Bezug genommen auf den Stabilitätsrat und seine Vorgaben. In der Gesetzesbegründung selbst wird ebenfalls Bezug genommen auf den Fiskalpakt, wonach ab 2014 die Neuverschuldung nur noch 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen darf. Dort sind - das ist der Unterschied zur bisher geltenden Schuldenbremse - auch die Kommunen mit einbezogen. Nur war es bisher so - das war Tenor der bisherigen Beratungen -, dass man dies durch entsprechende Leistungen des Bundes ausgleichen wollte. Hier gibt es einiges, beispielsweise die Frage der Grundsicherung im Alter. Es sind bestimmte Dinge übernommen worden. Das haben wir zustimmend zur Kenntnis genommen. Auf der anderen Seite war aber nicht davon die Rede, dass die Schuldenbremse auch auf die Kommunen übertragen werden sollte.

Was die Logik dieses Gesetzentwurfes und der Gesetzentwürfe, die für die weiteren Perioden angekündigt werden, angeht, so ist dies genau die Logik der Schuldenbremse. Während jetzt noch Bezug genommen wird auf konkrete Sparauflagen aus dem Jahr 2012, ist mit den Vorgaben des Stabilitätsrates eigentlich nur noch das Defizit entscheidend, das heißt, die Logik der Schuldenbremse wird auf die Kommunen übertragen. Es wird nicht mehr gefragt, ob die Kommunen eigentlich in der Lage sind, ihre Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen und sie entsprechend zu finanzieren, sondern es wird nur noch nach Defizitobergrenzen gegangen. Das halten wir für falsch. Das ist aus unserer Sicht eine falsche Logik, mit der man den Problemen der Kommunen nicht gerecht wird.

(Beifall von der LINKEN.)

Frau Kollegin Meyer hat zu Recht auf die dramatische Situation der kommunalen Haushalte hingewiesen. In der Tat ist es erschreckend. Ich stimme Ihnen zu, dass die Bertelsmann-Studie nicht unbedingt neue Erkenntnisgewinne gebracht hat. Das wussten wir eigentlich alles schon. Es ist aber dennoch zu unterstreichen, dass die Situation gerade der saarländischen Kommunen dramatisch ist. Das kommt in den hohen Kassenkrediten zum Ausdruck.

(Abg. Meyer (CDU) )

Die Kassenkredite waren ursprünglich nicht dazu gedacht, damit dauerhaft kommunale Aufgaben zu finanzieren. Inzwischen ist es aber so, dass viele Aufgaben der Kommunen über diese Kassenkredite finanziert werden, und hier haben wir ein Problem. Wir haben es einfach mit der Tatsache zu tun, dass die Kommunen, die Gemeinden strukturell unterfinanziert sind. Das ist ein Punkt, auf den auch die Gewerkschaft Verdi immer wieder hinweist. Wir haben hier ein zentrales Problem, was die Finanzierung der Kommunen angeht, denn sie sind kaum noch in der Lage, ihre eigentlichen Aufgaben wahrzunehmen.

Das kommt nicht von ungefähr. Wir hatten nämlich in den letzten Jahren zum einen die Situation, dass die Einnahmen gesunken sind, auf der anderen Seite sind die Ausgaben angestiegen. Das ist nicht vom Himmel gefallen. Die Einnahmen sind deswegen gesunken, weil sich Veränderungen in der Steuerpolitik ergeben haben und Entlastungen in der Steuerpolitik vor allem die Kommunen getroffen haben. Nach Berechnungen von Verdi sind seit dem Jahr 2000 bundesweit den Kommunen durch Steuersenkungen insgesamt 44 Milliarden Einnahmen entgangen. Auf der anderen Seite - auch das wissen wir, darauf haben Sie auch hingewiesen - sind die Ausgaben gestiegen. Insbesondere die Sozialausgaben sind außerordentlich stark angestiegen, sie haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Das Problematische daran ist nicht nur die Tatsache als solche, sondern dass im Ergebnis natürlich die Mittel gefehlt haben, um sinnvolle Investitionen vorzunehmen. Die Entwicklung der Investitionen auf der kommunalen Ebene ist dramatisch zurückgegangen. Dies ist ein zentrales Dilemma, und dort müssen wir, denke ich, ansetzen.

Es gilt also zum einen, sich die Ausgaben genauer anzuschauen und dort Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu senken. Ich habe auf die Übernahme der Grundsicherung im Alter, der Altersversorgung durch den Bund hingewiesen. Ich halte es aber für notwendig, dass weitere Aufgaben über den Bund finanziert werden, insbesondere im sozialen Bereich, weil das die Kommunen alleine nicht mehr stemmen können. Auf der anderen Seite kommen wir nicht darum herum, die Einnahmen der Kommunen zu erhöhen. Das bedeutet, dass wir auch eine Veränderung der Steuerpolitik brauchen. Da geht es nicht nur - das haben wir ja schon öfter angemahnt und das habe ich hier auch schon mehrfach dargestellt um das Thema Vermögenssteuer und das Thema Erbschaftssteuer und dergleichen. Es ist zentral wichtig, dass wir auch die Steuern auf der kommunalen Ebene verändern, dass wir die wichtige Gewerbesteuer ausbauen zur Gemeindewirtschaftssteuer, indem alle unternehmerischen Tätigkeiten, auch die Freiberufler, mit einbezogen werden und bestimmte Abgaben an das Land entfallen.

Ich glaube, es ist notwendig, dass wir auf der kommunalen Ebene wirklich umsteuern. So sehr wir es begrüßen, dass hier Entlastungsmaßnahmen ergriffen werden, die wir für unbedingt notwendig halten, so sehr pochen wir darauf, dass es um eine grundlegende Umsteuerung geht, weil die Lage der Gemeinden dramatisch ist.

Lassen Sie mich auch noch etwas zum Thema Schuldenbremse sagen. Sehr häufig wird die Schuldenbremse damit begründet, dass wir unseren Kindern nicht einen Riesenberg Schulden hinterlassen können. Das ist sicherlich ein Gesichtspunkt, den man aufgreifen muss. Auf der anderen Seite müssen wir auch sehen, dass wir unseren Kindern funktionierende Gemeinwesen hinterlassen, dass die öffentliche Infrastruktur stimmt. Für all dies brauchen wir entsprechende Investitionen, deswegen muss das umgedreht werden. Das heißt, wir müssen wieder zu einer kommunalen Finanzierung kommen, die den Kommunen das Geld verschafft, um die notwendigen Investitionen für die Zukunft zu tätigen. Es kann nicht sein, dass die Infrastruktur auf der kommunalen Ebene verkommt, wie wir dies in vielen Gemeinden erleben.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen, den ich für außerordentlich kritisch halte. Frau Kollegin Meyer hat darauf hingewiesen, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden müssen, ihre Aufgaben aus eigener Kraft wahrzunehmen. Das entspricht auch dem Grundgesetz. Denn nach Art. 28 Abs. 2 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung wahrzunehmen, im Rahmen der bestehenden Gesetze natürlich. Diesen Grundgesetzauftrag sollten wir aufgreifen. Verdi hat meines Erachtens zu Recht darauf hingewiesen, dass durch immer weitere Sparauflagen und auch durch die Übertragung von weiteren Aufgaben auf das Land genau diese kommunale Demokratie ein Stück weit ausgehöhlt wird. Das heißt, wir haben neben den unmittelbaren finanziellen Problemen durchaus auch ein übergreifendes Problem, was die kommunale Selbstbestimmung, die kommunale Demokratie angeht.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Wir begrüßen, dass entlastet wird. Wir sind aber der Auffassung, dass grundsätzlich umgesteuert werden muss und dass die Logik der Schuldenbremse, wie sie in diesem Gesetzentwurf angelegt ist, uns nicht weiterhilft, sondern in eine Sackgasse führt. Deswegen: Umsteuern, andere Steuerpolitik, den Kommunen mehr Möglichkeiten geben bei der Entlastung der Ausgaben und bei der Erhöhung der Einnahmen. Da spielt natürlich das Verhältnis Land-Bund-Kommune eine wesentliche Rolle. Da ist es auch wichtig, die Steuerpolitik entsprechend zu verändern, die Kommunen

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

mit der Gemeindewirtschaftssteuer auszustatten, um ihnen einen Spielraum zu geben. Das ist auch ein Beitrag zur kommunalen Selbstverwaltung, zur Stärkung der kommunalen Demokratie. Wir werden diesen Gesetzentwurf nicht ablehnen, wir werden ihm aber wegen der vorhandenen Logik in Richtung Schuldenbremse nicht zustimmen, sondern werden uns enthalten. Wir sind gerne bereit, bei allem mitzuarbeiten, was zur Entlastung der Kommunen und Stärkung ihrer finanziellen Mittel führt.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion Herr Abgeordneter Dr. Magnus Jung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein guter Tag für die Kommunen in unserem Land, denn heute beginnen wir, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass wir in den nächsten Wochen 17 Millionen Euro auszahlen können, 17 Millionen Euro, auf die die Kämmerer, die Bürgermeister, die Gemeinderatsmitglieder dringend warten, weil sie sie in ihren Haushalten für dieses Jahr schon eingeplant haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das ist ein guter Einstieg in die Entlastung und die weitere Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden mit der saarländischen Landesregierung.

Deshalb können wir heute festhalten: Wir haben Wort gehalten. Das, was wir vor der Wahl versprochen haben, was wir in den Koalitionsvereinbarungen miteinander verabredet hatten, setzen wir um. Und das ist keine Kleinigkeit. Es war vielmehr, wie die Kollegin Meyer gesagt hat, ein echter Kraftakt für die saarländische Landespolitik, 120 Millionen Euro zusammenzukratzen, die wir an vielen anderen Stellen auch gut hätten gebrauchen können, die wir jetzt aber den Städten und Gemeinden zur Verfügung stellen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Indem wir das tun, befinden wir uns auf dem Weg, gemeinsam die Eigenständigkeit unseres Bundeslandes zu erhalten. Eigenständigkeit erhalten heißt eben auch Handlungsfähigkeit erhalten. Das geht auf der Landesebene nicht, wenn es nicht auch auf der kommunalen Ebene diese Handlungsfähigkeit gibt. Deshalb ist uns als Land die Partnerschaft mit den Städten und Gemeinden so wichtig, deshalb bekennen wir uns heute noch einmal dazu, dass die Daseinsvorsorge gesichert werden muss und dass wir als Land in einer besonderen Garantenpflicht stehen.

Herr Kollege Bierbaum, ich möchte kurz auf Ihren zentralen Kritikpunkt eingehen, dass mit diesem Gesetzentwurf die Logik der Schuldenbremse übernommen sei - das ist durchaus richtig - und dass das ein Fehler sei. Ich frage Sie: Was ist Ihre Alternative? Nur nach Steuererhöhungen zu rufen, die wir an der einen oder anderen Stelle sicher brauchen - wir brauchen wichtige Rahmenentscheidungen in Berlin, auf die werde ich später auch noch eingehen -, ist nicht ausreichend.

Wenn man die Logik der Schuldenbremse nicht will, dann argumentiert man notwendigerweise auch damit, dass man wieder mehr Schulden machen muss, damit man wieder mehr investieren kann. Das gerade können sich aber die saarländischen Städte und Gemeinden nicht mehr erlauben. Wir haben bundesweit schon die höchsten Schulden. Das Zulassen von noch mehr Schulden ist kein Ausweg. Ich finde den Gedanken auch recht charmant, einmal darüber nachzudenken, ob die Schuldenbremse nicht auch eine Bremse gegen Steuersenkungen ist. Erinnern Sie sich doch einmal, wie die letzte Legislaturperiode im Deutschen Bundestag begonnen hat, was es da alles für Steuersenkungspläne gab, die alle - bis auf eine Ausnahme - nicht umgesetzt worden sind, weil es eben diese Schuldenbremse gibt. Das ist also auch ein Zwang zu mehr Seriosität und Vernunft in der Finanzpolitik. So herum wird vielleicht ein Schuh aus der Sache.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich möchte jetzt aber auf das zurückkommen, was wir mit diesem Gesetz regeln und auch auf die Frage eingehen, die an der einen oder anderen Stelle immer wieder aufgeworfen wird: 17 Millionen Euro im Jahr, ist das denn genug, ist das nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein? In der Tat, wir müssen feststellen, 1,9 Milliarden Euro an Kassenkredite, das ist Höchststand in der saarländischen Geschichte. Das ist mit Blick auf die Pro-Kopf-Verschuldung bundesweit die höchste kommunale Verschuldung. Besonders dramatisch ist die Situation in der saarländischen Landeshauptstadt mit rund 850 Millionen Euro an Kassenkrediten, das ist fast die Hälfte aller Kassenkredite im Saarland. Wir alle wissen, dass eine gute wirtschaftliche Entwicklung im Saarland auch eine starke und handlungsfähige Landeshauptstadt braucht. Deshalb ist dieses Problem der Saarbrücker auch ein Problem für uns alle hier im Land, ein Problem, mit dem wir uns beschäftigen müssen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Insgesamt sind derzeit elf saarländische Städte und Gemeinden entweder schon bilanziell überschuldet oder von Überschuldung bedroht. Wir haben ein nicht unerhebliches Zinsrisiko in den nächsten Jahren. Wir haben das Problem des demografischen

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )