Protokoll der Sitzung vom 28.08.2013

Dass gerade die SPD-Fraktion in Bezug auf den Ferienpark Bostalsee von einem „erfolgreich gestarteten Leuchtturmprojekt“ und einem „Imagegewinn“ spricht, kann nur Kopfschütteln hervorrufen. Man kann angesichts des Elends und der Ausbeutung der rumänischen Werkvertragsarbeiter, fehlender Tarifbindung der Arbeitsverträge der Mitarbeiter am Bostalsee sowie seit Öffnung des Ferienparks im Juli überlanger Arbeitszeiten mit 13-Stunden-Schichten und nicht eingehaltenen Pausen mit der Folge überlastungsbedingter Krankenhausaufenthalte doch nicht allen Ernstes von einem „sehr erfolgreichen Start des Leuchtturmprojektes Ferienpark Bostalsee“ sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der Abgeordneten Kugler (DIE LINKE).)

Wenn Sie vom Leuchtturmprojekt Bostalsee reden, möchte ich Sie an die Touristen erinnern, die während der Osterferien in diesem Jahr dort Urlaub gemacht haben. Wir konnten alle der Presse entnehmen, dass ein Heidelberger Arzt sich dahingehend geäußert hat, dass er aufgrund des Fluglärms niemals wieder im Saarland Urlaub machen werde. Er berichtet von schreienden Kindern auf einem Campingplatz, die kaum noch zu beruhigen waren. Was haben Sie denn in Sachen Fluglärm unternommen? Nicht einmal das haben Sie in den Griff gekriegt.

Was uns außerdem stört, ist der doch sehr schwammig formulierte Maßnahmenkatalog in Ihrem Antrag. Nicht unbedingt für den Antrag spricht hierbei, dass die laut Sparkassen-Tourismusbarometer in der Tourismusbranche aktuell meistdiskutierten Themen wie Fachkräftemangel, Nachwuchssorgen und ungeklärte Unternehmensnachfolgen in dem Antrag insgesamt und vor allem im Forderungskatalog überhaupt nicht berücksichtigt werden.

Dem Antrag der Regierungsfraktionen werden wir nicht zustimmen, dem Antrag der Fraktion B 90/ GRÜNE können wir zustimmen, weil viele Mängel, die wir aufgezeigt haben, dort beschrieben sind. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun Michael Neyses von der Piratenfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon wieder haben wir in der Plenardebatte einen Antrag von CDU und SPD, in dem praktisch nichts drinsteht außer unangebrachtem Eigenlob und Betrachtung der Vergangenheit. Jedenfalls steht in dem Antrag nichts mit Substanz. Was machen wir PIRATEN mit diesem Antrag? Ablehnen möchten wir nicht, es

(Abg. Schramm (DIE LINKE) )

steht ja nichts Negatives drin. Außerdem sind wir der Meinung, dass der Tourismus wichtig für das Saarland ist. Zustimmen können wir aber auch nicht, es steht ja auch nichts Positives drin. Eigentlich steht überhaupt nichts drin. Jedenfalls nichts, was Substanz für die Zukunft hat. Daher werden wir uns bei diesem Antrag enthalten.

(Zuruf von der CDU: Okay. - Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Herr Strobel, Stichwort Copy and Paste. Sie haben in den Antrag genau das reingeschrieben, was auf der Homepage des Ministeriums schon seit Monaten steht.

(Zurufe von den Regierungsfraktionen. - Lachen und Beifall.)

Die Aufzählungen entsprechen der Webseite.

(Abg. Thul (SPD) : Das ist doch logisch.)

Aber Sie denken ja selbst; Sie haben das auch nicht abgeschrieben.

(Abg. Thul (SPD) : Von uns selbst.)

Es ist Ihnen einfach genauso wieder eingefallen wie vor Monaten.

(Heiterkeit.)

Übrigens: Substanzlos vor Copy and Paste ist auch substanzlos nach Copy and Paste. Ich möchte aber trotz der Substanzlosigkeit versuchen, auf den Antrag einzugehen, und ich werde unsere Haltung begründen.

Ihre sogenannten Schwerpunktthemen sind Themen, die alle Bundesländer haben. Tagungen, Seminare, Kongresse, Messen - das ist nicht wirklich ein Alleinstellungsmerkmal. Aktivtourismus einschließlich Wandern, Radfahren, Natur erleben haben die anderen Bundesländer auch im Programm.

(Zuruf von der CDU: Sollen wir etwa Kopfstand machen oder was? - Heiterkeit.)

Kultur- und Städtetourismus, das ist etwas allgemein gehalten, darum kümmert sich jede Stadt, jeder Kreis und jedes Land. Gesundheit und Wellness als Ergänzungsthemen kann ich in jedem Bundesland finden. „Imageprägende Kulinarik“ - dass die Landesregierung unter Kulinarik auch Fast-Food-Restaurants versteht, haben wir ja schon erlebt.

(Abg. Thul (SPD) : Das war der FDP-Minister.)

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Ihre sogenannten Schwerpunktthemen Standard sind und keine Alleinstellungsmerkmale, und außerdem auch noch abgeschrieben. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir auch ziemlich ambitioniert, Herr Palm, dass sich die Übernachtungszahlen und die Anzahl der Tagesgäste um 25 Prozent gegenüber 2009

steigern sollen. Aber Sie haben ja bewusst schon die Zahlen von 2009 zugrunde gelegt, da ist ja ein Teil schon geschafft.

Betrachten wir noch einmal die Forderungen. Ich möchte mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, gerne zitieren: „Der Landtag des Saarlandes fordert die Landesregierung auf, der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus durch einen angemessenen Mitteleinsatz im Landeshaushalt Rechnung zu tragen.“ Meine Damen und Herren, das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn wir uns einen solch substanzlosen Satz in einem Antrag geleistet hätten, wären Sie über uns hergefallen wie ein Rudel Wölfe.

(Abg. Thul (SPD) : Wölfe haben wir auch, in Merzig.)

„Durch einen angemessenen Mitteleinsatz“ - sind alle anderen Haushaltstitel unangemessen? Ich begrüße ausdrücklich, dass die CDU und SPD eingesehen haben, dass angemessene Ansätze gewählt werden müssen. Und dass Sie sich bessern wollen, ist auch löblich. Aber schreiben Sie es doch um Himmels willen nicht in einen Antrag - tun Sie es einfach! Und wenn Sie einen Antrag stellen, schreiben Sie rein, ob sie mehr Geld ausgeben wollen oder weniger. Und am besten sagen Sie dann noch, wie viel Sie ausgeben wollen und auch wofür.

Ich gehe mal davon aus, dass Sie der Meinung sind, dass mehr Geld für Tourismus ausgegeben werden soll. Dann sollten Sie aber auch sagen, wie viel und wo diese zusätzlichen Gelder eingeplant werden sollen.

Meine Damen und Herren von CDU und SPD, wenn Sie möchten, dass wir einem Antrag zustimmen, dann sagen Sie uns doch bitte, zu was wir zustimmen sollen. Es versteht sich von selbst, dass wir uns bei diesem Antrag enthalten.

(Abg. Heinrich (CDU) : Sollen wir ihn nochmal vorlesen?)

Zum korrespondierenden Antrag der GRÜNEN. Hier fallen direkt einige echte Forderungen auf, etwa zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur. Die Koalition betrachtet hier ja nur die Vergangenheit, was alles schon geschafft ist. Es ist zum Beispiel wichtig, dass wir über die Bahnstrecke Homburg-Zweibrücken reden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das ist ein wichtiges Thema für die Tourismusregion Bliesgau. Die GRÜNEN haben auch Arbeitsbedingungen für den Tourismus aufgegriffen, Frau Schramm ist auch darauf eingegangen. Im Tourismus gibt es viele Arbeitsplätze, aber auch viele, in denen wenig bezahlt wird. Daher muss man auch dort ansetzen. Um die Arbeitsbedingungen zu ver

(Abg. Neyses (PIRATEN) )

bessern, brauchen wir auch einen flächendeckenden Mindestlohn auf Bundesebene, für den wir PIRATEN stehen. Wir stehen auch für eine unterschiedliche Bezahlung für Befristete und Unbefristete. Befristet beschäftigte Mitarbeiter sollen mehr erhalten, um den Anreiz zu schaffen, unbefristet einzustellen.

Der Antrag nennt auch ein wichtiges Ziel, den barrierefreien Tourismus. Da gibt es noch viel zu tun. Auch heute noch wird die Barrierefreiheit trotz UNKonventionen bei Investitionen leider oft vergessen. Oft wird zunächst überlegt, ob man investieren kann. Erst danach wird die Barrierefreiheit betrachtet, was sie kostet und ob sie bezahlbar ist. Das ist der falsche Ansatz. Der richtige Ansatz muss sein: Können wir uns ein Projekt inklusive Barrierefreiheit leisten oder können wir das nicht? Barrierefreiheit muss selbstverständlich werden. Der Antrag der GRÜNEN geht hier in die richtige Richtung. Ein prominentes Beispiel ist das Saarpolygon, wo die Barrierefreiheit zunächst vergessen wurde. Frau Rink hat zutreffend gesagt, dass sich in den Köpfen etwas ändern muss. Wir können nicht alles überstülpen und verordnen. Dennoch sollte die Politik tun, was sie tun kann. Ich bitte daher, dem Antrag der GRÜNEN zuzustimmen. Beim Antrag der Koalition werden wir uns enthalten. Hier wird zu sehr die Vergangenheit mit Projekten betrachtet, die über Jahre gewachsen sind, nicht erst seit der Großen Koalition. Außer „Weiter so!“ steht im Antrag nichts Zukunftsweisendes. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Heiko Maas.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den Koalitionsfraktionen außerordentlich dankbar dafür, dass sie das Thema Tourismus im Saarland einmal auf die Tagesordnung im Parlament gesetzt haben. Ich finde, dass alles, was in der letzten Zeit - damit meine ich in den letzten Jahren und im letzten Jahr - im Tourismus geschehen ist, aber auch das, was in Zukunft noch passieren wird, es wirklich wert ist, hier einmal diskutiert zu werden. Es kann nicht sein, dass nur die klassischen Tourismusländer wie Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein oder MecklenburgVorpommern mit dem Tourismus in Verbindung gesetzt werden, sondern all dies ist bei uns im Saarland auch längst Realität. Wir wollen diese Chance für die Zukunft weiter nutzen.

Insofern erstaunt mich, was die Kollegin Schramm gesagt hat. Ich habe ja Verständnis dafür, dass man aus der Opposition heraus nicht gut finden kann,

was von der Regierung vorgetragen wird. Sie haben sehr viel bemüht, was in diesem Land schlecht sein soll. Dafür mussten Sie tief in die Kiste greifen. Sie haben darauf hingewiesen, dass wir unbotmäßigerweise auch noch die Saarschleife für unsere Zwecke missbrauchen würden. Dazu möchte ich sagen, dass niemand von uns in Anspruch nimmt, die Saarschleife selbst gegraben zu haben. Was die Frage angeht, dass wir sie bildlich missbrauchen würden, dazu möchte ich sagen: Ich kenne keinen Politiker im Saarland, der die Saarschleife öfter auf Bildern missbraucht hat als Ihr aktueller Fraktionsvorsitzender, zumindest als er im Saarland noch Wahlkampf gemacht hat.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Deshalb würde ich gerne unabhängig von dem Hin und Her zwischen Regierung und Opposition eine Lanze dafür brechen, dass wir im Saarland beim Thema Tourismus auf einem guten Wege sind. Ich will das gar nicht nur für diese Regierung in Anspruch nehmen. Ich will es auch nicht nur für die Politik in Anspruch nehmen, denn der Tourismus und die Tourismusstrategie sind das Werk vieler Beteiligter. Dazu gehören die saarländischen Landkreise, mit denen wir zusammen die Tourismuszentrale bilden. Dazu gehören die saarländischen Kommunen, das saarländische Hotel- und Gaststättengewerbe und eine Vielzahl von Vereinen, Verbänden und Organisationen, die sich mit uns zusammengetan haben, um die touristischen Potenziale, die dieses Land hat, auch wirklich auszureizen.

Ich muss eines sagen: Bei allem, was sich an wirtschaftlichem Potenzial in diesem Land ergibt, halte ich das touristische Potenzial für eines der größten, die wir haben. Die Zahlen sind bereits genannt worden: 1,3 Milliarden Umsatz werden jedes Jahr im saarländischen Tourismus erwirtschaftet. Es gibt 32.000 Beschäftigte. Ich bin auch froh um jeden langfristigen Arbeitsplatz, der geschaffen wird, aber im Tourismus werden Arbeitsplätze erst langfristig geschaffen, wenn die Tourismusstrategie nachhaltig ist und diejenigen, die dort Geld erwirtschaften wollen, wissen, dass die Politik und die Regierung eine Strategie haben, die sie nachhaltig verfolgen. Genau darum geht es. Mit einer nachhaltigen und langfristig angelegten Strategie wird erst die Voraussetzung dafür geschaffen, dass es langfristig gesicherte Arbeitsplätze gibt.

Meine Damen und Herren, es sind viele Dinge genannt worden, die einen Besuch im Saarland lohnen. Ich kann sie gar nicht alle aufführen. Ich will aber im Gegensatz zur Kollegin Schramm mit ein paar Punkten eine Lanze für dieses Land brechen. Es wurde bereits genannt. Wir haben 2012 den Deutschen Tourismuspreis gewonnen. Der Deutsche Tourismuspreis ist keiner, der in zehn Unterkategorien vergeben wird und bei dem wir in der Unter

(Abg. Neyses (PIRATEN) )

kategorie 5b einen Preis bekommen hätten. Es wird nur ein Preis für die Tourismusstrategie in den Ländern vergeben. Er wurde an uns vergeben für das, was wir digital daraus gemacht haben, insbesondere beim Thema Wandern. Es waren nicht Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern, nein, der aktuelle Preisträger beim Deutschen Tourismuspreis heißt Saarland. Ich würde mir wünschen, dass sich das in unserem Land etwas mehr herumsprechen würde.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

In der Jury sitzen ja nicht irgendwelche Leute, die keine Ahnung vom Tourismus haben, sondern sie bewerten, wo etwas im Tourismus passiert. Das scheint bei uns der Fall zu sein. Es wurde bereits angesprochen. Wir haben im Saarland 60 Premiumwanderwege. Viele davon sind die am besten bewerteten Wanderwege in ganz Deutschland, insbesondere der Saar-Hunsrück-Steig, der von IdarOberstein bis nach Perl führt. Er ist nicht nur einer der beliebtesten Wanderwege in Deutschland, sondern es ist der beliebteste. Er liegt nicht in den Alpen oder im Schwarzwald, nein, er führt durch das Saarland. Wir haben die besten und beliebtesten Wanderwege in ganz Deutschland. Auch das muss weiter unters Volk gebracht werden.