Protokoll der Sitzung vom 18.09.2013

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landtagsfraktionen von CDU und SPD über die Konsolidierungshilfen aus dem Sondervermögen „Kommunaler Entlastungsfonds“ im Jahr 2013 (Drucksache 15/589) wurde vom Plenum in seiner 17. Sitzung am 28. August 2013 in Erster Lesung einstimmig angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

Zahlreiche saarländische Kommunen haben inzwischen eine signifikant hohe Verschuldung aufgebaut. Die Kassenkredite der saarländischen Kommunen sind seit 2008 um circa 58 Prozent angestie

gen. Um die saarländischen Kommunen bei der Konsolidierung ihrer Haushalte finanziell zu unterstützen und das Erreichen der kommunalen Schuldenbremse zu fördern, hat das Saarland einen Kommunalen Entlastungsfonds geschaffen. Aus diesem Fonds stellt das Land den Gemeinden beginnend mit dem Jahr 2013 für sieben Jahre Landesmittel in Höhe von jährlich rund 17 Millionen Euro zur Verfügung.

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf regelt die Bewilligung der Konsolidierungshilfen für das Jahr 2013. Konsolidierungshilfen erhalten auf Antrag die Gemeinden, die im Jahr 2012 verpflichtet waren, einen Haushaltssanierungsplan aufzustellen. Die Bewilligungsvoraussetzungen knüpfen an die Sanierungsauflagen der Kommunalaufsicht für das Jahr 2012 an. Die bewilligten Mittel dürfen nur zur zusätzlichen Kredittilgung verwendet werden.

Anträge müssen bis spätestens 30. November 2013 über die Kommunalaufsicht mit deren Entscheidungsempfehlung an das Ministerium für Inneres und Sport eingereicht werden. Das Ministerium für Inneres und Sport entscheidet im Einvernehmen mit dem Kommunalen Sanierungsrat, einem paritätisch besetzten Gremium bestehend aus Vertretern des Landes und Vertretern des Saarländischen Städteund Gemeindetages. Der Saarländische Städte- und Gemeindetag hat den Gesetzentwurf begrüßt und der Vorlage zugestimmt.

Der Ausschuss empfiehlt dem Plenum einstimmig, bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen, die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/589 in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke dem Berichterstatter und eröffne die Aussprache. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Prof. Dr. Heinz Bierbaum das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben das Gesetz zur Zweiten Lesung vorliegen. Wir haben im Grunde genommen schon bei der Ersten Lesung die politische Debatte um dieses Gesetz geführt; die möchte ich im Einzelnen nicht wiederholen. Sie werden nicht überrascht sein, dass wir kein anderes Abstimmungsverhalten haben werden. Natürlich begrüßen wir, wenn die Kommunen entlastet werden, aber wir halten die Stoßrichtung dieses Gesetzes und das, was weiter angekündigt ist, für falsch. Deswegen werden wir uns erneut enthalten.

Ich will verdeutlichen, dass das, was hier als Gesetzesvorhaben eingeleitet wird, im Grunde genom

(Minister Storm)

men nichts anderes ist als die Übertragung der Logik der Schuldenbremse auf die Kommunen. Das halten wir grundsätzlich für falsch.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir meinen, dass das - bei aller Anerkennung, dass die Kommunen entlastet werden sollen - der dramatischen Situation der Kommunen nicht gerecht wird und dass wir dazu anderes brauchen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die Situation der Kommunen außerordentlich schwierig ist, dass die Infrastruktur in vielen Bereichen verkommt und dass die Finanzen fehlen. Deswegen glaube ich, dass es notwendig ist, in der Finanzpolitik grundsätzlich umzusteuern. Das heißt, wir brauchen eine andere Steuerpolitik, die die Kommunen und die Länder anders bedenkt, als es gegenwärtig der Fall ist.

Es wird in der Debatte immer darauf hingewiesen, an den Steuern könne es ja nicht liegen, weil die Steuerquellen zurzeit sprudeln wie selten zuvor. Dazu ist aber zweierlei zu sagen. Erstens muss man feststellen, dass dieses Steueraufkommen offensichtlich falsch verteilt wird, weil bei den Kommunen viel zu wenig ankommt. Zweitens handelt es sich um konjunkturelle Effekte. Wir haben das Problem der strukturellen Unterfinanzierung der Gemeinden. Diese strukturelle Unterfinanzierung wird man nur durch eine andere Steuerpolitik lösen.

Wir sind uns alle einig, dass natürlich auch die Altschuldenproblematik geregelt werden muss. Ich will nur auf das Land hinweisen. Es war kürzlich zu lesen, dass das Saarland 22 Prozent seiner Steuereinnahmen für Zinslasten ausgibt. Das alles sind Dinge, die verändert werden müssen, sowohl auf der Länderebene als auch auf der kommunalen Ebene. Wir brauchen aber auch eine andere Steuerpolitik für die Kommunen und Länder. Deswegen wiederhole ich und appelliere an Sie alle, dass von dieser Landesregierung entsprechende Initiativen ausgehen müssen, um dies zu verändern.

Unsere Vorschläge sind bekannt: die Einführung einer Vermögenssteuer und die Erhöhung der Erbschaftssteuer, die viel zu gering ist. Ich bin dafür, dass die Landesregierung eine Initiative unternimmt, um die Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Inzwischen gibt es eine Annäherung bei der Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Es gibt zwar Unterschiede, aber es gibt eine relativ gemeinsame Linie, dass dieser erhöht werden muss, auch wenn die Vorstellungen unterschiedlich sind. Aber wir müssen grundsätzlich eine andere Steuerpolitik haben, wenn das Problem der Finanzen der Kommunen gelöst werden soll. Auf dieser Ebene ist es nicht möglich.

(Vereinzelt Beifall bei der LINKEN.)

Ich erneuere unseren Vorschlag, die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer auszubauen.

Ich sage eindrücklich, dass ich alle Spekulationen und Vorstellungen, wie sie beispielsweise seitens der FDP geäußert werden, die Gewerbesteuer abzuschaffen, für völlig falsch halte, weil sich herausgestellt hat, dass die Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen darstellt. Vom Steueraufkommen entfallen 40 Prozent auf die Gewerbesteuer. Das wollen wir beibehalten und ausbauen, indem beispielsweise auch die Freiberufler bei der Gemeindewirtschaftssteuer einbezogen werden.

Ich glaube, in der politischen Bewertung können wir an das anknüpfen, was wir in der letzten Plenarsitzung diskutiert haben. Wir haben dort unsere Position deutlich gemacht. Wir halten diesen Weg für falsch, weil das die Übertragung der Logik der Schuldenbremse darstellt. Wir sind der Auffassung, dass grundsätzlich umgesteuert werden muss, was die Steuerpolitik angeht. Bei den Kommunen und den Ländern muss mehr Geld ankommen. Wir halten die Vermögenssteuer für notwendig, ebenso die Erhöhung der Erbschaftssteuer und selbstverständlich die Erhöhung des Spitzensteuersatzes sowie eine andere Besteuerung der Unternehmen. Wir wollen die Gemeinden dadurch besserstellen, dass wir eine Gemeindewirtschaftssteuer einführen. Insofern begrüßen wir selbstverständlich, dass etwas getan wird. Es ist aber zu wenig und geht nicht in die richtige Richtung. Deswegen werden wir uns erneut enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den PI- RATEN.)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Ruth Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor drei Wochen habe ich an dieser Stelle das Gesetz über den Kommunalen Entlastungsfonds mit eingebracht, seine Ziele und Inhalte erläutert und um konstruktive Beratungen im zuständigen Innenausschuss gebeten. Kollege Günter Waluga hat eben über den Verlauf und das Ergebnis der Beratungen berichtet. Ich will dies noch einmal für alle verdeutlichen.

Nachdem ein Gesetz eingebracht ist, entscheidet wie wir alle wissen - der zuständige Ausschuss, wie es im Weiteren beraten werden soll. In aller Regel, so auch hier, folgt eine Expertenanhörung. Im vorliegenden Fall war die einzige und maßgebliche anzuhörende Instanz der Saarländische Städte- und Gemeindetag. Dieser hatte sich in seiner Stellungnahme vorab schriftlich geäußert und mitgeteilt, dem vorliegenden Entwurf nach ausführlicher Beratung ohne jegliche Einwände und Abänderungsvorschläge zuzustimmen.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Dennoch hatte Frau Beckmann-Roh zugesagt, persönlich zur Anhörung zu erscheinen, um sich den Fragen des Ausschusses zu stellen. Meine Damen und Herren, dies ist klassischerweise die Stunde einer kritisch-konstruktiven Opposition, die sondiert, ausweitet und hinterfragt. Allein: Frau BeckmannRoh hatte den Weg in den Landtag völlig umsonst angetreten. Nicht eine müde Nachfrage, nicht von den LINKEN, nicht von PIRATEN und auch nicht von den GRÜNEN. Es gab keine Fragen und schon gar keinen Gegenentwurf oder Änderungsvorschlag.

(Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Ja, Frau Dr. Peter war auch da. - Diese Opposition hält sich zurück, zuckt die Schultern und stellt sich außerhalb des Prozesses, ganz nach dem Motto: Keine Lust, keine Ahnung. Oder wie sonst soll man Ihre Geste in dieser Woche der wortlosen Äußerungen interpretieren?

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Sie agieren offensichtlich nach der Maßgabe: Was kümmern uns Hintergrundinformationen, wir haben ja eine festgefahrene Meinung. An Ideenlosigkeit und Ignoranz ist das kaum noch zu toppen, aber vielleicht ist das auch besser so, denn wir ahnen bereits Ihre Ideen. Die Rede von Professor Bierbaum hat es noch einmal unterstrichen: Sie würden das Land mal wieder mit einer Vielzahl neuer Steuern überziehen wollen, die Familien um den redlichen Verdienst und Unternehmen um ihr existenzielles Firmenvermögen bringen würden.

(Zurufe von der LINKEN.)

Die CDU und diese Regierungskoalition machen es anders, wir helfen nach Kräften und solidarisch. Da ist das von Minister Storm eben eingebrachte Gesetz zur Änderung der Ausführung des SGB XII zu nennen, wo in Artikel 1 die Bundesbeteiligung bei der Grundsicherung sehr zügig an die Kreise weitergeleitet wird. Dies entlastet insbesondere die kommunale Seite spürbar. Da ist der vergleichsweise hohe Zentralisierungsgrad in unserem Land. Bereits im Ländervergleich 2012 hat die PwC festgestellt, dass viele Aufgaben, die anderenorts von den Kommunen zu leisten sind, bei uns beim Land angesiedelt sind, samt der entsprechenden Sach- und Personalkosten. Dennoch, und auch das ist ein Ergebnis des PwC-Berichtes, bekommen im Saarland die Kommunen im Zuge des kommunalen Finanzausgleichs aber mehr aus dem Steueraufkommen des Landes zurück, mehr als in den meisten anderen Bundesländern, und da - mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident - würde ich gerne aus dem Bericht 2012 der PwC zitieren. Die gleiche Aussage wird im Bericht 2013 ähnlich wiederholt, ist aber hier sehr deutlich formuliert: „Angesichts des hohen Zentralisierungsgrades überraschen die überdurchschnittlichen allgemeinen Finanzzuweisungen im kommunalen Fi

nanzausgleich. Trotz eines erheblichen staatlichen Defizits müssen dadurch die Kommunen weit weniger Zuschüsse aus eigener Tasche finanzieren als in anderen westdeutschen Bundesländern.“ - Das ist eine deutliche Aussage. Und schließlich gibt es die 120 Millionen Euro, um die es hier geht, und die wir dank glücklicher Steuerentwicklung 2012 für die Kommunen in einem entschlossenen Kraftakt zurückgestellt haben - trotz hoher Schuldenlast beim Land selbst.

Das bedeutet für 2013 konkret, dass zwischen 100.000 und 6 Millionen Euro für 33 saarländische Städte und Gemeinden zur Verfügung stehen, mit denen diese die Rückführung ihrer Kassenkredite deutlich beschleunigen können. Gemessen an Bevölkerungszahl und Laufzeit liegt das Volumen des Kommunalen Entlastungsfonds im Durchschnitt vergleichbarer Fonds in anderen Bundesländern. Entgegen den meisten Fonds, etwa in Rheinland-Pfalz oder Schleswig-Holstein, erwarten wir jedoch keine zusätzliche Einlage aus kommunalen Mitteln.

Das Saarland verhält sich solidarisch und Solidarität heißt, dass wir unseren Kommunen unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, die sich einem Konsolidierungsland bieten, helfen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben mit den 120 Millionen Euro das ausgereizt, was uns der Stabilitätsrat - unter der Voraussetzung, dass wir ab 2014 die Auszahlungskriterien deutlich nachbessern und verschärfen - gerade noch zugestanden hat.

Herr Professor Bierbaum, was strukturelle Änderungen betrifft, sind wir ganz bei Ihnen. Ja, wir müssen auch die Einnahmesituation unseres Landes verbessern. Wir müssen auch massiv für eine Altschuldenlösung eintreten und wir werden Sparsamkeit und Effizienz in allen Verwaltungsbereichen und in allen Politikfeldern unseres Landes intelligent optimieren müssen. Aber erst zusammen wird ein Schuh daraus. Nichts davon dürfen wir lassen und schon gar nicht dürfen wir unsere Gemeinden und Städte in ihrer derzeitigen Kassenlage im Regen stehen lassen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dabei werden wir übrigens auch die Lebensfähigkeit des ländlichen Raumes nicht aus den Augen verlieren. Als Abgeordnete aus dem Landkreis St. Wendel werde ich darauf achten, dass auch bei den Richtlinien für das Folgegesetz ein Verteilmodus gefunden wird, der die marode Landeshauptstadt nicht über Gebühr bedenkt.

Meine Damen und Herren, wir lassen unsere Kommunen nicht im Regen stehen und deshalb beschließen wir jetzt über einen Zinszuschuss des Landes zu den Schulden der 33 am stärksten belasteten Städte und Gemeinden für das Jahr 2013. Deshalb

(Abg. Meyer (CDU) )

bringen wir in Kürze den Auszahlungsmodus für die weiteren sechs Tranchen à 17 Millionen hier ein und deshalb wäre es höchste Zeit, dass auch die Opposition sich auf die Seite unserer Kommunen stellt und nicht nur ratlos schulterzuckend Enthaltung übt.

Werte Kolleginnen und Kollegen am linken Rand dieses Plenums, bekennen Sie sich zur Solidarität mit den Kommunen auf dem gemeinsamen Konsolidierungspfad und stimmen Sie dem vorliegenden Gesetzentwurf zu.

(Beifall der Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Abgeordneter Andreas Augustin.

Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Meyer, ich bekenne mich zur Solidarität mit den Kommunen. Ich halte das Gesetz allerdings an einer Stelle nicht dafür geeignet. Auch wenn die GRÜNEN noch nicht zum Thema gesprochen haben, so wird sich wohl niemand gegen die 17 Millionen aussprechen, die den Kommunen zur Entlastung zur Verfügung gestellt werden sollen. Dies hat auch DIE LINKE nicht kritisiert. Wie gesagt, ich rechne auch vonseiten der GRÜNEN nicht mit Kritik. Auch von unserer Seite kommt hierzu keine. Das Geld ist dafür bereitgestellt und soll ausgezahlt werden. Das ist auch gut so.

Nebenbei bemerkt sind es nicht sechs Tranchen von 17 Millionen, sondern später steigt es noch auf 17,25 Millionen. Auch das ist vollkommen in Ordnung. Den süßen Köder mit den 17 Millionen hat der Saarländische Städte- und Gemeindetag auch geschluckt. Der Köder hat jedoch einen Haken, nämlich den Kommunalen Sanierungsrat. Das Gleiche kennen wir schon auf Landesebene. Dort ist es der Nationale Stabilitätsrat. Genau dies wurde von der LINKEN kritisiert und ist auch der Grund, warum wir Probleme mit dem Gesetzentwurf haben.

(Abg. Pauluhn (SPD) : Dann sagen Sie jetzt einmal, was Sie wollen!)

Ja, ich erzähle Ihnen jetzt, was wir wollen. Wir müssen nämlich einmal in die andere Richtung blicken, in Richtung Bund. Dort haben wir nämlich das Problem, dass gerade die Kommunen Schulden anhäufen, für die sie selbst gar nichts können. Es gibt Gesetze wie im SGB XII, dass im Alter ein Recht auf Grundsicherung besteht. Wer nicht genug Rente bekommt, kann dieses Recht in Anspruch nehmen. Das ist vollkommen in Ordnung. Der Bund hat dieses Gesetz erlassen, aber die Kosten fallen bei den Kommunen an. Das betrifft die Leute im Alter und damit die Kommunen, in denen viele alte Menschen leben, unter anderem in den ländlichen Regionen.