Protokoll der Sitzung vom 14.10.2014

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute unter diesem Tagesordnungspunkt zum einen mit dem Gesetzentwurf der LINKEN zur Änderung des Saarländischen Datenschutzgesetzes, zum anderen mit dem ergänzenden Antrag zur Stärkung der Verbraucherrechte und zur Regulierung der Schufa und auch anderer Auskunfteien. Ziel ist, die öffentlich-rechtliche Wohnungswirtschaft und Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge nicht länger Daten von Auskunfteien abfragen zu lassen beziehungsweise auch festzulegen, dass sie keine Daten mehr an diese Auskunfteien abgeben dürfen. Dieses Ziel, meine sehr geehrten Damen und Herren, unterstützen wir GRÜNE, und deshalb werden wir dem Gesetzentwurf und auch dem Antrag der LINKEN vollumfänglich zustimmen.

(Beifall von der LINKEN.)

Auch wir haben große Bedenken gegenüber der Schufa und anderen Auskunfteien. Wir haben einmal nachgefragt bei Wohnungsgesellschaften der öffentlichen Hand - das ist ja die öffentlich-rechtliche Wohnungswirtschaft. In der Tat wird uns dort bestätigt, dass regelmäßig eine Bewertung von Mieterinnen und Mietern durch Abfrage bei der Schufa erfolgt. Uns wurde berichtet, dass diese Abfrage zwar kostenpflichtig ist, aber natürlich aus Sicht des Un

(Abg. Strobel (CDU) )

ternehmens für dieses von Vorteil ist, weil zum Beispiel potenzielle Mieterinnen und Mieter, die möglicherweise aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, ihre Miete zu bezahlen, vom Mietverhältnis einfach ausgeschlossen werden können. Wir wissen allerdings überhaupt nicht, nach welchen Kriterien diese Bewertungen erfolgen. Wir wissen nicht, ob die gespeicherten Daten noch aktuell sind, ob sie überhaupt richtig sind und inwiefern sie relevant sind für die anstehenden Entscheidungen.

Uns geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren, heute um den Erhalt der Datenhoheit der Bürgerinnen und Bürger, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht soll durch den Antrag der LINKEN gestärkt werden. Das finden wir gut, und das ist auch richtig so.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Großen Koalition, plädiere ich an dieser Stelle wieder nachdrücklich dafür: Machen Sie es doch möglich, dass dieser Antrag in den zuständigen Ausschuss überwiesen wird, damit im Rahmen einer Anhörung über weitere Details beraten werden kann.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Kollegin Ries, Sie haben vorhin das Wort „seriös“ verwendet. In dem Zusammenhang könnte man auch im Ausschuss seriös über die Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Institution beraten.

(Abg. Ries (SPD) : Da ist doch der Bund zuständig!)

Ich möchte noch einmal auf die Problematik und das Ausmaß der Datensammlung zurückkommen. Die Schufa, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen in Form einer Aktiengesellschaft. Ergo muss die Schufa Gewinn erwirtschaften und dementsprechend aufgestellt sein. Die Waren oder Güter, mit denen die Schufa handelt, sind Daten, und zwar nicht irgendwelche Daten, sondern personenbezogene Daten. Es sind kritische Daten, die im Grunde genommen nicht alle gespeichert werden dürfen.

Damit man die Dimension begreift, möchte ich noch einmal auf den Datenbestand eingehen, die Kollegin Ries hat das bereits angesprochen. Nach den neuesten Zahlen von 2013 verwaltet die Schufa bereits 682 Millionen Datensätze. Das ist noch mehr, als im Antrag der LINKEN steht. Interessant ist, dass die Zahl der erfassten Personen jährlich steigt. Insgesamt waren es 2012 - auch das hat Kollegin Ries bestätigt - über 66 Millionen Personen, 2013 waren es 66,3 Millionen Personen, über die es dort Eintragungen gibt. Bei einer Gesamtzahl von rund 80 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland sind

das mehr als 80 Prozent, die von der Auskunftei erfasst sind.

(Abg. Ries (SPD) : Alle Erwachsenen.)

Das ist eine ungeheure Dimension, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade deshalb sind strengere gesetzliche Regelungen zur Arbeit der Auskunfteien erforderlich. Dafür sollte sich das Saarland eigentlich auch einsetzen. Anhand der gesammelten Daten werden sogenannte Scoring-Modelle berechnet, das heißt, jede von der Schufa erfasste Person erhält einen Wert, der die Kredit- oder die Mietwürdigkeit bestimmt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Dieser Wert kommt völlig intransparent zustande. Von dieser Bewertung hängt es dann ab, ob eine Person ein Mietverhältnis eingehen kann oder einen Kredit erhält.

Wir sind der Meinung, dass diesem Verfahren grundsätzlich ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben werden muss im Bereich der öffentlich-rechtlichen Wohnungswirtschaft und bei allen Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge. Dies muss ein Ende haben! Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht der Antrag der LINKEN exakt in die richtige Richtung.

Abschließend möchte ich noch sagen: Alle 16 Verbraucherschutzminister haben auf der Verbraucherschutzministerkonferenz im Mai 2013 in Bad Nauheim ähnliche Forderungen erhoben. Sie sehen hier ebenfalls einen gesetzlichen Handlungsbedarf.

(Abg. Ries (SPD) : Das ist Bundesrecht.)

Der Hinweis, Frau Kollegin Ries, auf unseren Bundesminister Maas, der schon so viel angekündigt und nicht umgesetzt hat,

(Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD). - Lachen und Sprechen)

reicht mir an der Stelle nicht, weil ich die Durchsetzungsfähigkeit des Bundesministers Maas in dieser Großen Koalition gegenüber der CDU grundsätzlich bezweifle! - Stimmen Sie diesem Antrag bitte zu.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE noch mal Frau Abgeordnete Birgit Huonker.

Meine Damen und Herren, ich wollte eigentlich nicht noch mal ans Rednerpult, aber nach den Ausführungen, die es inzwischen gegeben hat, muss ich doch noch etwas sagen. Sehr geehrter Herr Strobel, wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Offensichtlich hat Ihnen die NSA-Affäre einen Schock versetzt. Wenn die Ämter keine Daten mehr sammeln dürften, könnte man gleich alle Ämter im Land und im Bund ab

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

schaffen. Ich glaube, das wäre auch nicht Sinn und Zweck der Sache.

(Beifall von LINKEN und PIRATEN.)

Frau Ries, noch einen kleinen Hinweis an Sie. Sie wissen ja, dass die SPD-Vorschläge sich oft gegen die CDU nicht unbedingt durchsetzen können, gerade wenn es um wirtschaftliche Interessen geht.

(Abg. Ries (SPD) : Das steht im Koalitionsvertrag.)

Ich wollte Ihnen mit auf den Weg geben: Bei aller Wertschätzung des Herrn Kollegen Maas wollten wir Sie auch über den Weg einer Bundesratsinitiative stärken. Das heißt, wir wollten da noch mal die Länder mit ins Gespräch bringen. Wir bedauern, dass Sie uns nur teilweise zustimmen konnten. Wir würden uns trotzdem freuen - ich kann mich da dem Appell des Herrn Kollegen Kessler nur anschließen -, wenn wir das im Ausschuss noch einmal sachlich beraten könnten. Da kann man sicherlich noch auf den einen oder anderen Hinweis eingehen. Aber ich denke wirklich: Das wäre es die Sache doch wert, dass wir das gemeinsam im Ausschuss noch mal in Ruhe beraten. - Danke schön.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Gesetzentwurf. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf Drucksache 15/1082 - neu - zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Datenschutz und Informationsfreiheit zu überweisen. Wer für die Annahme dieses Gesetzentwurfes in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Regierungsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 15/1083. Hier hat Kollege Kessler Ausschussüberweisung beantragt. Deswegen lasse ich zuerst einmal darüber abstimmen. Wer für die Überweisung dieses Antrages in den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass die Ausschussüberweisung mehrheitlich abgelehnt ist. Dafür gestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Regierungsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag als solchen. Wer für die Annahme dieses Antrages ist,

den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben DIE LINKE und die GRÜNEN, abgelehnt haben die übrigen Fraktionen.

Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Zustimmung zu dem Staatsvertrag zwischen den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland über die Kooperation auf den Gebieten der Erbschaftund Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer (Drucksache 15/1073)

Zur Begründung erteile ich Herrn Minister Stephan Toscani das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Saarland und Rheinland-Pfalz schlagen ein neues Kapitel bei der Zusammenarbeit im kooperativen Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland auf. Zum Bundesstaat, zum Föderalismus gehört, dass Bundesländer über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten. Wir tun das seit vielen Jahren erfolgreich mit Rheinland-Pfalz, und wir wollen jetzt mit diesem Staatsvertrag - die Zustimmung des Landtages vorausgesetzt - ein neues Feld der Zusammenarbeit erschließen. In der Ministerratssitzung im September 2012 haben beide Landesregierungen gemeinsam beschlossen, die länderübergreifende Kooperation auch auf den Bereich der Landessteuern auszudehnen. Wir haben damals zwei Steuerarten ausgewählt, bei denen wir enger zusammenarbeiten wollen, das ist zum einen die Erbschafts- und Schenkungssteuer, zum anderen die Grunderwerbssteuer. Ab 01. Januar nächsten Jahres sollen ohne Veränderung der Ertragshoheit sämtliche Erbschaft- und Schenkungssteuerfälle beider Länder durch ein rheinland-pfälzisches Finanzamt und die Grunderwerbssteuer beider Länder durch ein saarländisches Finanzamt veranlagt und die hieraus resultierenden Steuern erhoben werden.

Das heißt, dass künftig alle Erbschafts- und Schenkungssteuerfälle aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz von einem rheinland-pfälzischen Finanzamt veranlagt und erhoben werden. Die Erträge bleiben selbstverständlich in dem jeweiligen Bundesland, aus dem die Fälle stammen. Umgekehrt ist ein saarländisches Finanzamt für die Grunderwerbssteuerfälle beider Bundesländer zuständig. Beiden Ländern ist bewusst, dass bei einer solchen länderübergreifenden Kooperation im Bereich der Steuern Neuland betreten wird. Das stellt uns vor erheblichen Herausforderungen, bei denen wir auf die Un

(Abg. Huonker (DIE LINKE) )

terstützung der anderen Bundesländer und des Bundes angewiesen sind. Ich will dem Bundesministerium ganz herzlich und ausdrücklich Dankeschön sagen, das diese Neuentwicklung im Föderalismus bislang sehr wohlwollend und unterstützend begleitet hat.

Bei der praktischen Umsetzung ist natürlich der Größenunterschied beider Bundesländer zu berücksichtigen, die vierfache Größe des Landes RheinlandPfalz im Vergleich zum Saarland. Das schlägt sich natürlich in den Fallzahlen nieder, was uns vor Herausforderungen beim Tausch der Aufgabengebiete stellt. Ich will aber ausdrücklich betonen, wir sind überzeugt, diese Herausforderungen gemeinsam meistern zu können. Für eine Übergangszeit wird die Zusammenarbeit durch das Rechtsinstitut der sogenannten Organleihe sichergestellt. Dabei wird ein Rechtsträger ermächtigt und verpflichtet, mit seinen Organen einen sachlich begrenzten Aufgabenbereich mit Wirkung für den anderen wahrzunehmen. Wir beleihen uns gegenseitig, das Saarland das Land Rheinland-Pfalz für die Erbschafts- und Schenkungssteuerfälle und Rheinland-Pfalz das Saarland für die Grunderwerbssteuerfälle. Langfristig wollen wir das Ganze nicht über eine Organleihe fortführen, sondern streben eine Kooperation nach dem Finanzverwaltungsgesetz an. Die Zuständigkeiten sollen dann vollständig für die betroffene Steuerart auf das jeweils andere Land übergehen.

Ich will noch einige wesentliche Eckpunkte schildern. Das Ganze ist durchaus nicht nur verfassungsrechtlich interessant, sondern auch sehr bedeutsam. Für den Landtag ist wichtig, dass die verfassungsrechtliche Verantwortlichkeit des jeweiligen Landes, vor allem die parlamentarische Kontrolle sowie die Zuweisung des Steueraufkommens, durch diesen Staatsvertrag unberührt bleiben. Der Staatsvertrag schränkt die Organisationshoheit der Länder nicht ein, die Dienstaufsicht über die Bediensteten des jeweiligen Landes bleibt bestehen. Die Ausübung der Fachaufsicht durch die vorgesetzten Behörden wird nicht Bestandteil der Organleihe sein. Ungeachtet der Tatsache, dass die rheinland-pfälzischen Grunderwerbssteuerfälle im Saarland bearbeitet werden, verbleibt also die Fachaufsicht über dieses Besteuerungsverfahren beim Landesamt für Steuern in Koblenz und beim rheinland-pfälzischen Finanzministerium. Umgekehrt steht die Fachaufsicht über die in Rheinland-Pfalz bearbeiteten Erbschaft- und Schenkungssteuerfälle aus dem Saarland weiterhin dem saarländischen Finanzministerium zu.

Es ist sichergestellt, dass sich die Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe in Bezug auf diese Steuerarten auf beide Länder bezieht. Die Rechnungshöfe werden eine eigene Vereinbarung zur Durchführung der Prüfungen abschließen. Es ist gewährleistet, dass die Aufgaben und Rechte, der für den Datenschutz

zuständigen Behörden durch die Organleihe nicht beeinträchtigt werden. Das heißt, die gesetzlichen Prüf- und Kontrollrechte für alle Steuerfälle des jeweiligen Landes bleiben unberührt in Bezug auf die für den Datenschutz zuständigen Behörden.

Wir wollen zum 01. Januar 2015 starten und arbeiten auf dieses Datum hin, das auch im Staatsvertrag festgelegt und verabredet wurde. Die Ministerpräsidentinnen beider Länder haben den Staatsvertrag am 23. und 24. September 2014 unterschrieben. Der Staatsvertrag ist jetzt paraphiert, nach unserer Verfassung bedarf er noch der Zustimmung des Landtages, um wirksam werden zu können. Ich bitte Sie als Gesetzgeber, diesem Gesetz zuzustimmen, das die Zusammenarbeit auf die beiden Steuerarten ausdehnt und erstmals erschließt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. - Es sind keine Wortmeldungen eingegangen. Ich schließe die Aussprache.