Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

(Ministerin Rehlinger)

dazu. Wir alle hier - die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die politischen Entscheidungsträger haben konkrete Erwartungen an unsere Landesregierung, die saarländischen Interessen gegenüber dem Bund und den anderen Ländern beharrlich und erfolgreich zu vertreten. Das wird sie auch tun, da bin ich ganz zuversichtlich.

Es ist mitunter kränkend, als kleines Bundesland wie ein Bittsteller um die Solidarität der anderen Länder geradezu betteln zu müssen. Das ist nicht nur unangenehm, es ist auch in höchstem Maße ungerecht. Es wird der Historie des Solidarprinzips und den Leistungen des Saarlandes in keiner Weise gerecht. Das Saarland hat mit Kohle und Stahl wesentlich zum Wiederaufbau nach 1950 beigetragen. Es hat durch seine Industrie und Wirtschaftskraft lange Zeit das finanzielle Solidarsystem der Bundesländer mitgetragen. Davon haben Länder wie Bayern und Hessen erheblich profitiert.

Nun ist deren Solidarität in umgekehrter Richtung gefordert. Allerdings ist das Bewusstsein dort dafür offenbar nicht sehr ausgeprägt. Diese abweisende Haltung ist in der Debatte sicherlich zermürbend. Wir werden uns gemeinsam gegen die als letzte Konsequenz dargestellte Umstrukturierung der föderalen Ordnung als Argument für die saarländischen Interessen wenden und zur Wehr setzen. Wir werden diese letzte Konsequenz so nicht akzeptieren. Wir wollen das alle nicht, und das aus vielerlei Gründen.

Zunächst einmal gilt schlicht, dass eine Zusammenlegung von Ländern keine Schulden beseitigt. Es wird lediglich die Entscheidung über den Umgang mit den Schulden auf andere übertragen. Und das darf und kann letztlich nicht unser Wille sein. Auch wenn die Gespräche mühsam sind, auch wenn das Unverständnis einiger anderer Landesregierungen zermürbend und der Erfolg ungewiss ist, muss es doch unser Ziel sein, das Heft des Handels in der Hand zu behalten.

Professor Thomas Straubhaar, der politisch sicher nicht in der linken Ecke verortet ist, hat 2013 festgestellt: „Die ökonomischen Effekte einer Länderfusion sind gleich null. Sie sind nicht das Papier wert, auf dem sie Jahr für Jahr veröffentlicht werden. Denn fusionierte Bundesländer benötigen die gleiche Anzahl an Polizistinnen und Polizisten, an Lehrerinnen und Lehrern.“ Vielleicht wird am Ende der Verhandlungen nicht unsere Wunschlösung für die föderalen Finanzbeziehungen stehen. Aber wir müssen darum kämpfen, dass wir dieser Wunschlösung ein gutes Stück näher kommen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer, wenn nicht wir selbst sollte denn künftig überhaupt noch für unsere Interessen kämpfen? Die Rheinland-Pfälzer oder die

Hessen? Nein! Die saarländischen Interessen können und müssen auch in Zukunft aus Saarbrücken vertreten werden und nicht aus Mainz oder Wiesbaden.

Auch das Kostenargument ist für die Frage der Zusammenlegung von Bundesländern kein überzeugendes. Ich möchte an dieser Stelle mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, aus der Saarbrücker Zeitung vom 27. Oktober dieses Jahres zitieren. Dort heißt es: „Natürlich bräuchte man nur noch einen Landtag und eine Landesregierung. Aber das sind nicht die großen Ausgabenposten. Der Saar-Landtag kostet im Jahr 17 Millionen Euro - 0,4 Prozent des gesamten Landesetats. Auch die Einsparungen bei den Staatsdienern werden gerne überschätzt. Das Gros der öffentlich Beschäftigten - etwa Lehrer, Polizisten oder Finanzbeamte - würde weiter in gleicher Zahl benötigt. Für einen großen Teil der Beschäftigten in den Ministerien übernimmt der Bund ohnehin die Kosten, um so finanzielle Nachteile der Kleinheit des Landes auszugleichen.“

Der Bund der Steuerzahler wird mit der Berechnung zitiert, wonach eine groß angelegte Länderneugliederung bundesweit eine halbe Milliarde Euro sparen könnte. Dies entspräche aber nur etwas mehr als einem Promille der Länderausgaben und weniger als einem Promille aller öffentlichen Ausgaben.

Wenn aber durch eine Länderneugliederung weder die erdrückenden Altlasten beseitigt noch öffentliche Ausgaben nennenswert gesenkt würden, welchen Vorteil würde sie uns dann bringen? Keinen! Aus welchem Grund sollten wir als Saarland dann eine solche befürworten? Natürlich gibt es keinen Grund, das zu tun. Es entspräche auch nicht unserem Selbstverständnis, wenn wir plötzlich unseren Verhandlungspartnern in Aussicht stellen würden, dass sie künftig möglicherweise mit herrenlos gewordenen saarländischen Altschulden belastet werden. Auch das werden wir nicht tun.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Eigenständigkeit unseres Landes nur über gegenseitige Akzeptanz und Respekt erreicht werden kann. Akzeptanz und Respekt nach außen, damit wir in den Finanzverhandlungen mit dem Bund und den Ländern eine für uns solide und sinnvolle Regelung erreichen können. Akzeptanz und Respekt nach innen, damit die Bürgerinnen und Bürger Verständnis für unseren strengen Sparkurs haben und diesen Weg auch mit uns beschreiten.

Für beides ist es unerlässlich, das Selbstbewusstsein für die Leistungen und die Lebens- und Liebenswürdigkeit unseres Landes zu schärfen. Das Saarland hat in seiner wechselvollen Geschichte alleine im vergangenen Jahrhundert immer wieder die Erfahrung gemacht, zum Spielball fremder Mächte und Interessen zu werden, sei es als Wiedergutma

(Abg. Berg (SPD) )

chung für erlittene Schäden, als Zankapfel oder als Faustpfand oder auch als ein Projekt europäischer Unabhängigkeit. Die territoriale, wirtschaftliche und politische Zugehörigkeit des Saarlandes war immer wieder Veränderungen unterworfen. Aus dieser Geschichte heraus hat sich im Saarland ein klares Bewusstsein für die besondere Rolle des Landes entwickelt und das, meine Damen und Herren, wie in keinem anderen Bundesland.

Auch Klaus Meiser hat schon auf die besondere Historie unseres Landes hingewiesen. Die Menschen hier reagieren mit einer ganz besonderen Sensibilität, wenn es um die Existenz und die Anerkennung dieses kleinen Fleckchens Erde geht. Dessen sind wir alle uns bewusst. Dem wollen wir auch gerecht werden, indem wir diese Verantwortung selbst tragen. Bei allen Diskussionen über die Finanzbeziehungen oder auch über den Landeshaushalt geht es letztendlich um die Existenz unserer Heimat. Deshalb sind wir als Landespolitiker ganz besonders gefordert. Die Existenz des Landes steht hier im Hause außer Frage. Wir müssen, werden und wollen uns dafür einsetzen, um saarländische Interessen zu wahren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es ist unsere Aufgabe, ganz selbstbewusst die Leistungen und Vorzüge unseres Landes hervorzuheben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wehre mich ganz bewusst dagegen, unser Land als armes Bundesland zu bezeichnen. Wir sind kein armes Bundesland. Wir sind ein vielleicht finanzschwaches Bundesland, aber wir sind kein armes Bundesland, denn wir sind reich an anderen Dingen. Wir können selbstbewusst sein. Wir dürfen niemals müde werden, dies zu sagen und zu zeigen, dass es sich lohnt, die Eigenständigkeit des Landes zu sichern. Die Leistungen in Industrie und Wirtschaft sowie Bildung wurden hier dargestellt. Die machen unser Land reich.

Unser Land hat weitere Vorzüge, denn es ist ein Land der kurzen Wege. Unsere nur geringe territoriale Größe und Einwohnerzahl ermöglichen schnelle und unkomplizierte administrative Entscheidungen, weil man im Zweifel die zuständigen Entscheidungsträger kennt - das ist eine saarländische Besonderheit. Im Saarland kennt man jemanden oder man kennt jemanden, der jemanden kennt. Das ist ganz besonders. Wenn ein Saarländer oder eine Saarländerin irgendwohin in Urlaub fährt, dann treffen er oder sie ganz sicher zu irgendeinem Zeitpunkt einen anderen Saarländer oder eine andere Saarländerin. Das macht uns doch aus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Kleinheit ist doch auch ein Vorteil.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Sind wir jetzt in der Villa Kunterbunt? - Sprechen.)

Das Vereinsleben und das Ehrenamt sind sehr ausgeprägt. Das ist ein Beleg für das ausgeprägte Zusammengehörigkeitsgefühl in dieser Gesellschaft. Das alles sind Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnt! Das sind zum Teil sehr liebenswerte Dinge, die das Saarland ausmachen.

Ich möchte einen letzten Aspekt in dieser Debatte hinzufügen. Die historische Sonderrolle des Saarlandes und auch die ganz alltäglichen Vorzüge haben zu einer tiefen Verbundenheit mit unserer Heimat geführt. Klaus Meiser hat das eben zu den Vorzügen der föderalen Ordnung dargestellt. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind in besonderer Weise in den Kommunen, Kreisen und ihren Gemeinden verwurzelt. Diese tiefe Verwurzelung ist ein ganz wesentliches Merkmal. Deshalb bleibt auch das Bekenntnis zu dieser föderalen Ordnung. Nur eine Gesellschaft, in der die Menschen fest verwurzelt sind, kann ein blühendes Land erschaffen! Wenn man den Menschen ihre Wurzeln entreißt, dann wird die Gesellschaft daran eingehen. Dann kann das Land nicht gedeihen. Das werden wir nicht zulassen! Dafür werden wir kämpfen! Das galt in der Vergangenheit, das gilt heute und es wird in Zukunft gelten. Darauf geben wir unser Wort. - Glück auf!

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun die Ministerpräsidentin des Saarlandes Annegret Kramp-Karrenbauer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Es ist gut, richtig und wichtig, dass wir uns heute in dieser Debatte selbst und damit nicht nur uns selbst, sondern auch der saarländischen Öffentlichkeit, vergewissert haben, wie wichtig uns die Eigenständigkeit des Landes ist.

Lassen Sie mich zu Beginn meines Redebeitrages zwei Anmerkungen machen. Erstens. Diese von mir geführte und von CDU und SPD getragene Landesregierung wird sich von niemandem in diesem Haus und von niemandem in diesem Land darin übertreffen lassen, für die Zukunft als eigenständiges Bundesland zu kämpfen. Das haben wir den Saarländerinnen und Saarländern versprochen. Das halten wir!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Zweitens. Sehr geehrter Herr Kollege Ulrich, Sie haben mich vorhin angegriffen und haben gesagt, ich hätte ein Stück Glaubwürdigkeit verspielt. Sehr geehrter Herr Kollege Ulrich, ich habe vor über zweieinhalb Jahren in einer sehr persönlichen Entscheidung zu Beginn des Jahres 2012 - ich glaube mit der größtmöglichen Konsequenz - den Saarländerinnen und Saarländern deutlich gemacht, dass für

(Abg. Berg (SPD) )

mich immer eine Reihenfolge gilt: zuerst das Land und dann alle anderen Interessen, und dass ich vor allen Dingen meine eigenen Interessen hintanstelle. Ich brauche mir von Ihnen in Sachen Glaubwürdigkeit keine Lektion erteilen zu lassen.

(Lebhafter Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Jenseits aller Diskussionen in der Sache und im Vorfeld dieser Debatte durch die Veröffentlichungen auch aus den Oppositionsreihen - wir werden die Diskussion sicherlich weiter führen - ist heute erkennbar gewesen, dass mit der Debatte zwei Versuche gestartet wurden. Zunächst ist es der Versuch, darzustellen, dass es in dieser Frage eine Uneinigkeit innerhalb der Landesregierung gebe. Ich glaube, das hat sich schon von selbst durch die Wortmeldungen sowohl der Kollegin Anke Rehlinger als auch der beiden Fraktionsvorsitzenden der Regierungsfraktionen im Landtag erledigt.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Der Kollege Commerçon hat sich aber nicht zu Wort gemeldet. Sprechen.)

Kollege Ulrich hat Quellen benannt, unter anderem einen Bericht in der Saarbrücker Zeitung. Ich kann Ihnen sagen, dass der geschätzte Kollege Commerçon nicht nur mir gegenüber unter vier Augen, sondern auch gestern gegenüber dem gesamten Kabinett gesagt hat, dass das, was er zu diesem Thema gesagt hat, und das, was in der Saarbrücker Zeitung zu lesen war, nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun hat. Insofern sollten Sie Ihre Quellen vielleicht etwas besser untersuchen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wann kommt die Gegendarstellung? - Sprechen.)

Im Übrigen würde er sich damit auch in Gegensatz zu dem stellen, was Anke Rehlinger nicht nur heute hier, sondern auch in der Diskussion im Saartalk gemeinsam mit mir gesagt hat. Ich zitiere: „Es geht“ bei der Frage der Eigenständigkeit des Landes „letztendlich auch nicht darum, dass wir das wollen, sondern es ist nur als die schlimmste aller Varianten in Aussicht gestellt worden. Dass es nicht dazu kommt, daran arbeiten wir.“ Ich will hinzufügen: Daran arbeiten wir gemeinsam. Daran gibt es in dieser Regierung überhaupt nichts zu deuteln, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Also bleibt der Vorwurf, ich hätte mit dieser Äußerung die Verhandlungsposition des Saarlandes massiv geschwächt. Ich darf dazu den Ministerpräsidentenkollegen von Schleswig-Holstein zitieren, der in den Medien Folgendes gesagt hat: „Die Kollegin“ gemeint war ich - „hat lediglich deutlich gemacht, dass bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs Bund, Länder und Kommunen ihr Altschuldenproblem solidarisch lösen müssen. Da bin ich

ganz bei ihr. Gelingt uns dies nicht - dieses Szenario hat Frau Kramp-Karrenbauer beschrieben -, bestehe die Gefahr, dass wir aus Not über Länderfusionen reden müssten.“

Sie sehen, das, was ich als Gefahr erkenne und wir in der Bundesrepublik diskutieren, wird nicht nur von mir so diskutiert, sondern auch von anderen Kollegen. Das ist hier eben ganz deutlich geworden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es wird auch deutlich, wenn man zurzeit - das habe ich ja gestern Abend auch getan -, die Gespräche auf der Bundesebene nicht nur mit dem Bund, sondern auch mit den Kolleginnen und Kollegen führt. Deswegen will ich noch einmal auf die Sache selbst zurückkommen. Wir stehen vor folgender Ausgangssituation, und das ist vielleicht eine veränderte Geschäftsgrundlage zu den Verhandlungen der ersten und zweiten Teilentschuldung im Rahmen der Föderalismuskommission I und II: Wir werden nicht das Szenario haben, dass andere Länder oder der Bund dem Saarland und Bremen überhaupt nicht helfen wollen. Wir haben vielmehr - und das ist erst einmal positiv festzustellen - über alle Länder hinweg und auch beim Bund die ganz klare Aussage, dass man sieht, dass das Saarland und Bremen in einer besonderen Situation sind, und dass man diesen beiden Ländern helfen will.

Ich mache an dieser Stelle auch noch einmal deutlich, dass wir diese Verhandlungen nicht als Bittsteller und als Armenhaus der Nation führen, sondern als ein Bundesland, das aufgrund seiner ganz spezifischen Geschichte und seiner ganz spezifischen Entwicklung, nicht nur der letzten Jahre, sondern der letzten Jahrzehnte, wie kein anderes Bundesland ein ganzes Bündel an strukturellen Problemen hat, die jetzt dazu führen, dass es bei uns nicht nur um die Frage geht, ob wir etwas besser oder schlechter ausgestattet sind, sondern dass es bei uns um eine existenzielle Frage geht. Dieses Bündel an strukturellen Ursachen begründet sich in den Zinsen für die Altschulden, die wir über viele Jahrzehnte, auch mit Blick auf den Strukturwandel, aus meiner Sicht nicht angreifbar, aufgenommen haben, weil es damals das gemeinsame Ziel der Politik in diesem Land wer immer sie gestaltet hat - war, dass wir aus diesen sehr schwierigen Umstrukturierungsprozessen so sozialverträglich wie möglich hervorgehen.

Dieses Problem begründet sich aber auch durch die Altlasten. Das hat nichts damit zu tun, dass wir in den letzten Jahren über Gebühr Personal eingestellt hätten. Es hat etwas damit zu tun, dass wir in diesem Land seit den Siebzigerjahren im Vergleich zum Bundesgebiet über 20 Prozent der Bevölkerung verloren haben, das heißt, wir haben zurzeit eine demografische Entwicklung, die nur vergleichbar ist mit

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

der in den neuen Bundesländern. Das macht das Thema Altlasten für uns so viel drückender, als das in anderen Fällen gewesen ist.

Uns bedrückt auch das Thema Soziallasten. Wir sind kein reines Flächenland. Wir haben gemischte Strukturen, also auch solche, die eher an Stadtstaaten erinnern. Wir haben eben nicht die Einwohnerveredelung, wie das bei den Stadtstaaten der Fall ist. Wenn ich alleine diese drei Punkte, diese drei originären Lasten, zusammenzähle, dann wird deutlich, warum wir bei einer wirklich guten Wirtschaftskraft, die wir auf den Weg bringen, und einem System, das zwar nicht ausreichend, aber doch einigermaßen die Steuerkraft über das Ausgleichssystem anpasst, im Saarland, gemessen am Durchschnitt der Ländergemeinschaft, pro Einwohner 800 Euro weniger zur Verfügung haben, um genau die gleichen Aufgaben zu erledigen, wie sie in anderen Bundesländern auch erledigt werden müssen. Das hat nichts mit Betteln zu tun, das ist eine objektive Benachteiligung dieses Landes. Daran müssen wir arbeiten, dagegen müssen wir kämpfen, das ist die Aufgabe, die wir vor uns haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir registrieren das Bekenntnis der anderen Länder, den Föderalismus erhalten und allen Ländern helfen zu wollen. Wenn man aber dann - und das kann man eben nur nachvollziehen, wenn man in den Gesprächen selbst drinsteckt - zu Recht den Eindruck hat, dass die Ernsthaftigkeit der Situation des Saarlandes bei Weitem nicht jedem bewusst ist und man Gefahr läuft, ein Lippenbekenntnis der anderen Länder zu bekommen und mit einer Summe aus diesen Verhandlungen herauszugehen - ich will nicht sagen: abgespeist zu werden -, die es den anderen erlaubt zu sagen, sie seien doch solidarisch, aber die es uns auf keinen Fall erlaubt, die strukturellen Probleme zu lösen, dann ist es an der Zeit, darauf hinzuweisen, um was es eigentlich geht.

Es geht um folgende Alternative: Wenn wir miteinander und in aller Ernsthaftigkeit wollen, dass in Zukunft 16 Bundesländer die Schuldenbremse einhalten können und 16 Bundesländer in der Lage sind, das Gebot der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen zu gewährleisten, dann müssen wir jetzt bei den Finanzverhandlungen die Weichen so stellen, dass das gelingt. Wer das nicht will, der muss sagen, was er eigentlich als Ziel verfolgt, und dieses Ziel kann dann nur lauten, dass es weniger Bundesländer sein müssen, wenn man 16 nicht finanzieren kann. Da weise ich darauf hin, dass das keine Debatte sein kann, bei der es nur heißt, wir müssen schauen, was aus Bremen und dem Saarland wird. Dann muss die Debatte anders geführt werden. Keinen anderen Zusammenhang habe ich dargestellt.

Wenn man sich auf der Bundesebene bewegt, dann ist einem sehr deutlich geworden - insbesondere in dieser Woche, in der ich mit vielen Ministerpräsidenten persönlich gesprochen habe -, dass dieses Interview unter anderem dazu geführt hat, dass jedem die Ernsthaftigkeit der Situation bewusst geworden ist. Das hat nichts mit einem Drohszenario zu tun, sondern damit, dass die Saarländerinnen und Saarländer zu Recht erwarten können, dass man die Dinge beim Namen nennt, wenn es nötig ist, um die Interessen zu vertreten, und das habe ich getan, meine sehr verehrten Damen und Herren.