Protokoll der Sitzung vom 02.12.2014

(Sprechen bei der CDU.)

Herr Kollege Meiser, darf ich vielleicht auch Ihre Aufmerksamkeit ausnahmsweise in Anspruch nehmen? - Ich bin einmal im Bundesrat aufgelaufen, als ich versucht habe, eine Mehrheit durchzusetzen, die teilweise gegen die Interessen der Länder war, es ging um die Mehrwertsteuererhöhung. Damals war die Auffassung der SPD, die Mehrwertsteuererhöhung sei abzulehnen, weil sie zu stark die allgemeinen Haushalte belaste. Mein strategischer Fehler war, nicht zu sehen, dass die Mehrheit der Länder viel stärker die eigenen Einnahmen sehen und deshalb diesem Ansatz nicht folgen würde. Wir haben jedes Mal dann eine Mehrheit der Länder gefunden, wenn wir nicht darauf gesetzt haben - ich muss das nachdrücklich sagen; ich denke an Herrn Seehofer oder Frau Kraft -, dass die uns etwas abgeben. Wir haben nur dann eine Mehrheit der Länder gefunden, wenn sie alle irgendwie im Boot saßen und davon einen Vorteil hatten. So ist das in der Praxis.

Eine Aussage von Ihnen hat mich bewogen, kurz noch einmal ans Rednerpult zu gehen. Ich kann heute Nachmittag leider nicht mehr an der Sitzung teilnehmen. Ich habe eine Veranstaltung in Berlin und die Lufthansa-Flüge sind alle gestrichen. Ich muss sehen, wie ich zurechtkomme. - Sie haben gesagt: keine Steuererhöhung.

(Abg. Meiser (CDU) : Ich habe vom Soli gesprochen.)

Sie haben vom Soli gesprochen und Sie haben gesagt, das sei die Position der CDU Saar. Ich rate davon ab, die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags als Steuererhöhung zu bezeichnen, denn die Leute zahlen ja bereits den Soli. Ob der ins System integriert wird, ist ihnen völlig gleichgültig. Ihnen ist nur wichtig, ob sie zahlen oder nicht. Ich würde es also nicht für sinnvoll halten, dem Argument derjenigen, die an der Stelle Steuern senken wollen, dadurch Rechnung zu tragen, dass man sagt, keine Steuern. Ich hatte Sie aber so verstanden, dass Sie die Position der Bundespartei CDU stützen, keine weitere Steuererhöhung. Ich würde Sie bitten, das klarzustellen, denn wenn Sie dabei bleiben, ich sage es noch einmal - Sie können das anders sehen, das müssen Sie mir aber mal vorrechnen -, wird es keine Lösung der existenziellen Probleme unseres Landes geben. Deshalb würde ich gerade von Ihnen, der CDU Saar, erwarten, dass Sie diese Position nicht unterstützten, weil sie gleichbedeutend ist mit der Aufgabe der Selbstständigkeit des Landes. - Danke.

(Beifall von der LINKEN.)

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Herr Präsident! Ich werde jetzt nicht noch einmal auf die persönlichen Angriffe eingehen, da bin ich halbwegs einer Meinung mit der Ministerpräsidentin, wenn sie sagt, der Steuerzahler bezahlt uns unsere Diäten nicht dafür, dass wir uns gegenseitig persönlich angreifen. Ich gehe nur noch einmal auf die Sachdiskussion ein. Ja, wir verlangen in der jetzigen Situation Unerhörtes, wir verlangen nämlich eine Erhöhung der Schulden um 40 Millionen Euro. Wir verlangen das aber nicht, weil Karneval ist oder weil wir das witzig finden, sondern wir machen das, weil wir dafür einen wenn auch sehr geringen Spielraum sehen und vor allem, weil wir diese Zukunftsinvestitionen für so wichtig halten, dass man diesen Spielraum auch zum jetzigen Zeitpunkt ausnutzen muss.

(Beifall von den PIRATEN.)

Um die Dimension von 40 Millionen Euro noch einmal zu verdeutlichen: Wir hätten es uns viel einfacher machen können, wir hätten sagen können, nein, wir machen keine Kredite, wir greifen einfach in das Sondervermögen Zukunftsinitiative. Es ist ausgewiesen, dass dort bis zum Ende des nächsten Jahres über 40 Millionen Euro sein sollen. Wir haben aber gesagt, wir wollen diese ehrliche Diskussion. Bei der jetzigen Zinssituation ist es ehrlicher zu sagen, wir nehmen diese 40 Millionen Euro am Kreditmarkt auf. So viel kurz dazu. - Danke.

(Beifall von den PIRATEN.)

Das Wort hat für die Fraktion der GRÜNEN Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich. Ich darf darauf hinweisen, dass die Redezeit noch 1 Minute 37 Sekunden beträgt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nur noch 1 Minute 37 Sekunden, ich will aber trotzdem versuchen, ein paar Dinge richtigzustellen, die Kollege Pauluhn hier massiv falsch dargestellt hat. Es sind drei Punkte, unsere Position zur Uni, zum Flughafen und natürlich, darauf gehe ich noch ein bisschen näher ein, zur Besetzung des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin.

Zur Uni und zum Flughafen, Herr Pauluhn, werden wir morgen früh mehr Zeit haben zu reden, das werde ich morgen klarstellen. Die Zeit erlaubt mir aber noch über den Lehrstuhl für Allgemeinmedizin zu reden. Sie haben eben versucht, mit falschen Zitaten, mit einer völlig falschen Darstellung dessen, was ich vor einem Jahr gesagt habe, der Öffentlichkeit

klarzumachen, die GRÜNEN haben baren Unsinn erzählt. Es ist alles falsch, was Sie gesagt haben. Fakt ist, Herr Pauluhn, der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin konnte vor einem Jahr nicht besetzt werden. Die drei Bewerberinnen und Bewerber haben die Ausschreibung nicht angenommen, der Lehrstuhl war verwaist. Es ist einfach so. Er konnte erst im August dieses Jahres besetzt werden, das haben Sie eben geflissentlich verschwiegen.

(Zuruf des Abgeordneten Pauluhn (SPD).)

Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, dann habe ich mehr Zeit.

(Erneuter Zuruf des Abgeordneten Pauluhn (SPD). - Weitere Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Hören Sie auf zu stören, ich habe kaum Redezeit!

(Lachen, Sprechen und Unruhe.)

Ja, ja. - Herr Präsident, ich kann nicht mehr reden.

(Anhaltende Unruhe und Lachen.)

Das Wort hat der Kollege Hubert Ulrich.

Das ist auch ein Versuch, die geringe Redezeit, die wir haben, noch einmal zu verkürzen.

(Oh-Rufe. - Lachen und Sprechen.)

Fakt ist, der Lehrstuhl konnte im letzten Jahr nicht besetzt werden, sondern erst ein Dreivierteljahr später. Er konnte aber nicht in der Art und Weise besetzt werden, wie es geplant war, Herr Pauluhn, das ist das Entscheidende. Heute ist dieser Lehrstuhl eine sogenannte Spagat-Professur. Das sollte aber nicht so sein. Es kam keiner von außen; Herr Professor Jäger, der jetzt diese „Spagat-Professur“ ausfüllt, betreibt seine Praxis in Blieskastel parallel weiter. So war das nicht gedacht. Das heißt, das, was wir vor einem Jahr gesagt und nur aufgrund von Meldungen der Kassenärztlichen Vereinigung aufgegriffen haben, hat zu 100 Prozent zugetroffen.

Herr Kollege Ulrich, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Ja, ich komme zum Schluss.- Deshalb ist das, was Sie hier behauptet haben, Herr Pauluhn, schlichtweg falsch. Das galt es hier richtigzustellen. - Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und bei den PIRA- TEN.)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion Herr Abgeordneter Eugen Roth.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier über einen schwierigen Sparhaushalt. Wenn ich auf die Debatte zurückblicke, bin ich doch relativ verwundert, was insbesondere von der Opposition oder, um es zuzuspitzen, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgetragen wurde. Ich war selbst als nicht so zart besaiteter Mensch insbesondere darüber erstaunt, dass sich der Fraktionsvorsitzende über Zwischenrufe beschwerte, während ich mich bei seinen Zwischenrufen manchmal an meinen alten Beruf bei der Polizei erinnert fühle und meine, ich wäre im D-Block beim 1. FC Saarbrücken. Das hat mich doch etwas erstaunt. Was mich noch mehr erstaunt hat, wenn Sie die Fehler der Landesregierung aufzählen, in ganzer Kette -

Herr Kollege Roth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hubert Ulrich?

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Roth, finden Sie es angemessen, parlamentarische Zwischenrufe, wie sie in allen Parlamenten dieser Republik von allen Parteien, von Sozialdemokraten, von Christdemokraten, von GRÜNEN, üblich sind, mit dem D-Block bei einem Fußballspiel zu vergleichen? Finden Sie das angemessen? Das meine ich jetzt ernsthaft. Wir zwei kommen normalerweise gut aus und können ernsthaft miteinander diskutieren. Ist dieser Vergleich wirklich angemessen? Überlegen Sie sich Ihre Antwort bitte.

(Sprechen und Zurufe von den Regierungsfrak- tionen.)

Es ist von mir nicht über Zwischenrufe im Allgemeinen gesprochen worden, sondern über Ihre Zwischenrufe,

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) )

die mir ehrlich gesagt meistens weder in der Tonlage noch in der Substanz gefallen. Das ist meine Antwort.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Wenn ich nun das nehme, was vorhin der Sprecher der GRÜNEN, Klaus Kessler, der die gesamte Redezeit abgeräumt hat, vorgetragen hat, was alles angeblich bei dieser Regierung grundsätzlich falsch läuft, dann bin auch etwas erstaunt. Ich erinnere daran, dass Sie, als Sie Ihre kurze Regierungszeit angetreten haben, damals die sogenannte Bankenkrise ausgelöst haben. Hubert Ulrich hatte nämlich verlangt, die Bank von Stefan Pauluhn abmontieren zu lassen, weil er ihm angeblich immer in die Unterlagen schauen würde. Dann haben Sie das Nichtraucherschutzgesetz verschärft, dann haben Sie gegen den Flughafen gekämpft und so weiter. Wenn ich selbst im Glashaus sitze, wäre ich mit solchen massiven Vorwürfen an die Landesregierung doch etwas vorsichtiger, meine sehr verehrten Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben heute über die Eckdaten des Haushaltes mehrfach gehört, dass wir bei einem Gesamthaushalt von 4 Milliarden Euro eine Ausgabenkürzung um 75 Millionen Euro vornehmen, was sicherlich nicht schön ist, und die Neuverschuldung von 1,2 Milliarden auf 360 Millionen Euro drosseln. Das ist ein Kraftakt von uns, um die Zinskostenhilfe im Rahmen des Stabilitätsrates von jährlich 260 Millionen Euro zu erhalten. Würden wir das nicht tun - das ist, glaube ich, im Haus Konsens -, würden wir diesem Land und insbesondere seinen Beschäftigten einen Bärendienst erweisen. Wir stellen uns aber dieser Aufgabe, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dennoch versuchen wir unter schwierigsten Rahmenbedingungen, weiterhin Schwerpunkte zu setzen. Wir halten die Förderung der saarländischen Wirtschaft auf hohem Niveau aufrecht, allerdings orientieren wir uns bei der Wirtschaftsförderung, was auch die Ministerpräsidentin gesagt hat, am Prinzip der guten Arbeit und versuchen, zum Wohl des Saarlandes vorrangig nur die zu fördern, die ohne oder mit wenig Zeit- und Leiharbeit auskommen, weil uns das am Ende den ganzen Arbeitsmarkt erodieren würde. Deshalb wurde die Förderkulisse geändert und jeder, der unsere Wirtschaftsstruktur nachhaltig stärken will, müsste das unterstützen.

Wir setzen im Bildungsbereich mit zusätzlich rund 100.000 Euro für die Förderung der Sprachkompetenz in der frühkindlichen Bildung und im schulischen Bereich insbesondere mit Blick auf Kinder mit Migrationshintergrund und Kindern mit Sprachdefiziten einen weiteren Schwerpunkt, weil eine unserer größten Herausforderungen der Bevölkerungsschwund ist. Das hat neben humanitären Gesichtspunkten auch ganz fiskalische Gesichtspunkte, weil mit jedem Bevölkerungsmitglied, das wir verlieren, wir rechnerisch rund 2.300 bis 2.500 Euro pro Kopf verlieren. Wenn ich jetzt mitrechne, was es kostet,

Menschen abzuschieben - das geht ja nicht ohne Geld, weil das mit Personalkosteneinsatz und so weiter verbunden ist -, dann können wir sagen, dass wir, um Menschen hier herauszubekommen, rund 3.500 Euro pro Kopf einsetzen.

Warum denken wir nicht ernsthaft darüber nach, dass gerade an dieser Baustelle einmal das Dableiben durch Integrationsmöglichkeiten finanziert werden kann, weil uns das natürlich humanitär hilft, aber auch wirtschaftlich, rechnerisch und fiskalisch? Wir müssen Zuwanderung finanzieren und nicht Abschiebung. Das ist in unserem eigenen Interesse.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Unser größtes Projekt jedoch, das nicht unter Rentabilitätsgesichtspunkten zu bewerten ist, sondern unter dem Aspekt arbeitsmarktpolitischer und humanitärer Hilfe, ist die Schaffung eines öffentlichen Beschäftigungssektors für von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Menschen. Wir haben uns darauf in der Koalition verständigt. Wir haben gesagt, wir nehmen pro Jahr zusätzlich zu schon anderen Mitteln im Haushalt noch einmal 3 Millionen Euro pro Jahr in die Hand, also insgesamt ein Volumen von 15 Millionen Euro - und das in dieser ohnehin so schwierigen Lage -, um dafür zu sorgen, dass die auseinanderklaffende Schere zwischen guter Arbeitsmarktentwicklung und verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit ein Stück weit geschlossen wird.

Nun wissen wir, wir können nicht die Mittel, die die Bundesagentur für Arbeit hat beziehungsweise die der Bund der Bundesagentur für Arbeitsmarktpolitik gibt, auch nur ansatzweise im Volumen ersetzen. Aber dennoch sehen wir jetzt bei dem Programm der Bürgerarbeit, das bei seiner Einführung durchaus sehr umstritten war - da gab es auch heftige Kritik bis in die jüngsten Tage hinein -, dass wir diese Leute nicht alleine sich selbst überlassen können, und nehmen deshalb 273.000 Euro - das ist viel Geld in einem Land wie dem Saarland - in die Hand, damit dort wenigstens eine Zeit lang überbrückt werden kann, damit wir im neuen Jahr weitere gemeinsame Anläufe nehmen können, um im Bund zu überzeugen, was eine harte Arbeit ist. Aber wir lassen die Leute nicht im Regen stehen. Selbst unter schwierigsten Bedingungen wird dieses Geld noch einmal investiert. Ich bin dankbar, dass die Regierungsfraktionen das gemeinsam einstimmig beschlossen haben. Ich bin besonders meinem Freund und Kollegen Stefan Pauluhn dankbar, der der Initiator ist; ich will mich da nicht mit fremden Federn schmücken. Das ist eine hervorragende Idee, um zu zeigen, auch wenn der Wind kalt wird, schreiben wir in diesem Haushalt noch mit sozialer Handschrift.