Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Wie der WLAN-Betreiber Letzteres umsetzt, ist ihm überlassen und kann zum Beispiel durch eine Vorschaltseite, durch einen entsprechenden Passus in den AGB oder durch Aushang gelöst werden. Dies ist im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten, sicher nicht zu viel verlangt. Jeder, der ein bisschen Sachkenntnis besitzt, ist in der Lage, diese Anforderungen zu erfüllen. Für die Menschen bedeutet dies ein Mehr an Freiheit und ein zusätzliches Tor in die Welt an vielen Orten. Dies stellt einen großen Schritt dar hin zu einem schnellen und mobilen Internet und letztlich hin zu einer vernetzten Welt.

Wir geben jedoch auch privaten WLAN-Betreibern die Möglichkeit, sich von der Störerhaftung zu befreien. Sie sind dann von der Haftung freigestellt, wenn sie die gleichen Vorgaben erfüllen und zusätzlich den Namen des Nutzers kennen, welchem sie Zugang zum WLAN ermöglichen. Protokoll- oder Dokumentationspflichten entstehen dabei nicht. Diese Regelung zielt auf Wohngemeinschaften und Familien ab. Auch sie können sich ab sofort von der Störerhaltung befreien, wenn sie die besagten Anforde

rungen erfüllen. Diese Differenzierung hat ihren Grund. Grund für diese zusätzliche Anforderung ist die Tatsache, dass die Möglichkeit, dass ein Nutzer in Privaträumen unbemerkt Urheberrechtsverletzungen begeht, erheblich größer ist als im öffentlichen Raum. Dort muss der rechtswidrig Handelnde stets damit rechnen, von Dienstanbietern oder anderen Personen beobachtet beziehungsweise entdeckt zu werden. Der geschäftsmäßig handelnde Dienstanbieter hat zudem grundsätzlich die Möglichkeit, einem Nutzer, der entgegen seiner Zusicherung rechtswidrige Handlungen begeht, die weitere Nutzung des WLAN zu untersagen. Die namentliche Kenntnis des Nutzers ist daher unverzichtbar.

Wir schaffen mit dieser Regelung einen guten Ausgleich der Interessen im Urheberrecht. Der Referentenentwurf bringt also Vorteile auf vielen Ebenen: Die öffentlichen Anbieter von WLANs erhalten endlich die erhoffte Rechtssicherheit bezüglich der Frage, was ich tun muss, damit ich nicht für Rechtsverletzungen meiner Kunden haftbar gemacht werden kann. Sie können zudem mit freiem WLAN-Zugang Werbung machen und mit diesem Angebot Kunden an sich binden. Für die Urheber stellt dies ein gangbarer Kompromiss dar bei ihrem Verlangen, für ihre Werke und Leistungen auch in Zukunft ordentlich bezahlt zu werden. Am wichtigsten ist, dass die Menschen im Land in Zukunft viele offene WLANs erhalten und damit schnelles Internet, vor allem in den Städten und in Ballungszentren.

Insofern gibt es für uns als SPD-Landtagsfraktion keinen Grund, ihrem Antrag zuzustimmen. Die Lösung, die in Berlin gefunden wurde, ist eine gute Lösung, die unser Land weiterbringt und uns auf Länder aufschließen lassen wird, die in dieser Frage schon ein bisschen weiter sind als wir! - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Danke, Frau Abgeordnete. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Michael Neyses das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es? Es geht um einen Gesetzentwurf, der gerade auf Bundesebene im Abstimmungsprozess ist. Seit wenigen Tagen liegt ein abgestimmter Referentenentwurf der Großen Koalition vor. Wenn man sich mit diesem Entwurf kritisch auseinandersetzt, könnte man meinen, dass vor allem kommerzielle Anbieter gefördert werden, und zwar in der Form, dass es für private Anbieter unmöglich wird, anderen Menschen ein kostenfreies, offenes WLAN zur Verfügung zu stellen.

(Abg. Döring (SPD) )

Wovon ist die Rede, wenn wir von offenen und freien WLAN-Netzwerken reden? Frei bedeutet, dass die Person, die das WLAN nutzt, keine Gebühren dafür zahlt. Offen bedeutet, dass es keine künstlich geschaffene Hürden gibt, um das Netz zu nutzen, sprich: Man braucht kein Kennwort und muss sich nicht registrieren.

Aber warum ist dieses Thema überhaupt wichtig? Jeder von uns trägt mittlerweile einen Computer ständig mit sich herum, zumindest haben die meisten ein Handy. Dort hat man anders als zuhause keine Datenflatrate, sondern einen Volumentarif. Ist dieses Volumen aufgebracht - oftmals sind es nur wenige 100 Megabyte -, können Sie das von Ihrem Mobilfunkanbieter zur Verfügung gestellte Netz nur noch sehr eingeschränkt nutzen. Hätten Sie zum Beispiel in der Innenstadt, in der Fußgängerzone in Saarbrücken oder in einem Einkaufscenter ein offenes, freies WLAN, könnten Sie sich mit diesem verbinden und Ihr Telefon ganz normal weiter nutzen. Dies ist aber nicht oft der Fall, denn in Deutschland gibt es die sogenannte Störerhaftung. Dies bedeutet: Derjenige, der das Netz zur Verfügung stellt, haftet für das, was Sie damit machen.

Angenommen, ich stelle ein freies und offenes WLAN zur Verfügung. Herr Conradt geht mit seinem Handy oder seinem Laptop hin und lädt sich illegal einen Film über mein Netzwerk herunter, dann muss ich dafür haften.

(Zurufe und Sprechen. - Abg. Conradt (CDU) : Das ist unparlamentarischer Stil.)

Genau dieses Konstrukt - die Störerhaftung - verhindert damit aber, dass man in Deutschland nicht wie in vielen anderen Ländern üblich ein freies und offenes WLAN in Restaurants und Gaststätten hat. Eigentlich hat dies die Große Koalition in Berlin auch gemerkt. Ich komme an dieser Stelle nicht umhin, aus dem Koalitionsvertrag zu zitieren, auch wenn ihn Frau Döring auswendig kennt.

(Lachen und vereinzelt Beifall.)

Herr Conradt hat die entscheidende Stelle im Koalitionsvertrag weggelassen. „Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden. Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen.“ Den Rest hat Herr Conradt tatsächlich zitiert; Frau Döring kennt ihn auswendig.

Was jetzt dabei heraus gekommen ist und was im Referentenentwurf steht, wird uns nicht weiterhelfen. Zwar werden kommerzielle Anbieter, zum Beispiel Gaststätten, vor der Haftung bewahrt, aber nur, wenn sie entweder ihr WLAN verschlüsseln oder ei

ne Registrierung vorschalten. Das heißt, sie haben wieder eine zusätzliche Hürde. Genau dagegen protestieren die sogenannten Freifunker. Das sind Personen, die ihre Zeit und ihr Geld zur Verfügung stellen, um es Mitbürgern zu ermöglichen, ohne vorherige Registrierung und ohne eine zusätzliche Hürde ihr WLAN zu nutzen. Dies ist keine neue Bewegung. Sie gibt es schon relativ lange. In Städten wie Berlin oder Hamburg stehen Hunderte solcher Knoten - also private WLAN-Zugänge - zur Verfügung.

Momentan haftet jeder dieser Freifunker für das, was die Nutzer machen. Dies ist aber nicht nur in den Metropolen der Fall. Auch im Saarland gibt es seit Anfang dieses Jahres eine solche Initiative. Man hat es innerhalb von zwei Monaten geschafft, dass es bereits knapp 40 Knoten - also Zugänge - gibt. Sie können sich jetzt also an den St. Johanner Markt setzen, eine Currywurst essen und dabei, ohne auf Ihr Datenvolumen zu achten, im Internet surfen. Sie haben dort einen zentralen, fast anonymen Zugang.

(Anhaltendes Sprechen.)

Das gefällt der Bundesregierung nicht. Nun werden wieder die alten Totschlagargumente vorgebracht Herr Conradt hat das eben auch getan -: Onlinekriminalität, Terrorbekämpfung, Ebay-Betrug. Davon, warum dies aber in anderen europäischen Ländern kein Problem darstellt, hört man nichts. Was wir überhaupt nicht verstehen können und was Herr Conradt eben auch nicht gesagt hat: Kommerzielle Anbieter werden geschützt, Private nicht.

Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen mehr Ruhe bitte. Herr Neyses hat das Wort.

Gerade das Saarland muss aber doch verstanden haben, dass die kommerziellen Anbieter, die von der neuen Gesetzgebung profitieren, mal wieder unsere Region außen vor lassen. Der Aufbau der Technik ist teuer und vor allem in ländlichen Gegenden nicht rentabel. Das Saarland wird dadurch abgehängt.

Wir könnten mit Hilfe von Privatpersonen - Technikbegeisterte gibt es hier sehr viele, wie das Beispiel Freifunk zeigt - in Zusammenarbeit mit den Kommunen unser eigenes Netz aufbauen: ohne Datenspeicherung, kostenlos für die Nutzer und ohne zusätzliche Hürden. Das wäre doch ein Wettbewerbsvorteil für die Großregion. Viele ausländische Mitbürger kommen hierher zum Einkaufen oder zum Ausgehen. Sie müssen dann für mobiles Internet - das ist nun einfach nicht mehr wegzudenken - keine teuren Roaming-Gebühren bezahlen. Die Saarländer stellen es ihnen kostenlos zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, nutzen Sie deshalb Ihren Einfluss in Berlin und fordern Sie die zuständigen

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

Minister auf, den Gesetzentwurf noch einmal zu überdenken. Das wäre wichtig für den Technologiestandort Deutschland und auch für das Saarland. Wenn wir nämlich warten, bis Firmen hier im Saarland für viel Geld die Technologie zur Verfügung stellen, dann sind wir wieder einmal abgehängt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Lassen Sie uns das Projekt lieber mit den Saarländerinnen und Saarländern selbst in die Hand nehmen. Dann gelingt dies schnell und zuverlässig. Dafür müssen Sie aber bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in Berlin ein offenes Ohr finden. - Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ist es mir eine große Freude, Herrn Neyses hier widersprechen zu können,

(Vereinzelt Heiterkeit)

damit allerdings auch Frau Döring, denn der Freifunk ist in seiner jetzigen Form tatsächlich legal. Tatsächlich ist dort die Störerhaftung ausgesetzt, weil es für Provider keine Störerhaftung gibt, der Freifunk hier als Provider auftritt und rein juristisch auch als solcher gilt. Das ist auch der Punkt, an dem ich dann Frau Döring widersprechen muss, als sie behauptet hat, dass die geplanten Änderungen keine Ausweitung der Störerhaftung wären. Also alleine schon deshalb, weil es dort im Moment keine Störerhaftung gibt, es mit Umsetzung des geplanten Gesetzes aber eine Störerhaftung gäbe, ist das eine Ausweitung der Störerhaftung. Der Freifunk ist das Paradebeispiel.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Frau Döring, es ist schön, dass Sie den Koalitionsvertrag auswendig gelernt haben,

(Lachen)

jetzt kommen wir mal zum Verständnis. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen frei und kostenlos.

(Sprechen.)

Ja, frei und umsonst heißt es auch im Saarländischen. Das, was nach dem geplanten Gesetz möglich wäre, ist immer noch ein kostenloser Zugang, aber eben kein freier Zugang. Da sind wir auch bei dem, was vorher schon der Kollege Conradt gesagt hat. Herr Conradt, Sie haben über verschiedene Verschlüsselungsverfahren gesprochen. Tatsache ist: Egal welches Sie benutzen, man braucht ein Passwort. Das heißt, es muss immer eine Kommunikation zwischen Anbieter und Nutzer geben, bei der man irgendwie das Passwort weitergibt. Damit ist es

vielleicht immer noch ein kostenloser Zugang, aber eben kein freier.

Noch ein Punkt. Ich komme ganz zum Schluss zu dem, was Sie am Anfang gesagt haben, Sie hatten dort Frankfurt angeführt. Ich gebe zu, mir ist nicht ganz klar geworden, was das mit der Störerhaftung und unserem Antrag zu tun hat. Ja, ich bekenne mich zur demokratischen Grundordnung, das hat aber nicht direkt etwas mit unserem Antrag zu tun. Falls es Ihnen um die Frage „Freiheit im Vergleich zur Verantwortung“ geht: Was in Frankfurt passiert ist, verstößt gegen geltendes Recht und hat nichts mehr mit individueller Freiheit zu tun.

(Abg. Theis (CDU) : Scheint Sie wenig zu interessieren!)

Zur Freiheit gehört immer die Verantwortung, ich vermute, dass es das ist, was Sie mir sagen wollten. An der Stelle muss ich dann allerdings auch einmal den Vergleich ziehen: Was haben wir dort, was haben wir hier? Die Störerhaftung besagt ja, dass jemand für etwas haftet, was er nicht getan hat, nur weil er nicht nachweisen kann, dass es jemand anderes war.

(Sprechen.)

Das hat mit der Situation in Frankfurt nichts zu tun. Das, was Sie in dem Gesetzentwurf fordern, ist wiederum eine feste Verschlüsselung, es muss dabei eine entsprechende Kommunikation geben und man soll sich vorab verpflichten, das nicht für illegale Zwecke zu missbrauchen. Ja, das ist wieder der Punkt: Individuelle Freiheit geht mit Verantwortung einher. Wenn ich ein freies WLAN habe, dann bin ich für das, was ich dort mache, auch verantwortlich. Was Sie aber fordern ist so, wie wenn ich einen gefährlichen Gegenstand kaufe und mich dazu verpflichte, ihn nur seinem Zweck zuzuführen. Ja klar, das ist auch die Freiheit. Das heißt aber umgekehrt nicht, dass ich gegen eine Person, die diese Freiheit missbraucht, nicht ohne dieses Gesetz vorgehen kann.

(Anhaltendes Sprechen.)

Wir fordern letztlich, dass tatsächlich diejenigen haften sollen, die eine Straftat begehen. Das ist auch ohne die Störerhaftung möglich. Man kann immer noch ganz normal ermitteln wie eh und je, egal ob das im Internet oder außerhalb passiert. Genau deshalb sollte es auch in Ihrem Interesse sein, tatsächlich die Verantwortlichen in Haftung zu nehmen und eben deshalb die Störerhaftung abzulehnen. Dann haben Sie noch den Vergleich zu Providern herangezogen. Gerade dort aber gibt es keine Störerhaftung. Für die Telekom gilt wie für die Deutsche Post sozusagen das Briefgeheimnis. Die Telekom haftet nicht dafür, dass jemand über ihr Netzwerk eine Straftat begeht. Wenn ich Ihnen eine E-Mail mit ei

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

ner Beleidigung schreibe, dann hafte ich dafür und nicht die Telekom, nur weil sie diese E-Mail zugestellt hat.

Kolleginnen und Kollegen, bitte etwas weniger stören, der Abgeordnete Augustin hat das Wort.

(Zuruf: Störerhaftung! - Heiterkeit.)