Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Natürlich hat auch der Bürger einen Anspruch auf Aufklärung. Die Regierung muss ihm darlegen, was das Projekt Vierter Pavillon, Moderne Galerie, Erweiterungsbau, Anbau oder wie auch immer es genannt wird, ihn als Steuerzahler noch kosten wird. Wenn diese Kosten schon nicht mehr klar abgegrenzt und benannt werden können, wenn Teile der Hochschule zugeordnet werden, dann ist es höchst bedenklich. Was die Bauruhe angeht, die ja kein Baustopp sein darf, so sind wir hier ebenfalls für einen ehrlichen Umgang mit der Situation. Es wird seit mehreren Jahren nicht mehr gebaut, es gibt einen neuen Entwurf für das Museum, mit erheblichen Änderungen, und der Vierte Pavillon hat sich ebenso erheblich verändert wie die Kosten seiner Errichtung. Akzeptanz für diese Kostensteigerung ist aber nur dann zu erreichen, wenn ganz klar offengelegt wird, woher die Kosten kommen, wohin das Geld fließen wird und was im Endeffekt dabei herauskommt. Aus diesen Gründen stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu und lehnen den Antrag der Koalitionsfraktionen ab. - Vielen Dank.

(Beifall von PIRATEN und B 90/GRÜNE.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Minister für Bildung und Kultur Ulrich Commerçon.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Moderne Galerie des Saarlandmuseums zählte zu den herausragenden Museumsbauten der frühen Bundesrepublik. Entworfen von dem St. Ingberter Architekten Hanns Schönecker und in drei Bauabschnitten zwischen 1965 und 1976 realisiert, genießt sie heute aufgrund ihres hohen architektur-geschichtlichen Ranges Denkmalschutz. Sie bietet insgesamt 3.200 m² Ausstellungsfläche verteilt über drei Sammlungspavillons von insgesamt 2.400 m² und einen Wechselausstellungspavillon von 800 m² Fläche.

Die Notwendigkeit, die Moderne Galerie zu erweitern, hat bereits der Gründungsdirektor des Museums Professor Dr. Rudolph Bornschein gesehen, denn das stetige Wachsen der Sammlung führte noch in seiner Amtszeit dazu, dass nicht mehr alle bedeutenden Werke dauerhaft und in angemessener Form gezeigt werden konnten. Überdies erwies sich, dass die Rahmenbedingungen für attraktive Ausstellungen stark eingeschränkt waren. Erste Planungen von Bornschein und Schönecker zu einem sogenannten Vierten Pavillon, der den seiner Zeit anerkannten Raumbedarf decken sollte, datieren aus den Sechziger- und Siebzigerjahren. Bornscheins Nachfolger, Dr. Georg Költzsch, arbeitete in den Neunzigerjahren angesichts der eklatanten Raumnot des Museums ebenfalls Konzepte für einen Erweiterungsbau aus. 2001 stellte ein ausführliches Gutachten über die Museen der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, verfasst von Professor Dr. Wolf-Dieter Dube, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und Dr. Karl-Heinz Knauthe, Rechtsanwalt und Notar, nochmal klar fest,

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Noch ein Professor!)

dass diese seit Langem im Raum stehende Forderung nach einem Erweiterungsbau für die Moderne Galerie des Saarlandmuseums unabdingbar sei, wenn die Institution erfolgreich in die Zukunft geführt werden solle.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ein noch lebendigeres, aktiveres Museum, das sich in seiner Sammeltätigkeit wieder entschiedener der zeitgenössischen Kunstproduktion zuwendet, sei nur dann möglich, wenn der lang geplante Vierte Pavillon zumindest mittelfristig gebaut werde.

(Sprechen des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜ- NE).)

Angesichts des bestehenden Erweiterungsbedarfs führte die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz 2007 einen offenen internationalen Realisierungswettbewerb durch, um den Vierten Pavillon als Erweiterung der Modernen Galerie zu realisieren. Infolge dieses

Wettbewerbs wurde 2008 das Kölner Büro twoo architekten beauftragt, den Erweiterungsbau der Modernen Galerie zu planen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ergab sich aber eine Zäsur im Zuge der Rechnungshofprüfung im Jahr 2011 mit zahlreichen negativen Prüffeststellungen insbesondere zum Projektmanagement und zur Projektsteuerung. Daraufhin wurde ein Controllingbericht in Auftrag gegeben und die Projektumsetzung einer Gesamtrevision unterzogen.

(Sprechen bei den GRÜNEN.)

Der Landesrechnungshof betonte in seiner Prüfmitteilung vom 03. November 2011, für die erfolgreiche Weiterführung des Projekts sei von entscheidender Bedeutung, wie die derzeit noch vorhandenen Unzulänglichkeiten der Planung behoben werden könnten. Ferner habe die planerische Einbeziehung des Bestandes in das Gesamtkonzept zu erfolgen, das offene Problem der Fassade sei zentral für die Akzeptanz des Gebäudes. Das ist der Beleg dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir nicht einfach so hätten weitermachen können wie bisher.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Wenn Kollegen, die heute noch im Landtag sitzen und damals auf der Regierungsbank saßen, heute behaupten, 2011 hätte dieses Gebäude fertiggestellt werden können, dann frage ich mich, dann fragt sich die Öffentlichkeit nur eins: Warum haben Sie in Ihrer damaligen Regierungsverantwortung dann nicht dazu beigetragen?

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Weitere Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Wir haben auch Varianten untersucht.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Herr Kollege Ulrich, schweigen Sie zu diesem Thema besser! Sie haben von dem Thema keine Ahnung, ansonsten hätten Sie damals dafür gesorgt. Sie waren noch nicht einmal da. Sie hätten es damals realisieren können.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Sie waren in Ihrer Regierungsverantwortungszeit, an Ihrem eigenen Maßstab gemessen, komplett verantwortungslos, Herr Kollege Ulrich.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusätzlich zur Möglichkeit des Weiterbaus haben wir selbstverständlich auch Alternativen, auch die Alternative des Rückbaus analysiert.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Herr Minister, wer fordert denn den Rückbau? - Lautes Sprechen.)

Es zeigte sich aber sehr schnell, dass dadurch direkte Kosten zusätzlich von rund 3 Millionen Euro entstanden wären, und die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Ausgaben für die Erstellung -

Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr unruhig. Bitte etwas mehr Ruhe. Der Minister hat das Wort.

(Vereinzelt Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Auch die zu diesem Zeitpunkt angefallenen Ausgaben für die Erstellung des Rohbaus wären ebenfalls verloren gewesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat sich bei ihrem Amtseintritt darauf verständigt, den Erweiterungsbau des Saarlandmuseums in einer für moderne Museen angemessenen Qualität fertigzustellen. Die Fertigstellung des Erweiterungsbaus des Saarlandmuseums ist sicherlich eine der ganz herausragenden, eine der großen und sicherlich auch eine der schwierigsten kulturpolitischen Aufgaben in dieser Legislaturperiode. Dabei sind die Leitlinien Professionalität, Sorgfalt und Solidität eine der wichtigsten Herangehensweisen an dieses Projekt. Ich habe es bereits mehrfach betont und kann es nicht oft genug betonen: Gründlichkeit muss an dieser Stelle vor Schnelligkeit gehen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende muss es stimmen. Deshalb müssen wir jetzt Schritt für Schritt sorgfältig planen, sorgfältig vorbereiten, gewissenhaft entscheiden und dann die nötigen Schritte gehen. Wir wissen auch, dass wir an vielen Stellen von Dritten abhängig sind. Entscheidend ist für mich nicht der Eröffnungstermin. Mir geht es nicht darum, als Minister unbedingt ein Band durchschneiden zu müssen. Am Ende muss das Ergebnis stimmen, es muss vor allem ein gutes Ergebnis sein, das im vorgegebenen Kostenrahmen bleibt, den wir mit 39 Millionen Euro insgesamt beziffert haben. Dazu stehe ich und da können Sie mich beim Wort nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Mit der Fertigstellung des Bauvorhabens und seiner Einbettung in das Umfeld, also der Musikhochschule, der gesamten Landeshauptstadt, wurde im Zuge der Ausschreibung 2013 das Architekturbüro Kuehn Malvezzi mit dem Künstler Michael Riedel beauftragt. Besonders bestimmend bei der Auswahl war der Umgang von Kuehn Malvezzi mit der Aufgabenstellung und Herausforderung, den bestehenden Rohbau in ein attraktives Gesamtkonzept einzubin

den, das die Akzeptanz in der Bevölkerung verbessert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fassadengestaltung spielte hierbei eine besondere Rolle, zumal die kritischen Stimmen aus der Bevölkerung sowohl im Rechnungshofbericht als auch im Controllingbericht ihre Bestätigung finden. Ich zitiere nur aus dem Controllingbericht mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, dass die bisher geplante Fassadengestaltung durchweg auf Ablehnung stieß und es einhellige Meinung war, dass hier insbesondere aus gestalterischen Gründen grundlegende Änderungen notwendig sind. Das muss man dann aber auch ernst nehmen und umsetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Mit dem Konzept von Kuehn Malvezzi sollen die konzeptionellen und gestalterischen Defizite des ersten Bauabschnitts korrigiert werden. Für die vorgefundene Ausgangslage mit dem in der Bevölkerung und Nachbarschaft umstrittenen Baukörper haben die Architekten ein hochwertiges und in der gesamten Fachwelt anerkanntes Museumskonzept und gemeinsam mit dem Künstler Michael Riedel ein architektonisch und landschaftsplanerisch ansprechendes Gesamtkonzept für Fassade und Freianlagen vorgelegt, das sowohl den Beirat als auch das Kuratorium der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz überzeugt hat. Ich finde, damit haben wir es geschafft, dieses Projekt auf einen guten Weg zu bringen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Gestaltung des Außenraums - es ist bereits erwähnt worden - und der Fassade haben die Architekten Kuehn Malvezzi mit dem Künstler Michael Riedel aus Frankfurt am Main entwickelt. Riedel leitete aus dem Grundriss des Komplexes aus Alt- und Neubau der Modernen Galerie einen Rapport ab, den er um 180 Grad gedreht dem Stadt- und Landschaftsraum überblendete. Auf diese Weise gewann er eine schlüssige Struktur für sämtliche Verkehrsflächen rund um das Museum. Die Fassaden des Erweiterungsbaus sollen durch einen Wechsel von hellen Kunststeinplatten im Format 4 x 4 Meter und dunklen Rauputzflächen belebt werden. Insofern wird damit auch wieder das Schönecker-Prinzip von Architektur als skulpturalem Körper aufgegriffen. Diese Umsetzung kommt eben auch den denkmalpflegerischen und den künstlerisch-architektonischen Ansprüchen insbesondere von Schönecker entgegen.

Auf allen vier Fronten des Neubaus bildet sich die geometrische Form des Platzes ab, und zwar dergestalt, dass der Plattenbelag des Platzes aus der Waagerechten in die Senkrechte klappt, wo er auf die Fronten des Neubaus trifft. Die Kunststeinplatten

(Minister Commerçon)

sind mit einem von Michael Riedel grafisch bearbeiteten Text bedruckt, einem rhythmischen Wortteppich, aus dem immer wieder das vergrößert dargestellte Wort „Museum“ hervorsticht. So entsteht als integraler Anteil, Teil der Architektur, ein Kunstwerk von immensen Ausmaßen, das die übliche Vorstellung von Kunst am Bau weit übertrifft. Aus diesem Grunde bin ich auch den Koalitionsfraktionen sehr dankbar dafür, dass sie genau das, das Museum als Gesamtkunstwerk, in Wert setzen und am heutigen Tage auch aufgegriffen haben.

Ich will noch einmal kurz zusammenfassen, was den Entwurf von Kuehn Malvezzi ausmacht. Die Planungen von Kuehn Malvezzi fußen auf drei Grundgedanken. Erstens. Der Erweiterungsbau lässt sich nur dann mit dem Altbau in die Balance bringen, wenn man ihn nicht als dominanten Kopfbau, sondern als dritten Flügel der Modernen Galerie versteht. Zweitens. Der einzig sinnvolle Eingang zum vergrößerten Museum ist der ursprüngliche Eingang zur Modernen Galerie. Drittens. Die architektonische Gestaltung des Erweiterungsbaus und die Gestaltung des umgebenden Außenraums sind untrennbar miteinander verbunden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen dabei viele mitnehmen. Das ist heute oft richtig gesagt worden. Wir müssen zunächst einmal die Bevölkerung mitnehmen. Um diese Transparenz herzustellen, haben wir deshalb dafür Sorge getragen, dass der Erweiterungsbau selbst im Rahmen dessen, was aus sicherheitstechnischen Gründen möglich ist, geöffnet wurde. Seit Juni 2013 haben über tausend Bürgerinnen und Bürger von dieser Gelegenheit Gebrauch gemacht und sich ihr eigenes Bild von dem Vorhaben gemacht. Ich lade auch Sie sehr herzlich ein, davon Gebrauch zu machen, sofern Sie das noch nicht getan haben. Die weit überwiegende Anzahl der Rückmeldungen, die wir bekommen haben, stimmt mich sehr positiv, liebe Kolleginnen und Kollegen, was die Akzeptanz der Bevölkerung angeht.

Wir haben ein Weiteres getan. Ich lade Sie auch dazu herzlich ein. Wir haben eine tolle Ausstellung im Wechselausstellungspavillon, „Mapping the Museum“, wo wir den Stand des Baus heute von innen und von außen zeigen. Das ist eine grandiose Ausstellung. Wir haben an dieser Stelle nichts zu verheimlichen und nichts zu verschleiern. Sie können sich das alles ganz genau anschauen. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen für die Weiterentwicklung unserer Museumslandschaft.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ich glaube, wir haben damit Voraussetzungen dafür geschaffen, diese Akzeptanz auch in Zukunft zu steigern. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir am En

de dieses mühseligen und steinigen Weges den Saarländerinnen und Saarländern ihr Saarlandmuseum in einem angemessenen und zeitgemäßen Zustand werden übergeben können, sodass sie wieder voller Stolz sagen können, unser Saarlandmuseum ist eines der schönsten Museen in Deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich will zum aktuellen Stand noch einiges sagen. Der Bauantrag bei der Stadt Saarbrücken und der Förderantrag bei Bund und Land für den Fertigbau sowie die Freianlagen wurden mittlerweile bei den zuständigen Stellen vorgelegt und befinden sich im Entscheidungsverfahren. Innerhalb des Förderverfahrens ist die landesinterne baufachliche Prüfung für den Fertigbau bereits abgeschlossen. Wir haben aber trotzdem gesagt, dass wir im Vorfeld der weiteren Maßnahmen auch die Bürger noch weiter beteiligen wollen. Deswegen hat am 12. April eine Bürgerversammlung mit vorgeschaltetem Fachgespräch stattgefunden. Die Veranstaltung verlief nach allgemeiner Wahrnehmung sehr erfolgreich. Die Rückmeldungen waren uneingeschränkt positiv. Dies spiegelt sich auch in der medialen Berichterstattung wider.