Legen Sie das dann einmal öffentlich vor. Sie brauchen diese Standortfestlegungen allein schon, um offensiv in der Öffentlichkeit als Alternative zum G8-Gymnasium auftreten zu können. Das ist nämlich nicht im Bewusstsein der Eltern. Und genau diesen Punkt kritisiert die Landesinitiative Bildung, die auch an dieser Stelle beansprucht, politisch in Ihrer Nähe zu stehen. Sie kritisiert genau das Gleiche, dass die Oberstufenstandorte der Gemeinschaftsschulen nicht in der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden. Insofern, Herr Minister, sage ich, Sie be
Wir sind der Meinung, dass die Diskussion über das achtjährige Gymnasium und auch über die Wiedereinführung eines neunjährigen Gymnasiums im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im zuständigen Bildungsausschuss geführt werden soll. Dies allerdings nicht nur verkürzt, wie dies der Antrag der LINKEN und der PIRATEN vorsieht, auf die Wahlmöglichkeit G8 oder G9, sondern im Hinblick auf die notwendigen Verbesserungen im Gesamtsystem Schule. An dieser Anhörung sollen alle gesellschaftlich und bildungspolitisch relevanten Organisationen und Vertretungen teilnehmen. Und welch Wunder, als ich den nachgeschobenen Antrag der Großen Koalition gelesen habe, habe ich festgestellt, dass dieser Antrag im Grunde genommen, zumindest im letzten Abschnitt, genauso fett gedruckt wie bei uns, die gleiche Forderung aufstellt. Mehr noch, der Wortlaut ist fast eins zu eins bei uns abgeschrieben. Herzlichen Glückwunsch, gut so, weiter so! Wenn Sie uns weiter in unseren Anträgen im Wortlaut so folgen, kann ich Sie nur beglückwünschen - Ihrem Antrag werden wir natürlich nicht ablehnend gegenüberstehen -, denn es spricht überhaupt nichts dagegen, unserem Antrag zustimmen, vom Grundsatz her ist es genau dasselbe. - Vielen Dank.
Zur Begründung des Antrags der Koalitionsfraktionen erteile ich Frau Abgeordneter Gisela Kolb das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir nehmen die Volksinitiative „G9-jetzt-Saarland“ sehr ernst. Durch diese Initiative wurde auch die öffentliche Diskussion über Qualitätsverbesserungen im Schulsystem angestoßen, und diese Diskussion werden wir auch im zuständigen Landtagsausschuss führen. Wir wollen eine breit angelegte Debatte mit allen Bildungsbeteiligten in diesem Land. Mit der Einführung der Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2012/2013 sind langanhaltende Schulstrukturdebatten endlich beendet worden. Das Augenmerk liegt seitdem auf dem qualitativen Ausbau der einzelnen Schulformen. Seitdem gibt es für Schülerinnen und Schüler flächendeckend die Möglichkeit, das Abitur in neun Jahren zu machen. Diese Möglichkeit gab es im Saarland schon vor der Verfassungsänderung, allerdings nicht flächendeckend. Ich erinnere daran, dass in Neunkirchen zum Beispiel die Schülerinnen und Schüler der ehemaligen Ganztagsgesamtschule Haspelstraße das Abitur nach neun Jahren machen konnten. Und viele Eltern nehmen dieses Angebot für ihre Kinder auch an. Die
Anmeldezahlen in diesem Jahr zeigen das deutlich. Niemand konnte mir bisher schlüssig erklären, warum über der Tür einer Schule, die Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, den nach ihren Fähigkeiten bestmöglichen Schulabschluss zu erreichen, unbedingt „Gymnasium“ stehen muss. Wichtig ist, dass Kinder ihre Fähigkeiten und Begabungen entwickeln können, dass sie unterstützt und dass sie gefördert werden, unabhängig vom Türschild.
Deshalb müssen wir alle weiterhin eine Qualitätsdebatte führen. Ich bin nicht überzeugt davon, dass diese Qualitätsdebatte in einer neuen Schulstrukturdebatte enden wird. Meine Damen und Herren, für Eltern ist es oft eine schwierige Entscheidung, den richtigen Bildungsweg für ihre Kinder zu finden. „Welche Schule für mein Kind“ ist der Titel eines Ratgebers für Grundschuleltern, der vom Bildungsministerium erstellt wurde. Diese Broschüre unterstützt, neben der unverbindlichen Schullaufbahnempfehlung der Grundschule, Eltern bei der Schulwahl. Dieser Ratgeber zeigt alle Abschlussmöglichkeiten des saarländischen Schulsystems auf. Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen, dass neben dem Zwei-Säulen-Modell auch die Möglichkeit besteht, an beruflichen Gymnasien, am Technisch-Wissenschaftlichen Gymnasium und am Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium durch den Besuch dieser dreijährigen Oberstufengymnasien die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Sie sehen also, die Möglichkeiten im Saarland sind vielfältig.
Meine Damen und Herren, bringen uns erneute Schulstrukturdebatten weiter? Ich bin überzeugt, dass Bildungspolitik auch verlässlich sein muss. Verlässlich für alle, für Eltern, für Schülerinnen und Schüler und für Lehrerinnen und Lehrer, die ja auch jede Reform letztendlich im Schulalltag umsetzen müssen. Verlässlichkeit darf nach meiner Auffassung nicht bedeuten, dass die Menschen sich nur darauf verlassen können, dass Politikerinnen und Politiker eine Struktur im Dreijahreswechsel grundsätzlich neu bewerten. Ich glaube, das wäre die falsche Definition von politischer Verlässlichkeit.
Aufgrund der G9-jetzt-Initiative haben sich die Bildungsmacher in diesem Land bereits in die G8/ G9-Diskussion eingebracht. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus einer Pressemitteilung der Landeselterninitiative für Bildung: „Die Landeselterninitiative für Bildung sieht in der Diskussion um eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium, die die G9-jetzt-Initiative mit ihrer Unterschriftensammlung wieder angestoßen hat, den Vorteil, dass der Blick auf die Qualität von Unterricht und Lernen an Gymnasien gelenkt werden könne. Dorthin müssten
die Kräfte investiert werden, statt in eine Strukturdebatte, nachdem im Saarland inzwischen das Modell von gleichwertig nebeneinander stehenden Gymnasien mit Abitur nach acht Jahren und Gemeinschaftsschulen mit der Möglichkeit des Abiturs nach neun Jahren eingerichtet ist. ‚Auch die Gymnasien sollten, wie es für die Gemeinschaftsschulen in einer Verordnung bestimmt ist, individuelle Förderung als vorrangiges Ziel ansehen müssen und die Schulund Unterrichtsgestaltung an den Lernvoraussetzungen und Lernprozessen der Schülerinnen und Schüler orientieren‘, sagte Bernhard Strube, der Sprecher der Initiative.“
Klar und deutlich auch die Aussage von Dr. Rainer Stein-Bastuck, dem Vorsitzenden der Bundesvereinigung der Oberstudiendirektoren/Bundesdirektorenkonferenz, der seine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Ruf nach dem G9 mit „JA zum achtjährigen Gymnasium im Saarland! - Das Saarland braucht keine neue Schulstrukturdebatte“ übertitelt hat.
Sie sehen, meine Damen und Herren, dass es beim Thema G8/G9 durchaus Meinungsvielfalt gibt. Und weder Bernhard Strube noch Dr. Rainer Stein-Bastuck kann man wohl den tiefen Einblick ins Thema absprechen. Ich bin aber auch überzeugt, dass eine breite öffentliche Diskussion mit allen Bildungsbeteiligten auch dem Gymnasium guttun wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss einen Aspekt ansprechen, der mich in dieser Debatte etwas verunsichert: Wenn es denn so wäre, dass der Zeitdruck im von den Gegnern so genannten „Turbo-Abi“ die Schülerinnen und Schüler so sehr stresst, warum macht sich dann keines der saarländischen Gymnasien auf den Weg zur Gebundenen Ganztagsschule? Gebundene Ganztagsschulen bieten wegen der längeren Anwesenheitszeit der Schülerinnen und Schüler deutlich erweiterte Möglichkeiten für individuelles fachliches und auch soziales Lernen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte unterstützen Sie unseren Antrag! - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, bei diesem Thema sollte man einfach noch einmal ein Datum in Erinnerung rufen: den 23. März 2011. An diesem Tag war die Erste Lesung des Gesetzes zur Änderung der Verfassung des
Saarlandes, damit verbunden die Erste Lesung des Gesetzes zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und, ich sage das ausdrücklich, mit den Stimmen der Fraktion DIE LINKE haben wir vor vier Jahren ein Zwei-Säulen-System auf den Weg gebracht.
Auch der Abgeordnete Becker, selbstverständlich. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus der Einbringungsrede des damaligen Bildungsministers Klaus Kessler: „Das Zwei-Säulen-Modell ermöglicht es, in den Schulformen Gemeinschaftsschule und grundständiges Gymnasium alle Abschlüsse bis zur allgemeinen Hochschulreife zu erwerben, wobei das Abitur am Gymnasium nach zwölf Schulbesuchsjahren und an der Gemeinschaftsschule nach 13 Schulbesuchsjahren erreicht wird. Dadurch werden wir dem in der saarländischen Elternschaft vielfach geäußerten Wunsch gerecht, neben dem G8Gymnasium eine zweite, eine zum G8 alternative Schulform anzubieten, in der nach neun Jahren das Abitur erreicht werden kann.“ Dieses Zitat bringt doch zum Ausdruck, was wir damals gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Das war, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor vier Jahren!
Herr Kollege Kessler, damals sagten Sie auch als Minister, ich darf noch einmal aus der Sitzung zitieren: „Beide Schulformen erhalten dadurch einen dauerhaften Bestandsschutz. Nicht zuletzt erhält das Saarland mit der Errichtung eines Zwei-SäulenSchulmodells meines Erachtens eines der leistungsfähigsten und modernsten Schulsysteme Deutschlands.“
Ich glaube, diesem Satz von Minister a. D. Klaus Kessler ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich bin auch heute noch der Meinung, dass wir hier im Saarland mit diesem Zwei-Säulen-System - es wurde eben ja schon von der Kollegin erwähnt, dass andere Bundesländer mit Argusaugen ins Saarland schauen, sich anschauen, was wir hier machen dass wir eines der leistungsfähigsten und modernsten Schulsysteme in Deutschland haben.
Das ist - Herr Kollege Ulrich, vielleicht hören auch Sie einmal zu! - auch heute noch so. Ich denke, das war im März 2011 eine gute Entscheidung, und das Ergebnis ist auch heute noch ein gutes, leistungsfähiges und modernes Schulsystem.
Wir haben ein Zwei-Säulen-System auf den Weg gebracht, gebildet aus dem Gymnasium, das das Abitur nach acht Jahren anbietet, und aus der Gemeinschaftsschule, die das Abitur nach neun Jahren anbietet. Frau Kollegin Spaniol, wenn man eben Ihren Worten gelauscht hat, konnte man den Eindruck gewinnen, es gäbe im Saarland nur einen Weg zum Abitur. Nein, das ist nicht der Fall!
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir einen klar strukturierten Weg haben, mit dem man nach acht Jahren im Saarland das Abitur absolvieren kann, und dass wir daneben eine zweite Säule haben, mit der man im Saarland auch nach neun Jahren das Abitur erwerben kann. Ich glaube, das ist gut so, das ist ein stimmiges System. Schüler und Eltern haben Wahlfreiheit. Auch das möchte ich einmal in aller Deutlichkeit sagen: Wir stellen fest, dass die Anmeldezahlen gerade beim G8 nicht zurückgehen, im Gegenteil, an manchen Schulen sind sogar Zunahmen zu verzeichnen; es kommt eben auf die Schule vor Ort an. Wir bieten beides an, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit besteht eine gute Wahlmöglichkeit.
Lassen Sie mich nun kurz etwas zu den Schulformen sagen. Das Gymnasium hat natürlich einen anderen Bildungsauftrag als die Gemeinschaftsschule. Das ist auch im Schulordnungsgesetz so festgelegt. Das Gymnasium vermittelt eine erweiterte und vertiefte allgemeine Bildung, der erfolgreiche Abschluss des Gymnasiums erbringt die allgemeine Hochschulreife und berechtigt zum Studium. Ich sage es hier in aller Deutlichkeit: Das Gymnasium ist keine Schule für alle! Ich glaube, das war es nie, das wollen wir auch nicht. Das Gymnasium ist eine leistungsorientierte Schule, nicht die Schule für alle.
Im Saarland ist das sogenannte G8 auch ein Alleinstellungsmerkmal für die Schulform Gymnasium. Sie fordern uns ja immer auf, doch einmal in andere Bundesländer zu schauen. Nun gut, schauen wir einmal nach Sachsen: Sachsen hat im Grunde ein Abonnement auf den Sieg in allen Bildungsvergleichen. Dort gibt es seit 23 Jahren ein G8. Dort gibt es auch keine Diskussion mehr, ob das verändert werden soll.
Liebe Kollegin, liebe Frau Spaniol, es gibt doch die Möglichkeit, auch eine Ganztagsform am Gymnasium einzurichten! Frau Kollegin Kolb hat das doch eben angesprochen: Wir haben doch auch dort die Wahlmöglichkeit! Wir haben die Möglichkeit, eine gebundene Ganztagsschule am Gymnasium zu etablieren. Wir haben die Möglichkeit, Ganztagsklassen einzurichten, was viele Standorte auch gemacht haben, was ich auch gut finde. Wir haben auch die Möglichkeit, die freiwillige Ganztagsschule an Gymnasien zu verorten. Wir haben viele Gymnasien, die diese Möglichkeiten auch nutzen. Aber es ist doch nicht unsere Aufgabe zu sagen, wie die Gymnasien ihr Schulleben gestalten sollen, sondern unsere Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen und die Möglichkeiten zu schaffen, dass das jeder vor Ort entsprechend bedarfsgerecht umsetzen kann.
Ich möchte noch mal kurz den Blick nach Sachsen richten. Ich hatte es angesprochen, Sachsen ist abonnierter Sieger in allen Bildungsvergleichen. Hier gibt es das G8 seit 23 Jahren. Daneben gibt es eine Oberschule. Auch dort sind ganz klar zwei Säulen. Die Oberschule, die die Klassen 5 bis 10 umfasst, bietet auch die Möglichkeit, das Abitur zu erreichen, allerdings auch nach neun Jahren.
Wir haben eine Gemeinschaftsschule, wie gesagt wurde sie auch mit den Stimmen der LINKEN und GRÜNEN umgesetzt. Die Gemeinschaftsschule bietet alle Schulabschlüsse an. Sie bietet aber auch und das sage ich ganz deutlich, denn manchmal habe ich das Gefühl, das ist Ihnen nicht bewusst - das Abitur nach neun Jahren an! Und hier gibt es auch viele Möglichkeiten, Herr Kollege Kessler. Wir haben Gemeinschaftsschulen mit eigener Oberstufe.
Das wissen Sie doch genau. Die Standorte sind in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses alle aufgezählt worden, die Auflistung ist doch da. Ich kann Marpingen erwähnen, ich kann Türkismühle erwähnen.