Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin stolz darauf, dass wir auch bei einer schwierigen Haushaltssituation Stand heute sagen können, diese Landesregierung hat ihre Zusagen in diesem Pakt bisher eingehalten. Das ist die Grundlage, auf der wir mit den Kolleginnen und Kollegen reden wollen. Wir wollen - und das ist ein schwieriger Spagat - den Kurs der Zukunftssicherung des Landes weiterführen, was die Haushalte und die Fähigkeit anbelangt, Zukunft zu gestalten und die aktuelle Situation zu bewältigen. Wir wollen diesen Kurs weiterführen. Dieser Doppelhaushalt ist ein Beleg für diesen Willen. Insofern, sehr geehrte Frau Kollegin Spaniol, ist dieser Haushalt auch keine Abschlussbilanz, sondern klarer Ausdruck unseres Willens, diesen Kurs fortzusetzen, weil es der richtige Kurs für das Land und seine Menschen ist. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Oskar Lafontaine.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Zeitgründen kann ich nur auf einen Aspekt der Debatte eingehen, das ist die ökonomische Entwicklung und die Entwicklung der Infrastruktur des Landes. Wenn man einmal die ökonomische Entwicklung nimmt, die für das Leben des Saarlandes ja zentral ist, ist es ratsam, zumindest auf das zu hören, was die Wirtschaft in diesem Lande sagt. Sie hat in letzter Zeit zwei bemerkenswerte Aussagen gemacht. Eine war: Es gibt keine tollen Erfolge hier in diesem Land, die kann ich nicht erkennen. Eine andere war: Es fehlt der große Wurf.
Nun kann man über diese Dinge hinweggehen und sagen, das interessiert uns alles nicht, oder man kann wie der Kollege Roth sagen, du hast ja keine Ahnung, aber es war immerhin Herr Scheer, jemand, der in diesem Lande etwas geleistet hat, der
Arbeitsplätze aufgebaut hat. Insofern sollte man pfleglich mit ihm umgehen, auch wenn er nicht in jedem Fall recht hat. Aber die Vorwürfe der Wirtschaft würde ich in jedem Falle aufgreifen und würde mir einmal Gedanken machen, was das eigentlich heißt.
Nun ist es keineswegs so, dass die Wirtschaft sich nur in Allgemeinplätzen geäußert hat. Sie hat vielmehr ganz konkrete Vorhaltungen gemacht, die verheerend sind. Die will ich einmal vortragen. Ich lese Ihnen vor, was die Industrie- und Handelskammer zur Entwicklung in der letzten Zeit im Saarland vorgetragen hat. Sie weist darauf hin, dass seit 2012 die Rückstände bei den Investitionen zum Schnitt der Flächenländer sich bereits auf ein rundes Drittel belaufen. Die schwierigsten Jahre der Haushaltskonsolidierung liegen ja noch vor uns. Im Landeshaushalt, gerade auch bei den Kommunen, fehlt vielfach selbst das Geld für dringende Erhaltungsinvestitionen, und das seit Jahren, erklärt die IHK. Der Befund: Bei den Investitionen je Einwohner lagen das Land und seine Kommunen laut Bundesstatistik im Jahr 2014 um 114 Euro je Einwohner unter dem Länderschnitt. In der Summe sind das 110 Millionen Euro, die im Schnitt gegenüber den Ländern fehlen. Nimmt man 10 Jahre zusammen, rechnet sich die Investitionslücke in einer Größenordnung von 1 Milliarde Euro.
Meine Damen und Herren, wissen Sie überhaupt, was das heißt? Glauben Sie, man könne so im Wettbewerb mit den Bundesländern bestehen? Wir haben immer die Maxime gehabt, dass wir im Wettbewerb mit den Bundesländern versuchen, zumindest den Durchschnitt zu erreichen.
Sie haben hier ein Ausmaß von Selbstzufriedenheit an den Tag gelegt, dass ich daraus schließen muss, dass Sie die wesentlichen Probleme des Landes offenbar überhaupt nicht erkennen! Wir wollen Sie dann richtig regieren?
Die Industrie- und Handelskammer erinnert Sie auch daran, dass es notwendig ist, das Zentrum dieses Landes zu stärken. Ich zitiere noch einmal: Es ist fünf Mal so viel, um was das Land hier an Investitionen zurückliegt, wie die Tunnellösung von der Stadtmitte am Fluss kosten würde. Es heißt weiter in dem Bericht: Die Chance, die Landeshauptstadt durch das Leitprojekt „Stadtmitte am Fluss“ nachhaltig aufzuwerten, wurde leichtfertig vertan. - Das ist jetzt keine bösartige Kommentierung der Opposition, sondern eine Feststellung der Industrie- und Handelskammer, mit der Sie heimgehen müssen. Und Sie äußern hier satte Selbstzufriedenheit!
Wir haben die Bedeutung des Oberzentrums für die Entwicklung des Landes immer gesehen. Wir haben versucht, hier zu investieren. Wir haben die Universität zu einem Schwerpunkt der Investitionen gemacht. Wir haben nicht zuletzt auch städtebauliche Akzente gesetzt wie etwa das Saarbrücker Schloss,
aber in den letzten Jahren ist kein Impuls mehr von der Landesregierung ausgegangen, um das Oberzentrum weiterzuentwickeln, ein großer Nachteil für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes.
Nun wird die Industrie- und Handelskammer noch konkreter, um Ihre Schönfärberei zu widerlegen. Sie sagt, im Landeshaushalt seien Investitionen für drei wichtige Bereiche, nämlich Verkehr, Hochschulen und die Förderung der Wirtschaft, um gut 20 Prozent brutto zurückgegangen, real um 50 Prozent. Noch einmal: In Schlüsselbereichen der Entwicklung des Landes - Verkehr, Hochschulen und Förderung der Wirtschaft - sind die Investitionen real um 50 Prozent zurückgegangen, so die Industrie- und Handelskammer. Und da stellen Sie sich hierhin und erzählen was von guter Entwicklung, wunderbar, alles bestens - ich kann mich nur wundern über solch eine Einstellung zur tatsächlichen Entwicklung des Landes!
Dann kommt das, wovon auch vorhin in Zwischendialogen immer wieder die Rede war, da wird gesagt: Sie haben auf der anderen Seite pro Kopf Mehrausgaben für Personal. Gemeint sind da 190 Millionen. Das wirft Ihnen die Industrie- und Handelskammer vor, auf der einen Seite Mehrausgaben von 190 Millionen Euro für das Personal, auf der anderen Seite Minderausgaben von 100 bis 130 Millionen Euro für die Infrastruktur, und die Handelskammer sagt Ihnen, es geht so auf Dauer nicht, wenn Sie das Land immer weiter herunterwirtschaften. Die Saarbrücker Zeitung hatte vor einigen Monaten eine Überschrift getitelt „Das Land fährt auf Verschleiß“. Das ist im Grunde die Zensur Ihrer Regierungsarbeit: Sie fahren das Land auf Verschleiß, weil Sie Akzente völlig falsch setzen.
Wir haben immer gesagt, Ausgaben im Schnitt der Bundesländer. Das wissen einige Ältere hier noch. Das galt für konsumtive Ausgaben wie Personal und das galt für investive Ausgaben. Aber dann müssen wir natürlich auch sagen, wie wir das finanzieren wollen. Das ist das, was Sie nie gerne zur Kenntnis nehmen. Ich will Ihnen eine Zahl nennen, die hat Frau Spaniol ja bereits erwähnt. Sie gehen auf diese wesentlichen Daten der Entwicklung dieses Landes gar nicht ein! Die Arbeitskammer hat errechnet, dass
aufgrund der Steuerpolitik der letzten Jahre pro Jahr - und das ist eine alte Rechnung, die wäre heute eher höher anzusetzen - für den Landeshaushalt 250 Millionen Euro verloren gegangen sind.
Bitte? - Haben Sie das nicht verstanden? - 250 Millionen Euro pro Jahr wurden errechnet aufgrund der Steuergesetze auf Bundesebene,
denen die Landesregierung im Bundesrat immer wieder zugestimmt hat. Der Bundesrat muss zustimmen, sonst gibt es keine Steuergesetze, die solche Auswirkungen haben! Dies nur zur Bildung. Also bitte ein bisschen leiser, wenn man dazwischenruft.
Das beantwortet auch die Frage, die Sie in Ihren Ausführungen angesprochen haben. Sie haben gesagt, man könne doch nicht irgendwie den Reichen ans Geld gehen. Haben Sie es immer noch nicht verstanden, dass diese Steuergesetzgebung - für die Sie ja nicht allein verantwortlich sind, die ich auch in früheren Jahren kritisiert habe, als ich selbst noch beteiligt war - die öffentlichen Kassen in unzulässiger Weise geschmälert hat und deswegen diese großen Lücken in den Investitionen entstanden sind? Und wenn wir nicht investieren, fällt das Land immer weiter zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Aber diese Vorwürfe scheinen Sie gar nicht zu interessieren. Zu geringe Investitionen, zu hohe konsumtive Ausgaben, das interessiert Sie nicht. Sie sagen, alles ist schön. Wie soll man da noch ernsthaft diskutieren?
Dann kommt die Industrie- und Handelskammer auf ein großes Problem, das uns ja schon beschäftigt hat, aber das ist viele Jahre her, der riesige Sanierungsstau im Land. Die Brücken, die jetzt in der Diskussion waren, sind ja nur ein Beispiel dafür. Man muss dem Abgeordneten Tressel einmal danken dafür, dass er das zum Thema gemacht hat. Warum haben wir hier im Land da die größte Lücke, obwohl es Bundesmittel sind? Das muss doch einmal begründet werden!
Ja, aber die Lücke ist schlicht und einfach da, und die Frage ist, wann und in welchen Zeiträumen werden diese Lücken geschlossen. Dazu würden wir gerne etwas hören. Wir können nicht immer weiter auf Verschleiß fahren, meine sehr geehrten Damen
und Herren. Es ist für viele Bürgerinnen und Bürger auch beunruhigend, wenn sie hören, dass die Brücken immer unzuverlässiger werden. Also tun Sie etwas an dieser Stelle, sorgen Sie zumindest dafür, dass die nächste Statistik ausweist, dass wir im Schnitt der Bundesländer liegen! Dann würden wir Ihnen gerne einmal ein befriedigendes Zeugnis ausstellen, aber nicht für das, was Sie derzeit zu bieten haben.
Sie haben eben die Saar-Universität so gelobt. Es ist ja wunderbar, dass man sich das herauspickt, was einigermaßen in Ordnung ist. Es freut mich ja, dass Sie das Deutsche Institut für Künstliche Intelligenz gelobt haben. Aber, Frau Ministerpräsidentin, das ist auch ein Beispiel dafür, wie man Landespolitik macht. Landespolitik baut sich langfristig auf. Irgendwann kann man die Früchte ernten. Das war ein harter Kampf, auch mit Baden-Württemberg und mit Rheinland-Pfalz, dieses Institut hierher zu bekommen. Da können wir alle stolz sein, aber wie gesagt, Sie müssen ähnliche Erfolge vorweisen, wenn Sie hier dicke Muskeln machen wollen.
Dann sagt die Industrie- und Handelskammer - das hören Sie nicht gerne, ich trage es aber mit Genuss hier vor -, was bei vielen Gebäuden der Saar-Uni der Fall ist: bröckelnder Putz, mit Netzen abgehängte Balkons, uralte Leitungen, Schimmelbildung. Bröckelnder Putz, Netze, Betonschäden, Schimmelbildung, das sagt die Wirtschaft an der Saar, und Sie stellen sich hierhin und verteidigen unsere Kritik an den Minderausgaben an der Universität! Nehmen Sie doch wenigstens mal Argumente zur Kenntnis! Wir können doch nicht mit bröckelndem Putz und Schimmel die Zukunft des Landes gewinnen! Das sollte eigentlich jedem klar sein.
Nun haben wir eine Entwicklung in vielen Ortskernen aufgrund der mangelnden Investitionstätigkeit. Wir haben hier Abwasserkanäle, die beispielsweise 8.000 km umfassen und die schon seit Jahrzehnten eine viel zu geringe Renovierung erfahren. Das Problem türmt sich immer weiter auf. Und daher ist es nicht akzeptabel, meine Damen und Herren, dass Sie glauben, hier alles glattbügeln zu können, und auf die Argumente, die hier vorgetragen werden, überhaupt nicht eingehen. Ich meine es ganz ernst. Das ist jetzt nicht die Aussage eines Oppositionspolitikers, der hier gerne mal meckert. Deswegen habe ich Ihnen ja die Industrie- und Handelskammer vorgetragen.
Ich bin einmal gespannt, wie Sie sich jetzt wieder herausreden und herauswinden. Ich meine das ganz ernst, solange Sie so reagieren wie Sie jetzt reagieren. Wenn die Wirtschaft sagt, es gibt keine Erfolge, wenn die Wirtschaft sagt, dass Sie keinen Entwurf haben, wenn Ihnen vorgerechnet wird, welcher gewaltige Investitionsstau in diesem Lande festzustellen ist, wenn Sie das noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen, wenn Sie so tun, als sei das gar nicht richtig, dann können Sie das schönreden wie Sie wollen, dann sind Sie nicht in der Lage, dieses Land ordentlich zu regieren.
Sie müssen sich auch immer wieder anhören, dass Sie beispielsweise drei klassische Ruinen hier haben, die zeigen, dass Sie bei Investitionen und ökonomischen Berechnungen gewisse Probleme haben. Wenn Sie auch darauf nicht eingehen, dann kann ich das ja verstehen. Wenn man solche Pleiten hat wie den Vierten Pavillon, die Fischzuchtanlage oder die HTW, dann ist das ja wirklich erbärmlich. Aber eines sollte man daraus doch als Lehre mitnehmen, dass man nämlich die eigenen Leistungen etwas weniger selbstgefällig darstellen sollte und nicht so tun sollte, als sei in diesem Lande alles zum Besten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Lafontaine hat neben den üblichen Textbausteinen jetzt wieder den Untergang des Abendlandes beschrieben. Er hat auch darauf hingewiesen, dass er irgendwie auch einmal beteiligt war an der Steuergesetzgebung. Ich darf daran erinnern: als Bundesfinanzminister mit mäßigem Erfolg. Das darf ich hier auch einmal kurz anmerken.