Protokoll der Sitzung vom 24.02.2016

nannte Beihilfekompromiss verhinderte damals ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Bei diesem Verfahren wäre möglicherweise die EU-weite Rundfunkfinanzierung komplett infrage gestellt worden. Am 1. Juni 2009 trat dann der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft. Meine Vorredner sind alle darauf eingegangen.

Dieser Staatsvertrag wurde inzwischen mehrmals angepasst. Die aktuelle Fassung, der Sechzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag, gilt seit April letzten Jahres. Art. 1 Nr. 3 tritt zum 01. Januar 2017 in Kraft. Ausnahmen gelten nach § 11d Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag unter anderem für Fußballberichterstattung über Spiele der 1. und 2. Bundesliga, die nur 24 Stunden lang abrufbar sein dürfen, sowie für Archive mit zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten, die unbegrenzt online stehen dürfen.

In den Telemedienkonzepten - Kollege Conradt ist auf das Drei-Stufen-Konzept bereits eingegangen, da kann ich mir etwas Redezeit sparen - sind weitreichende Konkretisierungen getroffen. An dieser Stelle muss man den Umgang des Saarländischen Rundfunks mit dem Rundfunkstaatsvertrag einmal loben. Wir halten dies für vorbildlich, das Telemedienkonzept für sehr gelungen.

Ich möchte einmal einige Verweildauern aus dem Telemedienkonzept exemplarisch aufzählen, um zu zeigen, wie komplex die Materie ist. Nachrichtensendungen wie Saarland aktuell werden sieben Tage vorgehalten, Magazine, Dokumentationen und Reportagen bis zu zwölf Monate, Mehrteiler, Fernsehfilme und Spielfilme, die nicht angekauft werden, bis zu drei Monate, Serien mit feststehendem Ende bis zu sechs Monate nach Ausstrahlung der letzten Folge, Sendungen zu jährlich wiederkehrenden Ereignissen bis zu zwölf Monate, Unterhaltungssendungen, Kabarett-, Interview-, Talkformate bis zu zwölf Monate, Sendungen und Sendungsbeiträge aus dem Bereich Bildung bis zu fünf Jahre. Es ist auch möglich, Sendungsbeiträge und andere audiovisuelle Inhalte wieder ins Telemedienangebot einzustellen, beispielsweise wenn es in Verbindung mit einem Ereignis oder einer Berichterstattung beziehungsweise Wiederholung dafür Bedarf gibt. - Der Antrag der Koalition fasst diese Praxis dann in vier Kategorien zusammen.

Kolleginnen und Kollegen, seit dem EU-Beihilfekompromiss sind inzwischen etliche Jahre vergangen, die Zeit ist nicht stehen geblieben. Es ist Zeit, die gängige Praxis zu evaluieren und neu darüber nachzudenken. Aus Verbrauchersicht, Kolleginnen und Kollegen, stellen wir auf die Saarländerinnen und Saarländer ab. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es ohne eingehende Befassung mit dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag - ich denke, das dürfte nach meinen Ausführungen eben klar geworden sein

(Abg. Thul (SPD) )

nicht nachzuvollziehen, was wann, nach welcher Zeit, gelöscht wird.

Aus Verbrauchersicht ist der freie Zugang zu Information ein unverzichtbares Element der demokratischen Meinungsbildung. Die Saarländerinnen finanzieren die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit ihren Beiträgen inzwischen nicht mehr geräteabhängig, sondern für das öffentlich-rechtliche Angebot insgesamt. Sie haben einen Anspruch auf einen angemessenen und ungeschmälerten Gegenwert an unabhängigen, frei zugänglichen Programmen und Telemedienangeboten mit Zugang über alle technisch verfügbaren Verbreitungswege.

Die Online-Informationsangebote der Sender mit ihrem hohen Anspruch an Vielfalt, Seriosität der Informationsinhalte und Glaubwürdigkeit leisten hierbei einen wichtigen Beitrag zur Orientierung, Entscheidungsfindung und Wertebildung der Verbraucher. Aus Sicht der Verbraucher sollte das Angebot im Saarland über alle möglichen Medien länger als sieben Tage zur Verfügung stehen.

Meine Redezeit blinkt - ich gehe dann noch kurz auf die Kosten ein. Kollege Conradt hat das Thema Kosten ja angesprochen. Durch eine längere Verwertbarkeit der Angebote kommen möglicherweise auch höhere Kosten auf die Rundfunkanstalten zu, beispielweise höhere Kosten für Streaming. Durch den Wegfall von Wiederholungen müssen Programmlücken geschlossen werden, was Kosten verursachen kann. Der Antrag der Koalition spricht hier davon, dass die zeitliche Begrenzung des Vorhaltens von Sendungen im Interesse des Rundfunkbeitragszahlers steht, wenn für eine längere Vorhaltung von Sendungen zusätzliche Kosten für den Erwerb von erweiterten Nutzungsrechten anfallen. Das ist etwas pauschal ausgedrückt. Der zusätzliche Nutzen kann das Geld ja auch wert sein. Hier ist nach unserer Ansicht eine konkrete Einzelfallabwägung geboten, denn durch Wegfall des Depublizierungszwangs entsteht ja keine Verpflichtung, alle Angebote unbegrenzt vorzuhalten.

Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite die Kurzlebigkeit der digitalen Medienwelt beklagen und auf der anderen Seite verlangen, dass seriöse, verlässliche und informative Berichterstattung nach einer Woche wieder von der Bildfläche verschwinden muss. Das Thema ist allerdings etwas komplexer als der Antrag der PIRATEN. Dieser geht jedoch in die richtige Richtung, gerade aus Sicht der Verbraucher. Daher werden wir dem Antrag der PIRATEN ebenfalls zustimmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Kollege Thul, Sie nennen Ihren Antrag ordentlich, ich nenne ihn schwammig. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass er ordentlich schwammig formuliert ist.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) und Zuruf: Genau!)

Sie haben aber durchaus einige interessante Punkte in die Debatte eingebracht, auf die ich noch einmal kurz eingehen möchte. Sie haben von der Gefahr gesprochen, die Büchse der Pandora zu öffnen, wenn man die Depublizierungspflicht abschaffen würde. Es ist das alte Argument der Konkurrenz zu den Privaten. Ich glaube, das ist heute nicht mehr in dem Maße gegeben, wie man sich das im Jahre 2010 und in den Jahren davor, die zu diesem Kompromiss geführt haben, vorgestellt hat.

Kuckt man sich die Realität im Internet an - und da können Sie sich gerne einmal mit Medienschaffenden unterhalten -, kommt man zu dem Ergebnis, dass es unglaublich schwierig ist, im Internet mit medialen Inhalten Geld zu verdienen. Man muss da richtig Aufwand treiben. Es ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen, dass Sie auf keiner Online-Zeitung mehr einen ordentlichen Bericht lesen können, ohne sich durch zehn, zwanzig Unterseiten zu klicken, nur damit man auf jeder Seite wieder die Werbung sieht, die sogenannten Bildstrecken. All das sind Mittel, die man benutzt, um im Internet Geld verdienen zu können. Eine Portalseite wie SPIEGEL online hat einen sehr komplexen Algorithmus entwickelt, der immer wieder auf der Hauptseite die Artikel neu anordnet, um den Eindruck zu erwecken, dass etwas auf der Seite passiert, um immer neu und frisch zu erscheinen. Da ist auch ein Rating drin, welcher Nutzer sich was angeschaut hat, um herauszufinden, was man den Leuten verkaufen kann. Es steckt also wirklich ein hoher Aufwand dahinter, ein marktfähiges Konzept für das Internet zu entwickeln. Aber genau daran müssen sich die Öffentlich-Rechtlichen ja nicht beteiligen, sie müssen nicht in Konkurrenz treten dadurch, dass sie Inhalte verfügbar haben.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Dankenswerterweise haben Sie auch noch mal das Telemedienkonzept, das mit dem Drei-Stufen-Test überprüft wird, angesprochen. Das ist ein sehr komplexes Verfahren, das leider noch nicht sendungsbezogen durchgeführt werden kann, sondern nur in Form eines Gesamtkonzeptes. Auch das ist schwierig, wenn man kurzfristig auf eine gesellschaftliche Entwicklung reagieren will, deshalb sehe ich das kritisch. Mit der Abschaffung der Depublizierung würde

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

natürlich der Drei-Stufen-Test auch wegfallen. Ich bin mir aber sicher, dass wir das im Rahmen eines Prüfauftrages sehr genau betrachten werden und von dieser Regelung wegkommen müssen.

Noch zu einem interessanten Aspekt, den auch der Kollege Conradt angesprochen hat: die fiktionalen Angebote. Ich möchte in dieser Diskussion nicht völlig außer Acht gelassen sehen, dass die fiktionalen Angebote auch einen Bildungscharakter haben und dass sie auch Werte vermitteln. Ich schaue jetzt auf die Kollegen zu meiner Rechten - es ist für Sie ein großes Thema, auch Werte in dieser Gesellschaft zu vermitteln, und das passiert eben auch über die fiktionalen Angebote der Öffentlich-Rechtlichen. Jeder, der sich einmal einen Tatort mit ein bisschen Medienkompetenz angeschaut hat, weiß, dass auch da immer ein gesellschaftliches Problem beleuchtet wird. Das Öffentlich-Rechtliche hat in seinen fiktionalen Angeboten eben auch einen Bildungsauftrag und dient dazu, Werte zu vermitteln. Auch die müssen wir entsprechend verfügbar halten.

Lassen Sie mich noch kurz auf den Punkt Kosten eingehen. Da muss ich dem Kollege Neyses zustimmen. Nur weil wir die Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr dazu zwingen, Inhalte der Öffentlichkeit nicht mehr verfügbar zu machen, zwingen wir sie im Umkehrschluss nicht dazu, alle Angebote für alle Zeiten aufrechtzuerhalten. Es geht darum, dass wir einfacher leben, dass es einen Schwenk gibt von den linearen Inhalten, vom linearen Fernsehen, vom linearen Rundfunk hin zu zeitsouveränem Genießen von Inhalten über das Internet. Es wird ein langfristiger Prozess sein, bis sich das in der gesamten Gesellschaft durchgesetzt hat. Ich glaube aber, dass es ein Prozess ist, der so kommen wird. Dafür müssen die Öffentlich-Rechtlichen einfach fit sein und dafür sind sie eben nicht fit, solange es die Depublizierung gibt.

Wie gesagt, wir stimmen auch Ihrem Antrag zu. Wir freuen uns über einen Prüfauftrag. Wir glauben, dass bei einer Prüfung nur herauskommen kann, dass die Depublizierung in der jetzigen Form abgeschafft wird. Ich bin sogar der Meinung, dass sie mittel- bis langfristig komplett abgeschafft wird. Das wäre der richtige Weg in diesem Land. - Danke schön.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Uwe Conradt.

Sehr geehrter Herr Hilberer, ich glaube, es müssen ein paar Dinge einmal klargestellt werden. Wenn etwas sehr komplex ist, dann hat das manchmal Ursachen, die man in der Politik berücksichtigen muss.

Man kann eben nicht sagen, das schaffen wir ab, weil es komplex ist. Es ist manchmal auch deshalb komplex, weil es einfach erforderlich ist. Und das ist auch der Grund dafür, warum es einen Drei-StufenTest gibt. Das ist ein Ergebnis des EU-Beihilfeverfahrens. Die Bundesrepublik hat dort Zusagen gemacht, zum Beispiel die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten zu akzeptieren und auch den marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu erhalten. Genauso gibt es auch die Zusage, den Auftrag genau zu definieren, und zwar nicht nur den Programmauftrag für die linearen Angebote - sprich fürs Fernsehen -, sondern auch den konkreten Auftrag für die Telemedienangebote, und dabei geht es auch um die Auswirkungen dieser Angebote auf den Markt.

Die vorgelegten Vorschläge sind nachher auch Gesetz geworden und die Kommission hat sie als ausreichend akzeptiert. Das muss man wissen, wenn man diese Vorschläge ändert. Wir sind ja der Meinung, dass man sie maßvoll anpassen sollten und dass man überprüfen sollte - auch in Ihrem Sinne -, eine weitere Publikation zu ermöglichen. Aber wenn man einfach alles abschaffen will, dann läuft man Gefahr, dass die EU-Kommission sagt, das, was wir im Jahr 2007 gesagt haben, gilt für die Zukunft nicht mehr. Und weil wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als die tragende Säule eines dualen Rundfunksystems erhalten wollen, weil wir den Rundfunkbeitrag als sinnvolles Instrument ansehen, um diesen Rundfunk zu finanzieren, sind wir der Meinung, dass man ein komplexes System eben nicht einfach mit einem Federstrich ad acta legen kann.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Insofern, Kollege Hilberer, war der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag kein - wie Sie gesagt haben - historischer Fehler. Der Rundfunk liegt im Übrigen auch nicht im Sterben.

(Zuruf.)

Von mir aus, dann haben Sie eben gesagt: der lineare Rundfunk. - Und in der zweiten Rede haben Sie seine Funktion ja auch gewürdigt. Wahrscheinlich leben wir zukünftig in einer Welt, in der, ebenso wie neue Angebote immer etwas erweitert wurden, nicht alle alten Angebote abgestorben sind. Wie oft hat man darüber diskutiert, dass das Kino verschwinden wird, nur weil das Fernsehen kommt, oder dass die Presse verschwindet, weil das Internet solche Angebote macht. Ich glaube, es wird auch in Zukunft lineare - sprich Fernsehangebote - geben und es wird selbstverständlich im Internet auch weiter Abrufangebote geben. Auch das sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen. Sie können darauf vertrauen, dass wir dafür stehen, dass es in beiden Welten ein ausreichendes, angemessenes Informations-, Unterhaltungs-, Beratungs- und Bildungsangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt. Daran

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

arbeiten wir. Wir arbeiten daran gemeinsam in dem Sinne, dass Sie vonseiten der Opposition unseren Antrag unterstützen wollen. Dafür bedanken wir uns ganz herzlich. - Vielen Dank!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der PIRATEN-Landtagsfraktion, Drucksache 15/1698. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1698 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1698 abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE, PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen gestimmt haben die CDU-Landtagsfraktion und die SPD-Landtagsfraktion.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 15/1704. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1704 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1704 einstimmig angenommen ist.

Wir kommen zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Bundesratsinitiative zur Wiederbelebung des kommunalen und genossenschaftlichen sozialen Wohnungsbaus (Druck- sache 15/1697)

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Schaffung preiswerten Wohnraumes nachhaltig fördern, Zuweisungen für den sozialen Wohnungsbau zweckgerichtet verwenden! (Drucksache 15/1700 - neu)

Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Professor Heinz Bierbaum das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mit unserem Antrag fordern wir eine Bundesratsinitiative zur Wiederbelebung des kommunalen und genossenschaftlichen sozialen Wohnungsbaues. Wir möchten, dass die Regierung des Saarlandes sich im Bundesrat für die Auflage eines bundesweiten Wohnungsbauprogrammes in einer jährlichen Höhe von 5 Milliarden Euro einsetzt, um damit dem sozialen Wohnungsbau

durch kommunale Wohnungsunternehmen wie gemeinnützige Genossenschaften neue Impulse zu verleihen.

Der Hintergrund für unsere Forderung ist weitgehend klar. Wir haben inzwischen eine doch deutliche gesellschaftliche Diskussion um den Wohnungsbau beziehungsweise die Wohnungsversorgung. Wir haben insgesamt eine Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass es auf der einen Seite an bezahlbarem Wohnraum fehlt und auf der anderen Seite es durchaus zunehmend mehr Wohnraum im Luxusbereich gibt und dass wir steigende Mieten haben. Ich weiß, dass es im Saarland nicht unbedingt so aussieht wie in den Ballungsräumen Berlin, München oder Frankfurt am Main. Aber auch im Saarland haben wir diesen Zwiespalt, dass wir einerseits durchaus Tätigkeit haben im eher hochpreisigen Bereich und dass es andererseits im sozialen Bereich an Wohnungen fehlt. Wir haben insgesamt - bundesweit und auch im Saarland - die Situation, dass es zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt.

Die Diskussion hat sich inzwischen durch die Flüchtlingsfrage intensiviert. In diesem Zusammenhang ist die Wohnungsdiskussion besonders aufgekommen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass damit im Grunde genommen ein bereits bestehendes Problem lediglich noch einmal zugespitzt worden ist. Dieses Problem bestand schon vorher. Man hat im Grunde genommen in den letzten Jahren den Wohnungsbau insbesondere im Bereich des bezahlbaren Wohnraumes sträflich vernachlässigt.

Ich möchte Ihnen dazu einige Zahlen nennen, die inzwischen auch weitgehend publiziert worden sind. Ich verweise insbesondere auf die Erhebungen des Pestel-Instituts, das festgestellt hat, dass wir ein aufgestautes Wohnungsdefizit haben und dass wir in den Jahren 2009 bis 2015 770.000 Wohnungen zu wenig gebaut haben. Nach Angaben dieses Institutes wird in den nächsten Jahren jährlich der Bau von 400.000 Wohnungen erforderlich sein. Das sind 150.000 Wohnungen mehr, als gegenwärtig gebaut werden. Ich verweise auch auf Angaben des Deutschen Mieterbundes, der von einem Wohnungsdefizit von rund 800.000 Wohnungen ausgeht. Ich will auch auf die Verlautbarungen der Industriegewerkschaft BAU hinweisen, die publiziert hat, dass jährlich 100.000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen und dass wir deswegen mehr Wohnungen brauchen.

Was haben wir an Mitteln zur Verfügung? Es ist ja so, dass das Ländersache ist und dass der Bund jährlich entsprechende Kompensationszahlungen leistet. Diese betragen gegenwärtig 518 Millionen Euro. Auf dem Flüchtlingsgipfel ist zudem beschlossen worden, dass weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Unter der Voraussetzung, dass die Länder in gleicher Höhe ihren Anteil

(Abg. Conradt (CDU) )

leisten, könnte damit die Schaffung von 60.000 Sozialwohnungen angestoßen werden.

Vergleicht man das aber mit den Zahlen, die die Institute und andere Institutionen als Defizit errechnet haben, zeigt sich, dass auch das noch viel zu wenig ist. Es ist zum Beispiel nur die Hälfte dessen, was das Pestel-Institut für notwendig hält; dieses Institut fordert ja 140.000 bis 150.000 Wohnungen jährlich, also müssten die Mittel mehr als verdoppelt werden. Die IG BAU fordert sogar eine Verdreifachung dieser Mittel.