Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kämen jetzt eigentlich zu Punkt 6 der Tagesordnung. - Entschuldigung, wir müssen ja noch über den weiteren Antrag abstimmen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion Drucksache 15/1700 - neu -. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 15/1700 - neu - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1700 - neu - mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE, PIRATEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD.
Noch einmal: Wir kämen jetzt eigentlich zu den Punkten 6 und 11 der Tagesordnung. Die zuständige Wirtschaftsministerin konnte wegen der Wetterverhältnisse nicht landen. Sie hofft, nach der Mittagspause anwesend sein zu können. Deshalb bin ich dankbar, dass sich alle Fraktionen verständigt haben, den Punkt Ökolandwirtschaft vorzuziehen. Ich danke auch den Besuchern, den Betriebsräten saarländischer Stahlunternehmen, dass sie Verständnis dafür haben, dass der Punkt dann abgehandelt wird, wenn die zuständige Ministerin hoffentlich da sein kann, sodass ich dann den Punkt 7 und den Punkt 12 aufrufen darf:
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Umstellung auf Ökolandwirtschaft weiter fördern! (Drucksa- che 15/1701)
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Umstel
Zur Begründung des Antrags der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Michael Neyses das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Hunger auf Biolebensmittel wächst ständig. Alleine im Branchengroßhandel sind die Umsätze voriges Jahr um 11,4 Prozent gestiegen und lagen damit erstmals über 3 Milliarden Euro. Der deutsche Biofachhandel wuchs im Schnitt der vergangenen Dekade um rund ein Zehntel, er ist Haupttreiber der oft zitierten Biowende.
Der deutsche Biomarkt leidet allerdings unter einer Besonderheit: Seit Jahren wird sein Wachstum vom knappen Angebot speziell aus deutscher Ökoproduktion gebremst, sodass die immer steigende Nachfrage nicht bedient werden kann. Was fehlt, wird importiert. So profitieren vom heimischen BioBoom zunehmend andere. Lebensmittel, die über lange Strecken transportiert werden, konterkarieren aber den Umweltgedanken.
Das Jahr 2015 sollte eigentlich die Trendwende bringen, in einem Punkt ist es auch gelungen: Erstmals seit Jahren ist die Bioanbaufläche in Deutschland wieder größer geworden, wie der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft errechnet hat. Dabei ist das Saarland neben Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Vorreiter beim Ökolandbau. Dennoch hat sich die Schere zwischen heimischer Produktion und Bedarf nicht geschlossen, denn die Nachfrage wächst im Bundesdurchschnitt eben noch mehr.
Experten warnen, dass dieses Jahr eine weitere Verschärfung der Lage droht. Wenn konventionelle Bauern umstellen wollen, müssen sie eine mehrjährige Durststrecke in Kauf nehmen, wenn sie bei reduzierten Erträgen weiterhin zu konventionellen Preisen wirtschaften. Hinzu kommen einige Unsicherheiten. Wie entwickelt sich die Marktsituation nach der Umstellungszeit, wie sicher ist eine Abnahme durch den Handel?
Für die Überbrückung und zur Abfederung dieser Risiken brauchen Landwirte und Landwirtinnen finanzielle Hilfe von der EU und den Bundesländern. Im vorigen Jahr wurden diese Mittel so stark nachgefragt, dass sie nun bundesweit auszugehen drohen. Im Saarland hat der Umweltminister bereist Ende 2015 verkündet, die Förderung zur Umstellung auf Ökolandwirtschaft ab 2016 bis 2020 vollständig einzustellen, weil die zur Verfügung gestellten Mittel aufgrund der hohen Nachfrage bis dahin bereits aufgebraucht wurden.
Wir begrüßen, dass im November 2015 von Herrn Jost zugesagt wurde, dass durch Umschichtungen weitere 2 Millionen Euro für die hohe Zahl an Förderanträgen bereitgestellt würden. Nicht zu begrüßen ist allerdings, dass ab 2016 bis 2020 Schluss sein soll. Dabei wäre Abhilfe ganz einfach und sie würde nicht einmal zusätzliche Steuergelder kosten. Wie wir wissen, besteht die EU-Agrarförderung aus zwei Säulen: Eine ist die der Direktzahlungen für die Landwirte, die je Hektar landwirtschaftlicher Fläche gewährt werden. Die andere ist die für die Entwicklung des ländlichen Raums, aus der auch die Förderung des Ökolandbaus finanziert wird. Die EU erlaubt den Mitgliedsstaaten, bis zu 15 Prozent von Säule 1 in Säule 2 umzuwidmen und damit die Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft zu erhöhen.
Deutschland hat für die jetzige ELER-Förderperiode von 2014 bis 2020 jedoch gerade einmal 4,5 Prozent umgewidmet. Im Saarland entspricht dies einer Summe von 5 Millionen Euro. Mit Bedauern mussten wir im Ausschuss hören, dass diese 5 Millionen Euro wiederum als Ausgleichszulagen an Landwirte für benachteiligte Gebiete durchgereicht werden, also eine Direktförderung wie in der ersten Säule vorgesehen stattfindet, und dies ohne konkrete ökologische Gegenleistungen.
Die Schwerpunktsetzung könnte aber noch geändert werden. Für die Sicherstellung der Förderung zur Umstellung auf Ökolandbau wäre allein ein Verwaltungsakt zusammen mit der EU-Kommission notwendig, um aus dem ELER-Topf ausreichend Mittel bis 2020 sicherzustellen.
Die Umstellung auf Ökolandbau ist im Saarland besonders für Milchviehbetriebe interessant. Milch ist im Saarland für die Landwirtschaft ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Mehr als 50 Prozent des bäuerlichen Einkommens wird über Milch generiert. Derzeit gibt es im Saarland 190 Haupterwerbsbetriebe, die eine Gesamtmenge von knapp 95 Millionen Litern Milch produzieren. Aufgrund des rasanten Preisverfalls der letzten Monate nach Ende der Milchquote und der zunehmenden Überproduktion liegt der Preis pro Liter konventionelle Milch im Moment bei unter 30 Cent. Dieser Preis in Verbindung gesetzt mit der Gesamtmenge bedeutet, dass jedem saarländischen Durchschnittsbetrieb, der Milch erzeugt, im Jahr 50.000 Euro an Liquidität fehlen.
Entgegen dieser Situation profitieren die ökologisch wirtschaftenden Betriebe derzeit von den stabilen Preisen und der hohen Nachfrage nach Ökoprodukten. Für einen Liter Biomilch können aktuell 20 Cent mehr erlöst werden als für konventionelle Milch. Da der Selbstversorgungsgrad bei Biomilch in Deutschland bei gerade mal 70 Prozent liegt, stellt der Ökolandbau gerade für Milchviehbetriebe einen zu
kunftsfähigen Weg dar, der im Saarland vielen Betrieben das Überleben sichern könnte. Deshalb sollten Finanzierungslösungen für die umstellungswilligen Betriebe gefunden werden.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen auf 20 Prozent zu erhöhen, dies allerdings ohne Zeithorizont. Mit derzeit knapp 6,5 Prozent Anteil an der Landwirtschaftsfläche ist das Ziel beim jetzigen jährlichen Durchschnittswachstum von 2 Prozent noch in ferner Sicht. Hier hat das Saarland einen bundesweiten Spitzenplatz. Der Antrag der Großen Koalition enthält bereits die neuesten Zahlen und spricht von 16 Prozent. Auf diesen hohen Anteil können wir stolz sein. Wir sollten als gutes Beispiel weiter vorangehen. Zu sagen, wir stellen die Förderung bei 11 Millionen Euro ein und nehmen keine weiteren Anträge mehr an, ist politisch das falsche Signal.
Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 15 Prozent Ökolandbau zu erreichen. Dieses Ziel sollte jedoch Minimalziel und nicht Maximalziel sein. Was wir ebenfalls in unserem Antrag fordern, ist eine bessere Vermarktung von Bioprodukten in der Großregion. Die regionale Wertschöpfung schont nicht nur das Klima, sondern erhält auch Arbeitsplätze vor Ort. Da die wesentlichen Signale zur Erhöhung der Umstellungsbereitschaft von den Marktpartnern ausgehen, muss eine noch bessere Vernetzung aller im Biomarkt tätigen Akteure angestrebt werden. Dass vor diesem Hintergrund im Haushaltsplan der Großen Koalition ab 2016 deutlich weniger finanzielle Mittel zur Förderung der Regionalvermarktung zur Verfügung stehen, ist verwerflich.
Des Weiteren besteht noch ein großes Marktpotenzial für Biolebensmittel in der Außer-Haus-Verpflegung, da immer mehr Menschen außer Haus essen. Mit 0,5 Prozent liegt der Bio-Umsatzanteil deutlich unter dem Bio-Umsatzanteil am gesamten Lebensmittelmarkt mit circa 4 Prozent. Das Bio-Potenzial in diesem Marktsegment ist also recht hoch. Nordrhein-Westfalen hat diese beiden Ziele bereits in seiner Öko-Landwirtschaftsstrategie 2020 formuliert. Vor diesem Hintergrund wollen wir die Landesregierung nochmals auffordern, die Förderung zur Umstellung auf Ökolandbau von 2016 bis 2020 sicherzustellen und für die Umstellung ELER-Mittel in der dafür notwendigen Höhe umzuwidmen.
Ich gehe noch ganz kurz auf den Antrag der Großen Koalition ein, der heute Morgen um 9.00 Uhr auf meinem Platz lag. Der Antrag ist im Grunde eine Rechtfertigung. Er nennt die neuesten Zahlen. Sie bezeichnen den Förderstopp als richtige Entscheidung. Sie hätten aber doch mehr für die zweite Säule tun können. Das sehen wir als Zweckentfrem
dung. Sie sagen, der Bund solle ein Sonderprogramm zur Umstellungsförderung von Milchviehbetrieben auflegen, aber dass das Land auch etwas tun könnte, nämlich eine stärkere Umwidmung in die zweite Säule, das fehlt in diesem Antrag. Sie nennen die gute Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau. Die Kritik am langen Zeitraum bis 2020 dürfte Ihnen aber durchaus bekannt sein. Aus diesen Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Zur Begründung des Antrags der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Magnus Jung das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPDFraktion freut sich über den Antrag der GRÜNEN, denn das gibt uns Gelegenheit, auf einen besonders erfolgreichen Teil unserer Politik hier im Land hinzuweisen, nämlich auf den erfolgreichen Ausbau der ökologischen Landwirtschaft im Saarland.
Wie Sie alle wissen, ist das Saarland schon heute bundesweit Spitzenreiter, was den Anteil der ökologischen Landwirtschaft an der Gesamtnutzfläche betrifft. Wie Sie sicher auch wissen, wollen wir diesen Anteil in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Weil wir dies wollen, haben wir in der laufenden ELERFörderperiode auch die Mittel im Vergleich zur vorherigen Förderperiode aufgestockt, von 8 auf 9 Millionen Euro.
Es ist erstaunlich und erfreulich, dass sehr viele Landwirte diesen Weg mit uns gehen wollen, dass viele Betriebe umstellen wollen. Wir erleben derzeit geradezu einen Boom. Die Anzahl der Betriebe, die ökologisch wirtschaften, wird im Jahr 2016 bei 138 liegen. Im letzten Jahr waren es noch 96. Das ist ein Anstieg von 40 Prozent oder, wenn man die Fläche betrachtet, ein Anstieg von 8.100 Hektar auf knapp 11.000 Hektar. Wir liegen damit am Ende dieses Jahres bei einem Anteil von 16 Prozent. Herr Neyses, damit haben wir schon mehr erreicht, als wir uns eigentlich bis zum Jahr 2020 vorgenommen haben. Ich denke, das ist ein Grund, zufrieden zu sein und zu sagen, wir sind auf einem hervorragenden Weg.
Damit wir diesen erfolgreichen Weg bestreiten können, brauchen wir natürlich mehr Geld. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass Reinhold Jost schnell gehandelt und zugesagt hat, im Rahmen dieser ELER
Förderperiode die Mittel von den ursprünglich geplanten 9 Millionen auf 11 Millionen aufzustocken. Es wurde also in kurzer Zeit reagiert. Es werden mehr Mittel zur Verfügung gestellt.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das, was jetzt entschieden werden muss, dass nämlich zunächst keine weiteren Anträge mehr angenommen werden können, alles andere als ein Förderstopp. In den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020, in jedem Jahr, wird die ökologische Landwirtschaft im Saarland gefördert, und zwar in den zugesagten Höhen. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, wie diese Förderung tatsächlich funktioniert. Es ist ein flächenbezogener Zuschlag zu dem, was die Betriebe sowieso aus der ersten Säule erhalten. Diese Förderzusage über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ist gegeben und wird bei allen eingehalten, die einen Antrag gestellt haben, der genehmigt wird.
Wenn ich aber weiß, wie viel Geld ich zur Verfügung habe und wie viel ich ausgegeben habe, dann kann ich nicht unbegrenzt Zusagen für die Zukunft machen, wenn eine Finanzierung nicht gesichert ist. Deshalb ist es natürlich sehr seriös und auch notwendig, dass man rechtzeitig mitteilt, wenn man trotz stärkerer eigener Anstrengungen und trotz Erhöhung der Mittel an eine Grenze gekommen ist, damit die Betriebe, die sich über dieses Thema Gedanken machen, auch wissen, woran sie sind, und sich nicht in eine falsche Richtung entwickeln. Deshalb war es sehr verantwortungsvoll.
Was Sie heute vorgetragen haben und was in Ihrem Antrag steht, ist deshalb eine glatte Falschbehauptung. Ich zitiere einmal aus Ihrem Antrag. Sie behaupten, der saarländische Umweltminister habe Ende 2015 verkündet, „die Förderung zur Umstellung auf Ökolandwirtschaft ab 2016 bis 2020 vollständig einzustellen, da die Mittel aufgrund der hohen Umstellung bis zu diesem Zeitpunkt bereits verbraucht“ gewesen seien. - Herr Kollege Neyses, das ist nicht nur falsch, das ist glatt gelogen. Die Förderung wird nicht eingestellt. Es wird weiter gefördert.
Deshalb bitte ich Sie, nachher noch einmal nach vorne zu kommen, diese Falschbehauptung zurückzunehmen und der Öffentlichkeit zu sagen, dass auch Sie zustimmen müssen, dass in den nächsten Jahren die ökologische Landwirtschaft im Saarland weiter gefördert wird - und zwar auf Spitzenniveau bundesweit.
(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Neyses (B 90/GRÜNE). - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE): Neue Anträge werden nicht mehr gefördert!)
Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Jung, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass neue Anträge nicht mehr angenommen werden?
Ich nehme zunächst einmal zur Kenntnis, dass Sie jetzt etwas anderes behaupten als das, was Sie in Ihrem Antrag und in Ihrer Rede eben behauptet haben.