Protokoll der Sitzung vom 18.05.2016

In Bezug auf die prekären Beschäftigungen stimme ich Ihnen zu. Es gibt Ordnungen und Gesetze, an die sich jeder zu halten hat. Ob das die kirchlichen Vereinigungen sind, ob das die Arbeiterwohlfahrt ist oder ob das Private sind, daran hat sich jeder zu halten. Es gibt in dem Bereich Mindestlöhne - im Übrigen, Frau Schramm, im Pflegebereich 10,40 Euro, glaube ich, und nicht 8,50 Euro - für alle Kräfte, auch für Hilfskräfte, und die sind einzuhalten.

Zurück zu diesem Gesetzentwurf: Die SPD wird natürlich unterstützen, was da drinsteht, zumal es in der Tat nur die Umsetzung des PSG I, des SGB XI auf Landesrecht ist. Was ist schlecht daran, wenn die Landesregierung dem Landtag über ihre Planungen berichtet? Wir reden hier über das PSG I, mitt

lerweile gibt es schon das PSG II. Das PSG II geht noch einen Schritt weiter, hat insbesondere die ambulante Versorgung verbessert, auch monetär. Vieles, was wir in diesem Bereich diskutieren, wird leider unter dem Deckmantel des Finanziellen diskutiert. Das steht immer im Vordergrund. Ich halte das für falsch, aber es ist nun mal so. Das PSG II hat auch die Tagespflege verbessert. Das führt dazu, dass Menschen länger in der Häuslichkeit bleiben können, weil sie tagsüber, wenn ihre Kinder, ihre Betreuerinnen oder Betreuer arbeiten gehen, auch versorgt werden. Jetzt gibt es bereits den Referentenentwurf des PSG III, das die Kommunen mehr in die Verpflichtung nehmen will. Das halte ich persönlich für sehr wichtig.

Wir müssen eines begreifen, und das will ich in drei, vier Sätzen abschließend dazu sagen: Wenn wir Prophylaxe betreiben wollen, muss diese Prophylaxe eigentlich schon dort beginnen, wo die Leute noch nicht pflegebedürftig sind, aber gegebenenfalls von Pflegebedürftigkeit bedroht sind. Alleine die Tatsache, dass viele Menschen in Singlehaushalten leben, führt dazu, dass sie vereinsamen können und sich auch einseitig ernähren. Das sind wissenschaftlich nachgewiesene Fakten. Beides führt dazu, dass Pflegebedürftigkeit schneller eintreten kann, als wenn Menschen nicht vereinsamen, wenn Kommunikation da ist, wenn ihre Kinder da sind, wenn sie Gesprächspartner haben, wenn sie gemeinsam mit anderen ihre Mahlzeiten einnehmen können und nicht zum Beispiel sonntags ihre Suppe kochen, die sie dann die ganze Woche alleine essen. Das hört sich banal an, ist aber sehr wichtig. Genau dort muss auch die kommunale Arbeit ansetzen.

Es gibt in den Gemeinden viele Angebote für Senioren von Kirchen, Caritas et cetera, es gibt Sing-, Tanz- und Handarbeitskreise. Jeder zieht da eine Schublade heraus, aber es ist nicht koordiniert. Das sind alles Holangebote. Die alten Menschen müssen dorthin, aber oft sind sie immobil, haben keinen Führerschein oder kein Auto mehr zur Verfügung und auch keine Kinder, die sie dorthin fahren. Zum Thema Essen: Der fahrbare Mittagstisch ist ein Bringangebot, aber auch das nutzt nichts. Sie haben dann zwar das Essen zu Hause, aber essen trotzdem noch alleine und vereinsamt.

Was wir brauchen, ist ein Mitmachangebot, man muss beides miteinander verzahnen. Das müssen die Kommunen regeln, das kann man nicht ehrenamtlich regeln. Deshalb ist mein Vorschlag, und da sollte auch der Kommunalminister einmal zuhören, in den Kommunen - in den Sozialämtern, wenn sie noch dort sind - jemanden hauptamtlich einzustellen, der all die ehrenamtlichen Tätigkeiten in den Gemeinden professionell koordiniert. Er soll zuerst einmal - Frau Ministerin, Sie haben eben darauf hingewiesen - in Zusammenhang mit der Fragestellung

dieses Berichtes eruieren, wo sich die Probleme befinden. Das wissen wir im Moment überhaupt nicht. Wir wissen nicht, ob in diesem oder jenem Haus jemand alleine wohnt und gegebenenfalls vereinsamt. Darum muss man sich zuerst einmal kümmern. Das kann nur hauptamtlich funktionieren.

Dann muss koordiniert werden, dass die Menschen zum Beispiel in irgendeinem Restaurant gemeinsam zum Mittagstisch gehen. Dann können dort auch nachmittags die Leute von der Arbeiterwohlfahrt, vom Häkelverein oder Ähnlichem hinkommen und ihre Angebot dort machen, wo die Leute sind. Das ist relativ einfach - wir machen es uns manchmal etwas zu kompliziert -, bedeutet aber, wenn wir das von den Kommunen abverlangen, dass das auch eine verpflichtende Aufgabe ist und nicht unter die freiwilligen Aufgaben in der Gemeinde fällt, die dann wieder möglicherweise von der Kommunalaufsicht gestrichen werden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich komme aus Riegelsberg, einer Gemeinde mit rund 15.000 Einwohnern. Da würde eine Kraft reichen. Diese 70.000 Euro, die wir dort im Jahr ausgeben, sparen wir an anderer Stelle tausendmal ein. Das ist human. Ich denke, das werden wir mit dem PSG III auch erreichen. - Damit will ich es aber bewenden lassen, denn eigentlich wollte ich zu diesem Thema gar nichts sagen.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Dafür war es aber lang!)

Herr Lafontaine, haben Sie auch zugehört?

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Aber selbstverständlich!)

Wunderschön!

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Atemlose Spannung! - Weitere Zurufe von der Opposition. - Heiterkeit.)

Gut, ich hoffe, Sie haben es auch verstanden. - Die SPD wird diesem Gesetzentwurf natürlich in Erster Lesung zustimmen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. Bevor ich zur nächsten Wortmeldung komme, darf ich noch Teilnehmer der Studienkurse V 36 a und b der Fachhochschule für Verwaltung unter Leitung von Herrn Frank Eisenbeis herzlich begrüßen.

(Beifall.)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Frau Abgeordnete Jasmin Maurer.

(Abg. Schmidt (SPD) )

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bisher fehlt für die Umsetzung der Änderung durch das erste Pflegestärkungsgesetz eine landesgesetzliche Grundlage für die Anerkennung von niedrigschwelligen Betreuungsund Entlastungsangeboten und deren Förderung sowie für die Förderung von Initiativen des Ehrenamts und der Selbsthilfe - dies natürlich durch die Landkreise und den Regionalverband Saarbrücken.

Diese Änderungen im Landesgesetz werden nun vorgenommen. Darum geht es im vorliegenden Gesetzentwurf. Wie die Liga der Freien Wohlfahrtspflege Saar und die Saarländische Pflegegesellschaft finden wir die Intention der Landesregierung richtig, dem Landtag ein Mal in der Legislaturperiode zur Lage der Seniorinnen und Senioren zu berichten. Überlegenswert wäre es, ob es vielleicht sinnvoll ist, dass man es öfter als nur ein Mal in der Legislaturperiode macht. Eine Legislaturperiode sind fünf Jahre. Ein Mal einen Bericht in fünf Jahren erachten wir als zu wenig.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Es wäre zu überlegen, ob man zwei Mal in einer Periode berichten lässt oder noch häufiger. Wir sehen die Anhörung als den richtigen Ort, um mit Experten darüber zu beraten.

Die regelmäßige Fortschreibung des Landesseniorenplans als Planungs- und Entwicklungsinstrument für die Seniorenpolitik des Landes ist ebenfalls zu befürworten. Allerdings ist ein Landesseniorenplan nur dann zielführend, wenn zu jedem dargestellten Problem auch ein Lösungsansatz beschrieben wird, samt Maßnahmen und Zuständigkeiten. Das fehlt uns derzeit noch. - So viel zum Gesetz an dieser Stelle.

Da meine Vorredner auch etwas über Pflege allgemein gesprochen haben, komme auch ich nicht umhin, etwas dazu zu sagen. Wenn man es das erste Mal mit pflegebedürftigen Familienangehörigen zu tun hat, erkennt man, wie wichtig die Frage ist, was für den Angehörigen die beste Möglichkeit ist. Was ist überhaupt machbar? Was kann ich persönlich als Familienmitglied zeitlich für meinen Angehörigen selbst an Pflege übernehmen? Wenn man das erste Mal vor dieser Situation steht und man sich die Frage stellt, ob man Pflege zu Hause möchte und ob Pflege zu Hause überhaupt geht, dann sieht man, wie wichtig es ist, dass wir uns im Saarland weiter mit dem Thema beschäftigen. Insofern stimmen wir in Erster Lesung zu. Wir wollen im Ausschuss eine Anhörung machen, in der wir mit Experten der Pflege darüber beraten, wie wir im Saarland weiter mit der Pflege vorgehen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Klaus Kessler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch im Saarland sind zunehmend mehr, insbesondere ältere Menschen auf Hilfe angewiesen. Sie benötigen Pflege und Betreuung oder auch Hilfe und Entlastung bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben. Durch Alter oder Krankheit können diese Menschen nicht mehr allein ihre Bedürfnisse befriedigen. Es wird zunehmend schwerer, sich selbst zu versorgen und zu gewährleisten, ohne Hilfe anderer auszukommen und ein selbstbestimmtes Leben als Mitglied unserer Gesellschaft führen zu können.

Angesichts der Tatsache, dass die Menschen bei uns immer älter werden, ist es zwangsläufig so, dass auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Zukunft weiter ansteigen wird. Gab es im Saarland im Jahr 2001 noch rund 27.000 pflegebedürftige Menschen, so ist diese Zahl bei zugleich sinkender Bevölkerung bis zum Dezember 2013 auf rund 34.000 gestiegen, so die Pflegestatistik im Saarland. Es muss damit gerechnet werden, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2020 auf rund 36.000 ansteigt und dann bis zum Jahr 2030 sogar bei rund 40.000 Menschen liegen wird, so die Berechnung der statistischen Ämter von Bund und Ländern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Saarland findet mehr noch als in anderen Bundesländern die Pflege überwiegend zuhause statt. Rund 70 Prozent der Pflegebedürftigen werden von Angehörigen oder Nachbarn, auch ehrenamtlichen Helfern und professionellen Pflegediensten im eigenen Heim versorgt. Das ist gut so, denn ein möglichst langer Verbleib in der vertrauten häuslichen und familiären Umgebung und die Gewährleistung eines möglichst lang selbstbestimmten Lebens entspricht dem Wunsch der meisten Menschen. Das muss auch unser Ziel und Anspruch an die pflegerische Versorgung sein. Ich bin froh, dass wir uns in diesem Punkt im Hause alle einig sind.

Doch auch im Vorfeld der Pflegebedürftigkeit muss es bereits um die Sicherstellung der Versorgung von hilfebedürftigen Menschen durch zielgenaue Planungen und seniorenpolitische Entscheidungen gehen. Darauf haben die Kollegin Heib und der Kollege Schmidt bereits hingewiesen. In diese Richtung zielt vom Grundsatz her der vorgelegte Gesetzentwurf. Wir erkennen an, dass diese Regierung endlich auch im Saarland die schon seit Anfang 2015 durch Bundesgesetz - SGB XI - bestehende Möglichkeit

der Leistungsausweitung und Flexibilisierung von niedrigschwelligen Angeboten mit einer Änderung des Landespflegegesetzes umsetzen will. Das erkennen wir an.

Mit diesen niedrigschwelligen Betreuungs- und Entlastungsangeboten soll es für die pflegebedürftigen Menschen leichter werden, bedarfsgerechte Unterstützungsleistungen zu erhalten. Mit niedrigschwelligen Angeboten in Form von Mobilitätshilfen, Betreuungsleistungen und hauswirtschaftlicher Hilfe durch Agenturen für haushaltsnahe Dienstleistungen, Alltagsbegleiter oder auch Pflegebegleiter wird natürlich der Pflegemarkt - darauf ist hinzuweisen - vom Grundsatz her weiter geöffnet.

Die Zielrichtung, dass auch mehr ehrenamtlich tätige Menschen ohne umfassende professionelle Ausbildung einfache Betreuungsaufgaben wahrnehmen und dafür auch eine Aufwandsentschädigung erhalten, ist vom Grundsatz aus unserer Sicht durchaus akzeptabel. Was uns aber im Landesgesetz wie auch im SGB XI fehlt, ist, dass es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, wie die Qualitätssicherung von den neuen Leistungserbringern der niedrigschwelligen Angebote eigentlich erfolgen soll. Das gibt es nicht.

Wir halten es daher für erforderlich, an dieser Stelle einheitliche Qualitätsstandards gesetzlich festzulegen. Auch der Gefahr des Missbrauchs muss vom Grundsatz her vorgebeugt werden. Darauf wurde schon hingewiesen. Es muss zum Beispiel sichergestellt werden, dass im Bereich der Pflegeversicherung die Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgrund einer unklaren Abgrenzung und Kontrolle zukünftig nicht missbräuchlich als niederschwellige Betreuungsund Entlastungsangebote erbracht werden. Außerdem muss mit einer Qualitätssicherung gewährleistet sein, dass es nicht zu einem Verlust an professioneller Pflegeleistung kommt. Das darf natürlich nicht passieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die anstehende Ausweitung der Angebote bei den niedrigschwelligen Pflege- und Entlastungsleistungen ist aus unserer Sicht vom Grundsatz her zu begrüßen. Wie eingangs angesprochen muss man davon ausgehen, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen sich weiter erhöhen wird, dass ihr Anteil in der Gesellschaft insgesamt ansteigen wird. Es gibt aber auch einige weiter gehende offene Fragen, die natürlich nicht nur allein durch Landesgesetz zu klären sind und die ich einmal kurz formulieren möchte. Erstens. Reichen solche kleinen Verbesserungen - es sind ja nur kleine Verbesserungen - im bestehenden Pflegesystem auch in Zukunft aus, um dem sich verändernden Bedarf an pflegerischer Versorgung insgesamt gerecht zu werden? Wir als GRÜNE sind der Auffassung, das reicht noch nicht aus.

(Beifall bei B 90/GRÜNE und der LINKEN.)

Zweitens. Wohin können wir Konzepte für die Pflege insgesamt weiterentwickeln, damit auch in Zukunft ein leistungsfähiges System besteht, das es ermöglicht, die steigenden Belastungen auch durch die demografische Entwicklung zu finanzieren? Diese Frage ist aus unserer Sicht noch nicht beantwortet. Ist es nicht auch an der Zeit für die Pflegeversicherung, endlich den Schritt zu einer solidarischen Bürgerversicherung zu gehen? Ich weiß, Kollege Schmidt, Teile der SPD sind auch der Auffassung, dass man das offen diskutieren sollte. Wir GRÜNE sind an dieser Stelle klar positioniert für eine solidarische Bürgerversicherung.

(Beifall bei B 90/GRÜNE und der LINKEN.)

Der Einführung einer Pflicht der Landesregierung, einmal in jeder Legislaturperiode dem Landtag zur Lage der Senioren einen Bericht zu erstatten und den Landesseniorenplan regelmäßig fortzuschreiben, stimmen wir voll und ganz zu. Es ist richtig, dass dadurch sichergestellt wird, dass für das Handeln und die Planung in der Seniorenpolitik dann auch belastbare Daten und Informationen dauerhaft vorhanden sein werden.

Wir werden uns in Erster Lesung heute enthalten, warten die Expertenanhörung ab und sind gespannt insbesondere auf die Stellungnahme der Landkreise und des Regionalverbandes. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei B 90/GRÜNE und der LINKEN.)

Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Frau Abgeordnete Dagmar Heib.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind hier im saarländischen Landtag und unsere Pflicht ist es, uns um die Gesetzgebung in unserem Land zu kümmern. Von daher ist es richtig, dass wir heute Morgen ein Gesetz zur Änderung des Saarländischen Pflegegesetzes beraten. Dann, so denke ich, sollten sich auch alle Fraktionen in erster Linie um dieses Gesetz kümmern.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das ist unsere Aufgabe. Nichtsdestotrotz sollten wir auch zur allgemeinpolitischen Lage etwas sagen. Aber dann, liebe Kollegin Schramm, sollte man sich auch dort keine Brille aufsetzen, die Sachen ausblendet und sie einfach nicht stattfinden lässt. Ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie haben, wenn Sie jetzt in der Anhörung zur Änderung des Saarländischen Pflegegesetzes erwarten, dass die Anzuhörenden, die Experten, die Sachverständigen, Auskünfte zur Rentenreform geben. Das hat überhaupt

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

nichts hiermit zu tun! Warum Sie das erwarten, erschließt sich mir überhaupt nicht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)