Schauen wir uns doch einmal die Situation im Saarland an. Wir haben hier einen sehr gemächlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Vor diesem Hintergrund ist es mir völlig unklar, warum man an dieser Stelle noch Steine in den Weg legen möchte, sodass es noch langsamer vorangeht, wo man eigentlich doch beschleunigen, aufs Gas treten und sagen müsste, wir brauchen mehr erneuerbare Energien.
In Ihrem Antrag verwenden Sie auch wieder das Unwort der Verspargelung. Die Verspargelung der Landschaft in einem Land, das seine rostenden Industriekathedralen pflegt, in einem Land, in dem man auf keinen Hügel steigen kann, ohne eine Bergehalde oder ein Kohlekraftwerk zu sehen oder wenn man den Hügel richtig wählt - auch das Atomkraftwerk Cattenom? In einem Land mit einer solchen Kulturlandschaft, die definitiv menschengemacht ist und die auch diese Landmarken erzeugt hat, sind es mit den Windkraftanlagen eben neue Landmarken. Jede Windkraftanlage, die vor diesem Hintergrund steht, ist doch ein Zeichen für eine bessere Zukunft, das ich gerne sehen möchte.
Vor diesem Hintergrund unterstützen wir den Antrag der GRÜNEN-Fraktion. Ich möchte die einzelnen Punkte nicht mehr vorlesen, das hat schon der Kollege Kurtz getan. In dem Antrag steht aber drin, wofür auch wir eintreten, nämlich für einen weiteren Ausbau. Im Gegensatz zum Kollegen Kurtz bin ich aber nicht der Meinung, dass wir schon so weit sind, dass wir keinen Antrag in die Richtung mehr gebrauchen könnten. Von daher unterstützen wir auch den Antrag der GRÜNEN und sind froh, dass in der Richtung etwas in der politischen Landschaft passiert.
Zum Thema Kulturlandschaft. Hier möchte ich auf die einzelnen Argumente, die Sie angeführt haben, eingehen. Kultur entwickelt sich eben weiter. Eine Kulturlandschaft ist noch mehr als eine Naturlandschaft den Änderungen durch den Menschen ausgeliefert. - Das kann man sagen, ich würde aber eher sagen: Der Mensch ist in der Kulturlandschaft gestalterisch tätig. Ich sehe keinen Widerspruch darin, jetzt auch Windkraftanlagen in unsere Kulturlandschaft einzufügen. Sollten sie uns irgendwann einmal stören und sollten wir eine gute Alternative haben, um Strom zu erzeugen, dann sind Windkraftanlagen im Gegensatz zu Großkraftwerken auch schnell wieder abgebaut.
Nach dem Rotmilan und der Fledermaus wurde jetzt der Wildbestand im Allgemeinen genannt. Ich muss zugeben, das Argument ist insofern kreativ, als ich in der Art noch nicht gehört habe, dass allein die Nähe zu einer Windkraftanlage auf einem Berg zu einer klaren Reduzierung des Wildbestandes in einem Anrainerwald führen würde.
Aber was das angeht, bin ich sehr offen. Es würde mich in der Tat interessieren, wenn man dazu einmal Zahlen vorlegen würde.
Dann haben Sie sinngemäß gesagt: Sollen doch andere unseren Strom machen, lassen wir den Strom doch offshore von Windkraftanlagen produzieren. Das kann man natürlich machen. Wenn wir die Leitungen hätten - die wir nicht haben -, um den Strom hier runterzubringen, und wenn es uns egal wäre, dass wir über die Entfernung die Verlustleistung haben, wenn wir das beides bejahen könnten, könnten wir sagen: Ja, machen wir. Aber selbst dann wäre ich noch dagegen, rein auf Offshore-Anlagen zu setzen, einfach weil wir von diesem Strom keinerlei regionale Wertschöpfung mehr hätten. Strom, den wir selbst erzeugen, erzeugt auch regionale Wertschöpfung in unserer Region.
Dann haben Sie angeführt: Warum Strom erzeugen, wenn keine Abnehmer da sind? Man würde sozusagen den Windstrom für die Tonne produzieren. Das ist ja gerade das Argument, warum wir in Süddeutschland Strom produzieren müssen! Hier wird der Strom verbraucht und entsprechend müssen wir ihn hier erzeugen. Das ist ja gerade das Argument, warum wir gerade hier Windstrom ausbauen müssen!
Schließlich sind Sie noch auf die Dekarbonisierung eingegangen. Da haben Sie sinngemäß wieder argumentiert: Die Stromerzeugung macht nur einen geringen Teil des CO2-Ausstoßes aus. Das ist ja auch korrekt. Man kann sich die Statistik ankucken,
20 Prozent. Ob es jetzt die genaue Zahl ist, kann ich nicht sagen, aber selbst wenn es 20 Prozent sind, dann ist das doch kein Argument zu sagen, auf diese 20 Prozent Reduzierung verzichten wir.
Dann haben Sie in Ihrem Antrag selbst noch eine kleine Finte eingebaut. Sie sprechen vom zunehmenden Protest in der saarländischen Bevölkerung. Ja, man hört zunehmend von Protest, aber ich kenne noch keine Bewegung in der saarländischen Bevölkerung, die sich gegen die Windkraft stellt. Auch da würde mich interessieren, auf welcher Grundlage Sie zu dieser Behauptung kommen.
Dann kommt die perfide Strategie zu schreiben: Die Bürger vor Ort sollen das letzte Wort haben. Da würde ja niemand widersprechen. Aber die Bürger vor Ort sind eben nicht die einzigen Betroffenen! Da muss man eine Abwägung vornehmen, inwieweit jemand vor Ort wirklich widersprechen darf. Wir machen das auch nicht bei Kindergärten, obwohl manche Leute der Lärm von Kindern stört. Wir machen das auch nicht bei Feuerwehrgerätehäusern, obwohl viele Leute, die nebendran wohnen, nachts Blaulicht und Martinshorn schwer ertragen.
Genauso ist es mit der Stromerzeugung. Irgendwo muss der Strom erzeugt werden, im Zweifelsfalle eben auf einer Anhöhe, wo es auch Wind gibt.
Aber Sie haben natürlich eines richtig erkannt: Keine ernst zu nehmende politische Partei in diesem Land vertritt die Anhänger des Sankt-Florians-Prinzips der Windkraftgegner, und dies aus gutem Grund. Die Fakten sprechen für sich, die Fakten sprechen
für einen Ausbau der Windenergie im Saarland. Das sieht übrigens auch Ihre Bundestagsfraktion so, die gerade ein Positionspapier schreibt. Um die ParisZiele zu halten, sollen bis 2025 55 Prozent mehr ausgebaut werden. Das steht also in klarem Gegensatz zu dem, was Sie hier sagen. Der Wähler kann sich bei den LINKEN aussuchen: Gefällt mir die saarländische Position besser, weil ich Windkraftgegner bin, oder gefällt mir die Bundesposition besser, weil mir Naturschutz am Herzen liegt? Dann kann man sich aussuchen, was man will.
Es scheint Ihnen hier nicht um die Sache zu gehen, sondern um potenzielle Wähler. Das ist keine ernst
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun für die CDU-Fraktion der Kollege Christian Gläser.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe eben das Wort Infraschall gehört, aber ich verschone Sie heute damit. Ich schneide das Thema nicht noch einmal an.
(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Das ist wirklich entgegenkommend. - Weitere Zurufe von der LINKEN.)
Das hätten ja beinahe Sie schon wieder gemacht. Sie haben ja auch schon wieder die 10H gebracht. Sie bringen jedes Mal etwas Neues mit dem Ziel, Windenergie zu verhindern.
Ich möchte ganz kurz auf die Debatte eben eingehen, bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme, zunächst zum Vorwurf der kulturellen Barbarei. Den haben Sie ja schon des Öfteren gemacht, Herr Lafontaine, den Vorwurf der Zerstörung der Kulturlandschaft, der Zerstörung der Heimat durch Windräder. Dass bei dieser Betrachtungsweise, Kulturlandschaft und Heimat, die Zerstörung der Kulturlandschaft durch fossile Energiewirtschaft zum Beispiel in der Lausitz oder im Rheinland, wo die Landschaft für Generationen zerstört wird, einfach unter den Tisch gekehrt wird, möchte ich einfach mal so stehen lassen. Wer den Braunkohlebergbau in NordrheinWestfalen oder in Brandenburg von oben gesehen hat und wer hier im Land unter den nicht unüblichen Bodenabsenkungen, kleineren Erdbeben und Rissen in den Hauswänden als Folge des Kohlebergbaus gelitten hat, der weiß, welche Narben fossile Energien in der Landschaft bereits hinterlassen haben.
Letztes Jahr - diese Diskussion haben wir ja alle Jahre wieder - hatten Sie einen aufsehenerregenden Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben. Da fand ich es recht interessant, dass in der recht fortschrittlichen sozialistischen Tageszeitung Neues Deutschland Jörg Staude auf Sie geantwortet hat - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: „Ein entscheidender Vorteil erneuerbarer Energien liegt in der Rückholbarkeit, der weitgehenden Reversibilität ihrer ökologischen Folgen. Windkraft und Solaranlagen, Biomasse-Kraftwerke und oberflächennahe Geothermie lassen sich im Grunde zu einer grünen Wiese zurückbauen.“
„Das kann man von der Atomkraft mit ihren ungelösten Endlagerproblemen wie auch von fossilen Energien nicht sagen. Sie hinterlassen unter wie über Tage langfristig ökologische Lasten. Die größten, noch gar nicht bezifferbaren Ewigkeitskosten entstehen durch den immer drastischeren Klimawandel. Wer bei aller Kritik an überdimensionierten Windanlagen solche grundlegenden Unterschiede nicht sieht oder nicht sehen will, hat sich geistig noch nicht vom fossilen Zeitalter gelöst.“
Ich spitze zu: Wenn Sie von kultureller Barbarei reden, von der Zerstörung von Landschaften, dann geschieht diese Zerstörung nicht durch Windenergie mit ihren rückholbaren ökologischen Folgen, sondern durch Tagebau etwa in der Lausitz und im Rheinland oder durch Atomstrom in Cattenom mit seinen ungelösten Endlagerproblemen.
Noch eine Sache in Zusammenhang mit der Betrachtung durch den Menschen: Wenn ich mir den Flächenverbrauch und die Landschaftsvernichtung durch den Kohlebergbau ansehe - ich habe die Lausitz und das Rheinland erwähnt -, warum sprechen Sie da nicht von einer kulturellen Barbarei und einer Zerstörung von Landschaft? Dort gilt nicht 10H, dort ist die Lösung einfach umgekehrt: Die Leute müssen weg. Ich glaube nicht, dass das der Weg ist, wie man Energiepolitik richtig machen kann.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE). Gegenruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜ- NE).)
Frau Präsidentin, ich möchte jetzt nicht auf die Energiedebatte eingehen, ich habe mich eigentlich vorbereitet auf den konkreten Antrag, der seitens der Partei DIE LINKE gestellt worden ist. Dieser beinhaltet zwei Forderungen. Erstens, die Wiederherstellung der alten Rechtslage des Landesentwicklungsplanes, Teilabschnitt „Umwelt“ in der Fassung vor der Änderung im Jahre 2011. Zweitens soll gleichzeitig durch eine nicht näher bezeichnete, unbestimmte Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger vor Ort das letzte Wort haben.
Zur ersten Forderung, der Wiederherstellung der alten Rechtslage vor der Änderung im Jahre 2011. Nach Ziffer 65 des Teiles A: „Textliche Festlegungen“ des LEP, Teilabschnitt „Umwelt“ vom 13. Juli 2004, ist die Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb von Vorranggebieten für Windenergie ausgeschlossen. Wenn Ihnen diese Forderung aus
Plenardebatten bekannt vorkommen sollte, so möchte ich an das Plenum vom 15.10.2013 erinnern, als dieses Thema schon einmal Gegenstand der Diskussion war. Auch wenn die Forderungen wieder die alten sind, möchte ich zur Begründung, warum wir den damaligen Antrag abgelehnt haben, nicht einfach auf das Protokoll von damals verweisen, sondern heute, gut zwei Jahre später, eine neuerliche Bewertung vornehmen. Ich glaube, das ist angemessen, weil sich in der Zwischenzeit auch einiges geändert hat, sei es auch nur die Zahl der Windkraftanlagen, die in der Zwischenzeit auch im Saarland genehmigt und gebaut worden sind.
Was hat sich im Vergleich zu damals geändert? Zum einen können mit der Veränderung von 2011 die Gemeinden im Rahmen ihrer Planungshoheit eigenständig Flächen für die Nutzung der Windenergie außerhalb von Vorranggebieten für Windenergie im Flächennutzungsplan darstellen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, nach § 5 in Verbindung mit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Anlagen im übrigen Gemeindegebiet auszuschließen. Von der Möglichkeit der Steuerung der Windenergienutzung im Rahmen der Bauleitplanung haben die saarländischen Kommunen bisher rege Gebrauch gemacht. Mit Stand vom 31.05.2016 - Herr Kollege Kurtz hat Zahlen genannt - bestehen bereits 22 FlächennutzungsplanTeiländerungen in insgesamt 30 Städten und Gemeinden. Im Verfahren befinden sich bereits 11 weitere Flächennutzungsplanteiländerungen in weiteren 11 Städten und Gemeinden.
Ich halte es an dieser Stelle für wichtig, zunächst noch einmal zu verdeutlichen, warum diese Gesetzesänderung im Jahre 2011 überhaupt vorgenommen wurde: Zum einen hätte die weitere Einengung der Windkraft im Saarland ausschließlich auf die Vorranggebiete zur Folge gehabt, dass es im Saarland ausgeschlossen gewesen wäre, den Anteil erneuerbarer Energien an der regionalen Stromerzeugung zu steigern, was aber eine notwendige Folge des Atomausstiegs nach Fukushima war. Zum anderen sollten den Städten und Gemeinden entsprechend der nach Baugesetzbuch grundsätzlichen Privilegierung von Windenergieanlagen und dem eingeräumten Planungsvorbehalt größere Spielräume hinsichtlich der Standortsuche, der Standortsicherung und der Festlegung von ergänzenden Vorrangflächen und auch Ausschlussflächen außerhalb der landesplanerisch festgelegten Vorranggebiete im Rahmen der Bauleitplanung ermöglicht werden. Etwas also, was der Planungshoheit der Städte und Gemeinden entsprach.
Der Entwicklung von weiteren Flächen für die Nutzung von Windenergie auf Ebene der Flächennutzungsplanung der Städte und Gemeinden stand die
zuvor genannte Zielfestlegung des Landesentwicklungsplans aufgrund der Bindungswirkung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB entgegen. Die damals erfolgte Änderung des Landesentwicklungsplans folgte der grundsätzlichen Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich im Sinne von § 35 Abs. 1 Ziffer 5 BauGB in Zusammenhang mit dem Steuerungsinstrument aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Das ist der Planungsvorbehalt der Städte und Gemeinden. Durch die Privilegierung der Windenergie und der Forderung nach Schaffung von substanziellem Raum für Windenergie sollten damals, 2011, in größerem Umfang als zuvor Flächen für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung stehen. Die ausgewiesenen Vorranggebiete für Windenergie blieben bestehen, unter anderem um Repowering-Maßnahmen zu ermöglichen.