Ich würde mir jedenfalls ganz ernsthaft wünschen, dass wir uns alle noch einmal vor Augen führen, dass Sprache klar und verständlich einerseits, respektvoll, wertschätzend und unverkrampft andererseits gebraucht werden sollte. Wir sollten eine Diskussion über Sprache allgemein zukünftig problembezogen und nicht dogmatisch führen. Dem vorliegenden Antrag können wir als CDU-Fraktion jedenfalls nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Oder sollte ich lieber sagen: Meine sehr verehrten Herren, liebe Kollegen? Sie von der AfD wollen in den Schriften der Landesregierung ja keine Doppelnennungen mehr. Ihnen ist das alles zu umständlich und zu kompliziert. Es soll nur noch eine Form verwendet werden, selbstverständlich die männliche. Es ist schon bezeichnend, dass ein solcher Vorschlag aus der Fraktion der AfD kommt, die nur aus Männern besteht. Es ist auch wenig überraschend, wenn man das rückwärtsgewandte Frauenbild der AfD bedenkt. Ich will hier ganz deutlich sagen, dass dieser Antrag absolut rückschrittlich, respektlos und grober Unfug ist.
Wir wenden uns entschieden gegen die dort formulierten Vorstellungen. Wir halten die Errungenschaften der Emanzipation auch im Hinblick auf eine gendergerechte Sprache für sehr bedeutend. Sprache hat nachgewiesenermaßen einen herausragenden Einfluss auf unsere Gesellschaft. Es ist absolut richtig, dass alle Personen gleich welchen Geschlechts in unserer Gesellschaft gleichermaßen angesprochen werden. Wenn man auch die unterschiedlichen Vorschläge und Varianten einer gendergerechten Sprache diskutieren kann, so halten wir es doch für absolut untragbar, die Berechtigung der gendergerechten Sprache schlichtweg zu verneinen - und das tun Sie mit Ihrem Antrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Herren der AfD. - „Herren der AfD“ trifft den Nagel recht gut auf den Kopf, denn der Frauenanteil Ihrer Abgeordneten - Jutta Schmitt-Lang hat es eben schon gesagt - liegt bekanntlich bei null Prozent. Damit übertreffen Sie sogar noch Ihre Bundestagsfraktion. Die Ministerpräsidentin hat kürzlich Ihre mangelnde parlamentarische Mitarbeit beklagt. Wir alle bekommen das wöchentlich bei der Arbeit in den Ausschüssen mit. Von daher war ich zunächst überrascht, dass nun drei Anträge den Weg in eine Landtagsdebatte gefunden haben. Aber das ist auch alles, was man positiv anmerken kann.
In sich ist der hier vorliegende Antrag betreffend den Verzicht auf gendergerechte Sprache vor allem eine Aneinanderreihung von Mutmaßungen und der Versuch, eine Selbstverständlichkeit zu skandalisieren. Doppelnennungen wie Lehrerinnen und Lehrer oder Kolleginnen und Kollegen werden heute selbstverständlich gebraucht. Ich kann auch nicht erkennen, dass sich jemand hieran stört. Durch Ihren Verweis im Antrag auf Gender-Sternchen und so weiter versuchen Sie, Probleme zu schaffen, wo keine sind. In Gesetzentwürfen oder Publikationen der Verwaltung kommen diese jedenfalls nicht vor. Im Übrigen geht es auch nicht darum, irgendjemanden zu gängeln. Mein Eindruck ist, dass die überwiegende Mehrheit die Doppelnennung gegenüber dem generischen Maskulin bevorzugt.
Sprache reflektiert aber auch Machtverhältnisse innerhalb einer Gesellschaft. Hier hat sich das Verständnis vom Stellenwert der Geschlechter in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. In diesem Jahr jährt sich zum 100. Mal die Einführung des Frauenwahlrechts. Es waren vor allem Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die diesen Meilenstein gegen großen Widerstand erkämpft haben. Es war die Sozialdemokratin Marie Juchacz, die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, die ein knappes Jahr später als erste frei gewählte Frau im Reichstag ans Rednerpult trat - unter den höhnischen Zwischenrufen konservativer Abgeordneter.
Nach dem Krieg war es Dr. Elisabeth Selbert, auch Sozialdemokratin, die bei der Erarbeitung des Grundgesetzes für die Gleichstellung von Mann und
Frau eintrat. Man muss sich das vorstellen: Dr. Elisabeth Selbert war das einzige Mitglied des 65-köpfigen parlamentarischen Rates, das auf diese Feststellung bestehen wollte. Es folgte eine nie dagewesene Mobilisierung von Frauenverbänden, Gewerkschaften und Parteien, bis sich die Stimmung im Rat drehen sollte. So fand sich mit der feierlichen Verabschiedung auch Art. 3 Abs. 2 im Grundgesetz wieder: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
Aber auch das war nicht das Ende der Diskriminierung. Die rechtliche Verankerung der Gleichberechtigung und die Umsetzung in der Praxis klafften stark auseinander. Bis 1962 durfte die Frau ohne Einverständnis ihres Mannes kein Bankkonto eröffnen. Bis 1974 kriminalisierte § 218 alle Frauen, die abgetrieben hatten. Bis 1977 waren Frauen gesetzlich zur Führung des Haushaltes verpflichtet und durften nicht ohne Erlaubnis des Ehemannes arbeiten gehen. Bis 1997 brauchte es, dass die Vergewaltigung in der Ehe durch den Bundestag gesetzlich als Strafdelikt geregelt wurde. All diese Entwicklungen im Nachkriegsdeutschland hatten auch mit 1968 zu tun und mit mutigen Politikerinnen und Politikern, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Klar ist aber auch, dass dieser Prozess nicht abgeschlossen ist. Noch immer verdienen Frauen im Durchschnitt weniger als Männer. Dies ist nur ein Beispiel von vielen. Liebe Kollegen der AfD, im Schatten dieser emanzipatorischen Entwicklungen - lassen Sie mich das deutlich sagen - fehlt es Ihrem Antrag doch deutlich an Substanz.
Ich möchte auch nicht falsch verstanden werden. Sicherlich muss man nicht jede linguistische Neuerung aus Teilen der Genderforschung mittragen. Darum geht es uns überhaupt nicht. Man sollte aber auch nicht hinter den gesellschaftlich anerkannten Status quo zurückfallen, wie es dieser Antrag versucht. Wenn schon eine Doppelnennung unsere nationale Identität gefährdet, wie es in Ihrem Antrag steht, dann müsste es um unser Land wahrlich schlecht bestellt sein. Ich darf Ihnen als Frau versichern: Gleichberechtigung gefährdet nicht die Kulturnation und auch nicht die Männer. Deshalb, meine Herren, werden wir als Koalitionsfraktionen Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben nicht die geringste Schwierigkeit, Sie in dieser Weise zu benennen. Man kann alles übertreiben; das wissen wir alle. Das ist auch beim Vortrag von Frau Schmitt-Lang ganz schön zum Ausdruck gekommen. So weit wie in Berlin sind wir noch nicht. Und dahin wollen wir auch nicht kommen. In dieser Weise ist unser Antrag zu verstehen. Wenn Sie so scharf darauf sind, alle weiblichen und männlichen Formen immer zu nennen, dann können Sie sich über folgenden Satz Gedanken machen, der da lautet: Politiker und Politikerinnen, Säufer und Säuferinnen besoffen sich mit Jäger- und Jägerinnenmeisterund -meisterinnenlikör. Anschließend stürzten sie sich auf neue Vorschriften in gendergerechter Sprache.
Ohne Kommentar. - Ich schließe die Aussprache, weil keine weiteren Wortmeldungen eingegangen sind. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion Drucksache 16/209. Wer für die Annahme der Drucksache 16/209 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben.
Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/209 mit übergroßer Mehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt hat lediglich die AfD-Fraktion.
Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Keine ideologisch motivierte Inklusion (Drucksache 16/208)
Zur Begründung des Antrages der AfD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es schadet ja nicht, wenn man von einer Sache redet, von der man ein bisschen etwas versteht.
Um auf eben zurückzukommen: Die AfD hat die wenigsten Männer in der Fraktion von allen Fraktionen, damit das klar ist.
Ich bin 1944 eingeschult worden, wie es im Fachjargon heißt. Im Fachjargon heißt es übrigens auch „Lehrervollzeitfall“ für Lehrer und Lehrerinnen, es gibt alles. - Ich jedenfalls bin 1944 in die Schule gekommen. Das war eine Klasse mit circa 60 Schülern, alle aus einem Jahrgang. Das ist damals noch so gewesen - genau vom 01.01. bis zum 31.12. In dieser Klasse waren nur Buben, alle katholisch. In dieser Klasse war ich acht Jahre lang. Ich habe also die Inklusion selbst erfahren und zwar fast komplett, denn nur ein einziger Schüler ist nach vier Jahren zum Gymnasium übergewechselt. Er hat auch das Abitur geschafft und ist Diplomchemiker geworden. Bei mir hat es über einen Umweg auch zu akademischen Würden geführt. Aber zunächst einmal habe ich diese acht Jahre Volksschule erlebt.
Was ist da geschehen? Der Lehrer hat also versucht, mit 60 Kindern zu gleicher Zeit in allen Fächern ein Ziel zu erreichen. Das war sehr schwierig. Das hat auch nur teilweise geklappt. Von der Klasse darüber kamen nach ein, zwei oder drei Jahren einige Schüler zu uns. Von unserer Klasse sind einige Schüler nach unten durchgereicht worden, sie sind sitzengeblieben. Meistens war es bei den Kindern, die in unserer Klasse sitzen gelassen wurden, nicht von Erfolg gekrönt; sie sind aber doch in der Klasse geblieben. Man hat sie aus Altersgründen versetzt. Man hat mit der Zeit eine Abteilung 2 in der Klasse gegründet. Sie waren auf dem Abstellgleis.
Dabei war unser Lehrer kein schlechter Lehrer. Er hat sich sehr bemüht. Fakt war aber, er konnte einer Spitzengruppe in der Klasse nicht gerecht werden. Ich habe es selbst erlebt. Ich habe alles fünfmal hören müssen, was ich sowieso schon verstanden hatte. Anderen Kindern konnte er nicht gerecht werden, weil die Mittel, die er zur Verfügung hatte, um ihnen das Pensum beizubringen, für diese Kinder nicht geeignet waren und er auch nicht dafür ausgebildet war.
Den saarländischen Regierungen muss man zugutehalten, dass sie das gemerkt haben und auf dem Gebiet sehr viel unternommen haben. Es gab in den Fünfzigerjahren im Saarland nur zwei Hilfsschulen so hießen die damals. Das System wurde ausgebaut. Da habe ich als Pionier - so kann ich sagen mitgewirkt. Ich habe diese Ausbildung hinter mich gebracht und auch eine Schule gegründet. Es sind damals sehr viele Schulen gegründet worden. Zuerst hießen sie noch Hilfsschulen, nachher hießen sie Sonderschulen. Inzwischen heißen sie Förderschulen. Es sind immer andere Etiketten, die Sache ist aber ähnlich.
Es gab zum Beispiel Sonderschulen für Blinde in der starken Form der Behinderung und für Sehschwache in der schwachen Form der Behinderung. Es gab Sonderschulen für Gehörlose in der starken Form der Behinderung und für Schwerhörige in der
schwachen Form. Im kognitiven Bereich gab es die Sonderschulen für geistige Behinderte in der schweren Form der Behinderung, das ist auch nach dem Gesetz anerkannt. Es gab die Sonderschulen für Lernbehinderte. Das ist die leichtere Behinderung, das ist eigentlich keine Behinderung.
Wie das in der menschlichen Natur anscheinend so ist, war das System gut, aber man hat versucht, es immer noch weiter auszubreiten und immer noch mehr zu verzweigen. Ich sage es einmal so: Wenn jemand etwas am linken Zeh hat, dann sucht man noch fünf andere, die das auch haben, und dann gründet man für sie eine Schule. Es wurde vielleicht übertrieben.
Es kam dann eine Gegenbewegung in Gang. Sie lautete: Es muss ja nicht gerade jeder, der irgendwo nicht mitkommt, eine Sonderschule besuchen. Die kann man auch in der Regelschule beschulen und erziehen. Das Schlagwort hieß damals Integration. Ich war einer von denen, die damals bei Minister Breitenbach mitgearbeitet, haben und zwar als einziger, der nicht der Gewerkschaft, dem Elternverband oder dem Lehrerverband angehörte. Er hat mich persönlich berufen, weil er gedacht hat, dass ich da ein bisschen Ahnung habe und auch nicht ideologisch an die Sache herangehe.
Es war klar, dass der Idealfall einer integrativen Unterrichtung der ist, dass das Kind sehr leicht behindert ist und die entsprechende Sonderschule sehr weit ist. Da sagt man sich, warum muss dieses Kind diesen weiten Weg machen, es kann doch in der Schule bleiben. Das hat sich aber ausgeweitet. Da kommt die Ideologie dazu. Die heißt: Es gibt Leute, die meinen, es wäre besser, wenn alle Kinder gemeinsam dort, wo sie wohnen, in einer Schule unterrichtet werden können.
Wenn man das zum System macht und im Hinterkopf hat, die Förderschulen aufzulösen, so ist das ein Irrweg, denn da macht man etwas, was eigentlich nicht zu verzeihen ist. Ich bin sehr früh in die Sonderschule gekommen, weil man unbedingt jemanden gebraucht hat. Ich habe gedacht, ich opfere mich, und bin dort hingegangen. Es war kein Opfer. Ich habe gleich gesehen, dass es eine riesige Aufgabe ist. Dort waren Kinder, denen sehr großes Leid zugefügt worden war, und zwar nicht, weil die Lehrer so böse waren, sondern weil das System so war, wie es war.
Es ist eine Aufgabe, und wir haben es in den Sonderschulen durch eine besondere Ausbildung und die besonderen Mittel und kleinere Klassen erreicht, dass diesen Kindern erheblich geholfen werden konnte. Ich kann nur von den Schulen authentisch reden, in denen ich selber Schulleiter war, das war ich fast 38 Jahre. Bei mir haben sehr viele Kinder systematisch den Hauptschulabschluss geschafft
und fast alle Kinder haben einen Beruf ergriffen. Das heißt, das war ein großer Erfolg und der Erfolg gibt der Sonderschule immer Unrecht, denn wenn Erfolg da ist, sagt man nachher, die haben wir gar nicht gebraucht, die Kinder haben das sowieso gekonnt. Das ist aber nicht der Fall.
Vielleicht haben Sie auch das von dem Herrn Dr. Hansgünter Lang gelesen, ein CDU-Mann, persönlicher Referent von Scherer, also sicherlich ein ernsthafter und erfahrener Mann, der hat das Ganze von der Verwaltungsseite, von der rechtlichen Seite her aufgedröselt. Das will ich jetzt nicht machen. Er hat einen Gesichtspunkt nicht gebracht, den möchte ich aber hier bringen, der scheint mir wichtig zu sein. Abgesehen davon, dass der Unterricht über die Köpfe dieser Kinder in der Regelschule hinweggeht, kommt ein Punkt dazu: Das Selbstwertgefühl dieser Kinder geht auf null. Das kann ich Ihnen versichern. Die sind in unsere Schulen gekommen, die waren fertig. Bei uns sind die aufgeblüht, die haben ihr Selbstwertgefühl wiedergefunden. Sie können machen, was Sie wollen: Wenn Sie einen sehr guten Amateurfußballspieler bei Bayern München in die Mannschaft stellen, dann ist das eine Lachnummer. Der wird vom Publikum ausgepfiffen, da kann der Trainer tausendmal sagen, du warst gut, du bist prima, es nutzt nichts. Das Kind merkt, es gehört nicht in diese Schule. Aber es bekommt sein Selbstwertgefühl in der Schule für die Behinderung, wo es hingehört.
Das ist das Wesentliche. Wir haben nämlich Kinder, die sind theoretisch nicht so begabt, und die müssen die Schule, die die theoretische Begabung bevorzugt, durchhalten, bis sie nachher ins Leben entlassen werden und dann wenigstens noch eine integre Persönlichkeit sind, um dort einen Beruf zu ergreifen etc. Sie kennen ja alle die Fälle, in denen Kinder, die in der Schule nicht so erfolgreich waren, nachher im Beruf erfolgreich sind und umgekehrt. Die Förderschulen sorgen dafür, dass den Kindern kein Schaden zugefügt wird, dass sie nach ihren Anlagen ausgebildet und erzogen werden. Deshalb glaube ich, dass die meiner Ansicht nach ideologisch motivierte Inklusion - man muss ja immer Fremdwörter finden, Integration war nicht mehr gut genug, da musste Inklusion her - radikal auf den Punkt zurückgefahren werden muss, wo es sinnvoll ist, und den gibt es sicher. - Ich will dann mal hier schließen. Danke schön.