Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Ich stelle mir den jungen Studenten aus Mosambik vor, der im Ausland studieren will und auf der Suche nach Stipendienmöglichkeiten ist. Bei aller Euphorie und Liebe für unser schönes Bundesland, er wird sicher nicht automatisch nach den Stichworten Saarland, Saarbrücken und Entwicklungsstipendium suchen. Er wird viel wahrscheinlicher bei Google die Suchbegriffe Deutschland und Stipendium eingeben. Er wird auf die Seite des Deutschen Akademischen Austauschdienstes landen und dort auf eine ganze Reihe von Stipendienangeboten verschiedener Organisationen und Stiftungen hingewiesen werden, wo er sein Glück versucht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der DAAD ist dabei ein kompetenter und potenter Ansprechpartner. Gleichzeitig haben die vielen parteinahen und wirtschaftsnahen Stiftungen gewachsene Strukturen und viel Erfahrung bei der Vergabe von Stipendien auch für ausländische Studierende. Ich selbst war Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung, diese unterstützt beispielsweise mit ihrem Stipendienprogramm ganz gezielt ausländische Studierende für ein Aufbau- oder Masterstudium und Promovierende

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

an deutschen Hochschulen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Naumann Stiftung und viele andere haben ähnliche Angebote. Gerade hier haben wir, jeder einzelne von uns im Raum, die Chance und die Möglichkeit, das Gespräch mit den parteinahen Stiftungen zu nutzen, um bei dem Angebot bestimmte Länder noch stärker in den Blick zu nehmen. Sicherlich kann auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Ihrer Partei nahesteht, auch noch mehr tun. Die Wege dürften kurz sein, um das Gespräch zu suchen.

Ganz sicher können die Angebote transparenter gemacht, noch besser vernetzt und beworben werden, gerade in den ärmsten Regionen der Welt. Auch hier lohnt sich der Austausch mit den verschiedenen Organisationen und Stiftungen, um diese bei ihrer Arbeit noch stärker zu unterstützen. Allerdings ist auch das in erster Linie eine bundespolitische Aufgabe, die saarländische Landesregierung ist der falsche Adressat.

Kurz gesagt, in Ihrem Antrag ist sehr viel gut Gemeintes, und noch viel mehr haben Sie mitgedacht, wie Sie es hier dargestellt haben, der Antrag ist allerdings nicht über das Türschild hinaus bis zum Ende gedacht. Anstatt neue Strukturen zu schaffen, sollten wir vorhandene nutzen, gegebenenfalls stärken, und deshalb werden wir dem Antrag nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Christina Baltes von der SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Eine gute Ausbildung ist heute wichtiger als je zuvor. Das gilt sowohl für den Einzelnen als auch für unsere Gesellschaft insgesamt. Wissen und die Anwendung von Wissen ist das größte Potenzial, das wir hier in Deutschland haben. Dieses Wissen möchten wir natürlich auch an ausländische Studierende, die zu uns kommen, weitergeben. Eine gute Ausbildung, vor allem an den Hochschulen, bringt aber auch immer eine finanzielle Belastung mit sich. Deswegen wurde bereits 1970 das Schüler-BAföG und 1971 das Studenten-BAföG von der damaligen sozialliberalen Regierung unter Willy Brandt eingeführt. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz schreibt unter anderem fest, welche Ausbildung gefördert wird, wer die Förderung und welche Leistungen erhält. Gefördert wird zum Beispiel der Besuch von Abendhauptschulen, Abendrealschulen, Abendgymnasien und Kollegs sowie der Besuch höherer Fachschulen und Akademien, aber eben auch der Besuch von Hochschulen. Neben Studierenden aus Deutschland können auch Studierende aus dem EU-Ausland und

dem Nicht-EU-Ausland eine Förderung erhalten. Die Berechnung der zu erhaltenden Leistungen ist - wir wissen das alle - durchaus sehr kompliziert und bezieht viele Faktoren mit ein.

Mit dem BAföG für Schülerinnen und Schüler und für Studierende wurde ein umfassendes und einheitliches System der individuellen Förderung der Ausbildung in allen Ausbildungsbereichen eingeführt. Damit wurde erstmals ein Rechtsanspruch auf individuelle Ausbildungsförderung gesetzlich festgeschrieben. Ziele der sozialliberalen Regierung waren, die Herstellung gleicher Startchancen und der Abbau von Bildungsschranken. Ziele, die das BAföG nach wie vor heute noch prägen. Mit der großen Reform des BAföG 2001 unter der rot-grünen Bundesregierung wurde der Kreis der Förderberechtigten deutlich ausgeweitet. Durch die Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge sowie durch die Nichtanrechnung des Kindergeldes konnte der Empfängerkreis um rund 80.000 Förderberechtigte gesteigert werden. Nach jahrelangem Rückgang konnten so erstmals die Empfängerzahlen wieder steigen. Darüber hinaus begrenzte die rot-grüne Bundesregierung die Gesamtdarlehensbelastung auf 10.000 Euro, sodass die Menschen, die die höchste Fördersumme benötigten, seitdem nicht automatisch auch diejenigen sind, die die Ausbildung oder das Studium mit dem höchsten Schuldenberg abschließen.

Ich halte also fest: BAföG ist eine Förderung für alle. BAföG ermöglicht mehr Chancengleichheit, mehr soziale Gerechtigkeit und gleiche Startchancen. Ein Stipendium fördert dagegen immer nur eine kleine Gruppe von Studierenden und Auszubildenden. Es gibt natürlich auch eine Vielzahl verschiedenster Stipendien, aber sie sind, wie schon gesagt, auf eine kleine Gruppe, meist die Spitzengruppe, beschränkt. Mit Stipendien können eben nicht alle unabhängig ihrer Herkunft gefördert werden.

Der Grundgedanke Ihres Antrags, Herr Lafontaine, ist aber nicht schlecht. Darüber hinaus frage ich mich, warum Sie den Antrag auf die afrikanischen Staaten beschränken. Natürlich gibt es auf diesem Kontinent die am wenigsten entwickelten Länder, aber in Asien oder anderen Teilen der Welt gibt es weitere Staaten, die als am wenigsten entwickelte Länder gelten wie zum Beispiel Haiti oder Myanmar.

Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, ist nicht ausgereift. Wir können doch nicht Menschen aus Afrika anwerben, ihnen eine Ausbildung bezahlen und sie nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung zwingen, in ihr Heimatland zurückzukehren. Wie stellen Sie sich das vor? Ihr Antrag springt einfach zu kurz. Der Aufbau von Kompetenzen in den am wenigsten entwickelten Ländern erfolgt nicht über ein Saarland-Entwicklungsstipendium. Natürlich müssen vor Ort die jeweiligen Kompetenzen aufgebaut werden, aber das

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

kann man nicht isoliert von allem betrachten. Entwicklungszusammenarbeit kann ja nicht erst mit dem Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums einzelner Menschen starten und mit dem jeweiligen Abschluss enden. Wenn dem so wäre, wäre Entwicklungszusammenarbeit ziemlich einfach. Nein, Entwicklungszusammenarbeit ist sehr viel mehr.

Am Ende der letzten Legislaturperiode wurden einstimmig die entwicklungspolitischen Leitlinien des Saarlandes verabschiedet. Sie erinnern sich bestimmt. Damit wurde die Grundlage für die Entwicklungszusammenarbeit des Saarlandes gelegt. Ein Teilbereich der Leitlinien bezieht sich auf Forschung und Lehre, aber eben nur ein Teilbereich. Entwicklungszusammenarbeit bedeutet wirtschaftliche Zusammenarbeit, Agrarpolitik und noch vieles mehr. Sie sehen, Entwicklungszusammenarbeit ist eine Querschnittsaufgabe und nicht auf den Bereich Ausbildung und Studium zu begrenzen. Damit die Entwicklungszusammenarbeit des Saarlandes auch gelingen kann, sind im Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2019 96.000 Euro und für das Jahr 2020 noch einmal 10.000 Euro mehr eingestellt.

Meine Damen und Herren, nichtsdestotrotz ist BAföG auch einem ständigen Anpassungsprozess ausgesetzt. Nach der Reform 2001 stiegen die Empfängerzahlen zunächst wieder an, der Höhepunkt war im Jahr 2012 mit rund 671.000 Studierenden, die BAföG erhielten. Leider sinken die Zahlen seither wieder; 2007 waren es nur noch 556.000. Diesem Trend gilt es, entgegenzuwirken. Die Einkommensgrenze für BAföG-Bezug muss gesenkt werden. Während die Löhne in den vergangenen Jahren gestiegen sind, wurde die Grenze für die Inanspruchnahme von Leistungen nicht angehoben. Wir brauchen auch eine Anhebung der Altersgrenzen und flexiblere Förderansprüche, zum Beispiel für Teilzeitstudien oder Weiterbildungsmaster.

Wie ich heute in der SZ lesen konnte, soll der BAföG-Satz wieder deutlich steigen. Die individuellen Bedarfssätze sollen bis 2020 um 7 Prozent ansteigen. So kann ich es nur für positiv befinden, dass zukünftig wieder mehr Schülerinnen und Schüler und Studenten Anspruch auf BAföG erhalten. Zurzeit sind bei uns knapp 4.400 ausländische Studierende, davon erhalten 858 BAföG. Die Ausbildungsförderung für Auszubildende und Studierende in Deutschland folgt dem Prinzip, für alle die gleichen Startchancen zu bieten und Bildungsschranken abzubauen. Stipendien dagegen sind Förderungen für kleine Gruppen von Auszubildenden und Studierenden. Der Aufbau von Bildungsschranken ist definitiv nicht in unserem sozialdemokratischen Sinne, deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall von der SPD.)

Das Wort hat der Abgeordnete Rudolf Müller von der AfD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten ursprünglich vor, diesen Antrag abzulehnen, weil wir natürlich die Argumente kennen, die vorgetragen worden sind, eben von Frau Baltes und von Frau Schmitt-Lang: Es gibt schon jede Menge Stipendien, es gibt dies und das und jenes, man muss es nur beantragen. Es ist zwar kompliziert, aber man muss es dann halt schaffen.

Aber was Herr Lafontaine vorgetragen hat, hat uns doch bewogen, unsere Einstellung zu überdenken. Es ist allgemein bekannt, dass sich die Lage in der Welt wesentlich verändert hat, was die Migrationsströme betrifft, was den Anreiz betrifft, was der Anlass dazu ist. Was gesagt worden ist, geht grundsätzlich in unsere Richtung. Man sollte so weit wie möglich vor Ort helfen. Auch wenn es immer nur Einzelne sind, die hier gefördert werden können. Ja, warum denn nicht Einzelne? Einzelne können auch vor Ort sehr viel bewirken. Auch Albert Schweitzer war ein Einzelner vor Ort, und er hat eine riesige Wirkung entfaltet. Man kann mit solchen Dingen, die von der LINKEN vorgeschlagen worden sind, auch viele Einzelne auf den Weg bringen und an Ort und Stelle helfen.

Der springende Punkt bei dieser ganzen Sache ist das ist in diesem Antrag auch angesprochen worden - die zwingende Rückkehr. Wie will man jemanden in unserem Rechtssystem, wenn er erstmal da ist, dazu bringen, tatsächlich wieder zurückzukehren? Er hat ja eine Ausbildung erhalten, die viele Zehntausende Euro wert ist, und dann gefällt es ihm halt hier vielleicht doch etwas besser. Diese Regung ist menschlich verständlich. Aber warum sollte es nicht möglich sein, eine Regelung zu installieren, wonach genau das hundertprozentig festgelegt werden soll? Wenn hier ein Anstoß in diese Richtung gebracht wird, dann weiß ich, dass das natürlich schwierig ist. „Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ew‘ge Krankheit fort; sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte und rücken sacht von Ort zu Ort.“ - Ich könnte noch weiter zitieren, das ist Goethe vor 200 Jahren.

Daran liegt es aber. Wir haben hier ein neues Problem, ein großes Problem, dem man mit entsprechend großen und bedeutenden und neuen Maßnahmen entgegentreten sollte. Insofern ist das, was hier genannt worden ist, ein wertvoller Anstoß für eine wichtige Diskussion. Aus diesem Grund werden wir diesem Antrag jetzt doch zustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD.)

(Abg. Baltes (SPD) )

Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der DIE LINKE-Landtagsfraktion Oskar Lafontaine.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz ein Eingehen auf die vorgetragenen Argumente, zunächst zu dem Sprecher der AfDFraktion. Nun wird die eine oder der andere feixen, dass die AfD-Fraktion diesem Antrag zustimmt. Ich hatte darauf hingewiesen, dass alle Parteien den Ansatz verfolgen, einschließlich der AfD im Deutschen Bundestag, Fachkräfte nach Deutschland anzuwerben. Dies sei eine Zuwanderung, die unsere Wirtschaft fördert, daher sei sie im Grundsatz zu begrüßen. Das findet sich auch im Programm der AfD. Ich gehöre ja zu denen, die Zeit haben, noch Programme politischer Parteien zu lesen und sorgfältig zu prüfen, um argumentationsfähig zu sein. Insofern ist es erstaunlich, dass die AfD-Landtagsfraktion sagt, hier ist ein richtiger Ansatz, der uns dazu gebracht hat, unsere Auffassung zu ändern.

Ich habe zudem mit Interesse wahrgenommen, dass die Kollegin der CDU-Fraktion, Frau Schmitt-Lang, als Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung festgestellt hat, dass es ein richtiger Gedanke sei, aber dass der Antrag nicht ausformuliert sei. Das habe ich selbst gesagt, ich habe Ihnen gesagt, wir wissen um die Problematik, die in dieser Durchführung steckt. Ich habe aber auch gesagt, uns kommt es darauf an, Frau Kollegin, dass das überhaupt mal diskutiert wird. Dieser falsche Weg, der von allen Parteien eingeschlagen wird, das war unser Anliegen. Ich habe nicht den Anspruch, irgendeinen Vorwurf zu machen. Ich habe bewusst gesagt, es geht einfach nur darum, diesen Gedanken noch einmal in die politische Debatte einzuführen. Insofern begrüße ich, dass Sie zumindest den Gedanken unterstützt haben.

Wenn man schnell handeln könnte in diesem Parlament, hätte ich gesagt, wir machen einen gemeinsamen Antrag für den Bundesrat; Sie sagen ja, das ist eine Angelegenheit der Bundespolitik. Ja, so kann man auch arbeiten, weil der Bund natürlich mehr bewirken kann, das ist überhaupt keine Frage. Wenn Sie den Gedanken aufnehmen, dann begrüße ich das. Dafür sind ja Debatten da! Es geht nicht darum, irgendeinen auf die Anklagebank zu setzen oder von vorneherein zu sagen, du bist der Böse, wir sind alleine die Guten. Mir geht es um die völlige Fehlentwicklung der Debatte.

Ich will auch der Kollegin der SPD-Fraktion, Frau Baltes, sagen, es geht nicht darum, irgendwelche Schranken aufzubauen. Die Schranken, die die Welt bestimmen, sind die Schranken des Wohlstandsgefälles, die enorm sind und schließlich dazu führen, dass, wenn jemand aus Afrika gut ausgebildet ist

und er ein Angebot hat, hier für ein paar Tausend Euro zu arbeiten, er sich nicht unbedingt überlegt, ich gehe für ein paar Hundert Euro wieder zurück. Was sind unsere Werte? Was ist der Hippokratische Eid? Was sagen wir denen, die ich hier genannt habe, die Saarländer, die hier vor Ort Leute ausbilden und sich dann wundern, dass plötzlich eine Pflegekraft oder ein Mediziner, jetzt wieder, der der Verlockung der besseren Bezahlung erliegt, sage ich mal. Ich habe das auch gar nicht moralisch anmaßend vorgetragen. Ich begrüße, dass die Debatte wenigstens Teilerfolge hatte. Ich habe nur gesagt, wir sollten uns überlegen, ob wir unsere Migrationsdebatte in die richtige Richtung führen.

Ich habe deswegen bewusst einen christlichen Anspruch vorgetragen, denn das christliche Motiv ist ja die Tradition der Missionsmediziner, die gesagt haben, sie gehen in arme Länder, um den Menschen dort zu helfen. Das verträgt sich überhaupt nicht mit unserem Beschäftigungsnationalismus. Deswegen habe ich in einem Interview einer französischen Zeitung einmal gesagt, das ist eine Art Neokolonialismus. Denn auch dort läuft die Debatte so. Man redet nur davon, wie man die gut ausgebildeten Arbeitskräfte in unserem Lande verwerten kann. Das ist eine völlige Fehlentwicklung der öffentlichen Debatte. Insofern glaube ich, dass die Debatte hier im saarländischen Landtag nicht ganz umsonst war. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Stefan Thielen von der CDU-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lafontaine, mit Ihren letzten Worten hat sich schon fast erledigt, was ich sagen wollte, dass wir nämlich bei diesem wichtigen Punkt weiter im Gespräch bleiben sollten. Ich bin sehr dankbar dafür, wie die Debatte von allen Fraktionen geführt worden ist. Die Probleme wurden präzise benannt. Ich denke, das ist ein fruchtbarer Schritt, der uns hilft, Lösungen zu finden für uns, vor allen Dingen aber auch für die Menschen in den angesprochenen Ländern.

Warum wir gegen den Antrag stimmen, wurde schon ausgeführt. Ich möchte es aber noch einmal auf den Punkt bringen. Es gab einige Aspekte, denen wir nicht zustimmen können, weil sie zu ungenau sind, weil vielleicht später auch finanzielle Ansprüche daran hängen, die das Ganze sehr schwierig machen würden. Wir sprechen zum Beispiel von den „Least Developed Countries“, aber die Länder Asiens sind zunächst einmal ausgeschlossen. Wir müssen aber

auch über Afghanistan, Bangladesch und so weiter reden. Da kommen wir also im Moment nicht weiter. Selbst wenn wir das jetzt abändern würden, wäre der Antrag eher eine Krücke. Deshalb sollten wir das zurzeit lieber lassen. Probleme habe ich auch ein wenig mit dem Begriff Beschäftigungsnationalismus. In diesem Punkt sollte man vielleicht noch einmal debattieren. Ich glaube, das ist in dieser Sache vielleicht die falsche Fragestellung.

Sie haben angesprochen, dass Sie aus der Debatte der 1980er Jahre kommen. Ich habe mich im Studium sehr stark mit dem Thema der 1880er Jahre beschäftigt, das Jahrzehnt mit der größten Migration aller Zeiten. Wenn man sich die Fragen anschaut, die damals maßgebend waren, so sieht man, dass es in vielen Teilen die gleichen wie heute sind. Es kann sehr weiterhelfen, wenn man sich genau anschaut, wie damals in Deutschland diskutiert worden ist, als die gut ausgebildeten Menschen in großen Massen in die USA gezogen sind. Wie wurde das Land zurückgelassen? Wer sollte hier die Arbeit machen? Schon damals, in dieser Zeit war es ein Brain Drain. Das wurde damals auch sehr kritisch aufgenommen. Man muss immer sehen, welche Faktoren entscheidend waren. In Migrationsfragen gibt es immer Push- und Pull-Faktoren. Wir sollten das ganze Thema noch einmal angehen, aber eine Frage bleibt: Wenn wir die Menschen ausbilden und sie danach in ihre Länder zurückgehen, dann sind wir trotzdem nicht davor gefeit, dass zum Beispiel die USA diese hoch qualifizierten Personen abgreifen. Andere Länder können auf sie zugreifen und sie für sich abwerben. Deswegen müssen wir schauen, wie wir das weiter bearbeiten.

Beim Thema Bundesrat bin ich etwas skeptisch. Ich habe den Eindruck, das würde alles eher verwässern. Mein Vorschlag geht dahin, die Debatte in dieser Sache im Ausschuss zu führen, vielleicht in den nächsten Monaten, und sich anzuschauen, was wir als Saarland an Besonderem haben und wie wir das angehen können. Wir haben doch eine große Frankreichkompetenz, vielleicht konzentrieren wir uns auf einzelne französischsprachige afrikanische Länder. Das wäre doch ein Ansatzpunkt. Vielleicht konzentrieren wir uns auch auf die Themen, in denen wir schon stark sind. Ich habe schon einmal angesprochen, dass die Handwerkskammer in der Entwicklungshilfe in Dschibuti, auch eines der ärmsten Länder der Welt, sehr engagiert ist und dort Kontakte aufgebaut hat. Denn im Endeffekt muss man eines sagen: Ein gut ausgebildeter Handwerker hilft diesen Ländern teilweise mehr als vielleicht ein Rocket Science Engineer, um einmal einen Fachbegriff zu verwenden, oder jemand, der im CISPA eine perfekte Ausbildung zum Sicherheitstechniker für Computerfragen gemacht hat. Wir sollten das Thema also noch einmal aufnehmen. Wir sind jederzeit offen

für eine Diskussion in den Ausschüssen. - Ich bedanke mich für die Debatte.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Sebastian Thul von der SPD-Landtagsfraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Fraktionsvorsitzenden der LINKEN ebenfalls dankbar, dass er das Thema Entwicklungshilfe aufgerufen hat. Wir sind uns in vielen Fragen in Sachen Entwicklungshilfe einig, ich glaube aber, dass Sie in Ihrem Antrag mit den paar Stipendien, die wir hier von Landesseite vergeben wollen, ein falsches Instrument gewählt haben. Sie haben eben von der Politik für „the few“ und nicht „for the many“ gesprochen. Die Stipendien sind aber gerade nur für wenige. Wir reden also nur über fünf bis zehn Studierende, denen wir konkret helfen können und die wir dann vertraglich - oder aber auch nicht - dazu bewegen können, wieder in ihr Heimatland zurückzukehren, um dort etwas für die Infrastruktur und den Aufbau zu tun.

Ich will noch einige Fakten in die Debatte einbringen. Zum einen hat die Universität des Saarlandes mit Abstand die meisten ausländischen Studierenden. Darauf sind wir auch sehr stolz. Auch an unseren künstlerischen Hochschulen, insbesondere an der HfM, studieren viele ausländische Studierende, die in den Genuss unseres Bildungssystems kommen. Ich bin froh darüber und stolz, denn sie bereichern dieses Land. Wir sind gerne bereit, unsere Kapazitäten an der Universität des Saarlandes und an den künstlerischen Hochschulen dafür bereitzustellen. Ich bin aber auch der Überzeugung, dass wir die Bildung gebührenfrei halten sollten, und das gelingt am besten über das BAföG. Denn das BAföG ist der Garant für die Gerechtigkeit, dass jeder unabhängig studieren kann. Ich glaube, wenn wir etwas für die Studierenden, auch für die ausländischen Studierenden tun wollen, dann ist die BAföG-Erhöhung auf Bundesebene ein guter Schritt dafür. Außerdem wäre es ein guter Schritt, wenn wir über Wohnraum für ausländische Studierende nachdenken. Das ist eine weitere große Baustelle, die wir im Land noch vor uns haben.

Wenn all dies erfolgt ist, haben wir sehr viel für diesen Personenkreis getan, ohne sie zu zwingen, in ihr Heimatland zu zurückkehren. Denn das widerstrebt mir persönlich ein bisschen. Sie haben eben vom Hippokratischen Eid bei den Syrern gesprochen. Ich will keinem Menschen vorschreiben, in einem Kriegsgebiet zu bleiben, egal ob er Arzt ist oder nicht. Das widerstrebt mir. Das kann man doch von

(Abg. Thielen (CDU) )

keinem Menschen erwarten. Deswegen glaube ich auch, dass man diese Menschen vertraglich nicht zwingen kann. Wir wissen nicht, wie sich die Strukturen in den Herkunftsländern in der Zeit entwickeln, in der die Studierenden hier sind. Vielleicht herrscht ein neuer Bürgerkrieg in ihrem Heimatland in der Zeit, in der sie hier studieren. Dann wollen wir mit Hinweis auf einen Vertrag, der vor vier Jahren abgeschlossen wurde, sagen: Du hast den Vertrag unterschrieben, geh zurück, egal ob Bürgerkrieg ist oder nicht? - Das widerstrebt mir und deswegen kann ich nur dagegen sein.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Was wir oft nicht sehen - Ihre Partei hat dazu auch ein etwas ambivalentes Verhältnis -, ist, dass wir natürlich vor Ort helfen, Strukturen aufzubauen. Ich will die Ausbildung von Sicherheitskräften in Afghanistan ansprechen. Das sind Auslandseinsätze, bei denen wir Ausbildungsmissionen machen. Oftmals regt sich Widerstand, insbesondere von der Linkspartei, wenn es darum geht, dort unten auch in dieser Art und Weise dafür zu sorgen, dass diese Länder wieder sicher sind und wir nicht ständig präsent sein müssen. Ich will auch darauf hinweisen, dass in dieser Debatte oft nicht gesehen wird - auch die AfD blendet das immer wieder aus -, dass die meisten Flüchtlinge gar nicht hierherkommen, sondern dass sie gefangen sind in den Flüchtlingscamps. Es wurde erwähnt: In diesen Camps werden sie mit 50 Cent abgespeist und leben im Elend. Mein Ansatz ist es eher, anstatt 40 dieser Menschen hierherzuholen, sollten wir lieber dafür sorgen, dass sie schon in den Camps die Möglichkeit haben, ausgebildet zu werden, während sie darauf warten, irgendwo Asyl zu finden. Das könnte ein guter Ansatz sein, damit die Menschen gar nicht erst dazu gezwungen sind, ihr Heimatland und ihre Umgebung zu verlassen.