Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es freut mich natürlich, wenn hier zu hören ist, dass wir uns über die Einführung des Gesundheitsfonds, wie auch der Sinnhaftigkeit, tatsächlich miteinander fast einig sind, dass der Zeitpunkt wohl nicht der richtige ist.
Aber es ist schon erstaunlich, Frau Strempel, wie viel Ignoranz Sie der Parlamentsarbeit hier entgegenbringen, wenn Sie der Meinung sind,
dass ein Beschluss des Landes-CDU-Parteitages doch ausreichen würde, um die entsprechende Meinung Sachsens zu verdeutlichen.
Ich weiß ja, dass Politiker vergesslich sind. Deshalb möchte ich Sie noch mal erinnern: Im Juli 2006 führte ich hier die Aktuelle Debatte zum Wettbewerbsstärkungsgesetz, in der der Gesundheitsfonds schon ein Thema war. Da hieß es, wir wären viel zu früh, wir würden den Teufel an die Wand malen, das wäre doch alles nichts. Jetzt sind wir plötzlich zu spät. Wahrscheinlich kann man hier in der Politik in Ihrer Zeitrechnung nie zum richtigen Zeitpunkt kommen, denn den haben Sie grundsätzlich gepachtet.
Warum reden wir gerade jetzt darüber? Gerade jetzt wird deutlich, welche Krankenkassenbeiträge eventuell im nächsten Jahr auf uns zukommen. An diese war vor eineinhalb Jahren noch gar nicht zu denken. Da waren schon 14 % hochgegriffen, als ich damals die Debatte führte. Jetzt sind wir bei errechneten 15 oder 15,5 %. Deshalb ist es heute so wichtig, die gesamte Meinung aus Sachsen zu bündeln und letztlich Ihnen, Frau Orosz, mit auf den Weg zu geben; denn Sie haben das Problem ja hier sehr gut analysiert und die Folgen für Sachsen genannt. Jetzt heißt es ja gerade zu sagen, die Parlamentarier aus Sachsen stehen parteiübergreifend dazu, um Sie im Bund an dieser Stelle mit zu unterstützen.
Wir stehen natürlich zum Solidaritätsprinzip – dazu haben wir auch bisher gestanden –, denn selbst wenn die Krankenkassen nur die Hochverdiener und die Gesunden in der Kasse hatten, gab es schon einen Risikostrukturausgleich. Natürlich stehen wir weiter dazu. Aber heißt denn Solidarität automatisch gleiche Beitragssätze? Ich glaube, das ist an dieser Stelle damit nicht gemeint. Bürokratiemonster oder Geldsammelstelle hat Frau Herrmann das genannt. Ich finde das wirklich sehr schön; denn selbst der Vorsitzende der Ersatzkrankenversicherungsverbände, Herr Ballast, meinte, es sei ein riesiger bürokratischer Aufwand. Er findet es bemerkenswert, dass die Bundesregierung Bürokratie abbauen und gleichzeitig ein Bürokratieaufblähungsprogramm umsetzen will. Diese Aussage hat es noch einmal ganz deutlich auf den Punkt gebracht.
Ein letztes Wort, um vielleicht auch Sie, Frau Herrmann, und Ihre Kolleginnen und Kollegen, doch für unseren Antrag im zweiten Punkt zu überzeugen. Wettbewerb der Kassen heißt für uns Effizienz in der Verwaltung, heißt für uns, auch Systeme weiter zu verfolgen – ich denke an integrierte Versorgung –, und heißt natürlich auch, dem Pharmaziebereich und dem Medikamentenverbrauch genauer auf die Finger zu schauen. Vielleicht überzeugt Sie das an dieser Stelle. Ich kann nur noch einmal ganz deutlich für unseren FDP-Antrag werben.
Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen. Wir beginnen mit der Drucksache 4/11472, dem Antrag der Linksfraktion. Wer diesem Antrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 4/11816, Punkt 1, auf. Wer möchte dem Punkt 1 seine Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Punkt 1 dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe vom gleichen Antrag den Punkt 2 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei 2 Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dafür ist der Punkt 2 mit sehr großer Mehrheit abgelehnt worden.
Für eine langfristige Existenzsicherung der sächsischen Milchwirtschaft – Unterrichtung des Sächsischen Landtages durch die Staatsregierung über die Zukunftsperspektiven der sächsischen Milchwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bekanntlich haben die Discounter Aldi, Lidl und andere den Verkaufspreis für Milch und Milchprodukte um bis zu 20 % gesenkt und damit auch eine kurzfristige Absenkung der Milcherzeugerpreise um bis zu 10 Cent pro Liter verursacht. Es wird sogar erwartet, dass die Erzeugerpreise weiter absinken und in der nächsten Zeit bei 28 Cent pro Liter landen werden. Dass dies zu Protesten bei Milcherzeugern führt, wie jetzt in Leppersdorf und anderswo geschehen, ist verständlich. Verständlich ist andererseits natürlich auch, dass die Preisnachlässe von vielen Konsumenten begrüßt werden, besonders von Familien aus dem Niedriglohnsektor oder Hartz-IV-Beziehern, deren Haushaltskasse vorerst spürbar entlastet wird. Ihnen kann man es nicht verdenken, dass sie sich über billigere Grundnahrungsmittel freuen. Die entscheidende Frage ist nur, wie lange sie sich darüber freuen dürfen.
Um diese Frage zu beantworten, muss man vor dem Hintergrund der die globalen Märkte beherrschenden Agrarpolitik die betriebswirtschaftliche Lage der circa 1 200 sächsischen Milcherzeuger kritisch untersuchen und eine möglichst realistische Prognose für ihre mittel- und langfristige Überlebensfähigkeit aufstellen. Sollte das Ergebnis dieser Analyse wenig ermutigend sein – das befürchte ich –, so hielte ich es für selbstverständlich, dass eine verantwortungsbewusste Regierung einen Plan ausarbeitet, einen Plan nämlich, wie die heimische Milcherzeugung bzw. die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden und einheimischen Milchprodukten langfristig gesichert werden kann, und zwar ganz gleich, welche gesetzgeberischen Konsequenzen sich zur Realisierung der notwendigen Schritte am Ende als erforderlich herausstellen.
Genau dieses Anliegen verfolgen wir mit dem vorliegenden Antrag. An seiner Dringlichkeit kann es angesichts der sich rasch verschlechternden internationalen Nahrungsmittelsituation meines Erachtens keine echten Zweifel geben; denn eines sollte allen Anwesenden klar sein: In der Zukunft wird es einen noch gnadenloseren weltweiten Kampf um Energie, Rohstoffe und leider eben auch um Lebensmittel geben. Hierzu zunächst ein paar Fakten:
In drei Jahren sind die Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel um 80 % gestiegen. Seit acht Jahren werden mehr Nahrungsmittel weltweit verbraucht, als die Welt produziert. Die Speicher sind auf einem historischen Tiefstand. Die landwirtschaftlichen Erträge steigen derzeit
im Schnitt nur um 1 %, während zur Befriedigung der Nachfrage das Drei- bis Sechsfache erforderlich wäre. China plant den Ankauf von Ackerland in Afrika und Südamerika, wozu zur Bewirtschaftung chinesische Landarbeiter angesiedelt werden sollen.
Indien und Kambodscha erließen Exportverbote für Reis, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Gleichzeitig verstärkt die internationale Finanzwirtschaft die Spekulationen, die Turbulenzen an den Agrarmärkten. Der Finanzgigant ANB AMRO zum Beispiel wirbt seit Anfang März für ein Zertifikat, mit dem auf einen steigenden Reispreis gewettet werden kann. – So weit und kurz zur allgemeinen Lage auf den internationalen Agrarrohstoffmärkten, meine Damen und Herren.
Beachtlich sind insbesondere die unmittelbaren Folgen für unsere Landwirtschaft und nicht zuletzt für die Milchviehhaltung. Diese sind vor allem von den explodierenden Preisen für das Leistungsfutter betroffen. So ist zum Beispiel allein im vergangenen Jahr der Preis für Sojaschrot um 78 % gestiegen, und ohne Sojafutter geben unsere hochgezüchteten Milchkühe, etwas zugespitzt formuliert, so gut wie keine Milch mehr. Insgesamt haben sich die Ausgaben für Futtermittel in den letzten 15 Monaten ungefähr verdoppelt.
Das muss man vor dem Hintergrund sehen, dass diese Kosten schon vorher mit 6 Cent an den Gesamtkosten für einen Liter Milch beteiligt waren. Es ergeben sich also für die Milcherzeuger allein durch die gestiegenen Futtermittelkosten Mehrkosten in der besagten Größenordnung, das heißt, etwa 6 Cent pro Liter Milch. Hinzu kommen die immer stärker werdenden Schwankungen sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite. Wenn man in diesem Zusammenhang von Volatilität spricht, so geschieht das in bewusster Anlehnung an die außer Rand und Band geratenen internationalen Finanzmärkte, von denen sich die Agrarmärkte leider immer weniger unterscheiden.
Wenn diese Schwankungen rentable Betriebe treffen würden, die langfristig eine stabile Eigenkapitalbildung aufwiesen, wäre die Lage nicht so schlimm. Aber dies trifft für unsere sächsischen Milcherzeuger – trotz ihres Größenvorteils gegenüber den süddeutschen Familienbetrieben – in der Regel leider nicht zu. Das, meine Damen und Herren, kann man verhältnismäßig einfach nachweisen, denn laut zuverlässigen Aussagen aus landwirtschaftlichen Fachkreisen liegen die Vollkosten des oberen, das heißt des am wirtschaftlichsten arbeitenden Drittels der sächsischen Milchbetriebe bei etwa 35 Cent pro Liter verkaufter Milch. Dieser Erlös pro Liter Milch ist also erforderlich, um die laufenden variablen Kosten für die Milcherzeugung zu bezahlen und zusätzlich einen De
ckungsbeitrag zu erwirtschaften, mit dem die Fixkosten und die anteiligen Gemeinkosten abgedeckt sind. Beim unteren Drittel der Betriebe liegt die Erlösgrenze natürlich entsprechend höher als bei 35 Cent pro Liter.
Betrachtet man hierzu die tatsächliche Erlössituation, so muss man bedauerlicherweise Folgendes feststellen: Im April 2008 erlösten die sächsischen Milcherzeuger im Durchschnitt der Regionen keine 35 Cent, sondern lediglich 33 Cent pro Liter Milch. Das heißt im Klartext: Derzeit haben bereits die besser arbeitenden Betriebe deutlich höhere Kosten als Einnahmen pro verkauften Liter Milch, von den schlechteren erst gar nicht zu reden. In einigen Regionen, wie in Ostsachsen oder im Westerzgebirge, betrug der Auszahlungspreis im April sogar nur 30 Cent pro Liter, wodurch der kostendeckende Preis um mindestens 5 Cent, meist sogar um mehr, unterschritten wurde.
Meine Damen und Herren! Als NPD-Fraktion stehen wir für den Erhalt der ländlichen Regionen und eine flächige Landwirtschaft in Sachsen. Nachdem in Sachsen 25 % der landwirtschaftlichen Umsätze bei der Milchwirtschaft entstehen, gehört die Existenzsicherung der Milchbetriebe selbstverständlich dazu. Gerade diese Betriebe sind, wie soeben ausgeführt, nach unserer Einschätzung akut gefährdet. Sie befinden sich in einem Zangengriff zwischen jahrelanger nicht kostendeckender bzw. gerade noch kostendeckender Produktion einerseits und den von der Weltmarktentwicklung und agrarpolitischen Beschlüssen verursachten extrem zunehmenden Schwankungen bei Kosten und Erlösen andererseits.
Dass Betriebe, die ohnehin an der Rentabilitätsgrenze arbeiten, nicht in der Lage sind, innerhalb von eineinhalb Jahren Kostensteigerungen bis zu 100 % und Einnahmeschwankungen bis 50 % zu verkraften, ist eine Binsenweisheit. Solche Preisverschiebungen sind aber seit Anfang 2007 zu verzeichnen gewesen und es wird aller Voraussicht nach auch so weitergehen, denn ein Ende der Futtermittelpreissteigerungen ist nicht abzusehen. An die in den letzten Monaten erlebte Achterbahn der Milchpreise werden wir uns nach einhelliger Meinung aller einschlägigen Fach- und Branchenspezialisten wegen der Globalisierung der Agrarmärkte ebenfalls leider gewöhnen müssen.
Ich fasse also zusammen: Durch die Kombination systembedingter grenzwertiger Rentabilität, extrem steigender Kosten und ebenso extrem schwankender Erlöse wird sich für einen Großteil der sächsischen Milchbetriebe über kurz oder lang, wenn es so weitergeht, die Existenzfrage stellen.
Mit unserem Antrag wollen wir zunächst nichts anderes erreichen, als dass die Staatsregierung diese allgemeine Situation zum Gegenstand einer sorgfältigen und vor allem auch realistischen Gefahrenanalyse macht – am besten in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Landwirtschaft, der Molkereien, des Einzelhandels und der Konsumenten – und anschließend das Ergebnis dem Landtag und der Öffentlichkeit vorlegt. Ich bitte Sie recht
Danke schön. Das war die einreichende Fraktion. – Es spricht jetzt Herr Abg. Heinz von der CDU-Fraktion; er spricht gleichzeitig für die Koalition.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man fragt sich: Was ist los bei der NPD? Sie, die sonst das Nationale, das Deutsche hochhält, verwendet in diesem Fall bei der Antragsbegründung Anglizismen und dies natürlich noch in völlig falscher Übersetzung. So wird versucht, von der Staatsregierung „realistische Eckwerte/Worst-Case-Analysen“ zu bekommen. „Das eine hat mit dem anderen so viel zu tun wie Lakritze und Zuckerwatte“, wurde dieser Tage gesagt. „Worst Case“ ist, meine Damen und Herren von der NPD, der schlimmste, der ungünstigste Fall. Ich könnte Ihnen hier eine Eselsbrücke auf Sächsisch bauen: Das ist dann der Fall, in dem alles wurst ist.
In Anbetracht der Antragsstellerin möchte ich den inhaltlichen Teil relativ kurz halten. Die Herausforderungen, vor denen unsere Milchwirtschaft steht, wurden bereits in der Drucksache 4/2389 beleuchtet und im Oktober 2005 in diesem Hause ausgiebig diskutiert. Natürlich gibt es Probleme bei der Überführung von politisch begrenzten Mengen von der Produktion hin zu Anforderungen auf eine Produktion, die der Markt aufnimmt und abnehmen kann. Das bedeutet für unsere sächsischen Erzeuger, die in der Regel über gute Strukturen verfügen, den Betriebszweig zu analysieren. Dazu gibt es ausreichend und gute Kalkulationsprogramme, die man auf den Internetseiten des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft nachlesen kann.
Das bedeutet, sich gegebenenfalls durch Investitionen fit zu machen. Ich möchte hier auf unsere Investitionsförderprogramme verweisen, mit denen Förderungen in dem Betriebszweig in benachteiligten Gebieten von 40 bis 50 % möglich sind. Das bedeutet aber auch, dass wir eine weitere Aufgabe vor uns haben, nämlich die gestiegenen Kosten an die Verbraucher weiterzugeben. In den benachteiligten Gebieten wird es besondere Hilfen geben müssen. Daran wird gearbeitet.
Ich möchte des Weiteren darauf hinweisen, dass es noch Reserven bei der Vermarktung der Milch gibt. Diese auszunutzen sollte sich darin ausdrücken, dass auch die Landwirtschaft ihre Vermarktungsstrukturen denen des Lebensmitteleinzelhandels anpasst. Das heißt, dass dort mehr Mengen gebündelt werden müssen, um mit den Einzelhandelskonzernen auf Augenhöhe verhandeln zu können.
Mit unseren Molkereien in Sachsen haben wir weniger Probleme. Dort erfolgt bereits eine sehr hohe Veredlung
zu hochwertigen Lebensmitteln und es wird wenig für die Intervention produziert, sprich: Milchpulver oder Butter.
Ich möchte noch kurz auf den Antrag eingehen, den wir selbstverständlich ablehnen werden. Das, was Sie von der Staatsregierung verlangen, ist schlicht und ergreifend nicht möglich und selbst Wirtschaftsnobelpreisträger würden hier verzweifeln. Ich möchte mal einen Punkt zitieren. Es wird verlangt: „eine Abschätzung der WorstCase-Milchbetriebseinstellungs- bzw. Insolvenzentwicklung bei den möglichen von den internationalen Märkten bestimmten Schwankungszyklen für den Milchpreis unter Berücksichtigung einerseits der Ergebnisse von a) bis e), andererseits der maximal anzunehmenden Schwankungsbreiten und Schwankungsdauern oder alternativ der möglichen längerfristigen Trends“.