Das tut mir leid. Ich habe Sie gesehen und nicht nur das. Sie waren ja wahrscheinlich derart mit den Dingen beschäftigt, die hier nicht geleistet werden und nur durch Sie geleistet werden können, dass Sie mich nicht wahrgenommen haben. Das macht nichts. Ich habe Ihre Aussage auf jeden Fall gehört und gedacht, dass das doch sehr interessant ist. Einmal sehen, wann wir wieder einen Antrag von Ihnen hier vorliegen haben.
Darauf mussten wir nicht lange warten. Wenn ich mir diesen Antrag ansehe, stelle ich fest, dass er nicht gerade
von Fachkompetenz strotzt. Meine Vorredner sind hier schon auf Mängel eingegangen. Ich beziehe mich noch einmal auf den ersten Punkt.
Wir sollen heute feststellen, dass die Gesamtbelastung der emittierten Luftschadstoffe der ESF-Stahlwerke die Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit aller Wahrscheinlichkeit nach überschreitet. Bei so viel Fachkompetenz, wie Sie theoretisch und vielleicht auch praktisch immer haben wollen, ist dieser Ausdruck gerade sehr, sehr unwissenschaftlich. Ich weiß nicht, was wir hier im Landtag zu diesen Dingen sagen sollen. Sie haben in Annaberg auch verkündet, dass eigentlich die Einzigen, die ein klein wenig Ahnung haben, im Ministerium sitzen. Da hielte ich es doch für sinnvoll, wenn Sie das so empfinden, mit diesem Antrag wirklich ins Ministerium zu gehen oder aber an die Stellen, die darüber entscheiden können. Von meiner Kollegin der Linksfraktion wurde gerade gesagt, dass hier das Landratsamt und dann auch das Regierungspräsidium zuständig sind.
Ich weiß nicht, was wir als Landtagsabgeordnete hier entscheiden sollen, wenn Sie sagen, nach aller Wahrscheinlichkeit werden die Werte hier nicht richtig ermittelt. Weiter heißt es: „Die Gesamtbelastung wurde im Rahmen der Änderungsgenehmigung 2006 nicht zutreffend ermittelt.“ Woher haben Sie diese Weisheit, dass das alles nicht zutrifft? Außerdem bezieht sich Ihr Antrag ja wohl auf eine Änderungsgenehmigung aus dem Jahr 2006, und eigentlich möchte ich mich hier mit aktuelleren Dingen beschäftigen.
Die Vorwürfe sind auch nicht neu. Sie wurden bereits vor über einem Jahr von der Bürgerinitiative für lebenswertere Umwelt erhoben. Daraufhin haben die Stahlwerke mit einer umfangreichen Stellungnahme reagiert und sich mit den Vorwürfen sachlich auseinandergesetzt. Außerdem wurden zwischenzeitlich umfangreiche technische Maßnahmen zur Abgasreinigung des Stahlwerkes realisiert. Seit die neue Entstaubungsanlage in Betrieb ist, liegen die Dioxinwerte weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten. Sie haben hier ein anderes Bild dargestellt. Wenn ich mir ein Urteil bilden will, dann hätte ich auch gern von Ihnen etwas zu dieser Stellungnahme gehört. Aber in Ihren Ausführungen spielte sie bisher gar keine Rolle.
Die Bürgerinitiative vertritt weiterhin die Auffassung, dass ihre Bedenken trotzdem nicht ausgeräumt wurden, und sie ist gegenüber den Stahlwerken nicht gesprächsbereit. Der BUND hat sich jetzt mit eingeschaltet, um die Bürgerinitiative zu stärken und einen Gerichtsprozess auszurichten. In Dresden liegt nunmehr eine Klage gegen die Erweiterungsgenehmigung für Feralpi vor, die sich gegen den Freistaat richtet. Wenn eine Klage vorliegt, dann frage ich mich, warum wir uns hier damit beschäftigen. Ich würde erst einmal das Ergebnis abwarten.
In der Stellungnahme von Feralpi heißt es: „Sämtliche Darstellungen der Bürgerinitiative sind fachlich und sachlich unzureichend oder sogar unrichtig aufbereitet, gerade diejenigen, bei denen Messwerte verglichen und
interpretiert werden. Dadurch werden völlig unrealistische Gefahrensituationen beschrieben.“ In Ihrem Antrag wird ja diese Stellungnahme nicht einmal erwähnt, sodass man zu der Feststellung gelangen könnte, dass Sie dies bewusst nicht getan haben, weil die Stellungnahme zu anderen Darstellungen und Schlussfolgerungen kommt als Sie.
Zwei Beispiele. Beispiel 1: Im Antrag wird in der Begründung unter 1.2 behauptet, dass bei den Vorbelastungswerten für Schwebestaub die Grenzwerte für den Tagesmittelwert wesentlich öfter als zulässig überschritten werden. Auf Seite 26 der Stellungnahme von Feralpi wird jedoch ausgeführt, dass an einer Messstelle eine Überschreitung und an einer weiteren Messstelle acht Überschreitungen festgestellt wurden, die in einem Zeitraum lagen, in dem im gesamten Land Sachsen erhöhte Werte nachgewiesen wurden. Nach der TA-Luft sind aber 35 Überschreitungen im Jahr zulässig. Auch hier hätte ich gern mal eine Wichtung gehört.
Beispiel 2: Im Punkt 1.3 geht es um die Zusatzbelastung aus diffusen Quellen. Im Antrag wird behauptet, dass die Zusatzbelastung aus diffusen Quellen des Stahlwerkes, insbesondere aus dem Fallwerk oder den Dachluken der Schmelzhalle, unbeachtet blieb. In der Stellungnahme von Feralpi auf Seite 47 – das können Sie nachlesen – heißt es dazu: „Berücksichtigung fanden dabei alle relevanten Emissionsquellen des Werkes wie zum Beispiel das Kamin-, Stahl- und Walzwerk, die Stahl- und Werkshalle, der Schredder, die Schrottplätze, das Fallwerk und andere sowie alle beim Produktionsprozess entstehenden Abfälle.“ Also auch das steht ja wohl im Gegensatz zu dem, was Sie heute hier gesagt haben.
Im Punkt 1.5 Ihres Antrages geht es um die Ermittlung der Bodenbelastung. Hier schließe ich mich durchaus der Argumentation von Feralpi an, dass, wie zum Beispiel auf Seite 33 der Stellungnahme ausgeführt ist, zur plausiblen Beurteilung möglicher Schadstoffeinträge in Böden die Immission an Luftschadstoffen auf der Basis von Emissionsmessungen für Schwebstaub und Staubniederschlag herangezogen werden muss. Sie haben festgestellt, dass es seit 60 Jahren diesen Standort gibt. Ich denke, dass die Menschen dankbar sind, dass es dieses Stahlwerk nach wie vor gibt. Viele haben auch um den Bestand gekämpft.
Sie wissen selbst, dass wir eine strenge Umweltgesetzgebung haben. Ich weiß, dass die Behörden sehr hinterher sind und dass die Unternehmen, wenn sie Nachrüstungen tätigen, auch einen unheimlichen finanziellen Aufwand betreiben. So wie ich das sehe, hat sich das Stahlwerk sehr bemüht, all diesen Dingen nachzukommen. Dem sollte man Rechnung tragen und das hier auch einmal erwähnen.
Wenn ein Standort seit 60 Jahren produziert, haben Sie dann natürlich, wenn es Umweltbelastungen gibt, auch im Boden Verunreinigungen. Was wollen Sie denn? Es ist ein Industriestandort. Dort werden Sie sicherlich keine
Kartoffeln und nichts anderes anpflanzen. Das nehme ich doch an. Sie haben auch nicht ausgeführt, was dann, wenn der Boden mit Schwermetallen belastet ist, aus den Schwermetallen wird. Denken Sie, dass der Boden jetzt ausgebuddelt wird? Warum? Die Schwermetalle bleiben dort vor Ort. Es gibt sehr viele Nachweise auch gerade hier in unserer Region, zum Beispiel im Erzgebirge, dass die Schwermetalle sich dann nicht weiter bewegen, und wenn es einmal kein Industriegebiet mehr sein sollte, dann wird man etwas unternehmen. Das macht Sinn. Aber im Moment macht das gar keinen Sinn. Ich weiß nicht, was Sie mit diesen Dingen bezwecken.
Für mich stellt sich das einfach so dar, dass im Moment die Bemühungen um eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema gescheitert sind, weil es offensichtlich keine Vertrauensbasis gibt. Ich denke, dass der vorliegende Antrag nicht unbedingt dazu beiträgt. Ich würde mich Ihrem Appell anschließen, dass mit dem Landratsamt und den örtlich Beteiligten hier noch einmal versucht wird, einen Konsens zu finden. Prinzipiell sollte aber erst einmal das Ergebnis der Klage des BUND abgewartet werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht zum ersten Mal beschäftigten wir uns heute mit der mutmaßlichen bzw. der tatsächlichen Schadstoffbelastungssituation im Riesaer ESF-Stahlwerk und seiner Umgebung.
Wie bekannt ist, sind die Metallerzeugung und -verarbeitung zu etwa 80 % als Primärquelle des Dioxineintrages in die Luft verantwortlich. Die Dioxine wirken als Zellgifte sowohl erbgutschädigend als auch krebserzeugend. Gefahren drohen bereits im Nano- bis Picogrammbereich, also schon bei Mengen von einem Milliardstel- bis Millionstelgramm. Die Dioxine sind einerseits extrem fettlöslich, andererseits aber auch chemisch äußerst stabil und deshalb biologisch sehr schwer abbaubar.
Genau das ist auch der Grund dafür, dass sich dieses Gift in der Nahrungskette im Fettgewebe von Mensch und Tier sehr leicht anreichert. So hat die NPD-Fraktion die von einem betroffenen Riesaer Bürger für uns beschafften Eier von freilaufenden Hühnern aus dem näheren Umfeld des Feralpi-Stahlwerkes schon am 29. Juli 2005 in einem anerkannten Labor auf Dioxine untersuchen lassen. Eine Mischprobe aus fünf Eiern dieser Hühner wies eine Dioxinbelastung in Größenordnungen zwischen 10 und 20 Picogramm je Gramm Eifett auf. Dieser Wert lag erheblich über dem zugelassenen Grenzwert von 3 Picogramm je Gramm Eifett, weshalb die Eier aus Sicht des untersuchenden Laboratoriums nicht zum Verzehr geeignet waren.
Nachdem im Dezember 2005 schließlich auch im Umfeld des ehemaligen Kraftwerkes und des ehemaligen Leunawerkes in Hirschfelde in zwei Hühnerfarmen wieder mit Dioxin belastete Eier gefunden wurden, hat die NPDFraktion eine 133 Einzelfragen umfassende Große Anfrage mit dem Titel „Umweltbelastungen durch Dioxine im Freistaat Sachsen“ erarbeitet. Ein ganzes Kapitel widmeten wir dem Versuch einer umfassenden Klärung der Dioxinbelastungssituation in der Umgebung des ESFStahlwerkes Riesa und hier vor allem des Schweregrades der vermuteten Kontamination der dortigen Böden. Dies sollte keine Vorverurteilung von Feralpi sein; aber den Verdachtsmomenten, die bestanden haben, sollte nachgegangenen werden.
Eine der wichtigeren Fragen der NPD-Fraktion war, welche Erkenntnisse der Staatsregierung über die Auftrittshäufigkeit bestimmter Krankheitsbilder im Stadtgebiet Riesa im Vergleich zum Landesdurchschnitt vorliegen, für deren Entstehen die Dioxine verantwortlich sein könnten. Obwohl die Staatsregierung in ihrer Antwort an die NPD-Fraktion zugeben musste, dass die Gefährlichkeit der Dioxine darin liegt, dass sie im Körperfett gespeichert werden, sich dort anreichern und nur sehr langsam abgebaut werden, wurden möglicherweise zielführendere Studien wegen des angeblichen hohen Aufwandes durch die Staatsregierung abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir sehen: Hätten diese Untersuchungen schon damals stattgefunden, dann wüssten wir heute unter Umständen, wovon wir reden.
Noch ein paar kurze Worte zu dem Vorwurf, der vor allem in Riesa besteht, dass diese Diskussion Arbeitsplätze gefährden würde. Hierzu möchte ich für die NPDFraktion erklären, dass wir getreu dem Motto „Das eine tun, ohne das andere zu lassen“ verfahren möchten. Es muss und es wird möglich sein, die Arbeitsplätze in Riesa zu erhalten und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen in Riesa keinen weiteren Umweltbelastungen ausgesetzt sind.
Meine Damen und Herren, diesem Antrag können wir teilweise zustimmen, da er zur Zielrichtung unserer Großen Anfrage passt. Dem Punkt 1 können wir allerdings in der Form, wie im Antrag beschrieben, nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor reichlich zwei Jahren haben wir schon einmal über dieses Thema diskutiert. Damals war es, wie es auch heute wird: Es war nur Rauch und Feinstaub um dieses Thema, sonst nichts.
Aber Sie haben auch wieder einmal nichts dazugelernt. Mit Ihren üblichen destruktiven Anträgen, Veranstaltun
gen und Pressemitteilungen beeinträchtigen Sie, sehr geehrter Herr Lichdi, immer wieder unsere Wirtschaftsunternehmen in Sachsen und nehmen die Vernichtung von Arbeitsplätzen in Kauf. Wir erinnern uns alle an die Kampagnen gegen Boxberg oder gegen die Deponie Cröbern, um nur zwei zu nennen. Höchstwahrscheinlich hatten Sie ein Problem damit, dass wir in Sachsen kein AKW haben. Es ist möglich, dass Feralpi für Sie ein AKW-Ersatz ist, damit Sie gegen irgendetwas demonstrieren können.
Auch der Hinweis, der jetzt kommen könnte, wir haben ja Wahlkampf, entschuldigt nicht, was Sie derzeit in Riesa und Umgebung veranstalten. Auch Sie und wir als Oppositionsfraktionen haben Verantwortung im Freistaat Sachsen
Sehr geehrter Kollege Günther, können Sie denn einmal die Zeitreihe der Genehmigungen aufzeigen, die hier für das Stahlwerk in den letzten Jahren erteilt wurden?
1994 ging Feralpi mit den Stahlwerken auf dem damals neusten Stand der Technik in Betrieb und war mit seinen Anlagen nachweislich anderen Stahlwerken überlegen. Zu diesem Zeitpunkt, sehr geehrter Herr Morlok, lag der Dioxingrenzwert bei 0,3 Nanogramm je Kubikmeter. Durch technische Optimierungen hat speziell dieses Werk ständig versucht, die Werte zu sichern und zu verbessern. Mit der Senkung des Grenzwertes auf 0,1 Nanogramm wurden vom Werk nochmals 12 Millionen Euro für Umweltmaßnahmen investiert. Nach Erteilung der immissionsrechtlichen Betriebsgenehmigung 1997 wurden Grenzwertüberschreitungen ermittelt, die zur Stilllegungsverfügung gegen das Werk und nachfolgend zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Freistaat Sachsen und den Feralpi-Stahlwerken über die Durchführung immissionsbindender Maßnahmen geführt haben, die 1998 und 1999 mit dem Ergebnis einer deutlichen Emissionsminderung realisiert wurden.
Es geht noch weiter. Seither sind beim Feralpi-Stahlwerk hinsichtlich der Dioxinimmissionen in ihrer Höhe nur geringfügige und zudem nur zeitweilige Überschreitungen
der Grenzwerte zu verzeichnen. In einem Kapazitätserweiterungsantrag wurden 2005 weitere umwelttechnische Investitionen festgelegt.