Schließlich brauchen wir endlich eine Annäherung und Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert West. Nach fast 20 Jahren darf es keine Zweiklassen-Rentengesellschaft in Deutschland mehr geben.
Eine letzte Bemerkung. Es muss Schluss sein mit Riester- Faktor und Nachhaltigkeitsfaktor. Renten dürfen nicht generell weiter real absinken. Wenn Sie unser Steuermodell ernst nehmen würden, das auch durchgerechnet ist, dann wäre auch genügend Geld da, um das alles zu finanzieren.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht Fall. Dann Frau Staatsminister Orosz, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz einige Sätze sagen, warum sich die Sächsische Staatsregierung inhaltlich nicht an der eben geführten Debatte beteiligt.
Erstens. Der der Debatte zugrunde liegende Bericht der Bundesregierung liegt uns noch nicht vor. Wir halten es deswegen für schwierig, über einzelne Daten und Inhalte dieses Berichtes hier zu diskutieren. Vor allem ist uns bisher auch nicht bekannt, dass es eine Mikrobetrachtung des Freistaates Sachsen gibt.
Zweitens. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass wir in Sachsen über einen Sächsischen Sozialbericht verfügen, der Ihnen als Abgeordnete auch bekannt ist und Ihnen vorliegt. Dieser Sozialbericht ist in einem großen Umfang mit allen Verantwortungsträgern hier in Sachsen erarbeitet worden. Er beinhaltet die Daten und Fakten, die aus meiner Sicht gerechtfertigt sind, eine Debatte zu führen. Zu diesem Bericht hat, wie Sie wissen, auch eine Anhörung stattgefunden.
Wie in diesem Hohen Hause üblich, werden wir in einer der nächsten Plenarsitzungen eine Debatte zu diesem Sächsischen Sozialbericht führen, was ich auch für richtig und zielführend halte. An der Diskussion wird sich natürlich auch die Staatsregierung beteiligen, weil wir dann über sächsische Daten und Fakten reden und über entsprechende Maßnahmen und Konsequenzen diskutieren können.
Meine Damen und Herren! Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von der Linksfraktion, zum Thema „Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung und die wachsende Armut in Sachsen“ beendet.
Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD das Wort, danach Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung.
Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Fraktion der CDU das Wort nimmt. Frau Schöne-Firmenich, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat am Dienstag dieser Woche die Strategie zur Förderung der Kindergesundheit in der
Öffentlichkeit vorgestellt. Das ist aktueller Anlass für uns, uns ebenfalls mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Die diesem Papier zugrunde liegende Studie bestätigt eine Entwicklung, die wir schon seit einiger Zeit mit Sorge beobachten. Die Mehrheit der Kinder in Deutschland wächst gesund auf, aber 15 % von ihnen sind zu dick. Fast jedes dritte Mädchen unter 17 Jahren leidet an Essstörungen. Ein Drittel der Jugendlichen trinkt einmal in der Woche Alkohol, und die Zahl der psychischen Erkrankungen nimmt zu. Dem zu entgegnen heißt, einen gesunden Lebensstil selbstverständlich zu machen.
In der Kindheit werden die notwendigen Grundsteine gelegt, die ein gesundes Leben bis ins hohe Alter ermöglichen. Ein Kind, das sich viel bewegt und dadurch ausgeglichener ist, lernt besser und beeinflusst so seine späteren Berufschancen positiv. Die gesunde Ernährung ist hierfür eine Grundvoraussetzung.
Es fällt auf, dass Kinder aus sozial schwachen Familien häufiger von bestimmten Krankheiten betroffen sind als der Durchschnitt. So nehmen beispielsweise auch Rauchen und Übergewicht mit sinkendem Sozialstatus deutlich zu. Die Ursachen für diese Defizite, meine Damen und Herren, liegen aber nicht in der finanziellen Situation, sondern in erster Linie in der Art und Weise begründet, wie Eltern ihre Verantwortung für die Fürsorge ihrer Kinder wahrnehmen.
Unsere Aufgabe ist es, hier Hilfestellungen zu geben, die den Kindern gleiche Chancen für ihre Zukunft ermöglichen. Ein entscheidender Weg dazu ist, über gesunde Ernährung aufzuklären und einen gesunden Lebensstil zu erlernen. Das ist präventive Aufklärung, die sich ganz besonders an Eltern richtet, denn sie tragen die Verantwortung für ein gedeihliches Aufwachsen ihrer Kinder.
Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen, sagte Aurelius Augustinus. Leider vermittelt dieses Buch nicht in allen Fällen das Wissen, was für die Kinder das Beste wäre. Gesundes Essen kann man lernen, denn gesundes Essen geht zwar durch den Magen, aber es beginnt vor allem im Kopf. Erst wenn man weiß, was der eigene Körper braucht, was ihm guttut und was ihm schadet, fängt man an, bewusst darauf zu achten, was und wie viel man isst. Dieses Bewusstsein gilt es zu schärfen, und zwar quer durch die Gesellschaft.
Seit vielen Jahren zeichnet vor allem die mediale Öffentlichkeit ein Schönheitsideal des menschlichen Körpers, das sich an Models und durchgestylten Schauspielern orientiert, Barbie und Ken besetzen die Kinderzimmer und tragen so dieses Bild in die Köpfe junger Mädchen. Der Wunsch, so auszusehen, hat sicher den unzähligen Anbietern von diversen Diäten und Schlankheitspillen enorme Umsätze beschert und den meisten Nutzern die Erkenntnis, was ein Jo-Jo-Effekt ist. Besonders schlimm ist es dann, wenn dieses Schlankheitsbild zu krankhaften Essstörungen führt, beispielsweise zu Bulimie.
In neuerer Zeit kann man beobachten, dass sich in seriösen Medien etwas verändert, dass man dort mehr auf
Aufklärung und Beratung über gesundes Essen setzt. Ich begrüße diese Entwicklung sehr. Ich würde mich auch freuen, wenn diese Medien noch einen Schritt weitergehen und einen normal entwickelten Körper als Schönheitsideal darstellen würden. Das wäre ganz hervorragend.
Wenn 15 % der Kinder Übergewicht haben, dann sieht man das. Wenn aber jedes dritte Mädchen unter 17 Jahren an Essstörungen leidet, dann erkennt man das nicht auf den ersten Blick. Aber die gesundheitlichen Risiken und Folgen sind mindestens genauso schlimm, wenn nicht schlimmer. Besser als jede Therapie ist Prävention, das heißt, Wissen über die Bedeutung von gesunder Ernährung und Bewegung für das Wohlbefinden und die Gesundheit des menschlichen Körpers zu vermitteln und positive Esskultur zu erlernen.
Das Sächsische Staatsministerium für Soziales stellt für Ernährungserziehung in den Jahren 2007 und 2008 jeweils 365 000 Euro zur Verfügung. Das wollen wir weiter unterstützen. Essen ist mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Es kann Lebensfreude und Genuss sein. Essen mit Kultur hält Leib und Seele zusammen, und darum geht es.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, die Deutschen und auch die Sachsen sind zu dick, wissen zu wenig über Ernährung, und Hauptschüler wiegen mehr als Abiturienten. In diesem Satz lässt sich die aktuelle nationale Verzehrstudie der Bundesregierung zusammenfassen.
Laut Studie der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung der Übergewichtigkeit sind die Deutschen im Vergleich die dicksten Europäer – ein Europameisterschaftstitel, auf den wir wohl kaum stolz sein können. Doch Übergewicht ist nicht nur für Erwachsene, sondern zunehmend auch für Kinder und Jugendliche ein Problem. Ungefähr jeder vierte Junge und jedes dritte Mädchen sind zu schwer für ihr Alter und ihre Körpergröße. Man spricht von zwei Millionen übergewichtigen Kindern.
Die Hoffnung vieler Eltern, das Übergewicht ihrer Kinder würde sich mit der Zeit verwachsen, ist ohne entsprechende Maßnahmen meist falsch. Es zeigt sich nämlich, dass 40 % der übergewichtigen Kinder und etwa 80 % der übergewichtigen Jugendlichen auch dicke Erwachsene werden. Das Gesundheitsbewusstsein der Kinder und ihrer Familien muss frühzeitig geweckt werden, denn auch hier gilt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Besonders wichtig ist aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion, die Ernährungs- und Gesundheitserziehung dort
anzusetzen, wo wir fast alle Kinder erreichen: in Kindertagesstätten und Schulen. Eine solche Möglichkeit ist unter anderem über die Mittagsversorgung in Kindertagesstätten und Schulen gegeben.
Auch die Bundesebene beschäftigt sich mit dem Thema und hat eine Strategie zur Förderung der Kindergesundheit beschlossen. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen, die sich unter anderem mit dem Thema Qualitätskriterien für Mittagsverpflegung befassen. Wenn solche Kriterien greifen, muss der Bund die Länder und Kommunen in ihren Bemühungen unterstützen.
Doch unabhängig von Struktur und Qualität der Mittagsverpflegung wird derzeit ein Problem immer aktueller: Viele Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen zahlen kein Essengeld. Dies wissen wir aus unseren Besuchen in den verschiedenen Kitas und aus der Presse. Die Erzieherinnen bemühen sich, das Essengeld einzutreiben, und können Ihnen Geschichten erzählen, wie die entsprechenden Familienverhältnisse aussehen.
Bei Schulkindern sind es aber auch oft die Eltern, die den Kindern Geld in die Hand drücken, die dann natürlich Fastfood bevorzugen und oft eben nicht das angebotene Mittagessen in den Schulen. Viele Kommunen haben das Problem erkannt und etliche Kommunen im Freistaat Sachsen gewähren Zuschüsse für Kinder aus bedürftigen Familien. Das können wir aus einer Kleinen Anfrage ersehen. In der Gemeinde Boxberg beispielsweise erhalten alle Grundschüler ihr Mittagessen kostenlos.
Für die Versorgung mit einem gesunden und warmen Mittagessen darf jedoch nicht ausschlaggebend sein, an welchem Ort Kinder mit ihren Familien wohnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Bezuschussung bzw. eine komplette Übernahme der Kosten der Mittagsversorgung ist mit Sicherheit geeignet, zum gesundheitlichen Wohlbefinden der Kinder beizutragen. Dafür werden wir uns als SPD-Fraktion weiterhin stark machen.
Ein kostenloses Mittagessen für bedürftige Kinder könnte auch in Sachsen ein erster Schritt sein; dafür gibt es Vorbilder in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Bayern. Solche Sachleistungen – mein Fraktionsvorsitzender sagte es bereits – sind aus meiner Sicht wichtiger, als den Eltern mehr Geld in die Hand zu geben.
Zum Schluss möchte ich auf gute Beispiele in Kitas hinweisen. Sowohl durch den Bildungsplan als auch die Initiative „Gesund aufwachsen“ trainieren gewissermaßen Erzieherinnen mit den Kindern, wie gesunde Ernährung aussehen kann. Dabei möchte ich auch die Initiative der Arbeiterwohlfahrt „Ich lebe gesund“ hervorheben, mit dem Symbol des AWOlinchen, das man in vielen Kinder
tagesstätten findet. Das ist eine sehr gute Initiative, und ich danke allen, die sich in dieser Beziehung engagieren.