welche Arbeitsmaterialien die Schulen sich zusätzlich leisten, weil die Eltern diese bezahlen. Schaut man also genauer hin, ist nicht alles zweckmäßig.
Um es auf den Punkt zu bringen: Eine Schachtel Streichhölzer – abgebrannte natürlich – ist für den Mathematikunterricht der Grundschule bei Weitem wirkungsvoller als ein Stapel Arbeitsblätter.
Ebenso muss man darüber nachdenken, ob wir im Informationszeitalter bei inzwischen guter EDV-Ausstattung unserer Schulen wirklich jedem Schüler alle Lehrbücher geben müssen, ob wir Lehrbüchern überhaupt diesen Stellenwert beimessen müssen. Vielleicht stellen wir lieber ein paar Lehrbuchreihen in eine Arbeitsbibliothek, die auch die PCs aus dem aufgelösten Computerkabinett enthalten, und verwenden das dadurch eingesparte Geld für Materialien, welche sonst die Eltern bezahlen. Beide Maßnahmen verändern natürlich die Lernkultur, auch ein gewünschter Nebeneffekt. Kurz: Wir müssen dringend auch aufseiten der Schulen nach Wegen suchen, Eltern grundsätzlich nicht derartig mit Kosten zu belasten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben also durchaus einiges zu tun, um Kinder nicht zu benachteiligen. Ein Starterpaket für Schulanfänger kommt für das kommende Schuljahr zu spät und ist in der unspezifischen Ausgestaltung Ihres Antrages der falsche Weg. Solange die Bundesregierung die Regelsätze noch nicht neu gestaltet hat, gibt es auch viele soziale Akteure, wie zum Beispiel bei der AWO in Dresden, die sich der Bedürftigen annehmen. Das zeigt im Übrigen auch, dass unsere Gesellschaft als Bürgergesellschaft funktioniert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Anliegen der Linken, eine Einschulungsbeihilfe für Kinder aus sozial schwachen Familien bereitzustellen, können wir ohne Weiteres folgen. Schon deshalb, weil meine Fraktion einen Antrag mit einer ähnlichen Intention bereits vor einem Jahr, und zwar ebenfalls im letzten Plenum vor der Sommerpause, eingebracht hat. Sie haben damals leider aus ideologischen Gründen abgelehnt, und zwar alle.
Der jetzige Antrag der Linken ist allerdings handwerklich so schlecht, dass wir ihm auch nicht zustimmen können. Bei aller Sympathie für Ihren Antrag, meine Damen und Herren von der Linksfraktion: Sie müssten doch wissen, dass sich die Rechtslage geändert hat. Aufgrund von § 23 Abs. 1 Satz 4 SGB II sind jegliche weiter gehenden Leistungen ausgeschlossen. Wir haben das doch auch in der Anhörung vom letzten Jahr im Sozialausschuss zur kostenfreien Schülerspeisung schon gehört. Auch dort ergab sich eindeutig, dass zusätzliche Leistungen an
Empfänger nach SGB vom Regelsatz wieder abzuziehen sind. Die ARGEn sind dazu verpflichtet. Deutsche HartzIV-Empfänger hätten also überhaupt nichts von Ihrem Starterpaket.
Nun haben Sie in Ihren Antrag auch die Asylbewerber einbezogen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen. Diese sind aufgrund der meist als Sachleistungen gewährten Unterstützung berechtigt, zusätzliche Leistungen zu empfangen. Würde man also Ihrem Antrag in der vorliegenden Form zustimmen, dann hieße das: Deutschen Hilfebedürftigen wird zwar das Starterpaket für Schulanfänger gewährt, die 250 Euro jedoch müssten vom Hartz-IV-Geld wieder abgezogen werden. Anders bei den Asylbewerbern: Sie dürften das Geld behalten. Natürlich betrifft das gerade in Sachsen nicht allzu viele Kinder. Wir haben nur etwa 4,5 % Schüler mit Migrationshintergrund und das ist auch gut so. Trotzdem sehen wir eine Benachteiligung, eine Diskriminierung der deutschen Sozialbedürftigen.
Wir stimmen mit Ihnen überein, dass eine Finanzierung der kompletten Einschulungsbeihilfe die meisten sächsischen Kommunen überfordern würde. Aber anders als Sie setzen wir nicht auf einen Landesfonds. Das wäre auch rechtlich, wie bereits gesagt, überhaupt nicht sinnvoll. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen, und zwar das SGB ändern.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, „Hartz IV ist Armut per Gesetz“, das war Ihr Spruch im Wahlkampf 2004. Aber mit diesem Antrag manifestieren Sie Hartz IV, statt es zu beseitigen. Das aber wäre der bessere Weg. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über den Antrag enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meiner Rede möchte ich voranstellen: Wir dürfen nicht zulassen, Kinder aus einkommensschwachen Haushalten in der Bildung zu benachteiligen. Nein, nicht in solch einem wichtigen Bereich wie der Bildung!
Ich gebe Ihnen recht: Schulranzen, Sportsachen, Schulhefte und Zuckertüte kosten Geld, für viele ist es sehr viel Geld. Diesem Problem muss sich die Gesellschaft stellen. Aber ich sage bewusst „die Gesellschaft“ und dazu gehört unter anderem auch der Staat.
Doch „die Gesellschaft“ sind genauso die verantwortlichen Eltern und jeder Einzelne, der sich im Interesse der Gesellschaft einbringen kann.
Leider ruft die Linksfraktion unserer Meinung nach viel zu oft nach dem Staat und sucht nicht zuerst die kleinen
Lösungen im privaten Bereich oder über ehrenamtliche Strukturen. Das ist zwar schwierig, aber für den Zusammenhalt der Gemeinschaft ungemein wichtig.
Denn eines ist klar: Überall dort, wo der Staat tätig wird, verdrängt er private Anstrengungen und Engagement. Viel zu oft wird eine Erwartungshaltung aufgebaut, die im Übrigen nicht der Finanzminister, sondern jeder einzelne Steuerzahler bezahlen muss.
Wir als FDP wollen zuerst die Eltern stärken – finanziell und auch bei der Selbstorganisation –, wir wollen Hilfs- und Spendenbereitschaft fördern, wir wollen unbürokratisch und ohne Behördengänge soziale Notlagen lösen. Nur wenn es nicht anders geht und es sich um Grundbedürfnisse von Menschen handelt, muss der Staat helfen. Ich habe aber Zweifel, dass wir tatsächlich für 12 000 Schulanfänger einen solch hohen Handlungsbedarf haben. Die wirkliche Zahl der Notlagen dürfte wesentlich kleiner sein.
Doch selbst wenn das staatliche Eingreifen notwendig ist, ist der vorliegende Antrag inhaltlich nicht zustimmungsfähig. Zum einen halte ich die Staatsregierung für den falschen Adressaten. Der Bundestag hat entschieden, die Einzelleistungen für sozial Bedürftige enorm zu reduzieren und Beträge zu pauschalieren. Der Bund – und nicht Sachsen – ist deshalb in der Pflicht, die Pauschalen, also den Regelsatz für Kinder – meine Vorredner sind bereits darauf eingegangen und der Änderungsantrag der GRÜNEN bezieht sich darauf in Punkt 1 – entsprechend zu gestalten. Mit einem Fonds auf Landesebene lösen wir ein Problem der Bundespolitik. Bundesfinanzminister Steinbrück wird sich bei allen sächsischen Steuerzahlern recht herzlich bedanken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Linksfraktion! Es gibt genügend Probleme in der Landespolitik. Diese sollten wir lösen und nicht die der Bundespolitik. Ich will dies weiß Gott nicht als bloße Formalie abtun, aber wenn ich dann in die – wenn auch geringe – Tiefe Ihres Antrages einsteige, halte ich ihn für nicht zielführend; denn der große Empfängerkreis mit fast 40 % aller Schulanfänger soll von diesem Fonds profitieren. Da entsteht die Frage, ob tatsächlich eine zielgenaue Förderung erfolgt. Ich halte unter anderem den Änderungsantrag der GRÜNEN, der in Punkt 2 vorsieht, Sachmittel statt Finanzmittel auszureichen, für die geeignetere Lösung.
Es wird nun mal mit Geld nicht sichergestellt, dass damit tatsächlich zum Beispiel ein Schulranzen gekauft wird. Ich möchte aber, dass das Geld konkret bei den Kindern ankommt. Deshalb ist der Vorschlag der Linksfraktion nicht zielführend.
Wir als FDP-Fraktion haben eine klare Linie, wie wir in Sachsen die negativen Folgen für Kinder aus einkommensschwachen Familien begrenzen wollen. An erster
Stelle steht das kostenlose Schulvorbereitungsjahr, also Bildung für alle Kinder. Wir wollen die Kräfte von Land und Kommunen bündeln, um für alle Kinder beste Bildungschancen zu bieten. Als erste Maßnahme muss endlich – da bin ich Kollegen Dulig sehr dankbar – die echte Lernmittelfreiheit in Sachsen hergestellt werden, damit alle Kinder an der Schulauswahl teilnehmen können und dies nicht nach Kassenlage der Eltern geschieht. Ich hoffe sehr, dass das der Vergangenheit angehört.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kinderarmut ist in der Bundesrepublik keine Randerscheinung mehr. In Gesamtdeutschland leben mittlerweile 16,4 % der Kinder unter 16 Jahren unter Hartz-IV-Bedingungen, in Ostdeutschland fast jedes dritte Kind. Arme Kinder und Jugendliche haben eingeschränkte Lebens- und Teilhabemöglichkeiten. Sie sind vielfach in ihrer körperlichen und gesundheitlichen Entwicklung benachteiligt, und bereits vor der Einschulung werden bei Kindern aus sozial schwachen Familien vermehrt Entwicklungsverzögerungen und Gesundheitsstörungen festgestellt. Armut ist häufig auch in Sachsen mit verminderten Bildungschancen verbunden. Eine zentrale Erkenntnis der PISA-Studie ist, dass heute immer noch der soziale Status der Eltern weitgehend über den Bildungserfolg der Kinder bestimmt.
In den amtlichen Bedarfsaufstellungen, die den Hartz-IVLeistungen zugrunde liegen, sind überhaupt keine Kosten für Schule vorgesehen. Das heißt, das Geld muss aus anderen Lebensbereichen abgezweigt werden. Wie soll das bei den bestehenden Regelsätzen möglich sein? Vonseiten der Kommunen wird immer häufiger festgestellt, dass einkommensschwache Familien zunehmend Probleme haben, den notwendigen Schulbedarf ihrer Kinder abzudecken. Vereinzelt unterstützen die Kommunen die Familien bereits auf freiwilliger Basis. Die Linksfraktion bringt selbst das Beispiel Zwickau und schlägt vor, sich an der hier gezahlten Beihilfe von 250 Euro zu orientieren. Andere Kommunen zahlen andere Beträge: Dortmund 100 Euro, im Treuener Land im Erzgebirge gibt es 50 Euro, finanziert über eine Sonderumlage der Kommunen.
Die Antragstellerin sieht das Land in der Pflicht, für einen gleichberechtigten Start aller Kinder zu sorgen und entsprechende Initiativen nicht den Kommunen zu überlassen. Ich bin mir im Moment noch nicht ganz sicher, ob die kommunale Ebene nicht doch die richtige wäre. Allerdings kenne ich auch die Vertreter des Städte- und Gemeindetages oder des Landkreistages, die immer wieder sagen: Das machen wir alles gern, wenn es uns der Freistaat auch finanziert. Die SPD hat übrigens bereits im November 2007 einen Betrag von 150 Euro bundesweit zu diesem Thema erwogen.
Ich glaube, über die Höhe eines Zuschusses muss man noch einmal sprechen. Die Linksfraktion selbst hat in ihrer Pressemitteilung vorgerechnet, dass sie ein Schulstarterpaket im Wert von 225 Euro zusammengestellt hat. Es gibt also eine Differenz. Bei der Höhe einer Einschulungsbeihilfe sollte auch berücksichtigt werden, dass diese den Charakter einer Beihilfe behalten sollte, Eltern also eine angemessene eigene Leistung dafür aufbringen sollten.
Um Bildungsgerechtigkeit herzustellen, muss die Politik allerdings gleichzeitig auf mehreren Wirkungsebenen ansetzen. Ich fürchte ein wenig, wenn wir uns heute mit diesem Einzelantrag beschäftigen, dass wir uns in den kommenden Sitzungen des Landtages bis zur nächsten Wahl immer wieder mit ähnlichen Anträgen beschäftigen müssen. Wir haben im Grunde genommen dasselbe Problem auch in verschiedenen anderen Bereichen. Meiner Meinung nach greift der Antrag der Linksfraktion auch zu kurz, wenn er sich nur auf die Einschulung bezieht; denn nicht nur zu Beginn des Schullebens, sondern auch beim Übergang zu einer höheren Schule oder über den ganzen Schuljahresablauf hinweg entstehen finanzielle Notwendigkeiten, die berücksichtigt werden müssen.
Ich denke, die Diskussion wird sich in der nächsten Zeit auf die Forderung zuspitzen, dass es Kinderbedarfe als eigenständige Regelsätze geben sollte. Das kann natürlich nur bedeuten, dass der eigenständige Regelsatz für die besonderen Entwicklungsbedarfe von Kindern und Jugendlichen möglichst auf die Alters- und Entwicklungsstufen eingeht. Jetzt gibt es nur zwei Stufen, die die tatsächlichen Bedarfe nicht vernünftig abbilden. Ein dreistufiges Modell, das verschiedene Altersgruppen der Kinder in den Blick nimmt, scheint mir sachgerechter zu sein. Dann können die Einschulung und die beschriebenen Übergänge besser abgedeckt werden. Darüber hinaus geht es um die Frage, ob man die mit den Hartz-Gesetzen abgeschafften einmaligen Leistungen gerade in diesem Bereich wieder in Erwägung zieht. Das ist allerdings eine Aufgabe für den Bund und kann meines Erachtens nicht von einem Land allein entschieden werden.
Aufgrund der beschriebenen Problemzusammenhänge haben wir unseren Änderungsantrag formuliert. Er greift richtig, denn es werden Übergänge formuliert und Sachleistungen in Aussicht gestellt. Wenn ich mir die Begründung der Sozialdemokraten zur Ablehnung des vorliegenden Antrages anhöre, erwarte ich eigentlich, dass sie unserem Änderungsantrag zustimmen werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass jetzt auch der Minister anwesend ist. Für eine sachliche inhaltliche
Herr Krauß, ich habe mich mit weiteren Nachfragen an Sie zurückgehalten und werde auf einige der ziemlich erschreckenden Falschdarstellungen Ihrerseits näher eingehen. Wer von Solidarität spricht wie der neue Ministerpräsident, muss sich an seinen Worten messen lassen.
Ich habe von Ihnen nur Abwiegelung und Argumente aus Parteiräson gehört. Die Menschen im Land haben kein Verständnis dafür – und es gibt auch keinen Grund –, sozial Schwache nicht beim Einstieg ins Schulleben zu unterstützen. In der Tat besteht Solidarität, staatliche Verantwortung für Gerechtigkeit, besonders in der Ermöglichung von Bildung für alle Bürgerinnen und Bürger.