Protokoll der Sitzung vom 17.10.2008

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der Linksfraktion sowie des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. – Herr Rasch, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Sachverhalt ist es wirklich wert, dass man sich etwas intensiver mit ihm befasst. Ich will mich ausdrücklich bei der Opposition für die sachlichen Beiträge bedanken, die gekommen sind. Insbesondere Herr Dr. Gerstenberg hat einige Dinge sehr zutreffend beschrieben.

Worum geht es letzten Endes? Wenn wir die Gesamtgeschichte sehen, stellen wir fest, dass es tatsächlich eine Riesenerfolgsgeschichte ist. Es ist gelungen, den Nukleus, den wir aus DDR-Zeiten übernommen haben – dafür steht der Begriff ZMD –, dafür zu nutzen, große Konzerne

anzusiedeln und im Umfeld der großen Konzerne viele, viele kleine entstehen und wachsen zu lassen. Das ist das, was uns jetzt doch einigermaßen Aussicht auf Stabilität gibt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Sven Morlok, FDP)

Sie haben es zutreffend beschrieben. Es sind weit über 1 000 Unternehmen, die wir in diesem Bereich haben. Das sind Unternehmen, die nicht alle irgendwo im Mainstream schwimmen, sondern Unternehmen, die zum Teil wesentliche Positionen in hoch interessanten Nischen haben, in Märkten, die wirklich eine Zukunft haben, die mehr Stabilität bieten als das, was wir bei den Großen erleben.

Ehrlich gesagt, müssen wir uns auch eingestehen, dass wir gewusst haben, was wir uns einkaufen. Als wir AMD angesiedelt haben, haben wir gewusst, dass es der kleinere Konkurrent zu Intel ist, dass dieser Kampf ständig weiterlaufen wird und dass es ständiger Anstrengungen bedarf, diesen Kampf zu bestehen. Diesem Kampf kann man sich wahrlich nicht mit eingeschlafenen Füßen stellen. Das haben wir gewusst.

Wir haben genauso gewusst, dass bei Siemens, Infineon, Qimonda die Speicherschaltkreisproduktion eine extrem zyklische Angelegenheit ist. Man spricht vom sogenannten Schweinezyklus. Die Landwirte wissen das ganz genau: Wenn das Fleisch teuer ist, werden viele Schweine eingestallt, und wenn die Schweine dann zum Schlachthof kommen, ist das Fleisch wieder extrem billig. Genauso läuft das bei den Speicherschaltkreisen ab. Man muss sehen, wie man damit zurecht kommt.

Es ist richtig, dass man sich im Wirtschaftsministerium intensiv mit der Frage befasst, was wir den Arbeitskräften anbieten können, die sich derzeit verändern müssen. Dass wir da viele attraktive Angebote haben, ist unser Glück. Einige Dinge sind schon genannt worden, die zeigen, dass wir im direkten technologischen Umfeld der großen Mikroelektronikunternehmen eben so etwas wie Fotomasken haben. Da haben wir nicht nur das kleine Werk, sondern das relativ große Werk in Dresden-Hellerau oder in Klotzsche und darüber hinaus den kleinen Betrieb auf dem Weißen Hirsch. So gibt es ein kleines Kompetenzfeld, das ziemlich gut besetzt ist.

Ich denke auch an all das, was sich im Bereich der Laborausrüstung, der Prüftechnik usw. bewegt. Auch dort haben wir eine ganze Menge interessanter Unternehmen, die sich da bewegen.

Hinzu kommt, dass wir Technologiefelder haben, die quasi auf der Grundlage dessen, was man im Bereich der Mikroelektronikproduktion an Kompetenzen gewonnen hat, weitere Schritte gehen. Ich denke nur an solche Dinge wie Plastic Logic, also dieses elektronische Papier, das wir erst kürzlich mit einem großen Akt zur Kenntnis nehmen konnten. Dort wird also durchgestartet.

Ich nenne das ganze Thema Solartechnik, das auch ein Stück weit davon profitiert. Ich denke aber auch an solche

Dinge wie Mikromechanik, memsfab in Chemnitz, GEMAC in Chemnitz, Sensortechnik, die dort vor allen Dingen zu Hause ist, oder an das mikrostrukturierte Silizium. Nicht alles spielt sich in Dresden ab, sondern in diesem Falle eben auch in Limbach-Oberfrohna.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Auch in Abu Dhabi!)

Demnächst auch in Abu Dhabi, aber vorher wollen wir noch ein bisschen davon profitieren.

Hinzu kommt das Thema HF-Technik, SAW Components oder integrierte Lösungen für den Mobilfunk – Signalion als Stichwort dafür –, drahtlose Kommunikation, NXP semiconductors, DIAS infrared, Infrarotkommunikation, nur um ein paar Begriffe zu nennen. Eine tragende Entwicklung in der Zukunft wird die Fabless Semiconductor Company nehmen, also die relativ kleine, bewegliche Einheit, die entwickelt, die strukturiert und die produzieren lässt.

Wir haben beides. Wir haben die kleinen, leistungsfähigen Einheiten und auch den relativ großen Produzenten X-Fab, der aus ZMD hervorgegangen ist. So denke ich, meine Damen und Herren, dass wir insgesamt ein derartig diversifiziertes Gesamtsystem haben, von dem wir sehr profitieren können, sodass wir sehr zuversichtlich sein können, dass es nicht nur eine ungewisse Zukunft ist, wie alle Zukunft ungewiss ist, sondern dass es eine Zukunft ist, die wir erfolgreich gestalten können.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile das Wort der Fraktion der SPD. Herr Pecher, bitte.

Meine Damen und Herren! Herr Porsch, wenn ich etwas einwerfen darf: Diese Zwischenrufe nerven nicht nur hier vorn, sondern sie nerven auch, wenn man dort hinten sitzt, ehrlich, wenn sie nicht qualifiziert sind.

Meine Damen und Herren, ich denke, Sachsen ist unzweifelhaft ein Standort mit einem hohen Potenzial technologieorientierter Unternehmen. Diese schätzen insbesondere die gute Versorgung mit Forschungsinfrastruktur und die Förderlandschaft. Da insbesondere Clusterunternehmen die Forschungslandschaft schätzen, gilt es, diesen Standortfaktor für Sachsen weiter zu verstärken.

Unser Ansatz, Industrie und Wirtschaft möglichst eng mit universitärer Forschung und Lehre zu verknüpfen, hat beträchtliche Erfolge gebracht. Anschauliche und bekannte Beispiele sind die Region Dresden und – da haben Sie recht, Herr Gerstenberg – SolarWorld Freiberg. Man kann diese, denke ich, getrost als Standorte der Zukunftstechnologie bezeichnen.

(Beifall bei der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Diese Förderung der Vernetzung, der sachorientierten Zusammenarbeit von Wirtschaft und Hochschulen, die

Schaffung der Voraussetzungen für einen effektiven beiderseitigen Wissens- und Technologietransfer ist im Freistaat gelebte Wirtschaftspolitik. Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen ausdrücklichen Dank an das Wirtschaftsministerium, an die Staatsregierung und natürlich an den Wirtschaftsminister Thomas Jurk. – Herr Bolick, Letzterer ist übrigens zurzeit mit dem Ministerpräsidenten in Berlin, um das zu beschließen, was wir gestern mit Erleichterung zur Kenntnis genommen haben.

Aus diesem Grund haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, Forschung auf Spitzenniveau weiter intensiv auszubauen. Das ist ein wesentliches Ziel, um sich im weltweiten Wettbewerb um Investoren und kluge Köpfe erfolgreich behaupten zu können. Denn nach unserem Verständnis ist das Fördern von Innovation, von Kreativität und Erfindungsreichtum eine der tragenden Säulen einer erfolgreichen und vor allen Dingen langfristigen und nachhaltig wirkenden Standortpolitik.

Dr. Hans Deppe, Vizepräsident von AMD, sagte zum Standort Sachsen: „Sachsens Trümpfe sind ein hervorragendes Netzwerk aus hoch qualifizierten und engagierten Menschen, sehr guten Universitäten und Forschungseinrichtungen und nicht zuletzt einer agilen und ansiedlungsfreundlichen Verwaltung.“

Genau hier möchte ich den Bogen wieder in folgende Richtung spannen: Die Infrastruktur in Sachsen ist nach übereinstimmenden Aussagen führender Wirtschaftsvertreter in Sachsen in einem sehr guten Zustand. Aber der Kampf um die Köpfe verschärft sich immer mehr. Deshalb sind in unserem Fokus der Ausbau der Forschungslandschaft, der Ausbau der Bildungseinrichtungen, und zwar angefangen im Kinderbereich und bis hin zum universitären Bereich.

Der Freistaat Sachsen verfügt neben den Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien über einen großen außerhochschulischen Bereich mit 15 Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft, einer Einrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft, sieben LeibnizInstituten, sechs Instituten der Max-Planck-Gesellschaft und zehn Landesforschungseinrichtungen. Er verfügt damit über die notwendigen Ressourcen, seine Ziele weiter zu verfolgen.

Im September endete die erste Runde des bundesweiten Spitzenclusterwettbewerbs. Fünf Sieger wurden ausgezeichnet. Sie werden in den kommenden Jahren mit insgesamt 200 Millionen Euro unterstützt. Zwei Sieger kamen aus Sachsen, nämlich Cool Silicon und das Projekt Solar-Valley Mitteldeutschland. Dies ist ein überragender Erfolg für die beteiligten sächsischen Forschungs- und Wirtschaftseinrichtungen, die sich mit ihren Strategien für Zukunftsmärkte gegen starke Konkurrenz durchgesetzt haben. Damit steigen die Chancen auf dem Gebiet der Mikro- und Nanotechnik sowie der Energietechnologie enorm, an die internationale Spitze der Technologieentwicklung vorzurücken.

Dieser Erfolg zeigt deutlich die Stärke der sächsischen Forschung. Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen,

Forschungseinrichtungen, Unternehmen kann nur regional stärker gebündelt und so ungenutzte Potenziale noch besser ausgeschöpft werden.

Dies werden wir politisch weiter unterstützen und im kommenden Doppelhaushalt den Schwerpunkt weiter auf Bildung, auf Forschung und Entwicklung und auf Förderung von Innovationen legen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Petzold, CDU)

Ich erteile das Wort der Linksfraktion. Herr Hilker, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sollte heute in dieser Aktuellen Debatte von CDU und SPD um den IT-Standort Sachen im globalen Wettbewerb gehen.

Was wir hier gehört haben – zum Beispiel von Ihnen, Herr Rasch –, war eine Einzelaufzählung dessen, was es in Sachsen an Unternehmen gibt. Aber die Entwicklungen, die sich in diesem Bereich vollziehen, der weltweite Konkurrenzwettbewerb und welche Auswirkungen er hat, das wurde nicht beschrieben.

Ja, wir müssen uns doch fragen: Wie sehen andere ITStandorte aus? Wie entwickeln die sich?

Wir müssen uns fragen: Was machen die asiatischen und arabischen Länder? Wie haben sie es geschafft, uns in nicht einmal zehn Jahren zu überholen?

Ja, welche Strategien verfolgen diese Standorte im globalen Standortwettbewerb? Was wollen sie vor allem mit ihren Strategien erreichen? Dann kommt natürlich auch die Frage: Was können wir tun?

Ja, man kann darauf verweisen, dass die staatliche Förderung nicht ausreicht. Abu Dhabi wurde angesprochen. Dort gibt es einen entsprechenden Staatsfonds, der allein fünf Milliarden Euro in die IT-Industrie investieren will.

Sehen wir uns das an, worüber wir diskutieren: Die Koalitionsfraktionen wollen, dass die Fördergrenze – sage ich einmal – für einen Fall von einer Milliarde auf zwei Milliarden Euro angehoben wird. Damit werden Sie nicht groß weiterkommen.

Was machen sie in Abu Dhabi? Da geht es nicht nur darum, die IT-Industrie auszubauen, sondern es gibt ein High-Tech-Cluster, das auch Anwendung im alternativen Bereich der Energieerzeugung schaffen soll. Die Nanotechnologie und die Biotechnologie werden angesiedelt.

Wie sieht es in diesen Ländern im Bereich der Bildung aus? Es gibt wesentlich mehr Leute, die einen Hochschulabschluss erreichen, die die Hochschulreife erreichen. Die Hochschulen sind wesentlich besser ausgestattet, sodass dort Forschung und Entwicklung stattfinden kann.

Ja, wie weltoffen und kulturoffen sind diese Länder? Wie sieht die technische Infrastruktur aus? Dort gibt es fast überall einen Breitbandanschluss.

Ja, wie wird das innovative Potenzial genutzt? Es wird versucht, jede innovative Entwicklung voranzutreiben.

Wie sieht die Realität in Sachsen aus? Wie weltoffen, wie kulturell-innovativ ist Sachsen? Ich sage mal: noch. Fragen Sie doch die Spitzenkräfte der international tätigen Unternehmen, wo sie gern mit ihrer Firma hingehen wollen. Ich glaube, Sie erhalten dort eine eindeutige Antwort.

Wie sieht es denn aus mit dem Breitbandinternetanschluss im gesamten Freistaat Sachsen? Diese Frage können Sie sich selbst beantworten, zumindest diejenigen, die auf dem flachen Land wohnen.