Ein deutliches Zeichen dafür, mit welchem Geist Politik gemacht wird, ist doch, wenn ich höre, dass sinnvolle Anpassungen vorgenommen werden sollen. Das bedeutet schon – und das ist das Einzige, was Sie zu Zwickau gesagt haben –, dass Sie mit Ihren landespolitischen Richtlinien in die kommunale Selbstverwaltung der
Schulträger eingreifen. Sie haben es damit zugegeben. Das war auch das Ziel unserer Debatte: noch einmal im Landtag deutlich zu machen, dass in die kommunale Selbstverwaltung eingegriffen wird, dass weiterhin Schulschließungen und nicht genügend Sanierungen stattfinden und dass es ein landespolitisches Problem ist, das wir sowohl in den kommunalen Vertretungen, aber, wie Kollegin Weihnert gesagt hat, auch weiterhin im Ausschuss thematisieren werden.
Ich kann keine weiteren Wortmeldungen mehr erkennen. Gemeldet sind auch keine mehr. Demzufolge beenden wir diese Aktuelle Debatte und damit auch den Tagesordnungspunkt.
Drucksache 4/12794, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnen CDU und SPD, danach Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Ich erteile den einreichenden Fraktionen das Wort. Frau Abg. Pfeiffer, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der sehnlichste Wunsch fast aller Ehepaare ist ein Kind. Das beglückendste Erlebnis von uns allen, die wir Kinder haben, ist die Geburt der Kinder und die gemeinsame Arbeit, wenn wir die Kinder erziehen können.
Mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2009/2010 gestern durch den Sächsischen Landtag werden die Grundlagen für ein Novum geschaffen, das bundesweit einmalig ist:
(Beifall der Abg. Heinz Lehmann und Thomas Colditz, CDU, sowie der Staatsministerin Christine Clauß)
nämlich die Verbesserung der Finanzierungssituation im Bereich der künstlichen Befruchtung. Wir Sachsen können stolz auf unseren Vorstoß sein, auf unseren sächsischen Haushalt.
(Beifall der Abg. Heinz Lehmann und Thomas Colditz, CDU, sowie der Staatsministerin Christine Clauß)
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erinnern uns: Mit der Umsetzung der Gesundheitsreform von 2004 wurden auch die Regelungen für die Behandlung unerfüllter Kinderwünsche neu gestaltet. Das neue Gesetz bedeutet für die Betroffenen, dass sie nun 50 % der Behandlungskosten für die Befruchtung außerhalb des Körpers selbst zahlen müssen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die anderen 50 % für höchstens drei Behandlungszyklen; vorher waren es vier Behandlungszyklen, die voll erstattet wurden. Das bedeutet, meine Damen und Herren, dass die Kosten für solche Behandlungen zwischen 3 000 und 4 000 Euro schwanken. Die betroffenen Ehepaare müssten daher bei drei Versuchen bis zu 6 000 Euro selber zahlen. Das ist eine finanzielle Hürde,
welche für viele nicht ohne Weiteres stemmbar ist und auch nicht die endgültige Garantie vorweisen kann, dass sich der Kinderwunsch realisiert.
Die Folge davon ist ein Rückgang der Geburten nach künstlicher Befruchtung um circa die Hälfte. Das ist natürlich ein schlechtes Zeichen für uns alle. Dem steht der zunehmende Wunsch vieler Paare nach einem eigenen Kind gegenüber. Jedes siebente Paar in Deutschland bleibt ungewollt kinderlos. Nach einer Umfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach hätten 1,4 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 25 und 59 Jahren gern Kinder gehabt. Nur geklappt hat es leider nicht. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Stress, Umwelteinflüsse, Krankheiten. Es wäre zu viel, alle Ursachen aufzuzählen. Alle Ursachen sind auch noch nicht bekannt. Auch die Alternative einer Adoption ist in den wenigsten Fällen realistisch, da auf einen zur Adoption vorgemerkten Minderjährigen circa zwölf mögliche Adoptiveltern kommen. Auch hier sind Ausnahmen möglich. Ich erinnere nur an den Bundeskanzler a. D., der schon weit über 60 war und bei dem dies trotzdem noch geklappt hat.
Meine Damen und Herren! Dem gilt es entgegenzuwirken. Mit dem vorliegenden Antrag und den finanziellen Mitteln, welche im Doppelhaushalt bereitgestellt werden, schaffen wir die Voraussetzungen, von denen nicht nur die Eltern profitieren, sondern die gesamte Gesellschaft. Angesichts der fallenden Geburtenziffern in den meisten Ländern erhält eine Behandlung, welche darauf abzielt, Störungen der natürlichen Empfängnis und Zeugungsfähigkeit mithilfe ärztlicher Kunst zu überwinden, auch gesellschaftspolitisch eine große Bedeutung.
Meine Damen und Herren! Wir alle sind uns der demografischen Entwicklung bewusst, von der der Freistaat in den nächsten Jahren leider besonders betroffen sein wird. Junge Arbeitnehmer und Fachkräfte fehlen, und die sozialen Sicherungssysteme, so wie sie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten aufgebaut worden sind, lassen sich immer schwieriger finanzieren. Mit diesem vorliegenden Antrag können wir dem zu einem kleinen Teil
entgegenwirken, denn mehr Geburten bedeuten mehr Arbeitskräfte und bedeuten wiederum Produktivität, die den Wettbewerb erhöhen sowie ein günstiges Verhältnis von Rentenempfängern zur volkswirtschaftlichen Aktie herstellen. Aber das wichtigste Argument ist und bleibt: glückliche Eltern und glückliche Kinder!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist sehr individuell, und wenn man die Gelegenheit hat, in den Bereich der betroffenen Menschen durch Gespräche ein Stück hineinzukommen, dann merkt man, dass das Thema sehr viel mehr Leute bewegt, als das im Moment die Repräsentanz des Sächsischen Landtages anzeigt.
Ich gebe gern zu und erkenne an, dass sich hier speziell unser Koalitionspartner stark gemacht hat – und wir haben ihm natürlich keinerlei Widerstand entgegengesetzt –,
dieses Thema – das hat Frau Pfeiffer jetzt gerade sehr schön gesagt – in einer doch guten Art und Weise für Sachsen zu besetzen. Ich denke, wir haben das gestern mit unserer Haushaltsberatung auch gezeigt.
„Assistierte Reproduktion“ nennt sich das im Haushalt. In der Stellungnahme der Staatsregierung nennt sich das „Kinderwunschbehandlung“. Ich finde, das ist ein sehr viel schöneres Wort.
Wörter können auch schön sein, und wir müssen nicht alles, was menschlich passiert, so technifizieren, dass hinterher niemand mehr weiß, was damit gemeint ist.
Weshalb brauchen wir das alles? Die Gesellschaft verändert sich. Ein Beispiel: Ein Ehepaar, beide sind Volljuristen; sie sind beide heute etwa 30 Jahre alt, wenn sie voll ausgebildet sind, aber noch nicht einmal ihre Spezialisierung gemacht haben. Beide möchten also ihre Ausbildung beenden – auch die Frau, und ich denke, das ist auch gut so –, haben aber auch den Kinderwunsch und fragen sich: Sind wir dafür nicht vielleicht schon zu alt? Usw. usf. – Das Gleiche finden wir bei Ärztinnen, Wissenschaftlerinnen usw. usf.
Die Biologie unseres Körpers nimmt darauf keine Rücksicht. Es gibt die biblische Sara, die noch mit 100 Jahren ihr Kind bekommen hat. Aber ich glaube, das ist wohl
Nur als Hinweis: Auch bei den Männern nimmt die Zeugungsfähigkeit mit dem Alter ab. Das ist meistens nicht so bekannt. Wir wissen nicht genau, woran das liegt. Sind es Umwelteinflüsse, die dazu führen, dass wir aus der Umwelt Toxine aufnehmen, oder Ähnliches?
Unsere Gesellschaft sollte Frauen und Männer bei der Erfüllung des nicht nur für das Individuum wichtigen Wunsches unterstützen. Die Gesellschaft profitiert davon, weil unsere Gesellschaft aus meiner Sicht nur durch Kinder ihren eigentlichen Reichtum gewinnt und nicht durch irgendwelche materiellen Werte.
Wir als SPD haben von unserem Parteitag einen klaren Auftrag bekommen. Er lautet, dass wir uns für dieses Thema einsetzen sollen – das haben wir im Zusammenhang mit dem Haushalt gemacht – und dass wir uns auch weiterhin dafür einsetzen sollen und wollen, dass das auch für nicht verheiratete Paare gilt. Das heißt aber Änderung des SGB V. Wir reden hier über eine Bundesangelegenheit. Ich weiß, dass das in der Koalition im Moment nicht mehrheitsfähig ist. Aber zu dieser Problematik – sie taucht ja in zwei Änderungsanträgen auf – wird meine Kollegin noch etwas sagen.
Gibt es Alternativen? Ja, würde ich sagen, wenn auch mit Mühen. Leider sind die Alternativen nicht immer richtig greifbar. Eine Frage ist zum Beispiel die, ob wir uns nicht – diesbezüglich haben wir uns als SPD besonders stark gemacht – der Problematik „Studieren mit Kind“ zuwenden sollten. Da wird viel getan, und da ist noch viel zu tun. Es geht also darum, das Kinderkriegen, um es einmal so platt zu sagen, etwas in die früheren Jahre, nach vorn zu ziehen.
Ganz wichtig ist für mich, dass die Aufwertung der Frauen mit Kindern in dieser Gesellschaft eine noch stärkere Rolle spielen muss.
Und ich wünsche mir – das war so ein Aha-Erlebnis, als wir als Sozialausschuss in Finnland waren – die hohe Anerkennung, die in Finnland den Kindern entgegengebracht wird. Dort nimmt man Kinder so an, wie sie nun einmal als Kinder sind, und nicht so, wie sich manche ihre Kinder vorstellen, nachdem sie einen Formungsprozess durchlaufen haben.
Dazu gehört aus meiner Sicht auch, dass man ein Kind auch mit auf die Arbeit nehmen darf, wenn das möglich ist, ohne gleich schief angeschaut oder gar abgemahnt zu werden. Die Aufwertung der Kinder als eigentlichen Reichtum der Gesellschaft habe ich bereits genannt.
Ich denke, bei diesem Thema sollte man das eine tun und das andere nicht lassen. Glückliche Familien nützen einer jeden Gesellschaft, und Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb ist das, was wir hier wollen, eine rundum gute Sache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Vor uns liegt ein klassischer Schaufensterantrag der Koalition.