Vielen Dank, beides wusste ich. Natürlich habe ich mich mit Ihrem Konzept auch beschäftigt. Entschuldigung – das könnte man gern als Vision vor sich hertragen, aber es ist unrealistisch, das zur Tagespolitik zu machen. Und genau das tun Sie.
Unser Land muss konkurrenzfähig bleiben, denn im Unterschied zu 1989 gibt es diesmal keinen großen, reichen Bruder, der unser Land nach dem Bankrott sanieren kann. Meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, denken Sie doch bitte einmal ernsthaft darüber nach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast genau zwei Jahre nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder fand man sich heute unter anderem deshalb zusammen, um über die Auswirkungen der Agenda 2010 auf den Freistaat zu sprechen. Vielleicht ist es manchen entgangen, aber das haben wir bereits mehrfach getan. Allein die Debatten um Hartz IV und den jüngsten Konjunkturbericht sind nicht völlig losgelöst von der Agenda 2010 zu betrachten. Eine solche Debatte macht aus unserer Sicht aber nur dann Sinn, wenn die Staatsregierung als Grundlage dieser Debatte ihre Erkenntnisse und insbesondere daraus resultierend aus ihrer Sicht zu ziehende Konsequenzen schildert. Ich möchte über den Freistaat hinausblickend feststellen, dass es sich bei der Agenda 2010 um ein neoliberalistisches Reformprojekt handelt, welches dem Markt der Verpflichtung, sozial zu sein, entgleitet und die Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik gefährdet.
Weil das Thema soziale Gerechtigkeit nicht nur allein ein Thema des Freistaates ist, sondern die gesamte Republik angeht, muss so eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema auch eine Grundsatzdiskussion zu den Grundzügen des Reformvorhabens sein, die zum Ziel hat, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob dieses Haus gewillt ist, sich
Worüber reden wir eigentlich beim Stichwort Agenda 2010? Wir reden über die Kürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld, die Herabsetzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau, wir reden über Eintrittsgebühren in Arztpraxen, höhere Zuzahlungen der Versicherten bei Therapien, bei Medikamenten und die komplette Streichung einiger Leistungen aus dem Katalog der Krankenkassen. Wir reden über die Aushöhlung flächentariflicher Standards und die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten, so zum Beispiel beim Kündigungsschutz. Wir reden über eine Politik, die Arbeitnehmer und sozial Schwache belastet, während sie sich gegenüber der Wirtschaft nach wie vor mit unverbindlichen Appellen begnügt. Kurzum, wir reden über einen beispiellosen Sozialabbau und Sozialraub dieser rot-grünen Bundesregierung. Geschuldet ist dies natürlich stets irgendwelchen Sachzwängen, zumeist im Zusammenhang mit einer globalen Wettbewerbsfähigkeit, die uns Tag für Tag sowieso schon mit Pauken und Trompeten um die Ohren gehauen wird.
Nachdem man jahrelang dem demografischen Zusammenbruch unseres Volkes tatenlos zusah und sich in einem internationalen Steuersenkungswettlauf bei den Unternehmen ereiferte, besitzt dieselbe Klientel heute die Stirn, nach einer breiteren Finanzierungsgrundlage für die sozialen Sicherungssysteme zu schreien. Auffallend ist auch, dass für diese fragwürdigen Sozialmodernisierer als Finanzierungsbasis zur sozialen Gerechtigkeit niemals Vermögen und Kapitaleinkommen infrage gestellt wurden. Dr. Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge werden aber in anderen Ländern Einkommen, Gewinn sowie Vermögen weitaus stärker steuerlich belastet als in Deutschland.
Ich möchte noch im Zusammenhang mit der Agenda 2010 auf den aktuellen Konjunkturbericht verweisen. Da das Reformprojekt Agenda 2010 die Ärmsten der Gesellschaft trifft, bleiben die Auswirkungen auf die Binnenkonjunktur natürlich nicht aus. Vor der Belastung der Kaufkraft durch die Agenda 2010 haben wir seinerzeit gewarnt.
Auch der aktuelle Konjunkturbericht der IHK Sachsen bestätigte uns, wie wir in einer der letzten Sitzungen feststellen konnten.
Abschließend möchte ich noch den kleinen Koalitionspartner der Staatsregierung daran erinnern, dass selbst Ihre Parteigenossin Sigrid Skarpelis-Sperk – das spricht sich ähnlich aus wie Skinheads Sächsische Schweiz –
die Agenda 2010 als ökonomisch unvernünftig betrachtet, da sie zu mehr Massenarbeitslosigkeit und weniger Wachstum führt.
Nein. Vor diesem Hintergrund ist es das Interesse der NPDFraktion, künftig ihr ökonomisches Vernunftverhalten bei der Regierungsarbeit aufmerksam zu begleiten, besonders reizvoll.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum dieser Antrag auf diese Debatte? Kann es vielleicht daran liegen, dass die PDS im Bundestag keinen Fraktionsstatus hat und dort diese Dinge nicht beantragen kann? Mit der Politik im Landtag hat das offensichtlich wenig zu tun. Ich gestehe der Staatsregierung gern zu, dass die Probleme, die sich aus der unzureichenden Umsetzung der Agenda 2010 ergeben, nicht Gegenstand der Arbeit der Staatsregierung sind. Die Agenda 2010 beinhaltet Schritte in die richtige Richtung. Das haben wir immer gesagt.
Das Problem der Agenda 2010 ist nicht, dass es sie gibt, sondern dass sie erstens nicht weit genug geht und zweitens auch nicht konsequent umgesetzt wurde.
Herr Kollege, habe ich Sie recht verstanden, dass Sie eingangs kritisiert haben, dass wir eigentlich ein Bundesthema hier im Landtag thematisieren? Wenn ich Sie da recht verstanden habe, dann frage ich Sie, warum Sie in den Wahlkampf gegangen sind mit der Losung „Herz statt Hartz“?
Herr Prof. Porsch, wir sind deswegen mit diesem „Herz statt Hartz“ in den Landtagswahlkampf gegangen, weil wir der Auffassung sind, dass wir die Leute darauf hinweisen mussten, wie schädlich diese Regelungen gerade für die ostdeutschen Bundesländer sind.
Also, Frau Hermenau, wenn ich an die Auftritte der GRÜNEN im Sächsischen Landtag denke, dann weiß ich, was wirklich peinlich ist.
Sie sollten mich einmal ausreden lassen, dann erfahren Sie nämlich auch, was Sie eigentlich wissen sollten.
Es ist deshalb schädlich, weil es die Voraussetzungen hier im Freistaat nicht berücksichtigt. Hartz IV schafft keine neuen Arbeitsplätze.
Man hat den Bürgerinnen und Bürgern suggeriert, dass genau das der Fall sein würde. Das ist nicht der Fall. Wir haben darauf hingewiesen, dass bei einer Arbeitslosenquote von 20 % Hartz IV nicht taugt, um Arbeitsplätze zu schaffen.
Ich sage einmal – und nehme mir das auch als jemand aus den alten Bundesländern heraus –: Hartz IV war ein Gesetz von Wessis für Wessis.