Protokoll der Sitzung vom 13.03.2009

Beim DRG-System im Krankenhaus hat man sich eine Übergangszeit von fünf Jahren genommen. Es ist gut gegangen. Die Häuser haben sich darauf eingestellt. Sie wissen, was sie bekommen. Sie arbeiten damit.

Klare Ansage von meiner CDU-Fraktion: Der ganze zentralistische Wahn schlägt nun zurück. Er muss aufgehalten werden. Deshalb fordern wir: Weg von dem Zentralismusvorhaben und der Form, dass nur Spitzenverbände auf Bundesebene über die Verteilung von Geldern entscheiden, zurück zur Zuständigkeit der Länderebene! Das heißt, dorthin, wo die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung tatsächlich liegt, muss auch die Verteilungskompetenz wieder. Die Honorarmassen müssen auf die Länder aufgeteilt und in die Hände der Akteure gegeben werden, die dann die doppelte Facharztschiene absichern und nicht, wie von Berlin eigentlich geplant, abschaffen. Es muss die Sicherstellung des Arztes als freier Beruf auch in der Zukunft gewährleistet werden, um die wohnortnahe haus- und fachärztliche Versorgung für die Menschen zu sichern. Dabei ist es wirklich wichtig, dass der niedergelassene Arzt, ob Facharzt oder allgemeiner Arzt, eine lebens- und existenzsichernde Arbeit garantiert bekommt.

Wir fordern selbstverständlich eine sofortige Überarbeitung des Honorarsystems zu einem transparenten und fairen System. Dafür ist die Bundesebene verantwortlich. Dafür sind die dortigen Gremien ja auch da.

Wir fordern als Letztes, alle möglichen Schritte von den Organen der Selbstverwaltung auch in Sachsen zu unternehmen, dass die fachärztliche Versorgung abgesichert wird und dass keine weiteren übereilten Kompromisse zulasten der Ärzte kommen, die eigentlich unsere Bevölkerung in ihrer gesundheitlichen Versorgung absichern sollen. Wir brauchen nach wie vor die gute gesundheitliche Versorgung.

Ich finde es nicht fair, die Abschaffung der KVs zu fordern. Das ganze Konstrukt dieses Honorarsystems verstehen nur diejenigen, die es gestrickt haben. Das

verstehen vielleicht nicht einmal alle in den GKVs oder in den Spitzenverbänden der Ärzte. Vielleicht verstehen das nur eine Handvoll Leute, die mit Sicherheit zum Teil im Ministerium sitzen. Ich bezweifele, dass es Herr Lauterbach versteht. Es kann gar nicht sein, dass die KVs dieses System zu 100 % perfekt verstehen. Wir müssen ihnen die Hand geben und mithelfen und nicht, wie Herr Lauterbach gesagt hat: „Falls es nach der Bundestagswahl 2009 zu einer Ampelkoalition kommt, dann sehe er die Mehrheit für die Abschaffung der KVs.“

Ich warne die Ärzte davor, die Selbstverwaltung ihrer Vertreterschaft selbst abzuschaffen. Sie hat sehr gute Dienste geleistet, nur momentan gibt es Probleme. Diese wurden aber wirklich auf der Berliner Ebene konstruiert.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Linksfraktion bekommt das Wort. Herr Wehner, Linksfraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab – es ist zum Schlechtwerden.

Frau Strempel, wie häufig haben wir selbst schon hier vorn gestanden und genau auf diese Dinge hingewiesen, die Sie heute anmahnen. Damals haben wir uns sagen lassen: Zuständig sind doch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Diese sind mit dem Sicherstellungsauftrag betraut und haben dafür zu sorgen, dass die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum läuft.

Zur FDP: Das Thema macht mir Schwierigkeiten. Niedergelassene Fachärzte stärken – Qualität der medizinischen Versorgung in den Regionen sichern! Natürlich! Für die medizinische Versorgung in den Regionen unbedingt! In Sachsen reden wir schon seit Anfang der 4. Legislaturperiode immer wieder über das Thema und haben uns in den letzten Sitzungen ausgerechnet von der CDUFraktion immer sagen lassen, es ist alles zum Besten.

(Kerstin Köditz, Linksfraktion. Genau!)

Meine Damen und Herren, ich werde hier überhaupt nicht von Honorarverteilung reden, weil dazu keine Zeit ist. Dieses Konstrukt ist viel zu kompliziert, als dass man in einer Aktuellen Stunde darüber reden könnte. Was mich ein bisschen überrascht – es hat heute noch keiner richtig gesagt, um wen es eigentlich geht. Es geht um die Versicherten, es geht um die Menschen mit chronischen Erkrankungen, es geht um die Menschen mit körperlichen, geistigen, seelischen oder Sinnesbeeinträchtigungen, die der medizinischen Versorgung bedürfen.

Eine hochwertige Gesundheitsversorgung unabhängig vom Einkommen ist regelmäßig zu leisten. Dazu tragen ein Wettbewerbsstärkungsgesetz, der Gesundheitsfonds oder die bisherigen Vorschriften, die es auf Bundesebene gibt – Frau Strempel, das stimmt –, nicht in ausreichendem Maße bei. Wir haben hier schon oft genug gesagt, der

Gesundheitsfonds ist Murks. Gut, dass Sie das heute auch so sehen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Womit haben wir es zu tun? Es gibt eine Konzeptionslosigkeit in der Politik. Es gibt eine Konzeptionslosigkeit in der Koalition. Und, Frau Strempel, es ist eben nicht allein die Gesundheitsministerin dafür verantwortlich zu machen. Wer hat denn hier Richtlinienkompetenz? Wer entscheidet denn eigentlich im Bundestag? Wir haben es mit bundesrechtlichen Regelungen zu tun. Da waren Ihre Parteifreunde auf der Bundesebene genauso aktiv beteiligt und haben die Hand zur Zustimmung zu diesen Regelungen gehoben. Möglicherweise ist der Gedanke ja dort gewachsen, aber wer hat von Ihnen protestiert? Keiner. Das System ist krank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das System muss geändert werden. Womit haben wir es zu tun? Ärzte werden zur Kasse gebeten, weil sie getreu ihrem Eid Menschen medizinisch versorgen, ohne dabei immer auf das Budget zu achten. Dafür werden sie übrigens von ihrer Selbstverwaltungsgemeinschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung, zur Kasse gebeten. Patienten müssen trotz Versicherung des Krankheitsrisikos zuzahlen. Nun sollen sie sogar noch, wenn man Dr. Heckemann hört, auch weiter zuzahlen. Ärzte haben weniger Zeit für ihre Patienten, weil sie in der Tat mehr Bürokratieaufgaben bewältigen müssen. Die Zeit für das bedeutungsvolle Gespräch mit dem Patienten, damit er mit seiner Lebenssituation besser zurechtkommt, ist nicht mehr gegeben.

Die Politik der Koalition auf Bundesebene ist einfalls- und konzeptionslos. Was sie nicht in der Lage ist zu leisten, gibt sie an den gemeinsamen Bundesausschuss, die sogenannten Selbstverwaltungsorgane der Krankenkassen oder eben der Ärzte weiter. Das ist einfach schizophren. Jetzt regen wir uns darüber auf. Und der Staat schaut einfach zu, meine Damen und Herren. Es ist zu überlegen, ob wir die Kassenärztlichen Vereinigungen, wenn sie immer so gegen ihre eigenen Ärzte vorgehen, in ihrer Existenz so belassen oder nicht. Es ist überhaupt zu hinterfragen, ob wir ein solches Gesundheitssystem, wie es derzeit ist, weiterhin wollen.

Es wurde hier darauf hingewiesen, dass wir das Gesundheitssystem der DDR nicht haben wollen. Dieses einheitliche System mit Polikliniken und den medizinischen Versorgungszentren hat auf jeden Fall dazu beigetragen, dass die Leute trotzdem medizinisch gut versorgt waren. Das sollten wir nicht vergessen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die SPD-Fraktion erhält noch einmal das Wort. Frau Dr. Schwarz, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wehner hat es schon ausgesprochen, aber ich möchte es auch noch einmal

sagen. Es ist leicht, auf die Bundesgesundheitsministerin einzuhauen, aber sie ist immerhin in ein Kabinett eingebunden und die Kanzlerin hat Richtlinienkompetenz.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Der Bundestag hat diese Reform mit Mehrheit beschlossen. Die Frage ist jetzt aber, was die Grundlage für ein Gesundheitssystem ist, wie es vielleicht die sächsische CDU oder die FDP wollen. Sie wollen eine Grundversorgung für alle, und die Zusatzversorgung soll bitte schön privat erbracht werden. Sie sorgen sich um die Ärzte – das ist ihr gutes Recht –, aber wir sorgen uns auch um die Patienten.

(Beifall bei der SPD)

Will von der Fraktion GRÜNE noch jemand sprechen? – 02:05 Minuten.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich schon sehr, dass jetzt nur die Bundesebene im Blick ist. Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir die Kassenärztliche Vereinigung in Sachsen als Selbstverwaltung haben. Diese hat ihre Aufgaben nicht erfüllt. Ich habe schon darauf hingewiesen. Sie hat dieses Honorarsystem nicht rechtzeitig ihren Mitgliedern transparent gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und des Abg. Horst Wehner, Linksfraktion)

Sie hat erstens die Bescheide zu spät verschickt, zweitens Vorschub geleistet, dass Ärzte gedacht haben, dieses Jahr bekommen sie das große Geld. Sie hat sie nicht darüber informiert, dass die Grundlage für die Reform das Jahr 2007 und nicht das Jahr 2008 ist. Da gab es nämlich schon eine Steigerung. Also war die Erwartungshaltung überzogen. Das hat die Kassenärztliche Vereinigung nicht richtiggestellt. Sie weist die Ärzte drittens auch nicht darauf hin, dass während des Jahres Rückstellungen zu bilden sind, dass man also nicht im Januar das ganze Geld ausgeben kann, weil man sonst für bestimmte Sachen, die vielleicht noch kommen, kein Geld mehr hat.

Wenn die Kassenärztliche Vereinigung kürzlich zu Vertreterinnen der Kinderärzte sagte, dass sie doch erst einmal nachweisen sollen, dass sie im Januar tatsächlich Honorareinbußen hatten, bevor die KV etwas tut, dann muss sich die KV fragen lassen, wessen Interessen sie eigentlich vertritt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist das Problem. Wir brauchen nicht immer auf die Bundesebene zu schielen. Eine Lösung gibt’s ja und die heißt Bürgerversicherung.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der Abg. Heike Werner, Linksfraktion)

Wünscht die CDUFraktion noch einmal das Wort? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich, wer das schwere Amt der Vertretung der Ministerin übernimmt. – Herr Kupfer, bitte.

Moment. Herr Dr. Pellmann wollte noch sprechen. Vor dem Minister oder danach?

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Lieber danach, das macht sich besser!)

Also Herr Minister Kupfer, bitte.

Pack mer’s, es gibt nämlich Leute, die haben Hunger.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Das hat auch was mit Gesundheit zu tun!)

Genauso ist es.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Die antragstellende FDP-Fraktion sieht die Zukunft der niedergelassenen Fachärzte bedroht. Es ist durchaus sinnvoll, diesen Fragen auch einmal außerhalb von aktuellen Gesetzgebungsverfahren nachzugehen. Allerdings wäre der Deutsche Bundestag der bessere Ort für diese Diskussion. Denn es sind die Bundesgesundheitsministerin und hochrangige Vertreter ihres Ministeriums, die immer wieder darüber debattieren, ob selbstständige niedergelassene Fachärzte abgeschafft und in die Krankenhäuser integriert werden sollten, weil dabei angeblich überflüssige Kosten gespart werden könnten.

Diese Äußerungen haben bislang inoffiziellen Charakter. Es wäre tatsächlich interessant, einmal über den Deutschen Bundestag eine offizielle Position der Bundesgesundheitsministerin zu diesem Thema einzuholen.

Aus Sicht der Sächsischen Staatsregierung kann ich nur sagen: Wir können uns eine ärztliche Versorgung ohne niedergelassene Fachärzte nicht vorstellen.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Wir denken auch nicht, dass eine doppelte Facharztschiene unnötige Kosten verursachen würde. Es gibt genügend gesundheitsökonomische Untersuchungen, die beweisen, dass es teurer wäre, wenn fachärztliche Leistungen ausschließlich in Krankenhäusern angeboten würden. Auch die Versorgungsqualität würde sinken, weil die Wege für den Patienten länger würden und die Versorgung unpersönlicher. Deshalb halte ich nichts von derartigen Planspielen. Ich glaube übrigens nicht, dass die Honorarreform zielgerichtet auf den Weg gebracht wurde, um die Fachärzte zu schwächen. Trotzdem haben sich viele von ihnen mit Eingaben und Beschwerden an das Staatsministerium für Soziales gewandt.