Sie wollen mich mit Ihrem Antrag verleiten, die Entscheidungen noch ein paar Jahre hinauszuschieben. Wenn Sie logisch nachdenken, dann würden Sie genau das damit verstärken, was Sie mir jetzt vorwerfen: Wenn nämlich keine Entscheidungen getroffen werden, dann ist die Folge, dass es immer häufiger solche Fälle geben wird.
Wir müssen in Sachsen endlich zu einem stabilen Schulnetz kommen, das der Realität entspricht, damit genau solche Dinge nicht passieren.
Es gibt ein weiteres Problem, das im Grunde genommen nicht lösbar ist. Sie können planen, wie Sie wollen, Sie können als Landkreis einen Schulnetzplan aufbauen, wie Sie wollen.
Es ist ja ziemlich paradox, dass mir im Lande diese Vorwürfe gemacht werden, wo ich doch lediglich auf die Einhaltung eines Gesetzes poche. Das ist meine Pflicht.
Es ist meine Pflicht als Minister, die Einhaltung von Gesetzen durchzusetzen. Nicht mehr tue ich gegenwärtig.
Das Problem besteht darin, dass wir in Sachsen ganz bewusst sagen, dass es eine freie Schulwahl gibt. Bisher ist mir nicht bekannt, dass irgendjemand hier im Hohen Haus nicht dazu stehen würde.
Es gibt in Sachsen eine freie Schulwahl. Das heißt, Sie können planen, wie Sie wollen, Sie können Schulen sanieren, wie Sie wollen, Sie können pädagogische Konzepte erstellen, wie Sie wollen – und dann entscheiden sich Eltern ganz anders, weil nämlich Eltern ihre Kinder dort anmelden können, wo sie das für richtig halten. Das ist, finde ich, in einer freiheitlichen Gesellschaft ganz richtig. Aber dann müssen wir als Staat, als Kommunen entsprechend reagieren. Genau in diesem Prozess stehen wir.
Frau Günther-Schmidt, es war richtig, dass Sie das deutlich angesprochen haben. Im Grunde geht es um eine Änderung des Schulgesetzes.
Widerspricht es der freien Schulwahl, wenn Regionalschulämter angemeldete Schüler auf andere Schulen verteilen?
Das würde voraussetzen, dass wir ein stabiles Schulnetz haben. Dann wäre das nämlich nicht notwendig. Notwendig sind solche Umvermittlungen dadurch, dass eine Schule, solange sie geöffnet ist, im Prinzip natürlich Anmeldungen entgegennehmen kann.
Schauen wir uns einmal an, wie das Privatschulen tun. Sie entscheiden das im Prinzip alles am Anmeldetag. Die sagen entweder, dass es möglich ist oder dass die Klasse voll ist und keine neue eingerichtet werden kann bzw. diese oder jene Möglichkeiten nicht vorhanden sind. Dann beginnen sich – was ich im Übrigen für die bessere Variante halte – die Eltern noch am Anmeldetag umzuorientieren und melden sich an einer anderen Schule an. Das gibt unser System im Augenblick nicht her.
Das Problem ist umso größer, je mehr unsichere Schulen wir haben. Da müssen Sie mir logischerweise Recht geben. Deshalb arbeite ich gegenwärtig daran, dass das Schulnetz sicherer wird.
Ich will einen Vorwurf zurückweisen, und zwar den Vorwurf der PDS-Fraktion. Frau Bonk, auch wenn Sie es mit noch so einem charmanten Lächeln immer wieder im Land verbreiten, wird es nicht richtiger. Im Grunde beschwindeln Sie die Leute. Sie sagen den Leuten im Land, der Freistaat wolle mit den gegenwärtigen Mitwirkungsentzügen sparen.
Der Schulträger spart möglicherweise, weil er dann das Gebäude nicht heizen muss, weil er den Hausmeister oder die Schulsekretärin nicht stellen muss.
Dem Freistaat Sachsen geht es gegenwärtig mit meiner Arbeit ausschließlich darum, zu verhindern, dass die Schulen so klein werden, dass wir irgendwann an eine Grenze kommen, wo die Bildungsqualität nicht mehr abgesichert werden kann. Darauf haben wir uns im Schulgesetz verständigt. Wir haben lange darum gerungen.
Das ist nicht von einem Tag auf den anderen entstanden. Wir wollen ganz bewusst in Sachsen eine Bildungsqualität sichern, so dass es vor allen Dingen zu keinem Unterschied zwischen Stadt und Land kommt. Bei diesem Ziel bleibt es.
Es ist gelogen, wenn Sie sagen, dass der Freistaat mit den gegenwärtig ablaufenden sehr schmerzhaften Prozessen beabsichtigen würde zu sparen.
Stimmen Sie mir also zu, dass auch in kleinen Schulen Bildungsqualität vorhanden sein kann? Wenn es keine finanzpolitischen Erwägungen sind – was Sie bestreiten –, was hindert Sie dann daran, bei gleicher Stellenanzahl eine größere Anzahl von wohnortnahen Schulen zu erhalten, in denen die entsprechende Bildungsqualität vorgehalten werden könnte?
Ich habe nie bestritten, dass auch in einer kleinen Schule Qualität angeboten werden kann. Das sehen wir in der Tat – das ist richtig – an Finnland. Aber, wissen Sie, Finnland hat doch völlig andere Bedingungen.
Meinen Sie, dass Finnland das finnische Schulsystem unter den Bedingungen von Sachsen umsetzen würde? Glauben Sie das wirklich? Das machen Sie den Leuten weis.
Ich will deutlich sagen, dass die Politik, die ich verfolge, nicht die nächsten zwei Jahre im Blick hat, sondern die nächsten 15, 20, 25 Jahre. Da will ich ganz offen aussprechen, dass darin auch eine gewisse Vorsorge für die Kommunen steckt. Aber das hat auch wieder etwas mit meiner Sorge für die Bildungsqualität zu tun. Die finanzpolitische Entwicklung steht nicht nur dem Freistaat Sachsen, sondern sie steht in gleicher Weise den Kommunen bevor. Wir möchten, dass die Kommunen konzentriert in Schulen investieren und sie sanieren. Aber es geht nicht nur darum, dass dort ein ordentliches Gebäude steht. Es geht auch um Lernmittel und darum, dass Geld zur Verfügung steht, um den Schülerinnen und Schülern beste Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Das habe ich durchaus mit im Blick.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich dankbar bin, wenn der Antrag abgelehnt wird. Es würde uns überhaupt nichts bringen, die jetzt notwendigen, wenn auch schmerzlichen Entscheidungen zu verschieben. Ich will dem Hohen Hause aber versprechen, dass wir mit Augenmaß in den nächsten Tagen die Entscheidungen treffen werden. Ich bin überzeugt, dass dies langfristig für die Bildungsqualität in Sachsen zum Vorteil sein wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon etwas frustrierend, erleben zu müssen, wie wenig die Koalition bereit ist, auf Probleme, die offensichtlich im Lande über Parteigrenzen hinweg wahrgenommen werden, einzugehen und eine Lösung dafür zu finden. Herr Flath, Sie haben gesagt, die Schülerzahlen gehen zurück. Das ist richtig.
Aber die Frage ist doch: Passen wir jetzt die weniger werdenden Schüler an das Schulsystem, dass Sie Anfang der neunziger Jahre entwickelt haben, an oder passen wir das Schulsystem an die neuen Bedingungen an? Wir sind für die zweite Variante, meine Damen und Herren.
Sie sprachen davon, dass nur durch Ihre Politik die Unterschiede zwischen Stadt und Land in den Bildungsangeboten verhindert werden können. Das ist kompletter Nonsens. Genau Ihre Politik führt dazu, dass die Unterschiede zwischen Stadt und Land zunehmen, weil die Schulschließungen eben nicht in erster Linie ein Problem der Großstädte sind, sondern eher dramatische Konsequenzen mit Fahrzeiten von 1,5 bis zu 2 Stunden auf dem flachen Lande entstehen und Schüler, die dort zur Schule gehen, zu den ohnehin geringeren Auswahlmög
lichkeiten noch mehr Nachteile haben. Das heißt, Ihre Politik führt zu weniger attraktiven Regionen und zu einer Benachteiligung der Schüler auf dem flachen Land.
Herr Colditz, Sie haben gestern sinngemäß im Fernsehen gesagt, dass wir die Schulen schließen müssen, damit wir Bildungsqualität aufrechterhalten und erhöhen können. Herr Flath hat vorhin erzählt, dass es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen Schulgröße und Schulqualität gibt. Da hat Herr Flath Recht, denn den gibt es nicht. Das zeigen auch die internationalen Erfahrungen. Insofern ist Ihr Argument fehl am Platz.