Protokoll der Sitzung vom 19.05.2005

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Als weiteren Redner im Schlusswort bitte ich Herrn Abg. Morlok.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte kein Schlusswort halten, sondern nach § 57 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages beantragen, dass der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, wahlweise der Wirtschaftsminister, herbeizitiert wird, um eine Aussage zum Abstimmungsverhalten im Bundesrat zu machen.

(Beifall bei der FDP und der PDS)

Sie gestatten einen kleinen Moment des Nachlesens.

(Kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren! Der Antrag war gestellt. Wir brauchen aber jetzt nicht unbedingt darüber abzustimmen. Der Ministerpräsident ist erschienen. Die Staatsregierung ist demzufolge aussagekräftig vertreten.

Die FDP-Fraktion und die PDS-Fraktion hatten sich darüber verwundert, dass es von der Staatsregierung zu dem Antrag keine Meinung gab.

Ich frage Herrn Ministerpräsidenten, der zu jeder Zeit das Wort ergreifen kann, ob er zu beiden Anträgen, die zur Debatte stehen, jetzt sprechen möchte. – Herr Ministerpräsident, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Position der Koalitionsfraktionen in dieser Frage ist nicht übereinstimmend. Nach dem Koalitionsvertrag ist es so, dass wir uns im Zweifel bei entsprechenden Bundesratsabstimmungen der Stimme enthalten. Ich glaube, das ist auch jedem klar, der die politische Lage kennt. Insoweit ist diese Auskunft von mir auch nicht neu. Die hätte jeder andere auch geben können. Die beiden Fraktionen, die meine Anwesenheit gefordert haben und das aus meinem Munde hören wollten, haben das hiermit gehört. Es ist hiermit geschehen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Dr. Schmalfuß zum Schlusswort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon verwunderlich, dass es erst eines Antrages der FDP-Fraktion bedarf, um Mitglieder bzw. den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen hierher zu zitieren, um eine Antwort zu bekommen, wie denn die Meinung der Staatsregie

rung zu dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz bzw. Mindestlohngesetz ist. Ich kann verstehen, dass man sicherlich in einer Koalition unterschiedliche Meinungen haben kann, aber wenn es um so ein wichtiges Thema geht, dann erwarte ich, dass die Staatsregierung ganz klar eine Meinung hat und nicht einfach sagt: entweder – oder.

(Beifall bei der FDP und der PDS)

Der Gesetzentwurf von Rot-Grün im Bundestag zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes suggeriert den Bürgern, dass man mit einer schlichten Gesetzesänderung, quasi mit einem Federstrich, Probleme lösen kann. Wenn es nur so einfach wäre, wie sich vielleicht einige sozialistische Träumer vorstellen, wären wir weiter. Hier wird den Bürgern Sand in die Augen gestreut und mit deren Ängsten gespielt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Feinstaub!)

Das ist rot-grüner Populismus in reinster Form.

(Beifall bei der FDP)

Wir erinnern uns: Am vergangenen Donnerstag stimmte eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages der Europäischen Verfassung zu. Am Freitag darauf, dem 13., kommt die Rolle rückwärts und Rot-Grün bringt eine Änderung des ArbeitnehmerEntsendegesetzes in den Deutschen Bundestag ein. Mit anderen Worten: Am Donnerstag werden die Grenzen geöffnet, am Freitag werden sie wieder dicht gemacht.

Mindestlöhne, meine sehr verehrten Damen und Herren, egal ob gesetzlich oder quasi gesetzlich, wie das Entsendegesetz verdrängen reguläre Arbeit, das heißt, sie fördern die Schwarzarbeit in Deutschland.

(Beifall bei der FDP)

So ist nun einmal die Wahrheit, es sei denn, hinter jedem Unternehmer und jedem Arbeitnehmer steht ein staatlicher Aufsichtsbeamter. Wenn das Gesetz konsequent umgesetzt wird, braucht der Staat also einen riesigen Überwachungsapparat. Was kostet dieser Apparat den Steuerzahler und damit auch den sächsischen Bürger? Rot-Grün weiß es selber nicht einmal. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu lapidar: „Der Vollzugsaufwand kann zurzeit noch nicht abgeschätzt werden.“

Das Gesetz von Rot-Grün sichert nicht einen einzigen Arbeitsplatz, weder im Fleischergewerbe noch bei den Fliesenlegern oder Raumpflegern, also genau in den Branchen, die in der letzten Zeit in der Diskussion sind. Im Gegenteil, das Gesetz steht im Gesamtzusammenhang mit der aktionistischen SPD-Grünen-Politik wie staatlich subventionierten Ein-Euro-Jobs, die Unternehmen und Arbeitsplätze auch in Sachsen zerstören. Das sind die Fakten. Ich weiß, dass Sie das nicht wahrhaben wollen.

Trotz des Bestehens des Gesetzes wurden in der Vergangenheit beispielsweise in der Baubranche seit 1996 rund 600 000 Arbeitsplätze abgebaut.

Herr Lämmel, Sie haben schon fast Zustimmung zu unserem Antrag signalisiert. Ringen Sie sich durch und stimmen Sie für den Antrag der FDP: Keine Zustimmung Sachsens zur Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsende

gesetzes zum Wohle der sächsischen Wirtschaft und der sächsischen Arbeitnehmer! Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Von der Staatsregierung wird noch einmal das Wort gewünscht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe lange Zeit diese Debatte intensiv verfolgt. Ich hatte aber gerade einen langfristigen Termin mit einem großen deutschen Unternehmen, das in Sachsen sehr viele Arbeitsplätze schafft und erhält. Ich habe gerade über Investitionen gesprochen. Ich bitte deshalb um Verständnis, dass ich der Debatte heute nicht in ganzer Länge beiwohnen konnte. Ich habe dennoch gehört, der Ministerpräsident hat das Wort ergriffen. Fakt ist, die Staatsregierung hat sich zu dem Thema als Ganzes noch keine endgültige Meinung gebildet. Ich fand es auch richtig, dass sowohl die CDU durch Herrn Lämmel als auch die SPD-Fraktion durch Herrn Brangs dargestellt hat, dass es sicher unterschiedliche Haltungen auch zu diesem Thema gibt. Ich glaube auch – deshalb bin ich 1989 auch auf die Straße gegangen –, dass es gut ist, wenn man auch einmal Themen strittig diskutiert. Dass wir es immer geschafft haben – das sage ich auch –, uns irgendwo zusammenzuraufen, werden wir auch bei anderen Themen schaffen. Da bin ich mir sehr sicher. Nur, es muss jedem gestattet sein, dass er auch selber sagt, wofür er steht. Aber in einer Koalition heißt es eben auch Gemeinsamkeiten zu finden und gemeinsam zu agieren. Wenn das Thema wirklich entscheidungsreif ist, werden wir uns intensiv damit befassen. Ich bin mir sehr sicher, dass wir mit guten Argumenten der beiden Seiten einen guten Weg für das Land finden. Insofern bitte ich nochmals um Entschuldigung, dass ich der Debatte nicht ständig

beiwohnen konnte, aber es gab auch Dinge, die für mich an dieser Stelle ausnahmsweise prioritärer waren. Ich hoffe auch, dass wir in diesem Parlament weiter so gut und lebendig wie bisher diskutieren, dass wir aber auch wissen, worum es am Ende geht.

(Beifall bei der SPD)

Bitte, Herr Dr. Gerstenberg.

Frau Präsidentin! Nur eine Kleinigkeit: Ich bitte darum, dass im Antrag der PDS-Fraktion über Punkt I.2 einzeln abgestimmt wird.

Dann kommen wir zur Abstimmung zum Antrag der PDS-Fraktion, Drucksache 4/1376. Ich stelle den Punkt I.2 zunächst einzeln zur Abstimmung und Frage nach der Zustimmung. – Ich frage nach den Gegenstimmen. – Stimmenthaltungen? – Bei Für-Stimmen und Stimmenthaltungen ist dieser Punkt I.2 mehrheitlich abgelehnt worden.

Dann können wir über die Punkte I.1, 3 und 4 sowie die Punkte unter II. gemeinsam abstimmen. Ich frage nach den Für-Stimmen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Dafür-Stimmen und einer Mehrzahl von Gegenstimmen ist diesen Punkten mehrheitlich nicht zugestimmt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 4/1550. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Dafür-Stimmen und einer sehr großen Anzahl von Gegenstimmen ist diese Drucksache nicht beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, damit können wir den Tagesordnungspunkt 4 beenden. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

Wohnortnahe Schulen erhalten – Kommunale Selbstverwaltung stärken

Drucksache 4/1555, Antrag der Fraktion der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge der ersten Runde wird sein: FDP, CDU, PDS, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Abg. Herbst.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen und insbesondere gestern haben wir zum Thema Schulen und Schulschließungen eindrucksvolle Demonstrationen erlebt. Selbst die Vertreter der Koalitionsfraktionen haben zugegeben, dass sie überrascht waren von ihrer Dimension. Es ist vielleicht normal, dass Schüler, Lehrer und Eltern um ihre Schulstandorte kämpfen, aber dass auch

Kommunalpolitiker, und zwar mit den verschiedensten Parteibüchern, in Größenordnungen zur Demonstration vor dem Sächsischen Landtag mobilisiert haben, ist, denke ich, ein Zeichen dafür, dass es nicht nur um die Schließung einzelner Schulen geht, sondern um die Bildungspolitik und um die Attraktivität von ländlichen Regionen in unserem Land.

Ich glaube, es ist zu einfach, den Protest, der vielleicht auch erwartet war, in die Ecke von Krakeelern zu stellen oder Landkreisen und Bürgermeistern vorzuwerfen, sie hätten bei der Schulnetzplanung versagt, sie würden nicht über ihren Tellerrand schauen und nur um ihre eigenen Schulen kämpfen.

Herr Flath, Sie haben gestern gesagt: „Es nützt nichts, Schüler zum Demonstrieren vor den Landtag zu schi

cken; man muss sich vor Ort mit der Nachbargemeinde zusammensetzen, um eine Lösung zu finden.“

(Beifall bei der CDU – Heinz Lehmann, CDU: Sehr richtig!)

Das ist richtig. Nur, meine Damen und Herren, haben Sie vergessen, was in der Vergangenheit passiert ist? Genau das Zusammensetzen ist doch längst passiert. Das ist doch ein Fakt. Es wurden – das will ich ganz klar sagen – auch schmerzliche Entscheidungen vor Ort getroffen. Jeder, der in der Kommune verankert ist, weiß, dass es sich die Träger der Schulen nicht einfach gemacht haben, dass es oftmals auch ein Kampf zwischen den Kommunen war, um eine Entscheidung zu treffen, wer seine Schule verliert und für wen sie Bestand haben wird.