Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte für unsere Fraktion vorwegnehmen, dass wir den Antrag der Linksfraktion.PDS unterstützen und ihm auch zustimmen werden.
Er befindet sich nahtlos mit unseren parlamentarischen Initiativen auf einer Wellenlänge. Ich darf daran erinnern, dass wir in diesem Haus einen Gesetzentwurf eingebracht haben, der einen Schulweg von 20 Minuten für Grundschüler sichern sollte und von 35 Minuten für die Schüler der übrigen Schularten. Über den Erhalt wohnortnaher Schulen haben wir auch schon oft diskutiert. Sie kennen unsere Meinung hierzu.
Dass die Initiative und der Antrag der Linksfraktion.PDS richtig sind, zeigt die aktuelle Situation. Wir brauchen nur
tagtäglich in unseren „Pressespiegel“ hier im Landtag zu schauen, dann sehen wir, dass es eben nicht nur einige wenige Einzelfälle zu sein scheinen, bei denen es überlange Beförderungszeiten gibt,
Wenn Martin Dulig sagt, na ja, das müsse man sich einmal genau anschauen, weil man die Wartezeiten ja nicht einrechnen könne – ich glaube, einem Schulkind ist es egal, ob es eine halbe Stunde an der Bushaltestelle oder eine halbe Stunde im Bus verbringt. Wenn die Fahrtzeit insgesamt zu lang ist, dann ist sie zu lang.
Ich meine, die Fälle wurden hinlänglich geschildert. Wenn Kinder kurz nach 05:00 Uhr aufstehen müssen, um 06:00 Uhr an der Bushaltestelle zu sein, dann sind sie nicht fit, dann sind sie auch im Unterricht nicht fit und da nützt die beste Unterrichtsmethode nichts. Sie sind unausgeschlafen, sie sind unkonzentriert. Was wollen wir dann?
Ob das Problem allein bei der Transportoptimierung der Landkreise liegt, lasse ich auch einmal dahingestellt.
Denn die Landkreise geben bereits jetzt sehr viel Geld für die Schülerbeförderung aus. Ich glaube, allein in der Sächsischen Schweiz sind es 2,65 Millionen Euro, die jährlich ausgegeben werden, wobei schon abzusehen ist, dass dieser Betrag nicht ausreichen wird. Es ist eben nicht nur ein organisatorisches, sondern zunehmend auch ein finanzielles Problem. Auch dahin gehend halten wir den Punkt 2 des PDS-Antrages für sinnvoll.
Wir möchten aber auch vorschlagen, noch etwas zu ergänzen. Der PDS-Antrag setzt bisher alle Schulformen gleich. Wir sind der Meinung, dass es einen Unterschied zwischen jüngeren Schülern, die die Grundschule besuchen, und älteren Schülern, die andere, weitergehende Schulformen besuchen, geben sollte. Deshalb schlagen wir vor, als Richtlinie die Werte, die im Landesentwicklungsplan stehen, zur Grundlage zu machen.
Es ist klar, dass die Schulwege auch etwas mit der Ausdünnung des Schulnetzes zu tun haben. Wir haben in diesem Haus schon sehr ausführlich darüber diskutiert. Wir kennen auch die Gerichtsentscheide, die in den
vergangenen Wochen dazu ergangen sind. Vor diesem Hintergrund halten wir eine neue Definition der Ausnahmen im § 4a Abs. 4 des Sächsischen Schulgesetzes für notwendig. Auch dieser Sachverhalt findet sich in unserem Änderungsantrag wieder.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, vielleicht kommt Ihnen unser Text bekannt vor. Ich gebe das gern zu. Der Wortlaut stammt aus Ihrem Koalitionsvertrag. Sie können ihm also guten Gewissens zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schulschließungen ziehen einen erhöhten Beförderungsbedarf nach sich. Diejenigen von uns, die vom Lande kommen, wissen, wie das aussieht. Kinder müssen morgens vor 07:00 Uhr aus dem Haus und kommen am späten Nachmittag zurück. Inklusive An- und Abfahrtswegen haben sie eine „Arbeitszeit“, die der eines Schichtarbeiters gleichkommt. Das ist für kleine Menschen unwürdig.
Wir sollten uns einmal die Frage stellen, ob es nicht Möglichkeiten gibt, hier eine Entzerrung vorzunehmen. Martin Dulig hat zwar heute gesagt, eine zentrale Zubringung und Abholung sei das Günstigste, aber wenn wir in das Schulgesetz hineinschauen, so sehen wir doch, dass der Unterricht morgens zwischen 07:30 Uhr und 09:00 Uhr beginnen kann. Warum ist es im Lande immer noch möglich, dass Schulen mit Ausnahmegenehmigung bereits um 07:00 Uhr mit dem Unterricht beginnen? Und das in Zeiten, in denen Schulen massiv geschlossen und die Beförderungszeiten für die Schüler deutlich länger werden! Ich denke, hier sollte man vonseiten der Regionalschulämter aktiv werden.
Der zweite Problemkreis ist der des Kostenanstiegs. Die Landkreise, die in der Regel für die Organisation und die Finanzierung der Schülerbeförderung verantwortlich sind, haben zwischen 1994 und 2004 einen Anstieg dieser Kosten von 23,2 Millionen Euro auf 46,8 Millionen Euro zu verzeichnen. Der Pro-Kopf-Beitrag für die Schülerbeförderung ist seit 1994 von acht Euro auf 17 Euro gestiegen. Es handelt sich hierbei also nicht um eine Maßnahme für Kleinsparer. Es stellt sich doch die Frage, ob nicht der Freistaat, der durch seine Schulschließungspolitik diese zusätzlichen Kosten verursacht, dafür herangezogen werden muss, den Schülerbeförderungsträgern diese Kosten bereitzustellen. Wir als GRÜNE fordern dies.
Der prozentuale Anteil der Schüler, die mit dem öffentlichen Personennahverkehr zur Schule gebracht werden müssen, ist von 18 % auf 32 % gestiegen. Wenn das so weitergeht, erwarten wir demnächst eine 50-prozentige Quote. In absehbarer Zeit wird somit jeder zweite Schüler mit dem ÖPNV zur Schule fahren müssen.
Vonseiten der Staatsregierung wird häufig argumentiert, dass die eingesparten Kosten, die die Schulträger durch die Schulschließung möglicherweise realisieren können, für zusätzliche Schülerbeförderungskosten verwendet werden könnten. Mir ist nicht bekannt, dass es auch nur einen Landkreis gibt, der dies möglich gemacht hat. Denn nur dadurch, dass ein Schulgebäude geschlossen ist, entfallen ja nicht zu 100 % die Kosten, die vorher aufgewandt werden mussten.
Zur durchschnittlichen Fahrtzeit: Der PDS-Antrag will, so wie dies auch in den meisten Schülerbeförderungssatzungen der Landkreise definiert ist, die Schülerbeförderungszeit auf 45 Minuten inklusive Umsteigezeiten beschränken. Das halte ich für außerordentlich wichtig. Die FDP fordert für Grundschüler 30 Minuten. Wir können beidem zustimmen. Das ist sinnvoll. Wir müssen auch altersmäßig differenzieren.
Wenn wir uns aber anschauen, wie lang die durchschnittliche Schülerbeförderungszeit in den Landkreisen ist, stellen wir zum Beispiel Folgendes fest: Im Landkreis Freiberg werden in der Grund- und Mittelschule durchschnittlich 25 Minuten pro Wegstrecke aufgewandt, im Gymnasium 35 Minuten. Im Vogtlandkreis sind es in der Grundschule 10 Minuten, in der Mittelschule 25 Minuten, im Gymnasium 35 Minuten und in der Förderschule 40 Minuten. Die Stadt Plauen hat durchschnittliche Werte von 30 Minuten für die Grundschule und immerhin von einer Stunde, also deutlich mehr als 45 Minuten, für Mittelschule, Gymnasium und Förderschule. Dabei handelt es sich aber nur um Durchschnittswerte. Es steht also zu vermuten, dass die vorgegebenen 45 Minuten häufig, ja regelmäßig überschritten werden.
Die Frage ist: Wie ist das Problem zu lösen? Wir könnten theoretisch im ländlichen Raum eine Streckenoptimierung dahin gehend anzugehen versuchen, dass wir sagen, die Schulen werden direkt angefahren. Im Moment ist es so, dass man als Schüler morgens eine Rundreise durch den Landkreis über sich ergehen lässt. Direkte Linienfahrten von der Schule zu den großen Ortschaften wären hier eine günstige Angelegenheit.
Wir müssen uns überlegen, wohin das noch führen soll. Ich habe das heute Morgen schon erwähnt. Es werden ja weiter Schulen geschlossen. Zum Schuljahresende stehen weitere Schließungen an. Das bedeutet, dass der Schülerbeförderungsbedarf noch ansteigt. Wir sollten uns also deutlich in Alternativen hineinbewegen. Wohnortnahe Beschulungen sind des Rätsels Lösung. Gemeinschaftsschulen, in denen jahrgangsübergreifend unterrichtet wird, ermöglichen es, dieses Problem zu lösen.
Ich fasse noch einmal zusammen. Unsere Forderungen lauten, erstens die Schule nicht schon um 07:00 Uhr
beginnen zu lassen, sondern zwischen 07:30 Uhr und 09:00 Uhr, somit eine Entzerrung vorzunehmen, und zweitens die zusätzlichen Schülerbeförderungskosten für die Landkreise vom Freistaat erstatten zu lassen.
Gibt es aus den Fraktionen noch Redebedarf dazu? – Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Flath.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Obwohl ich noch nicht sehr lange im Amt bin, erinnere ich mich an so manche gleich lautende Debatte hier im Landtag.
Es war wie immer eigentlich auch nichts Neues an Vorschlägen dabei. Wenn ich nur einen Teil der Vorschläge umsetzen würde, würde ich meine armen Landkreise in Sachsen überfordern. Die müssten das ja alles umsetzen. Links und rechts werden neue Verwaltungsvorschriften, neue Regelungen, neue Anfangszeiten gefordert. Frau Günther-Schmidt, wir haben in Sachsen doch geregelt, dass der Unterricht zwischen 07:00 Uhr und 09:00 Uhr beginnen soll. Alles Weitere sollte die einzelne Schule gemeinsam mit den Eltern und der Schülervertretung festlegen. Kann man denn nicht einmal dabei bleiben?
Genauso sinnvoll ist es doch, auch nach dieser Debatte, den Schülerverkehr nicht hier im Hohen Hause oder im Ministerium zu regeln. Diese Aufgabe ist schwierig genug. Aber sie wird doch nicht leichter, wenn man sie auf einer höheren Ebene erledigt. Diese Diskussion gehört ganz einfach in die Kreistage.
Aber eines will ich noch sagen, weil immer wieder von Schulschließungspolitik die Rede ist: Eine Mehrheit dieses Hauses hat sich nun einmal darauf verständigt, dass das Ziel der sächsischen Bildungspolitik nicht die Erhaltung von Gebäuden ist, auch nicht, dass Busse mit Schülern durch das Land fahren, sondern wir wollen auch im Interesse der Zukunft unseres Landes eine bestmögliche Bildung für unsere jungen Leute. Das ist das Ziel der Bildungspolitik.