Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

(Beifall bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Unternehmen und private Haushalte dürfen nicht mehr unvertretbar stark belastet werden.

Seit dem 13. Juli ist das novellierte Energiewirtschaftsgesetz in Kraft. Es gibt uns neue Möglichkeiten, den Wettbewerb zu stärken wie Spekulation und Missbrauch einzudämmen.

Als ein wichtiger Schritt wird gegenwärtig die Landesregulierungsbehörde für Strom und Gas in meinem Ministerium wie in den meisten anderen Ländern auch eingerichtet. Sie ist für die Regulierung der Strom- und Gasnetze zuständig bei der Versorgung von weniger als 100 000 Strom- und Gaskunden und wird erstmalig die Stromnetzentgelte bis April kommenden Jahres zu genehmigen haben. Damit haben wir die Möglichkeit, durch eine eigene kritische Prüfung Einsparpotenziale bei den Entgelten zu erschließen, die die Netzbetreiber von den Stromhändlern für die Nutzung der Stromnetze verlangen dürfen.

Die Netzentgelte machen immerhin zirka ein Drittel des gesamten Strompreises aus. Die allgemeinen Strompreise, auf die sich der hier diskutierte Antrag von CDU- und SPD-Fraktion bezieht, unterliegen für eine Übergangsfrist von zwei Jahren weiterhin der Genehmigungspflicht gemäß Bundestarifordnung für Elektrizität, kurz BTO Elt, durch mein Ministerium. Das sieht das neue Energiewirtschaftsnetz so vor. Damit bestehen grundsätzlich dieselben Anforderungen an eine Genehmigung wie bisher.

Eine Genehmigung wird nur erteilt, wenn das Versorgungsunternehmen nachweist, dass die beantragten Preise erforderlich sind. Ich sage Ihnen an dieser Stelle noch einmal zu, dass wir kritisch und genau prüfen werden. Genehmigt wird nur, was plausibel ist. Ungerechtfertigte Preisanträge werden abgelehnt. Wir können aber nur das tun, was das Gesetz uns aufgegeben hat und möglich macht. Verhindern können wir letztlich legale Ansprüche auch künftig nicht. Ich will ausdrücklich sagen, dass wir bei der letzten Antragsrunde für Preiserhöhungen in keinem Fall die Preiserhöhungsanträge eins zu eins übernommen haben. Das heißt, wir haben geprüft und es wird auch in Zukunft so sein, dass wir ganz genau ergründen, wie die Preiskalkulation gestrickt ist.

Ich komme zu meinem Beispiel von einem Cent je Kilowattstunde Beschaffungskostenanstieg für das Jahr 2006 zurück. Ich möchte keinesfalls den Eindruck erwecken, dies sei eine unausweichliche Marke für die anstehende Preisrunde. Im Gegenteil, wir werden auch die Beschaffungstätigkeit der Verteilerunternehmen kritisch beleuch

ten. Das heißt, Unfähigkeit oder Fehler beim Stromeinkauf am Markt werden wir nicht tolerieren. Maßstab werden die Beschaffungskosten vergleichbarer Unternehmen sein. Ebenso werden wir darauf drängen, dass die Unternehmen Erfolge bei der Elektrizitätswirtschaft durch rationelle Betriebsführung auch an ihre Kunden weitergeben. Jedoch geht es in jedem Falle darum, die unterschiedlichen Interessen einer Vielzahl von Kunden und die Versorgungsfunktion des Elektrizitätsversorgungsunternehmens in einen Ausgleich zu bringen. Wir werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Auftrag erfüllen.

Gestatten Sie mir kurz, Herr Morlok, auf Ihre Einlassungen einzugehen. Man muss sich sehr genau überlegen, was die Stromerzeugung den Stadtwerken bedeutet und was mit den Gewinnen, die dabei erzielt werden, gemacht wird. Mir ist es wichtig, dass diese Entscheidungen vor Ort getroffen werden. Da können sich die Kommunalpolitiker dem Bürger stellen. Wenn Sie verlangen, dass die Gewinne, die möglicherweise als Quersubvention in den öffentlichen Personennahverkehr fließen, dann nicht mehr gezahlt werden, heißt das automatisch, dass dort die Preise ansteigen werden. Man muss sich überlegen, ob man das will und welcher Lenkungsfunktion man Genüge tun will oder auch nicht. Ich denke, wir sollten diese Entscheidung vor Ort lassen. Insofern bin ich momentan nicht für eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes für die Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Das Schlusswort hält die CDU-Fraktion. Herr Lehmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat gezeigt, dass die Weltwirtschaft dynamisch ist. Wir erleben jeden Tag neue, unerwartete Ereignisse. Wir müssen, wenn wir für den Wirtschaftsstandort Sachsen streiten wollen, auf der Hut sein, und zwar täglich, und müssen die für uns wichtigen Themen immer wieder in die Hand nehmen. Der Strompreis ist eines dieser wichtigen Themen. Er entscheidet über die Standortqualität, insbesondere im Vergleich mit unseren Nachbarn. Was zählt, ist der komparative Vorteil oder der komparative Nachteil gegenüber unseren Mitbewerbern. Wir müssen auf die Vorteilsseite kommen. Dafür streiten wir.

Deswegen hat die Koalition im Mai das Thema aufgegriffen und darauf gedrängt, dass das Energiewirtschaftsgesetz endlich verabschiedet wird. Das ist gelungen. Dafür sind wir dankbar. Jetzt geht es an die Umsetzung dieses Energiewirtschaftsgesetzes und ich weiß, dort ist der Drops noch nicht gelutscht, denn der Gegner auf der anderen Seite, dem es um seine Gewinne geht, wird sich nicht ohne weiteres erwischen lassen.

Ich bin dankbar dafür, dass die Einigkeit in diesem Hause bei dem Thema, dass der Staat hinschauen muss, so groß war. Das wird übrigens bei unseren Nachbarn in Europa auch getan. Ziel ist es, mehr Wettbewerb zu schaffen, um

zu knapper kalkulierten Preisen zu kommen. Dafür müssen wir uns anstrengen und ich bin dankbar, dass wir uns darüber weitgehend einig sind. Das sind wir den Unternehmen in Sachsen und auch den Menschen in unserem Land schuldig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wir kommen zur Abstimmung. Mir liegt der FDP-Änderungsantrag in der Drucksache 4/2902 vor. Herr Morlok, wollen Sie ihn noch einmal einbringen? Gibt es zu diesem Änderungsantrag Redebedarf? – Das ist nicht der Fall.

(Heinz Lehmann, CDU, steht am Mikrofon.)

Herr Lehmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag der FDP-Fraktion hat mich ein wenig verwundert. Er spricht von Quersubventionen. Ich nehme an, er meint den steuerlichen Querverbund in kommunalen Unternehmungen. Wenn Herr Morlok annimmt, dieser steuerliche Querverbund habe etwas mit Strompreisen zu tun, dann liegt er meiner Ansicht nach etwas daneben. Wenn er so weit geht und sagt, damit der steuerliche Querverbund, den er als Subvention bezeichnet, erhalten bleiben kann, müssen die Stadtwerke überteuerte Stromrechnungen ausstellen, dann liegt er irgendwie daneben. Ich hätte das von der FDPFraktion in dieser Weise überhaupt nicht erwartet.

Wir wollen günstigere, hart kalkulierte Stromtarife für die Unternehmen und die Bürger. Was die großen Städte tun, ist eine ganz andere Frage, die heute nicht diskutiert werden sollte. Die können wir uns anderweitig vornehmen. Deswegen bitte ich, dass der Antrag, der dazu nicht passt, heute abgelehnt wird.

(Beifall bei der CDU)

Herr Morlok möchte sich noch dazu äußern. Bitte.

Frau Präsidentin! Eigentlich wollte ich es nicht mehr tun, aber nach dem Beitrag von Herrn Lehmann muss ich etwas klarstellen. Natürlich wird der Querverbund erst einmal aus steuerlichen Gründen gemacht. Das ist gar keine Frage. Inhaltlich geht es den

Kommunen doch darum, die Belastung der Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr aus dem Stadthaushalt fernzuhalten. Das Ziel ist es, dass die Energieversorgungsunternehmen so viele Gewinne erwirtschaften, dass die Verluste aus dem öffentlichen Nahverkehr gedeckt werden können, damit die Kosten dem Stadthaushalt nicht zur Last fallen. Das kann man gut oder schlecht finden. Darum geht es überhaupt nicht. Wenn wir uns über die Strompreisentwicklung für den Endverbraucher unterhalten, müssen wir auch darüber sprechen, wie der Anteil, der verwendet wird, um den Nahverkehr zu unterstützen, sich entwickelt, weil wir nur dann verlässliche Aussagen haben. Nur darum geht es.

Möchte sich noch jemand äußern? – Bitte sehr.

Langsam wird es ein wenig albern. Wenn Sie so anfangen wollen, müssten Sie in die Betrachtung einbeziehen, wie sich die Gewinnentwicklung der großen nichtkommunalen Unternehmen verhält. Wenn es so wäre, wie Sie es darstellen, müsste das bedeuten, dass die kommunalen Energieversorger mit 7 bis 12 % – die Zahl haben Sie genannt – zu hoch sind. Dann müsste es für die Marktmitbewerber ein Leichtes sein, in den Markt einzudringen und die kommunalen Unternehmen zu verdrängen. Das passiert aber nicht, weil die größeren Energiekonzerne selbst Gewinnmitnahmen forcieren. Da stimmt etwas mit Ihrer Logik nicht. Insofern werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den FDP-Änderungsantrag in der Drucksache 4/2902. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei ganz wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit einer sehr großen Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe nun den Ursprungsantrag in der Drucksache 4/2870 auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist der Antrag angenommen.

Meine Damen und Herren, ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 6

Senkung der Kraftstoffpreise

Drucksache 4/2867, Antrag der Fraktion der NPD

Dazu können die Fraktionen in der ersten Runde in folgender Reihenfolge Stellung nehmen: die einbringende Fraktion NPD; danach CDU, Linksfraktion.PDS, SPD,

FDP, GRÜNE-Fraktion und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile nun der NPD-Fraktion das Wort. Herr Delle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns in diesem Hause schon mehrmals über die Belastung der Bürger und die lahmende Binnenkonjunktur gestritten, zumeist vergeblich. Ich bin gespannt, wie es sich im vorliegenden Fall verhalten wird. Die seit längerem permanent ansteigenden Kraftstoffpreise drohen unweigerlich zu einer Bremse für die Binnenkonjunktur zu werden, und dies nicht erst seit den jüngsten Preissteigerungen und der damit verbundenen öffentlichen Diskussion.

Meine Fraktion und ich sehen darin in mehrfacher Hinsicht ein großes Problem, denn bei der gegenwärtigen Preisentwicklung bei Kraftstoffen wird in Bälde keine Mobilität mehr zu erwarten sein. Per pedes apostolorum wird der geforderten Flexibilität ebenso wenig gerecht zu werden sein. Vor allem, meine Damen und Herren, kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Man kann sich unschwer ein Bild davon machen, welche Auswirkungen dieses Preishoch auf die Konsumneigung im Lande haben wird. Es macht für meine Fraktion auch keinen großen Unterschied, ob dieses Land nun „geschrödert“ oder „ausgemerkelt“ wird, für den Bürger ist es aber durchaus entscheidend, wie viel er für den Liter zu bezahlen hat. Da die NPD-Fraktion der Meinung ist, dass Renten nur über eine langfristige und solide angelegte Familienpolitik zu sichern sind, fordern wir die Abschaffung der Ökosteuer, um den Endverbraucher spürbar zu entlasten.

Den umweltrelevanten Belangen ist unseres Erachtens wesentlich besser durch den Ausbau der Biodiesel- und Bioethanolerzeugung nachzukommen als durch die zweckentfremdete Ökosteuer, die nichts anderes als einen grandiosen Etikettenschwindel darstellt.

Durch politische Anreize die Herstellung und den Vertrieb von Hybridtechnik – hier ist schon etwas Bewegung in den deutschen Markt gekommen – und meines Erachtens auch so genannten flexible fuel vehicles zu fördern – wobei gleichzeitig die Beimischungsquote von Biokraftstoffen zu konventionellen Kraftstoffen zu erhöhen ist –, würde nicht nur umweltpolitisch geboten sein, sondern weitreichende wirtschaftliche Perspektiven eröffnen.

Ökologische Vorteile würden sich zu größerer Unabhängigkeit und mehr Selbstbestimmung gesellen. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung würden auch hierzulande Früchte tragen und nicht nur in Brasilien, das sich mit der Förderung der Bioethanolerzeugung und von biokraftstofftauglichen Motoren weitgehend unabhängig machte, und gleichzeitig könnten arbeitsmarktpolitische Impulse daraus resultieren.

Meine Damen und Herren! Sollte sich wider Erwarten abzeichnen, dass sich in diesem Haus ein Umdenkungsprozess weg von überstaatlicher und neoliberaler Entmachtung abzeichnet und sich eine Mehrheit findet, welche gewillt ist, Handlungsfähigkeit mit sozialer Wirkung darzustellen, dann würden wir sogar gern über

eine Erweiterung unseres Antrages mit Ihnen diskutieren wollen.

Wir hielten über unseren bisherigen Antrag hinaus sogar eine Debatte für sinnvoll, mittelfristig die Errichtung eines staatlichen Mineralölkonzerns ins Auge zu fassen. Dies eröffnete die Möglichkeit, politisch von der Angebotsseite her die allgemeine Preisgestaltung zu beeinflussen. Es ist schließlich überhaupt nicht einzusehen, weshalb dieser wesentliche, bedeutungsvolle Versorgungsfaktor allein und ausschließlich der Privatwirtschaft vorbehalten sein soll.

Auf jeden Fall, meine Damen und Herren, ist eine intensive kartellrechtliche Kontrolle geboten, um sicherzustellen, inwieweit derzeit betriebswirtschaftliche externe Rahmenbedingungen zulasten der Allgemeinheit ausgenutzt werden. Wir bitten deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Mir liegt jetzt nur eine Wortmeldung vor, und zwar von Herrn Morlok. Ist das so richtig? – Herr Morlok, Sie stehen hier bei dem Punkt.