Protokoll der Sitzung vom 05.10.2005

Ja, meine Damen und Herren, ich hätte auch nicht erwartet, dass ich hier einmal mit Hilfe der CDU gegen die CDU argumentieren werde, aber ich stelle einfach fest, dass das, was auf Bundesebene angekommen ist – ein Mentalitätswechsel –, hier in der CDU-Provinz einfach noch nicht angekommen ist.

(Unruhe und Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren! Herr Albrecht, Herr Morlok, wir wollen hier keine Neiddebatte. Das liegt uns völlig fern. Ein Blick in die USA sollte genügen, um festzustellen, dass Transparenz in dieser Frage eine solche Debatte nicht auslöst.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sie haben mir auch nicht richtig zugehört, denn ich habe in einem meiner ersten Sätze gesagt, es ginge nicht um eine Neiddebatte. Ich gönne jedem Manager sein Gehalt – wenn er es sich denn verdient hat. Aber das möchte ich doch, bitte schön, bewerten können.

Bitte schön.

Frau Kollegin, ist Ihnen denn bekannt, wie sich die FDP-Fraktionen in den anderen Parlamenten zu diesem Thema verhalten haben; liegen Ihnen dazu Ergebnisse vor?

(Zurufe von der CDU)

Es befördert doch geradezu den Neid, wenn ab und an etwas herauskleckert. Das beste Mittel gegen den Neid ist eben gerade, dieses Schweigekartell zu durchbrechen und den Geschäftsführern und Vorständen die Gelegenheit zu geben, unter Beweis zu stellen, dass sie ihr Geld wert sind.

Mir ist bekannt, dass die FDP auf Bundesebene dem Gesetzentwurf zu diesem Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz bedauerlicherweise als einzige Fraktion nicht zugestimmt hat.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Aber was ich gerade zitiert habe, stammt aus einer Presseerklärung der FDP dazu, in der eben genau argumentiert wird: Wenn man so anfängt, dann, bitte schön, bei den öffentlichen Unternehmen. Die Offenlegung der Gehälter von Geschäftsführern und Vorständen öffentlicher Unternehmen hat selbstredend eine disziplinierende Wirkung, die an dieser Stelle auch gerechtfertigt ist.

Warum sind also die Persönlichkeitsrechte von Vorständen und Geschäftsführern offensichtlich in Gefahr, wenn dies für Abgeordnete und Minister nicht gilt? Oder wie sieht das bei Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst aus? Auch hier kann man sich die Gehaltstabellen ganz easy aus dem Internet herunterladen, ohne dass jemand von Gefährdung der informationellen Selbstbestimmung sprechen würde. Ganz zu schweigen von dem Regelsatz eines Hartz-IV-Empfängers, den in der Bundesrepublik inzwischen jeder kennt.

Da bin ich auch etwas enttäuscht von Herrn Kollegen Morlok von der FDP. Zunächst habe ich ja irgendwie noch die Illusion gehabt, dass die FDP auch eine Bürgerrechtspartei sei.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Leichte Heiterkeit – Weitere Zurufe)

Herr Lichdi korrigiert mich; das ist dann möglicherweise eine naive Illusion, der ich aufgesessen bin. Ich stelle fest, meine Damen und Herren: Der Andrang auf Abgeordnetenmandate und Ministerämter ist trotzdem hoch. Man darf also annehmen, dass sich genügend Interessenten für die Vorstandsposten von öffentlichen Unternehmen finden würden, auch wenn ein Gesetz regeln würde, dass die Gehälter offen gelegt werden müssen.

Aber die FDP redet doch so gerne von Leistung. Wie möchte denn Herr Morlok hier bewerten, ob die Vorstände und Geschäftsführer öffentlicher Unternehmen ihr Geld wert sind?

(Zuruf von der FDP: Am Ergebnis!)

Sie haben wohl offensichtlich auch nicht mitbekommen, dass Ihre Kollegen in der Landeshauptstadt Berlin doch etwas weiter sind. Dort haben sie nämlich gesagt, wenn man mit der Offenlegung anfängt, dann selbstverständlich zuerst bei den öffentlichen Unternehmen, weil sie eine Vorbildfunktion haben. Das haben Sie offensichtlich nicht mitbekommen. Sie haben auch nicht mitbekommen, dass Ihre Kollegen im Berliner Abgeordnetenhaus sehr wohl gesagt haben, wir wollen eine leistungsgerechte Bezahlung haben, aber um das bewerten zu können, müssen wir beispielsweise über die Vergütungsstruktur Auskunft haben: Welches sind die fixen und welches die leistungsbezogenen Anteile? Dazu haben Sie hier nichts gesagt; das ist wirklich sehr enttäuschend.

Im Übrigen hat ein Gutachten des Datenschutzbeauftragten im Berliner Abgeordnetenhaus auf Antrag der Linksfraktion festgestellt, dass es möglich ist, und in Berlin gibt es auf Landesebene inzwischen ein Gesetz. Das belegt, dass es möglich ist. Deswegen muss man sich nicht hinter juristischen Argumentationen verstecken. Es ist eine politische Frage, die ansteht, und wo ein politischer Wille ist, da ist auch ein juristischer Weg.

Eines möchte ich auch sagen: Wer seinen Job gut macht und dafür ein angemessenes Salär bezieht, der muss die Veröffentlichung seiner Gehälter auch wirklich nicht fürchten. Vielleicht sollten Sie sich einmal mit einem modernen Unternehmensverständnis, mit einem modernen Staatsverständnis anfreunden, in dem Transparenz und Offenlegung keine Gefährdung sind, sondern zur Selbstverständlichkeit gehören und vielleicht sogar einen Marktvorteil bedeuten.

(Alexander Delle, NPD: Die FDP ist in Sachsen auch gegen Hartz IV gewesen!)

Nun heißt es auch, dass die Persönlichkeitsrechte gefährdet seien: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Aber warum kann das, was für Abgeordnete und Minister gilt, nicht auch für die Geschäftsführer der öffentlichen Unternehmen gelten?

Meine Damen und Herren, beenden Sie also die Geheimniskrämerei und stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es weiteren Redebedarf von den Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Dann spricht jetzt die Staatsregierung; Herr Staatsminister Dr. Metz, bitte.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Der stimmt jetzt aber zu! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Nein, der legt offen!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also vorweg möchte ich eines grundsätzlich richtig stellen, Frau Lay – ich habe Ihrem Vortrag mit Interesse zugehört –: Sachsen ist keine Provinz, Sachsen ist ein sehr schönes Land, ein Freistaat.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Wenn Sie noch nicht in Sachsen angekommen sind, dann würde ich doch darum bitten, dass Sie Sachsen künftig nicht mehr als Provinz bezeichnen.

Zum Antrag Ihrer Fraktion zur Offenlegung der Vergütung von Geschäftsführern und Vorständen bei Landesbeteiligung folgende Anmerkung: Die Forderung der Linksfraktion, die Verabschiedung des Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetzes zu forcieren, hat sich erledigt, da dieses am 3. August 2005 in Kraft getreten ist, und zwar bundesweit.

Herr Dr. Metz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gerne, Frau Lay, bitte.

Herr Staatsminister, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich hier einem modernen Freistaat Sachsen das Wort geredet habe und dass ich nicht die Provinz, sondern das Provinzielle in der Argumentation gebrandmarkt habe.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das ändert nichts an der Tatsache, dass Sie meinten, Sachsen sei eine Provinz, und ich wollte richtig stellen, dass wir stolz sind auf unseren Freistaat, den ich nicht als Provinz bezeichnen möchte.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, die in diesem Gesetz beschriebene Pflicht zur individualisierten Offenlegung der Vorstandsvergütung betrifft ausdrücklich nur börsennotierte Gesellschaften; darauf haben meine Vorredner genügend hingewiesen. Die damit verbundene größere Transparenz hat der Gesetzgeber ausdrücklich für die Anleger geschaffen, nicht für die Öffentlichkeit. Die Linkspartei zielt mit ihrem Antrag aber gerade auf eine Transparenz der Landesbeteiligung gegenüber der Öffentlichkeit ab, denn die Vergütung der Geschäftsführer und Vorstände soll nach Auffassung der Linksfraktion im

Beteiligungsbericht des Freistaates offen gelegt werden und wäre dann durch jedermann einsehbar.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Genau, das ist richtig!)

Unbestritten besteht analog dem Bedürfnis der Anleger auch ein Bedürfnis des Gesellschafters, die Vergütung der Geschäftsführer und Vorstände der Landesunternehmen zu kennen.

Dies, meine Damen und Herren, ist gewährleistet. Es bestehen ausreichend Möglichkeiten, diese Informationen zu erhalten. In weiten Teilen bringt sich der Freistaat Sachsen als Gesellschafter natürlich auch selbst in die Vergütungsfrage ein. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften ist dies anders. Hier liegt typischerweise eine anonyme Aktionärsstruktur mit häufig weltweiter Streuung des Anteilsbesitzes vor.

Eine hohe Zahl an Anteilseignern ist am besten mit Hilfe des Jahresabschlusses zu informieren, auch wenn damit über den Kreis der Aktionäre hinaus der Öffentlichkeit diese Information zugänglich wird. Dies wird allerdings vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, da eine individualisierte Information nicht zumutbar bzw. kaum umsetzbar wäre, das Interesse der Anleger aber als überragend angesehen wird.

Die Öffentlichkeit hat zwar auch ein berechtigtes Interesse an einer sparsamen und zweckmäßigen Verwendung der Steuergelder; die Darlegung der Mittelverwendung innerhalb der Landesunternehmen wäre jedoch – darauf weise ich hin – nur dann gerechtfertigt, wenn die Kontrollorgane die rechtmäßige Verwendung nicht sicherstellen könnten. Das Gegenteil ist der Fall! Die Kontrolle über eine zweckmäßige Verwendung der Gelder bei Landesunternehmen obliegt den Kontrollorganen der Gesellschaft: dem Aufsichtsrat, dem Verwaltungsrat, den Gesellschaftern und darüber hinaus natürlich auch dem Rechnungshof.

Im Übrigen existiert eine Vielzahl von Beteiligungen, die keinen Staatszuschuss zum laufenden Betrieb erhalten. Hinzu kommt, dass die Veröffentlichung personenbezogener Daten einen Eingriff in grundgesetzlich geschützte Rechte darstellt und ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist.

Durch die Offenlegung wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Hierzu gehören Angaben über Vermögensverhältnisse oder die Zusammensetzung des Gehalts. Dieser Einschnitt in das Grundrecht dürfte weder mit dem Interesse an Transparenz, mit der Information der Arbeitnehmer und Gläubiger über Entlohnungsmodelle für das Führungspersonal noch mit dem Interesse am Schutz vor überhöhten Gehältern aufgewogen werden.

Käme man dennoch zu dem Ergebnis, dass ein Grundrechtseingriff zu rechtfertigen ist, müsste dies natürlich durch Bundesgesetz geregelt werden; Landesgesetz wird hier nicht greifen.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Bei den übrigen Kapitalgesellschaften hat sich der Bundesgesetzgeber ebenfalls klar festgelegt. Laut Handelsgesetzbuch sind die Gesamtbezüge der Mitglieder der Geschäftsführung im Jahresabschluss anzugeben. Datenschutzrechtliche Bedenken haben auch dort wieder zu Einschränkungen geführt. Darauf will ich hinweisen. Die Angabe der Bezüge kann unterbleiben, wenn damit die Bezüge individualisierbar wären, zum Beispiel wenn nur ein Geschäftsführer existiert.

Sie haben den Schuss einfach nicht gehört. Die öffentliche Auseinandersetzung ist weiter vorangeschritten. Sie geht hin zu Offenlegung und Transparenz. Das haben Sie offensichtlich nicht mitbekommen. Wir durften auch in der Vergangenheit immer wieder erfahren, dass Sie ein schlechter Krisenmanager sind. Ich hätte von Ihnen heute erwartet, dass Sie sagen: Wir wollen präventiv wirken und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass keine Bedingungen mehr für Selbstbedienungsmentalität vorhanden sind. Das hätte ich von Ihnen erwartet. Insofern war Ihr Beitrag enttäuschend.