Protokoll der Sitzung vom 25.01.2006

Damit sind wir beim Knackpunkt angekommen, der Verteilung über das Verteilungsnetz. Das Verteilungsnetz liegt ausschließlich in der Hand der Stromriesen und mit Hilfe überhöhter Nutzungsentgelte wird der lästigen in- und ausländischen Konkurrenz der Zugang zum Markt versperrt. Damit der Staat seiner Pflicht nachkommen kann, die Versorgung der Menschen mit Energie zu einem gerechtfertigten Preis sicherzustellen, sollte die gesamte Energieversorgung nach Meinung meiner Fraktion unter der Zuständigkeit des Staates stehen. Zumindest der Netzbetrieb, der heute über Tochtergesellschaften zum Schein von den Konzernen getrennt ist, gehört in die Hand des Staates.

Die Leipziger Strombörse wird ohne diese Maßnahme nie eine wirklich gerechte Handelsplattform mit Preisvorteilen für die Verbraucher werden, sondern weiterhin eine Spielwiese für Preistreiber und Spekulanten sein.

Zahlreiche EU-Länder, wie zum Beispiel Schweden oder Dänemark, haben bereits entsprechende Eigentumsentflechtungen gesetzlich durchgesetzt und die Netze unter die Kontrolle des Staates gestellt.

Eine wesentliche Senkung der Strompreise für Verbraucher und die Wirtschaft wird angesichts der wachsenden sozialen Probleme und der zunehmenden Arbeitslosigkeit immer notwendiger. Die Begründungen der Energieversorgung für angeblich erhöhte Kosten sind an Fadenscheinigkeit kaum noch zu überbieten. Klar ist, dass die regionalen Versorger den Preisanstieg beim Strombezug nur weiterreichen. Doch wie rechtfertigt der Erzeuger – hier in unserem Fall der Vattenfall-Konzern – diese immensen Preissteigerungen? Mit angeblich höheren Kosten für Brennstoffe, wobei allerdings der Kohlepreis stabil geblieben ist und Vattenfall ausschließlich hier Kohle verstromt. Dieses Argument ist wertlos.

Des Weiteren werden Kosten aus dem Handel mit CO2-Emissionszertifikaten für den Preisanstieg verantwortlich gemacht. Tatsache ist, dass den Unternehmen diese Zertifikate über den nationalen Allokationsplan kostenlos zugeteilt wurden. Wenn die Stromkonzerne trotzdem den Handelspreis für diese kostenlosen Zertifikate in den Verbraucherpreis einfließen lassen und damit enorme Gewinne erzielen, ohne dafür eine Leistung erbracht zu haben, bezeichnet man das heute – wie auch im Antrag – als so genannten Windfall Profit. Man könnte das Kind aber auch beim Namen nennen und es schlicht und ergreifend als Betrug am Verbraucher bezeichnen.

Der schwedische Energieriese Vattenfall, der zu 100 % in der Hand des schwedischen Staates liegt, konnte im vergangenen Jahr einen Verkaufsrekord und eine Steigerung der Nettogewinne von über 25 % verkünden. Diese Gewinne allerdings stammen ausschließlich aus der Geschäftstätigkeit in Deutschland und sind laut Aussage des Konzernchefs eine Kombination aus hohen Energiepreisen und weiteren Kostensenkungen in Deutschland. Deutlicher formuliert: Die Energiepreise in Schweden werden mit den in Deutschland abgeschöpften Gewinnen künstlich auf einem niedrigen Niveau gehalten. Welche

Auswirkungen dieses niedrige Strompreisniveau auf die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien hat, brauche ich an dieser Stelle nicht weiter zu erklären.

Die Skepsis über das Geschäftsgebaren des staatseigenen Unternehmens Vattenfall wird übrigens von der Schwedischen Reichsrevision – das ist der Schwedische Rechnungshof – geteilt. Die Schwedische Reichsrevision kritisiert die künstlich niedrigen Energiepreise in Schweden, weil dadurch für Schweden kein finanzieller Anreiz besteht, seine Energieversorgung neu auszurichten. Schweden deckt seinen Energiebedarf zu 43 % aus Atomenergie. Eine Nutzung umweltfreundlicher nachwachsender Rohstoffe findet kaum statt. Weiterhin werden in Schweden zirka 51 % aus Wasserkraft gewonnen. Das Potenzial ist aus Umweltschutzgründen längst erschöpft.

Inzwischen hat nun der Schwedische Rechnungshof die Regierung angewiesen, die zweifelhaften Auslandsaktivitäten von Vattenfall auch hier in Deutschland zu überprüfen.

Die NPD steht bei Energiefragen ganz klar auf dem Standpunkt, dass dieser Bereich der Grundversorgung zumindest in der Kontrolle in die Hand des Staates gehört. Die bisherigen Versuche einer Liberalisierung sind klar gescheitert und haben letztlich nur zu einer weiteren Stärkung der Monopolisten geführt.

Die Frage, die jetzt noch zu klären sein wird, ist, ob sich die Sächsische Staatsregierung und die Bundesregierung für die Interessen der Verbraucher einsetzen werden oder weiterhin Lobbyarbeit für die internationalen Energiekonzerne betreiben wollen.

Wir sind an den Fragen, die in dem Antrag der GRÜNEN gestellt werden, ebenso interessiert und werden dem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die Runde der Abgeordneten beschließt die FDP-Fraktion. Herr Abg. Morlok, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann meine Rede nicht zu Protokoll geben, weil ich nur ein paar Stichworte aufgeschrieben habe und diese dem Protokollführer nicht zumuten möchte.

Ich möchte es kurz machen, da wir dieses Thema heute Morgen bereits ausführlich behandelt haben.

Wir werden dem Antrag der GRÜNEN auch zustimmen, da wir der Auffassung sind, dass wir uns dringend um etwas mehr Transparenz bemühen müssen. Wir sind allerdings nicht der Auffassung, dass man so vordergründig die Schuld den privaten Energieversorgern wie Vattenfall zuschieben kann, wie das unterschwellig aus Ihrem Antrag herauskommt. Sicherlich ist es das wert, untersucht zu werden. Ich habe heute Morgen schon gesagt, Vattenfall gehört nicht zu den teuersten Stromanbietern.

Die wirklich teuren Stromanbieter sind unsere kommunalen Energieversorger. Auch das sollte man einmal untersuchen.

Nur noch ein Punkt zum Thema Strombörse. Sie hatten angesprochen, Frau Hermenau, dass der Freistaat nicht nur Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für die Strompreise ist, sondern auch Anteilseigner. Wir sollten darauf schauen, dass der Freistaat im Aufsichtsrat durch den Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums vertreten wird. Dieses Ministerium übt die Aufsicht aus. Vielleicht müssen wir hinsichtlich der Transparenz hier eine Veränderung herbeiführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Das war die erste Runde. Gibt es weiteren Aussprachebedarf seitens der Abgeordneten? – Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Kollege Jurk, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute Vormittag bereits sehr ausführlich über die Preisentwicklung bei Strom und die sächsische Energieaufsicht gesprochen. Der Strompreisanstieg der letzten Zeit wird – und das ist in der Debatte wieder angeklungen – immer wieder auf die EEX in Leipzig zurückgeführt. Häufig wird behauptet, dass die Preise an der Börse von den großen Energieversorgungsunternehmen manipuliert würden.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass im Zuge der Öffnung des europäischen Energiemarktes eine Reihe von Strombörsen innerhalb der Europäischen Union entstanden sind, unter anderem in Paris, in Amsterdam und eben auch in Leipzig. An all diesen Börsen entwickeln sich die Strompreise nahezu identisch. Der Stromgroßhandel ist europäisch. Die Hälfte der rund 130 Handelsteilnehmer an der EEX sind ausländische Unternehmen. Die Preisentwicklung an der einzigen deutschen Strombörse, der EEX in Leipzig, ist kein Sonderfall. Die Leipziger Strombörse EEX ist eine Handelsplattform. Dort wird Strom ver- und gekauft. Aufgabe jeder Börse ist es, aufgrund von Angebot und Nachfrage innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes einen Preis festzustellen. Die Börse legt den Preis nicht fest, sie stellt ihn fest.

Die Leipziger Strombörse verwendet für den ausschließlich elektronischen Börsenhandel die gleichen sicherheitserprobten Handelssysteme wie die Frankfurter Wertpapierbörse. Die Börsenaufsichtsbehörde in meinem Haus überwacht die EEX. Das ist bekannt. Die nach dem Börsengesetz vorgeschriebene so genannte Handelsüberwachungsstelle überprüft und kontrolliert vor Ort kontinuierlich und lückenlos, ob der Handel und die Preisfeststellung ordnungsgemäß sind. Sie prüft und kontrolliert auch, ob die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes, das heißt besonders das Verbot der Marktpreismanipulation, eingehalten werden.

Wegen der steigenden Strompreise hat die Börsenaufsicht schon im Jahr 2003 und erneut im letzten Jahr Sonderuntersuchungen durch die Handelsüberwachungsstelle angeordnet. Das Ergebnis war eindeutig: Es konnten keine Verstöße gegen Vorschriften des Börsengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes festgestellt werden. Der Vorwurf, an der Börse würden die Preise manipuliert, ist nach allen Informationen, die der Börsenaufsicht vorliegen, nicht berechtigt.

Immer wieder wird behauptet, der Strommarkt sei völlig intransparent und das gelte besonders für den Börsenhandel an der EEX. Dazu kann ich Ihnen sagen: Die EEX legt alle Handelsdaten offen. Sowohl die aggregierten Daten der gehandelten Mengen als auch die festgestellten Preise sind für jeden Interessierten auf der Website frei zugänglich. Die Börse verfügt darüber hinaus über keine preisrelevanten Marktdaten. Die EEX hat keine Erkenntnis über die Auslastung von Kraftwerken, da es keine Pflicht gibt, diese Informationen zu veröffentlichen. Es gibt auch keine Verpflichtung, außerbörsliche Geschäfte anzuzeigen. Das Problem liegt nicht bei der Strombörse, sondern in der fehlenden Transparenz des Strommarktes.

Energieversorgungsunternehmen, die Strom erzeugen, haben im Handel gegenüber reinen Energiehändlern einen Informationsvorsprung. Das ist unbestreitbar. Das gilt immer, egal ob der Handel an der Börse oder außerhalb der Börse erfolgt. Mit anderen Worten, die Transparenz am Strommarkt generell ist verbesserungswürdig, jawohl, und sie ist verbesserungsbedürftig.

Derzeit gibt es aber weder auf Bundes- noch auf europäischer Ebene rechtliche Möglichkeiten, die notwendige Transparenz durch staatliches Handeln durchzusetzen. Das kann man aber nicht der Strombörse in Leipzig vorwerfen. Sie ist nicht Ursache, sondern eher Spiegelbild der mangelnden Transparenz des deutschen und des europäischen Strommarktes.

Wir brauchen daher dringend mehr Transparenz auf dem gesamten Strommarkt. Deshalb müssen alle Händler Zugang zu preisrelevanten Daten haben. Ich appelliere an die deutsche und an die europäische Stromwirtschaft, in diesem Bereich für Transparenz zu sorgen. Ich begrüße ebenso wie die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEFraktion, dass Vattenfall Vorstandschef Rauscher dafür eintritt, dass die Energiewirtschaft der EEX Erzeugerdaten zur Verfügung stellt. Die gesamte Branche ist aufgefordert, auch im eigenen Interesse, verlorenes Vertrauen in die Stromwirtschaft zurückzugewinnen.

Wenn es nicht schnell zu einer freiwilligen Vereinbarung, ja, zu einer Selbstverpflichtung kommt, muss die notwendige Transparenz per Gesetz durchgesetzt werden. Mein Haus prüft derzeit, welche gesetzlichen Regelungen gegebenenfalls geschaffen werden müssen. Dazu gehört sicher die Einführung von stromspezifischen Insiderregelungen. Dabei müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass solche Regelungen nur dann Wirkung entfalten können, wenn sie europaweit gelten.

Wir sehen dem Antrag mit Interesse entgegen und wollen ihn gern fristgemäß und ausführlich beantworten.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Danke schön, Herr Staatsminister. – Erhebt sich Widerspruch dagegen, dass ich zum Schlusswort aufrufe? – Frau Hermenau, Sie

verzichten auf das Schlusswort. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich stelle den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 4/4023 zur Abstimmung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Keine Gegenstimme. Wer enthält sich der Stimme? – Der Antrag ist einstimmig angenommen. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Erklärung zu Protokoll

Im Rahmen der Aktuellen Debatte heute Vormittag habe ich zu der Thematik „Strom- und Gaspreise auf Rekordniveau und die Energieaufsicht der Sächsischen Staatsregierung“ Stellung bezogen. Ich möchte aus Zeitgründen nicht nochmals auf die einzelnen Punkte eingehen. Vorweggenommen: Wir werden diesem Berichtsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen.

Die Börse – hier die Strombörse in Leipzig – ist der Ort, wo sich Anbieter und Nachfrager nach einem Gut – in diesem Fall Strom – treffen. Der Markt nimmt die Koordination zwischen den Anbietern und den Nachfragern nach einem Gut wahr. Konkret besteht die Funktion des Marktes darin, dass der Markt die Verkaufspläne der Anbieter – hier die Produzenten von Strom – und die Kaufpläne der Nachfrager – hier die Händler von Strom – möglichst weitgehend zur Deckung bringt.

Wie ist das möglich? Das Geheimnis der „unsichtbaren Hand“ ist der Preismechanismus. So ist es in der Theorie und so sollte es sein.

Voraussetzung für einen funktionierenden Markt ist jedoch, dass sich die Marktteilnehmer – sowohl Anbieter als auch Nachfrager – die gleichen Informationen beschaffen können und dann über die gleichen Informationen verfügen.

Anbieter und Nachfrager unterscheiden sich darin, dass sie den Wert eines Gutes, ausgedrückt in Geld – hier der Strompreis – unterschiedlich einschätzen. Das Problem der Strombörse ist jedoch, dass den Marktteilnehmern nicht die gleichen Informationen vorliegen – ökonomisch

ausgedrückt spricht man von asymmetrischen Informationen: Die Stromanbieter, die Kraftwerksbetreiber, haben einen Informationsvorsprung gegenüber den Händlern. Sie kennen die Auslastung der einzelnen Kraftwerke und damit die Menge an Strom, die dem Markt zur Verfügung stehen wird.

Den Händlern liegen diese Informationen nicht vor. Die Stromhändler können dies nur schätzen und entsprechende Gebote abgeben. Dies führt dazu, dass wir eine hohe Volatilität des Preises für Strom vorfinden.

Wir lehnen den Markt nicht von vornherein ab, wir fordern jedoch eine erhöhte Transparenz des Marktgeschehens. Die volle Transparenz des Strommarktes muss vorhanden sein. Dies ist leider nicht der Fall. Deshalb fordern wir die nationalen sowie internationalen Institutionen auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die notwendige Transparenz zu schaffen. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Gleichzeitig können die Kraftwerksbetreiber aufgrund ihrer oligopolistischen Struktur die Knappheit und damit den Preis für die Kilowattstunde Strom beeinflussen. Hier fehlt der Wettbewerb, den fast alle Redner am Vormittag in der Aktuellen Debatte gefordert haben.

Kurz, die sozialdemokratische Fraktion unterstützt den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, denn Transparenz ist die Grundvoraussetzung für das Funktionieren eines Marktes.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

13. Tätigkeitsbericht 2004/2005