dass nach 1998 mit dem neuen Energiewirtschaftsrecht zunächst die Preise erheblich fielen. Aber wissen Sie auch, dass eben das mit Dumpingpreisen der Großen finanziert worden ist, die auf Rücklagen von 50 bis 60 Milliarden Euro zurückgreifen konnten? Genau mit diesem Geld haben sie letztendlich die Neuordnung der Energiewirtschaftsstrukturen finanziert.
Ich weiß um die Zusammenhänge, kann aber die Schlüsse, die Sie daraus ziehen, nicht nachvollziehen, weil das Gegenteil der Fall ist. Wenn Sie sich anschauen, wie sich der Strompreis zusammensetzt, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass 41 % staatlich induziert sind. Ein Teil dieser 41 % staatlicher Induktion kommt aus 12 % Ökosteuer, aus 3 % KWK und EEG. Das kann man politisch wollen. Das ist auch so beschlossen worden. Es ist aber politisch unredlich, diese Kosten
steigerungen herbeizuführen und sie im Nachhinein zu beklagen. Auch das gehört zur politischen Wahrheit.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese Effekte vorhanden sind. Sicherlich hat man im freien Wettbewerb zunächst einmal versucht, sich Marktanteile zu sichern. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Es geht aber nicht, dass so getan wird, als ob das alles die bösen Stromkonzerne seien und der Staat, die Politik nichts damit zu tun hätten.
Lassen Sie mich fortfahren! Das sind aber nicht die einzigen Zusatzbelastungen. Es kommen noch 16 % Mehrwertsteuer und 12 % Konzessionsabgabe hinzu. Das muss man zur Kenntnis nehmen, wenn man über diese Preissteigerungen spricht.
Man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass der Strompreis in Sachsen mit 588 Euro pro Jahr knapp unter dem ostdeutschen Durchschnitt von 590 Euro liegt. Wir liegen also nicht in der Spitzengruppe.
Beim Gaspreis ergibt sich die gleiche Situation: 33 % Importpreis, 37 % Verteilung Inland, 30 % Staat.
Wenn Sie sich auch anschauen, wie von September 2004 bis September 2005 die Gaspreise gestiegen sind, dann stellen Sie fest, dass sich bei Erdgas ein Plus von 12 % ergibt, bei Dieselkraftstoff aber ein Plus von 18 % und bei leichtem Heizöl von 36 %. Angesichts dessen ist die Mär von dem überproportionalen Anstieg des Gaspreises zu Ende. Beim Gaspreis für private Haushalte liegen wir ungefähr im EU-Durchschnitt von fünf Cent pro Kilowattstunde. Wir liegen gleichauf mit Österreich, deutlich über Großbritannien – dort gibt es aber eigene Gasressourcen –, aber weit unter Dänemark mit 8,6 Cent pro Kilowattstunde.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Gas eine immer knapper werdende Ressource ist und über immer weitere Entfernungen herbeigeschafft werden muss. Wir müssen uns daher politisch auch zukünftig auf weitere Gaspreissteigerungen einstellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Morlok, die Kostensteigerung beim Gaspreis – das haben Sie zum Teil ausgeführt – ist natürlich nicht nur mit dem Beißreflex der FDP auf die Ökosteuer zu erklären, sondern hat auch etwas damit zu tun, dass die Vorräte vor allen Dingen im Nahen und Mittleren Osten sowie in den GUS-Staaten liegen und damit Pipelinelängen von 4 000 bis 5 000 Kilometern erforderlich sind. Diese Gestellungskosten
Die Legislaturperiode ist noch nicht alt, aber wir debattieren heute, wenn ich es richtig sehe, bereits zum vierten Mal über die Strom- und Gaspreise in Sachsen. Wir werden wahrscheinlich weiterhin darüber debattieren müssen. Neu ist, dass im Debattentitel auch die Energieaufsicht des Freistaates Sachsen Erwähnung findet.
Wir können zunächst einmal feststellen, dass die Gas- und Energieversorgungsunternehmen durch die energiepolitischen Debatten hier in diesem Hause wenig beeindruckt worden sind; sonst hätten sie uns nicht eine neuerliche Preiserhöhungsrunde zum 1. Januar dieses Jahres aufgedrückt. Ich fürchte, auch diese Aktuelle Debatte, die wir auf Antrag der Linksfraktion führen, wird uns an der Preisfront im Moment erst einmal keinen einzigen Cent Entspannung verschaffen.
Daran wird die Energieaufsicht des Landes wenig ändern, die in ihrer Funktion als untere Kartellbehörde, wie ich finde, schon immer ein relativ zahnloser Tiger war und nach wie vor ist. Dem Wirtschaftsminister, Herrn Jurk, ist lediglich die kartellrechtliche Prüfung in Form eines Preishöhenvergleichs möglich. Da unsere Versorger die Preise in den letzten Jahren immer im Geleitzug erhöht haben, bleibt bei der Prüfung naturgemäß wenig Spielraum. Ich gehe davon aus, Herr Jurk, dass Sie die heutige Aktuelle Debatte nutzen, um Ihre Erfahrungen mit diesem Thema – Sie haben zum Jahreswechsel Anstrengungen unternommen – darzulegen, wie Sie es im Wirtschaftsausschuss getan haben.
Nur solche Unternehmen, bei denen die Preise aus dem üblichen Erhöhungsrahmen fallen, geraten in den Verdacht, ihre marktbeherrschende Stellung auszunutzen. Dass das hessische Wirtschaftsministerium alle Anträge auf Preiserhöhung zurückgewiesen hat, haben bestimmt manche im ersten Reflex als vorbildhaft empfunden. Wenn man genauer hinsieht, stellt man fest, dass es sich bei dem Vorgehen der Hessen offensichtlich um einen kosmetischen Eingriff handelt, den die Landesregierung im Vorfeld der Kommunalwahl aus Gründen der Publikumswirksamkeit vorgenommen hat. Ich wette, dass die Landesregierung in Hessen ihre Haltung spätestens nach der Kommunalwahl revidieren muss; denn realistisch betrachtet sind kartellrechtliche Instrumente der Landesregierung für die Gas- und Strommärkte nicht ausreichend, um die Monopole zu zwingen, angemessene Preise zu erheben.
Bei den Preiserhöhungen sowohl auf dem Strom- wie auch auf dem Gasmarkt können alle Versorger ohne Ausnahme durchaus auf gestiegene Beschaffungskosten verweisen. Die Energieaufsicht des Wirtschaftsministeriums wird sich damit abfinden müssen und nur die Frage nach den Ursachen der erhöhten Beschaffungskosten klären können.
Wenn Vattenfall, aus welchen Gründen auch immer, die Preise erhöht, hat die Staatsregierung, so glaube ich, das leider hinzunehmen. Die Preisgestaltung von Vattenfall
als Vorlieferant unterliegt eben nicht ihrer Kartellzuständigkeit. Da muss Herr Böge vom Bundeskartellamt tätig werden.
Dabei wäre es doch genau das, was uns so interessiert! Es wäre interessant zu erfahren, warum die Strompreise in Sachsen zu den höchsten der Republik gehören, obwohl unsere Stromerzeugung zu 85 % auf der Verstromung heimischer Braunkohle beruht, die keine Importkosten verursacht. Es wäre auch interessant herauszufinden, warum die Gasversorger an den Verbraucher einen doppelt so hohen Preis weitergeben, als sie selbst bei der Steigerung des Einkaufspreises angeben. Auch diese Fragen sind zu klären.
Meine Damen und Herren! Das Kartellrecht ist, wie gesagt, noch unzureichend, um ein funktionierendes Marktgeschehen zu ersetzen; das kann es nicht. Ich verbinde die Einführung der Regulierungsbehörde sowie die erzwungene und nötige Trennung von Netz- und Vertriebskosten nicht wirklich mit der Hoffnung auf dauerhaft sinkende Preise. Das hat auch weltwirtschaftliche Gründe, wie ich vorhin ausgeführt habe. Ich erhoffe mir aber mehr Transparenz. Was wir zurzeit sehen, sind steigende Preise, die weit über das hinausgehen, was die steigenden Bezugskosten rechtfertigen; ich habe es ausgeführt. Wir sehen zum Teil exorbitant steigende Gewinne bei allen Energieversorgungsunternehmen. Es ist offensichtlich, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht.
Deswegen hat unsere Fraktion einen ersten Antrag zu dem Sachverhalt eingebracht, über den heute, später am Tage, noch zu diskutieren sein wird und von dem ich hoffe, dass er von Ihnen allen mit großer Mehrheit verabschiedet wird.
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Preissteigerungen gibt es natürlich Ursachen, auf die nationalstaatliche Politik, Bundespolitik oder Landespolitik, keinerlei Einfluss hat. Dazu gehören die Importpreise für Öl und Gas, die tatsächlich innerhalb eines Jahres um 50 % bzw. 43 % gestiegen sind. Das ist in der Tat so.
Wenn wir aber diesen Debattenpunkt auf die Tagesordnung gesetzt haben, dann geht es darum, wie politische Rahmenbedingungen aussehen müssen und welche politischen Instrumente es gibt, die wir einsetzen können, um zumindest dämpfend auf die Kostenentwicklung einwirken zu können.
Wir haben Anträge formuliert, die wahrscheinlich in der nächsten Landtagssitzung auf der Tagesordnung stehen
werden. Sie haben drei angekündigt; heute Abend reden wir über den Börsenhandel mit Strom. Fakt ist aber: Ich bin mit denjenigen, die sagen, dass weder eine Regulierungsbehörde noch die Kartellbehörden flächendeckend prüfen und kontrollieren können, völlig einer Meinung: Das ist schlicht unmöglich.
Deshalb muss man an die eigentlichen Ursachen herangehen. Das sind die Strukturen, die entstanden sind. Da die pfiffige Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes 1998, noch unter der Kohl-Regierung, den Durchleitungstatbestand zum Beispiel nicht rechtlich geregelt hat, konnte man dann sozusagen – das wurde von der rotgrünen Regierung im Übrigen toleriert – mit Verbändevereinbarungen über die Durchleitungsentgelte eben nicht preisdämpfend wirken.
Der größte Energiewirtschaftslobbyist in der Bundesregierung war zuerst Werner Müller, der dann als Manager in den größten Konzern, in ein Tochterunternehmen, gegangen ist, und es war natürlich Herr Clement von der SPD, der allein zwei Jahre lang die Regulierungsbehörde im Bund verzögert hat, nachdem die EU-Kommission diese Richtlinie beschlossen hatte.
Der Filz zwischen Energiewirtschaft und Politik muss gründlichst untersucht werden, und deshalb appelliere ich auch an das Innenministerium und die Kommunalaufsicht, etwas genauer hinzusehen, was denn in den Aufsichtsräten der Stadtwerke passiert. Ich glaube, zumindest liegt der Verdacht nahe, dass das, was jetzt in NordrheinWestfalen bei RWE und e.on aufgedeckt worden ist, Kommunalpolitiker zu kaufen, indem man Urlaubs- und Lustreisen finanziert, nicht nur dort passiert. Es kommt vor allem darauf an, Herr Jurk, tatsächlich auch die Zeit für die Lieferverträge unter die Lupe zu nehmen. Es kann nicht sein, dass für zehn oder 20 Jahre Lieferverträge abgeschlossen werden, denn damit wird der Markt abgeschottet. Hier muss also kartellrechtlich geprüft werden, auch was die Durchleitungsentgelte von Strom durch die Netze angeht.
Im Übrigen müssen wir von NPD-Vertretern nicht belehrt werden, dass die Strukturen natürlich die Handlungsspielräume bestimmen, in denen Menschen und Unternehmen agieren. Die Politik ist hierbei höchst unverantwortlich vorgegangen, eben weil man sie und ihre Gewinne gehätschelt und die Fusionen bestätigt hat. Ich erinnere nur an die so genannte Ministererlaubnis des Herrn Müller, die dann sein Staatssekretär erteilt hat, was die Fusion von Ruhrgas und e.on anging.
Der liberale Wirtschaftspolitiker Brüderle, der ja weiß Gott nicht sozialistischer Vorstellungen verdächtigt werden kann, bringt es auf den Punkt und sagt: Die Macht der Konzerne ist durch konsequente Entflechtung einzudämmen. Das ist im Grunde genommen die politische Aufgabe, vor der wir stehen. Aber das ist nur im Rahmen der Bundespolitik möglich. Deshalb brauchen wir auch in
Kurz und gut, nicht alles ist von der Landeskartellbehörde oder von der Deregulierungsbehörde von Sachsen aus lösbar. Aber die Instrumente, die wir hier haben, sollten wir auch konsequent ausnutzen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte hat ja jetzt eine Reihe von Facetten zusammengetragen, die in die grundsätzliche, vorurteilsfreie und ideologiefreie Diskussion über die Energiepolitik der Zukunft einfließen müssten. Insofern ist das, was bisher gesagt wurde, hilfreich.