dem Niveau der Sozialleistungen. In der damaligen Bemessung des Regelsatzes kamen sie nicht vor und wurden auch nicht berücksichtigt. Dies müsste nun allerdings erfolgen, damit der Regelsatz durch unsaubere Ausweitung nicht weiter abgesenkt werden kann. Diese Gefahr sehen wir nämlich durchaus.
Meine Damen und Herren! Hinsichtlich des Regelsatzes muss man also feststellen: Schon damals wurden die sozialstaatlichen Anforderungen verfehlt, bei der Bemessung der Regelsätze ein Existenzminimum festzulegen, das sich am Bedarfsdeckungsprinzip orientiert; auf einer Basis, die die veränderten Einkommen, Lebenshaltungskosten und Verbrauchergewohnheiten adäquat abbildet. Deshalb haben wir heute auch die Situation, dass Sozialhilfe eben nicht mehr wirkungsvoll vor Armut schützt.
Die NPD-Fraktion unterstützt das Ansinnen der Anhebung des Regelsatzes auf eine Höhe, die den notwendigen Lebensbedarf der Betroffenen sicherstellt. Allerdings ist der PDS-Antrag in diesem Punkt recht allgemein gehalten; denn woran mache ich ein existenzsicherndes Einkommen fest? Die NPD schlägt mit dieser Änderung ein Verfahren vor, das realistische Werte ermitteln könnte, und anhand dieser Auswertung ließe sich ein verbindlicher Regelsatz festlegen.
Bei aller Kritik am EVS würde eine aktuelle Ermittlung zumindest erst einmal eine Aktualisierung des Regelsatzes anhand von verlässlichen Daten ermöglichen. Dieser wird sicherlich 345 Euro übersteigen müssen, und es wäre eine gute Möglichkeit, auf diesen Erkenntnissen fußend auch im Bundesrat für eine angemessene Erhöhung des ALG II bzw. der Sozialhilfe nach dem SGB XII initiativ zu werden.
Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, den ich hiermit auch einbringe, der vor allem als Konkretisierungsantrag zu verstehen ist. Ich will dabei nicht verhehlen: Sollten Sie bessere Vorschläge für eine realistische Regelsatzermittlung haben, werden wir uns im Interesse der Betroffenen sicher nicht dagegen sperren. Wir sind allerdings der Auffassung, dass Reden nicht viel bringt, sondern dringender Handlungsbedarf besteht. Der PDS-Antrag ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Deshalb wird die NPD-Fraktion diesem Antrag im Kern auch zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Linksfraktion bringt hier einen Antrag zur Anhebung des Regelsatzes nach SGB XII in Anlehnung an den Regelsatz nach SGB II ein – aus ihrem Selbstbild heraus, der Anwalt der kleinen Leute zu sein, verständlich. Ihr Anwaltsdasein erfordert aber finanzielle Mittel. Es hätte sich gehört, die finanziellen Auswirkungen und ihre Deckung hier ganz
klar darzustellen. Warum Sie dies nicht tun, ist wiederum unverständlich, zumal Sie keine Scheu haben – was ich für höchst ungebührlich halte –, den Kreisen und Kreisfreien Städten, den Trägern der Sozialhilfe nach SGB XII, eine zusätzliche Zahlungsverpflichtung mal eben so zum 01.07.2006 aufzubürden – aus Ihrem sozialen Engagement heraus?
Es ist eine Frage der Fairness und der Ehrlichkeit, nicht nur unter Kollegen, sondern auch und vor allem den Bürgerinnen und Bürger außerhalb dieses Hohen Hauses gegenüber, dass die Fakten auf den Tisch gelegt werden und der zur Zahlung Verpflichtete klar benannt und darüber informiert wird.
Wenn ich mich jetzt mit der Antragstellerin über den inhaltlichen Anspruch des Antrages auseinander setzen würde, über die Inhalte der Sozialhilfe, über die Maßgabe, dass sie jedem Empfänger ein Leben ermöglichen soll, das der Würde des Menschen entspricht, über den Begriff Armut absolut und relativ und ob Armut materiell und immateriell messbar ist und ob die soziokulturelle Verarmung nicht eine noch gravierendere gesellschaftliche Herausforderung ist?
Ich weiß, es ist sehr schwer, mit der Höhe des derzeitigen Regelsatzes klarzukommen. Ich halte es jedoch für vertretbar, wenn wir dafür weiterhin gezielte Hilfen auch auf anderen Gebieten in den Kommunen anbieten können; denn diese Hilfen sind für die Betroffenen unverzichtbar und helfen mehr als die Anhebung des Regelsatzes.
So bleiben wir dabei: Egal, wie weit wir uns vielleicht inhaltlich verständigen könnten – jetzt und hier zu beschließen, mitten im Haushaltsjahr den Kreisen und Kreisfreien Städten eine finanzielle Last aus dem Landtag heraus aufzubürden, verstößt gegen unser Verständnis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Bund, Land und den Trägern von Leistungen, hier den Landkreisen und Kreisfreien Städten.
Den Änderungsantrag der NPD lehnen wir wegen der schon benannten Einkommens- und Verbraucherstichprobe ab. Ich denke, diese Ergebnisse werden in Kürze bekanntgegeben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag, den uns die Linksfraktion.PDS hier vorlegt, können wir, was Punkt 1 angeht,
nachvollziehen. Herr Dr. Pellmann hat Recht: Es ist nicht wünschenswert, dass die Bezieher von Sozialhilfe nach SGB II und SGB XII unterschiedliche Leistungen erhalten. Was die CDU hier vorgebracht hat – dass es den Staat an den Rand des Ruins treiben würde –, ist nicht zu erkennen, da es sich bekanntermaßen um eine begrenzte Anzahl von Personen handelt.
Allerdings – und darin gebe ich Frau Schütz von der FDP Recht – wäre es fair gewesen, in Ihrem Antrag zu beschreiben, wer das Ganze denn bezahlen soll; denn die Sozialhilfe wird von den Kommunen aufgebracht, und zwar aus Steuern, Abgaben und allgemeinen Schlüsselzuweisungen. Wenn wir also über eine Anhebung debattieren, könnten wir das im nächsten Jahr vornehmen, und zwar, nachdem wir uns im Rahmen des Finanzausgleichs klargemacht haben, ob wir das denn auch wollen.
Im Moment können wir nach unserer Ansicht die Kommunen nicht mit einer Summe belasten, die ihre ohnehin großen Schwierigkeiten mit dem Haushalt noch weiter verschärft. Deshalb werden wir uns zu Punkt 1 enthalten, sind jedoch für weitere Diskussionen zu diesem Thema offen.
Zum zweiten Punkt Ihres Antrages ist bereits sehr viel gesagt worden. Die Regelsätze orientieren sich am so genannten soziokulturellen Existenzminimum, das, wie schon gesagt wurde, auf der Grundlage der aller fünf Jahre erhobenen Einkommens- und Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes ermittelt wird. Die aktuelle Einkommens- und Verbraucherstichprobe stammt aus dem Jahr 2003, und die Daten liegen noch nicht vor. Aber es gibt bereits jetzt Stimmen, wie die der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, die über eine generelle Senkung des Regelsatzes spekulieren. Als Beispiel eine Aussage von Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der BDA, mit der Argumentation – ich zitiere –: „Wenn es nur darum geht, wie viel Geld der Staat aus verfassungsrechtlichen Gründen bereitstellen muss, dann könnten die Sätze auf jeden Fall gesenkt werden. Asylbewerber beispielsweise erhalten deutlich niedrigere Sätze.“
Das kann natürlich nicht unsere Einstellung sein. Es ist auch nicht unsere Einstellung, aber die Frage ist doch, auf welcher Grundlage eine Neuberechnung erfolgen könnte. Salopp könnte man sagen: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast? Es ist die Frage, welche Personengruppen in diese Verbraucherstichprobe einbezogen werden. In der Vergangenheit wurden dort zum Beispiel Studenten herausgerechnet und wie man hört, könnte dies in Zukunft anders werden.
Der Regelsatz orientiert sich an dem unteren Fünftel der in der Einkommens- und Verbraucherstichprobe veranschlagten Einkommen. Differenziert man die Haushalte, die dazu herangezogen werden, nach Alter und Geschlecht des Haushaltsvorstandes, zeigt sich, dass es sich
bei dieser Bezugsgruppe überwiegend um Frauen im Alter von 70 Jahren und älter handelt, deren Ausgabeverhalten momentan zum Maßstab für die Regelsatzberechnung genommen wird.
Ich möchte noch einige Anmerkungen machen, um zu zeigen, worum es sich handelt. Wir reden von 4,23 Euro pro Tag für Ernährung und Getränke, wir reden von 34 Cent pro Tag für Café- oder Kneipenbesuche – ein Cappuccino die Woche! –, wir reden von 60 Cent pro Tag für den öffentlichen Nahverkehr – das heißt eine bis anderthalb Hin- und Rückfahrten pro Woche –, wir reden von 60 Cent für Telefonkosten inklusive Grundgebühr, von 34 Cent für Zeitungen und Zeitschriften – eine Zeitung pro Woche! – usw. Das sind die Beträge, die momentan auf dem Papier stehen. Aber wir sprechen von der Existenzgrundlage von Menschen.
Die GRÜNEN-Fraktion plädiert deshalb dafür, eine objektive Debatte über die Entscheidungsgrundlage und die Entscheidungsfindung zu führen und diese auch nachvollziehbar zu machen. Nur so können wir zu einem Regelsatz kommen, der momentan aus unserer Sicht noch nicht festzusetzen ist. Unter diesen Gesichtspunkten werden wir aber dem Punkt 2 Ihres Antrages zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Sozialhilfe soll vor Armut und Ausgrenzung schützen und dem Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.“ So jedenfalls steht es in § 1 Satz 1 des SGB XII. Aber das doch eher konstant niedrige Niveau der Regelsätze auf der einen sowie ständige Preissteigerungen auf der anderen Seite ermöglichen den meisten Sozialhilfeempfängern doch schon längst kein menschenwürdiges Leben mehr.
Wie sonst erklären Sie sich zum Beispiel die ständig anwachsenden Schlangen von Menschen an der Tafelgesellschaft, die sich mittlerweile auch in Sachsen etabliert hat? Wir, die wir hier sitzen, können uns wohl nur schwer in die Lage der Menschen versetzen, die zu einer so genannten Bedarfsgemeinschaft degradiert wurden und nun Woche für Woche in einer solchen Schlange anstehen müssen – anstehen, um etwas mehr auf den Tisch zu bekommen oder um die Kinder satt zu bekommen.
Aber zu einem menschenwürdigen Leben gehört noch etwas mehr, als einfach nur satt zu sein. Hierzu gehört auch die Teilnahme am kulturellen Leben oder dass man vielleicht auch einmal ein paar Tage in Urlaub fahren kann, um einfach einmal etwas anderes zu sehen. Denn was nutzt die viel gepriesene Reisefreiheit, wenn es vielen Menschen in Sachsen nicht einmal möglich ist, sich eine Busfahrkarte nach Berlin zu kaufen, geschweige denn an die Ostsee oder ins Ausland?
Somit ist eine Erhöhung der Regelsätze grundsätzlich zu befürworten. Allerdings sollte hierbei unbedingt die Anzahl der geleisteten Arbeitsjahre zugunsten der älteren Leistungsberechtigten berücksichtigt werden; denn es kann nicht sein, dass ein Mensch, der vielleicht 20 oder 30 Jahre gearbeitet hat, der fleißig in die Kassen eingezahlt und somit auch seinen Anteil für die Gesellschaft erbracht hat, und ein Leistungsempfänger, der nur wenige oder gar keine Arbeitsjahre hat, gleichgestellt werden. Insofern ist eine Pauschalierung der Regelsätze überhaupt nicht vertretbar.
Aus unserer Sicht ist die derzeitige unausgewogene Sozialgesetzgebung insgesamt abzulehnen und es ist bedrückend, dass in einem derart reichen Land, welches überall auf der Welt mit dem Scheckbuch präsent ist, ein solcher Antrag überhaupt gestellt werden muss. Wer wundert sich da, dass junge Paare keine Kinder mehr in die Welt setzen wollen, dass unser Volk überaltert und infolgedessen der Generationenvertrag geplatzt ist? Übrigens ist die Menschenwürde im SGB II an keiner Stelle mehr erwähnt.
Den Änderungsantrag der NPD, welche das Vertrauen des deutschen Volkes sucht und sich auch vehement gegen einen Überwachungsstaat ausspricht, aber gleichzeitig ausgerechnet den Ärmsten misstraut und diese mit menschenunwürdigen und erniedrigenden Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen überziehen will, lehnen wir ab. Ich kann mich noch gut entsinnen, dass die NPD den sozial Schwachen versprochen hat, die Reichen besser zu kontrollieren. Dann sollten Sie bitte auch dort anfangen! – So viel zu Ihren Wahlversprechen.
Dem Antrag der Linksfraktion, der sich im Grundgedanken auf eine finanzielle Besserstellung der Schwächsten der Gesellschaft bezieht, werden wir zustimmen.
Danke schön. – Das war die erste Runde der Abgeordneten. Gibt es seitens der Abgeordneten noch Redewünsche? – Herr Dr. Pellmann, bitte.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die verehrten Kollegen haben mir so viele Hausaufgaben mitgegeben, dass ich das im Schlusswort nicht schaffe und daher eine Zwischenintervention machen muss.
Zunächst zu dem heiklen und umstrittenen Problem der Einkommens- und Verbraucherstichproben. Meine Damen und Herren, es ist in der Tat ein Skandal, dass wir uns faktisch immer noch auf der entsprechenden Stichprobe des Jahres 1998 bewegen. Niemand soll mir weismachen, dass 2003 eine Stichprobe gemacht worden sei, deren Daten noch nicht vorlägen. Ich kann Ihnen sagen, das hätte ich in einem Jahr ganz allein auf Karteikarten ausgerechnet.
Damit versucht man doch nur nach der Devise zu verfahren: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, und dann muss ich auch nicht handeln.
Herr Gerlach, dieses Problem bewegt uns wirklich. Sie sagen, wir haben keine Daten und deswegen können wir nicht entscheiden. Lieber Herr Gerlach, wir sind doch schon etwas länger in diesem Haus. Es war gute Praxis, dass immer zum 1. Juli – und da lagen die Daten des Vorjahres auch noch nicht vor – über die Anhebung des Eckregelsatzes bei der Sozialhilfe entschieden wurde. Das schrieb der Gesetzgeber vor. Nur weil wir nicht wissen, ob es tausend mehr oder weniger sind – um diese Größenordnung geht es ja –, sind wir der Meinung, dass das nicht geht. Auf diese Weise lassen wir die Frist 1. Juli verstreichen und warten dann bis zum nächsten Jahr.
Frau Herrmann, ich bin lange genug als Abgeordneter in einer Kommune tätig, und zwar in der Kommune, in der die mit Abstand höchsten Sozialhilfeausgaben gezahlt werden. Trotzdem sage ich hier, dass darauf in den letzten Jahren niemand Rücksicht genommen hat. Da wurde im Haushalt auch nicht gefragt, ob die Kommune das tragen kann oder nicht. Nein, da hat der Gesetzgeber festgelegt, ob der Regelsatz angehoben wird oder nicht. Wer hat denn die Kommunen gefragt, ob sie mit der Aufbürdung der Kosten der Unterkunft klarkommen? Hat da jemand gefragt? In einer Reihe von Kommunen reicht es eben nicht. Dort sind Haushaltslöcher gerissen worden, selbst wenn die Staatsregierung das nicht glaubt. Die Berechnungen, die ich zumindest für Leipzig und zum Teil auch für Dresden kenne, sprechen eine ganz andere Sprache.
Herr Krauß, ich sage Ihnen eines: Sie haben einiges durcheinander gebracht. Ich habe gesagt, dass es wünschenswert wäre, wenn wir 420 Euro als Eckregelsatz für SGB XII und SGB II hätten. Das haben wir aber nicht beantragt. Wo steht denn das? Wir haben lediglich die Regelsatzangleichung in beiden Sozialgesetzbüchern beantragt, nicht mehr und nicht weniger. Und im Übrigen: Auch die 420 Euro sind nicht aus der Luft gegriffen, wie Sie vielleicht glauben, sondern hier stützen wir uns insbesondere auf Berechnungen, wie sie vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und auch von der Volkssolidarität und anderen Wohlfahrtsverbänden vorgelegt worden sind.