Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Für die CDUFraktion spricht Herr Dr. Wöller, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der FDP-Fraktion dankbar, dass sie noch einmal das Thema Exzellenzinitiative aufgegriffen hat. Es ist wichtig, dass wir über dieses Thema weiter diskutieren und uns darüber klar sind, dass wir auf einem zentralen Zukunftsfeld der sächsischen Politik agieren.

Das Ziel dieser Exzellenzinitiative hat Kollege Schmalfuß schon dargestellt: dass es um die Förderung von Spitzenleistungen an Hochschulen geht mit den drei Förderlinien der Graduiertenschulen, der Exzellenzcluster und vor allem der Zukunftskonzepte von universitärer Spitzenforschung.

Lassen Sie mich deshalb auf die wenigen Punkte eingehen, die aus meiner Sicht und aus Sicht der Koalition wichtig sind. Wir haben gerade bei der Aufforderung für die Spitzenuniversitäten gesehen, dass es nicht nur ein Nord-Süd-Gefälle gibt, sondern auch ein Ost-WestGefälle. Wir haben vier Universitäten in BadenWürttemberg, drei in Bayern; das heißt, es konzentriert sich im Südwesten der Bundesrepublik Deutschland. Das kommt nicht von ungefähr; sondern dort ist bereits seit Jahrzehnten ein Prozess im Gange, der in Richtung Profilierung und Konzentration läuft.

Entscheidend ist die Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie wir diese Ergebnisse in der ersten Runde bewerten und welche politischen Schlussfolgerungen wir daraus ziehen. Es ist – darauf hat der Wissenschaftsrat und die Deutsche Forschungsgemeinschaft hingewiesen – ein Paradigmenwechsel in der Forschungsförderung; zunächst einmal nur, was das Bund-Länder-Programm betrifft, aber insgesamt mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Euro eine erhebliche Größenordnung und Tragweite. Wir werden nicht mehr die Förderung der Einheitsuniversität mit der Gießkanne auf der einen Seite haben, sondern wir werden den qualitäts- und leistungsgestützten Wettbewerb fördern. Das führt zu einer differenzierten Hochschullandschaft, wie sie sich in ersten Kontu

ren bereits abzeichnet. Und wir werden eine Vollkostenfinanzierung der Forschung mit einer größeren Transparenz von wissenschaftlicher Leistung erhalten.

Meine Damen und Herren, was heißt das für Sachsen? Ich würde nicht ganz so weit gehen, Herr Kollege Schmalfuß, dass das Ergebnis ernüchternd ist. Aber es hat zumindest eines gezeigt: dass wir zwar gut sind – vor allem in der Breite gut aufgestellt –, aber nicht Spitze; und an die Spitze wollen wir.

Exzellenz kann man nicht verordnen oder durch politische Beschlüsse herbeiführen. Exzellenz ist das Ergebnis von guter wissenschaftlicher Leistung der Beteiligten – der Forschungsinstitutionen, der Wissenschaftler, auch der Studenten.

Welche Leitlinien haben die Politik der Koalition in der Vergangenheit bestimmt und werden sie bestimmen? – Es sind im Wesentlichen vier Punkte.

Erstens: Konzentration und Leistung. Überall, wo wir Leistung und Spitzenleistung beobachten, ist die notwendige Voraussetzung die Konzentration. Man kann nur dort gut oder Spitze sein, wo man sich mit ganzem Ressourceneinsatz bemüht, Spitze zu sein. Das heißt, es wird in Sachsen eine Hochschullandschaft werden müssen, die zwar in der Breite gut aufgestellt ist, aber Leuchttürme herausbildet; Spitzenleistungen, die dann auch im zweiten Förderprogramm mit dem notwendigen Zuschlag befunden werden.

Zweitens: Freiheit und Verantwortung. Meine Damen und Herren, Freiheit und Verantwortung gehören zusammen wie zwei siamesische Zwillinge. Die Koalition hat den Mut, den Hochschulen mehr Freiheit einzuräumen. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Hochschulen dann aber auch die Verantwortung für das Ergebnis dieser Freiheit übernehmen und sich diesem Wettbewerb stellen müssen. Wir haben diesen Weg bereits mit Gesetzesvorhaben beschritten und wir wollen ihn mit der sächsischen Hochschulnovelle weiter beschreiten.

Drittens: Strukturen müssen Zielen folgen. Meine Damen und Herren, Strukturen sind kein Selbstzweck, und wir sollten nicht den Fehler machen, in selbstverliebte ideologische Debatten zu verfallen, sondern wir müssen die Strukturen im Hochschulbereich auf die Ziele ausrichten. Was sind die Ziele? Die Ziele können meiner Auffassung nach nur Qualität der Forschung und Lehre sein. Das heißt, wir müssen schneller zu Entscheidungen kommen und diese Entscheidungen zügiger umsetzen im Sinne der Konzentration, im Sinne der Profilierung der sächsischen Hochschullandschaft. Im Kern kann es also nur eine Stärkung der Leitungsstrukturen an Hochschulen geben.

Viertens und abschließend – und das ist mit dem Volumen von 1,9 Milliarden Euro des Förderprogramms benannt –: Geld ist wichtig, aber Geld ist kein alleiniger Erfolgsfaktor. Wir sind in Sachsen mit der bisherigen Finanzierung unseres Hochschulwesens sehr gut aufgestellt. Die Erfolge zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir müssen aber zu einem wirksameren und wirtschaftliche

ren Mitteleinsatz kommen, also die Lenkungsfaktoren berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, wir sind auf dem Weg, im Sinne dieser Leitlinien zu diskutieren und die notwendigen Gesetzesvorhaben vorzubereiten. Ich bin der FDPFraktion dankbar, dass sie das Thema noch einmal aufgegriffen hat. Sie bestätigen damit unseren Weg, und wir werden diesem Antrag als Koalitionsfraktionen zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Linksfraktion.PDS Frau Werner, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion: Ich muss sagen, mich hat die Auseinandersetzung mit Ihrem Antrag ziemlich viel Mühe gekostet. Ich muss mich deshalb an den Anstrichen entlanghangeln, weil ich nicht sehr viel Innovatives herauslesen konnte, über das ich hätte reden können.

Zum ersten Anstrich. Sie wollen die Unterstützung der Universitäten in Leipzig und Dresden bei der Stellung der Vollanträge. Dabei haben Sie wahrscheinlich das Hornsignal verschlafen, denn Ihr Antrag ist vom 27. März; heute ist der 6. April, und in 14 Tagen ist Abgabetermin für diese Anträge.

(So ist es! und Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Der gesunde Menschenverstand – zumindest mein laienhafter – sagt, dass man da wohl etwas eher anfangen müsste, aber Sie als Profis scheinen andere Sprünge zu machen.

(So ist es! und Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Des Weiteren hätte Ihnen bei einer aktiven Teilnahme an den Ausschusssitzungen nicht entgehen dürfen, dass nach der ersten Auswertungsrunde die Wissenschaftsministerin im Ausschuss Auskunft gegeben hat, dass es eine Auswertung geben und man sich mit den Universitäten zusammensetzen und gemeinsam schauen wird, wie man diese Anträge qualifizieren kann.

Ich habe das Gefühl, dass nach dem von der FDP geforderten Gutachten zu den Ausschüssen Ihre Geheimhaltungspflicht für Diskussionen im Ausschuss nun so weit geht, dass Sie ganz staatstragend und koalitionsfähig sein wollen

(Beifall der Abg. Regina Schulz, Linksfraktion.PDS)

und das Gutachten nicht nur verinnerlicht haben, sondern dass Sie nun zur Geheimhaltungspflicht noch eine Selbstverpflichtung getroffen haben, nämlich nach jedem Ausschuss alles Gehörte ganz schnell zu vergessen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Das kann man so machen, muss man aber nicht. Aber irgendein Signal scheinen Sie doch gehört zu haben. Ich nehme an, Sie hörten irgendwo Ihre Schlagworte Standortvorteil und Geld, und dann ist Ihnen jedes Mittel recht, und dann dürfen die heiligen Grale „Staatsferne“, „Alles regelt der Markt“ und der „Wettbewerb“ gern mal ignoriert werden, und die Staatsregierung wird in die Pflicht genommen.

Ich frage mich aber, warum Sie ausgerechnet im SMWK die Kompetenz für die Verfassung solcher Anträge vermuten. Ich unterstelle, Sie meinen hier vielleicht nicht eine wissenschaftliche Kompetenz, sondern eine andere. Ich möchte einmal darauf eingehen. Spannend ist die Frage – das hat Herr Wöller schon angesprochen –, warum vor allem die ostdeutschen Länder in diesem Wettbewerb nicht bestehen konnten. Es könnte zum einen daran liegen, dass an den ostdeutschen Hochschulen tatsächlich Forschung und Lehre – also beides – einen sehr hohen Stellenwert hatten. Wenn man sich frühere Rankings dazu anschaut, wird den deutschen Hochschulen eine besonders gute Betreuungssituation der Studierenden bescheinigt.

Dies nimmt leider ab, und zwar mit dem Maße, in dem Personal abgebaut wird, in dem der Mittelbau verschwindet, in dem sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden, und es nimmt auch in dem Maße ab, mit dem Hochschulen, um überhaupt überleben zu können, mehr und mehr auf die Einwerbung von Drittmitteln für die Forschung angewiesen sind.

Ich möchte noch eine andere These aufstellen: Die Tradition der Einwerbung von Drittmitteln und das Eingebundensein in nationale und internationale Wissenschaftsnetzwerke ist in Ostdeutschland eine sehr junge Tradition, und wahrscheinlich fehlt es den ostdeutschen Hochschulen dann auch an einem gewissen Habitus, die Erfahrung für diese Art der Selbstlobpreisung.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Nur fürchte ich, dass eben diese westdeutsche Forschungselite sich auch nicht in der Staatsregierung oder nur in Maßen wieder findet.

In etwas anderem bin ich mir aber sicher: dass sowohl die Staatsministerin gern die Reputation und der Ministerpräsident gern das Geld hätten und dass sie darum natürlich alles Erdenkliche versuchen werden, sich dieses symbolische und materielle Kapital nicht entgehen zu lassen.

Zu Ihrem zweiten Anliegen. Sie haben noch einmal das gleiche Anliegen, siehe oben, nur für die dritte Förderlinie – das ist okay –, falls in der Staatsregierung tatsächlich diese Kompetenzen vorhanden sind, und dann muss man die Hochschulen unterstützen. Hier liegt die FDPFraktion sogar im Zeitplan. Aber Ihre letzte Forderung nach gesicherten Rahmenbedingungen ist, ehrlich gesagt,

solch ein Allgemeinplatz, dass es Mühe macht, sich mit diesem gedanklich auseinander zu setzen. Ich finde das Anliegen in der Sache aus verschiedenen Gründen problematisch. Zum einen: Gesicherte Rahmenbedingungen fordere ich nicht nur für die Universitäten, sondern auch für die Kunst- und Fachhochschulen. Es dürfte auch der FDP-Fraktion nicht entgangen sein, dass gerade Fachhochschulen im Bereich der Forschung eine außerordentlich wichtige Infrastruktur für Wirtschaftsansiedlungen bedeuten. Die Diskussion zu den Rahmenbedingungen für Sachsens Hochschulen wird aber immer wieder und vor allem konkret zu führen sein. Ich wünsche mir von der FDP-Fraktion statt nicht so schicker Schaufensteranträge mehr Engagement im Ausschuss.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wir werden in den nächsten Haushaltsverhandlungen genügend Gelegenheit dazu haben.

Es gibt noch ein anderes Problem, das die Linksfraktion.PDS bei der so genannten Exzellenzinitiative feststellt. Ich will jetzt nicht auf die fragwürdige Entstehungsgeschichte eingehen, wer sich wie profilieren wollte, warum sich wer sträubte und wie nach den vorgezogenen Neuwahlen plötzlich doch manche Menschen überzeugt waren. Ich möchte ein anderes Problem ansehen, und zwar setzt aus unserer Sicht die Initiative im Kern den Trend der Selektion und der Schaffung von Zwei- oder Mehrklassenhochschulen fort. Wir erleben das durch veränderte Zulassung, also dem größeren Auswahlrecht an den Hochschulen, durch den Bachelor für die Masse und Master nur für wenige und durch Studiengebühren. Wir erleben aber auch eine verstärkte Hierarchie zwischen den Hochschulen. Ich muss Sie fragen: Glauben Sie denn, dass bei einer sehr begrenzten Zahl von zu fördernden Hochschulen die bundesdeutsche Wissenschaftlergemeinde sich gegenseitig unterstützen wird? Das ist natürlich nicht so. Der so tolle Wettbewerb zwischen den Universitäten funktioniert am Ende so, dass der Esel sich den größten Haufen sucht. Mir fällt es schwer zu glauben, warum finanziell ausgehungerte Hochschulen nun mit so einem Leuchtturm vor der Nase nur durch mentales Mana plötzlich Sprünge machen sollten.

Wir glauben, Spitze braucht eine gute Basis, ein hohes Niveau in der Breite, und es wird unsere Aufgabe sein, dies mit dem nächsten Haushalt zu erreichen. Dabei haben wir, ehrlich gesagt, genügend Baustellen, zum Beispiel mit sinkendem Personal und steigenden Studentenzahlen die Qualität der Lehre zu sichern, mit der gleichzeitigen Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master, mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – auch des weiblichen – und vor allem, diesen hier zu halten. Die Hochschulen kämpfen mit der Last der neuen Besoldung und sie haben kaum Möglichkeiten, Spitzenwissenschaftlerinnen und Spitzenwissenschaftler zu berufen usw.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Linksfraktion.PDS will alle Hochschulen stark machen. Wir werden uns dem Anliegen der FDP-Fraktion nicht vollständig

verschließen. Natürlich brauchen die Hochschulen Unterstützung. Das ist selbstverständlich. Die entsprechenden Mittel für die Kofinanzierung sind im Haushalt eingestellt. Der Antrag ist also schadlos. Wir finden aber auch nichts Abstimmungswürdiges, deshalb wird sich meine Fraktion der Stimme enthalten.

Danke.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Für die SPDFraktion spricht Frau Dr. Raatz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In gewisser Weise gebe ich Frau Werner Recht in Ihrer Analyse des Antrages, aber gerade weil der Antrag der FDPFraktion so allgemein ist, weil er natürlich ein Schaufensterantrag ist, fällt es schwer zu sagen, ich stimme dem nicht zu; denn unsere Universitäten zu unterstützen ist für meine Fraktion selbstverständlich. Es ist auf jeden Fall in unserem Sinne, bei der Exzellenzinitiative Geld für unsere Universitäten abzufassen. Aus diesem Grund werden wir uns dem Anliegen der FDP-Fraktion nicht verschließen, obwohl ich ein bisschen schmunzeln musste, als ich den Text gelesen habe. Frau Werner, ganz so, wie Sie es gesagt haben, dass das Ministerium jetzt die Anträge überarbeiten und schreiben soll, würde ich es der FDPFraktion nicht unterstellen. Sie sagen „beraten und unterstützen“. Ich weiß, dass das Ministerium unsere Universitäten mit der entsprechenden Lobbyarbeit bisher begleitet hat und auch in den letzten zwei Wochen begleiten wird. Das haben unsere Unis auch nötig.

Wir reden beim heutigen FDP-Antrag über die Unterstützung der beiden aussichtsreichsten sächsischen Bewerber, nämlich Dresden und Leipzig. Der Hintergrund des Antrages ist sicher auch, dass die Bundesinitiative nicht ganz an Sachsen vorbeigeht. Nach der ersten Runde des Auswahlverfahrens – das wurde von den Vorrednern schon ausgeführt – steht Sachsen noch ohne Elite-Uni da. Die entsprechenden Kommentare konnten wir in der Presse lesen. Ich denke, dass die bisherigen Projektzusagen und Gespräche mit Mitgliedern des Wissenschaftsrates deutlich machen, dass wir für die zweite Runde optimistisch sein können. Deswegen ist ein Signal vom Landtag aus nicht fehl am Platz. Wir sollten optimistisch herangehen und sagen, in der zweiten Bewerbungsrunde werden es entweder beide Unis oder wenigstens eine schaffen, sich als Elite-Uni in den neuen Bundesländern zu profilieren.