Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

Aber es gibt in der Tat auch Dinge, die wir aus Landesverantwortung heraus nicht regeln können. Dort sind

die Erwartungshaltungen in Richtung Berlin sehr groß. Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir gerade, was die niedergelassene Ärzteschaft betrifft, eigentlich in den vergangenen Monaten gute Kompromisse gefunden haben. Sie wissen, dass wir mit allen Beteiligten in Arbeitsgruppen zusammensitzen, und ich darf an dieser Stelle noch einmal, weil es heute um die Finanzierung und die bedrohliche Lage der Ärzteschaft ging, darauf hinweisen, dass es erst im Oktober/November vergangenen Jahres einen neuen Abschluss zwischen der KV und den Krankenkassen gegeben hat, durch den zirka 88 Millionen Euro zusätzlich in das Vergütungssystem geflossen sind. Ich muss leider feststellen, dass bis zum heutigen Tage noch nicht einmal jeder Arzt von der KV über diesen Abschluss ausreichend informiert worden ist. Solche Dinge muss man deutlich sagen, meine Damen und Herren. Da sind subjektive Wertungen, wie ich sie heute hier gehört habe, fehl am Platze.

Ich halte auch die Aussage von Frau Lauterbach für etwas daneben, wenn sie erklärt, es kann nicht sein, dass auf Kosten der Ärzte gespart wird. Sparmaßnahmen mit den Ärzten seien mit Ihnen nicht zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Lauterbach, wenn Sie das System kennen, wissen Sie, dass das System ein großes Problem hat, nämlich ein Einnahmeproblem. Wenn wir das System, so wie wir es heute in Qualität anbieten, auch in Zukunft unseren Bürgern zur Verfügung stellen wollen, dann muss jeder Beteiligte in dem System Kompromisse machen, und das sind, bitte schön, auch die Damen und Herren Ärzte.

Jetzt noch einmal an Herrn Zastrow: Sie haben uns hier sehr bedrohlich ein Beispiel aus Ihrer Erkenntnis und Ihrem Erlebnis geschildert bezüglich des Medizinischen Versorgungszentrums in Blasewitz, wenn ich mich richtig erinnere. Ich will nur darauf hinweisen, MVZ ist eine neue Möglichkeit – dankenswerterweise seit dem GMG von 2004 –, in einer neuen Unternehmenskultur medizinische Versorgung anzubieten. Das heißt also, diese Unternehmenskultur steht natürlich auch in marktwirtschaftlichen Auseinandersetzungen mit anderen Angeboten.

Ich darf Ihnen dazu ein ganz aktuelles Beispiel, das ich vor wenigen Tagen erlebt habe, nennen. Ich durfte dabei sein, als eine Privatpraxis für invasivkardiologische Medizin am Weißen Hirsch eröffnet worden ist, eine Privatpraxis, in die die Unternehmer, die in dieser Praxis tätig sind, 1,8 Millionen Euro privat investiert haben. Ich darf Ihnen sagen: Schauen Sie sich diese Praxis an, das ist eine hervorragende Praxis, mit der tollsten und neuesten Technik ausgerüstet, und natürlich auch, was die Bedingungen für die Patienten betrifft, exklusiv. Wir haben ein hohes Engagement.

In der Praxis arbeiten ungefähr 100 Mitarbeiter und es gibt eine optimale Kooperation mit dem Krankenhaus Friedrichstadt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Auch solche Beispiele gibt es. Wir sollten versuchen, nicht immer nur einzelne schlechte Beispiele, die auch ihre Ursachen haben, zu nennen. Bitte schön, dann fragen Sie doch einmal den Verwaltungsleiter des MVZ, warum es in seiner Einrichtung solche Probleme gibt, und tun nicht so, als wenn das alles Aufgabe der Politik wäre.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön, gern.

Verehrte Frau Staatsministerin! Sie haben vorhin in Bezug auf die Finanzierung des Gesundheitssystems ausgeführt, dass Sparmaßnahmen alle Betroffenen hinnehmen müssen und dass Kompromisse auch von allen Seiten erwartet werden müssen. Ich frage Sie: Denken Sie, dass diese Kompromisse auch den besser privat versicherten Bürgerinnen und Bürgern, also hauptsächlich Besserverdienenden, Unternehmern und Politikern, zuzumuten sind? Wenn ja: Welcher Art und Weise sollten die Kompromisse bei den bislang privat Versicherten sein?

Ich darf Ihnen antworten, dass selbstverständlich in die Reform des Gesundheitssystems auch die PKV mit eingeschlossen werden muss. Wenn Sie die aktuellen Gespräche verfolgt haben, wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass die PKV signalisiert hat, dass sie sich selbstverständlich an diesem Reformvorhaben beteiligen und dass sie auch ihre Aufgaben verantwortungsvoll wahrnehmen wird. Ich kann Ihnen heute keine Einzelheiten zu möglichen Unternehmungen oder Vorschlägen, wie dies in der Praxis umgesetzt werden soll, nennen. Aber für mich ist das Signal der PKV wichtig, sich an diesem Prozess zu beteiligen und sich selbstverständlich mit verantwortungsvollen Maßnahmen einzubringen. Ohnedem wird es nicht gehen, denn sie sind auch Beteiligte dieses Systems.

Ich darf noch einmal auf das eingehen, was die stationär arbeitenden Ärzte betrifft. Es ist in der Tat so, dass wir im stationären Bereich erhebliche Probleme haben, was die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie betrifft. Aber auch hier darf ich darauf aufmerksam machen, dass es einzig und allein die Aufgabe der Tarifpartner und Krankenhäuser ist. Wenn sich beide Parteien, aus welchen Gründen auch immer, in der Vergangenheit nur unzureichend einigen konnten, dann ist das, bitte schön, nicht die Aufgabe des Landtages oder der Sächsischen Staatsregierung, sondern wir müssen das in der Selbstverwaltung lassen, meine Damen und Herren, wo es hingehört.

Es ist natürlich richtig, wenn beklagt wird, dass die Arbeitsbedingungen sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich sehr unbefriedigend sind. Das sehen wir auch nicht anders. Deswegen gibt es die Arbeitsgruppe in Sachsen, die sich genau mit diesen Dingen befasst. Ich glaube, ich habe schon zu vielen Terminen hier im Hause deutlich gemacht, dass sich auch die Sächsische Staatsregierung gemeinsam mit allen Beteiligten im System dieser Dinge angenommen hat. Nur so ist es möglich, Lösungen zu finden.

Wir haben im vorigen Sommer aus dieser Arbeitsgruppe eine sächsische Gesetzesinitiative in Richtung Berlin verabschiedet. Erfreulicherweise konnte ich vor einigen Wochen feststellen, dass sich in dem Referentenentwurf zur Flexibilisierung der Arbeitszeit der Mediziner viele Punkte dessen, was wir in Sachsen vorgeschlagen haben, wiedergefunden haben. Das ist das, was wir tun wollen und müssen. Ich glaube, ich mache deutlich, dass es auch getan wird.

Noch ein Wort zu Herrn Dr. Pellmann: Sie haben vorhin die Universitätskliniken angesprochen. Also, zum einen, denke ich, können wir hier feststellen, dass es bei den Streiks der Universitätskliniken keinen Streik in Sachsen gab. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion.PDS: Doch!)

Ich kenne keinen.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion.PDS: Ich war dabei, Frau Orosz!)

Dann haben Sie den vielleicht einzeln durchgeführt. Mir ist keiner bekannt.

Des Weiteren möchte ich deutlich machen, dass uns – in der Verantwortung, die wir als Staatsregierung mit drei Ressorts übernehmen – die Unikliniken bestätigt haben, dass sie sicherlich Probleme mit dem DRGSystem haben, weil sie sich natürlich jetzt in der Konvergenzphase auf neue Finanzierungsstrukturen einstellen müssen. Aber sie haben auch dezidiert gesagt, dass sie mit diesem System klarkommen.

Ich kann mich noch an eine erst vor Kurzem stattgefundene Sitzung des Universitätsklinikums Dresden erinnern, in der man uns sehr deutlich aufgezeigt hat, wie man sich vorbereitet hat, damit man mit dieser Finanzierungsstruktur gewappnet ist und auch weiterhin die Qualität anbieten kann.

Noch einmal: Herr Dr. Pellmann, die Universitätskliniken, haben sich sicherlich auch im Rahmen der Marktwirtschaft, dem das Gesundheitswesen inzwischen ebenfalls unterliegt und was gut und richtig ist, weil es Qualitätsverbesserungen bringt, zu stellen. Die Universitätskliniken laufen nicht außerhalb des Systems. Auch sie müssen am System teilhaben und sich natürlich wirtschaftlich ausrichten, um die Qualität für die Patienten zu sichern.

Wenn es in dieser Beziehung, was die Rechtsform betrifft, die eine oder andere Debatte gibt, dann, glaube ich, ist es auch legitim, wenn man darüber nachdenkt, wie man diese Einrichtung nachhaltig in ihrer Forschung und in ihrer medizinischen Arbeit sichern will.

Meine Damen und Herren! Ich darf zusammenfassen: Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir wissen, dass in diesem Bereich noch viel zu tun ist. Wir haben deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass uns die Problemlagen der Ärzte bekannt sind. Ich habe auch deutlich gemacht, dass wir das, was wir in Länderhoheit regulieren können, zu regulieren versucht haben. Ich will nicht wieder alles aufzählen, was Sie schon kennen, was in Sachsen auf den Weg gebracht worden ist.

Ich will zum Schluss noch einmal darauf hinweisen, weil es sowohl von Frau Herrmann als auch von Herrn Zastrow kam: Wir haben keinen Notstand in der medizinischen Versorgung.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Holger Zastrow, FDP: Noch nicht!)

Das ist etwas anderes. Aber Sie haben gesagt: Es gibt einen Notstand in der medizinischen Versorgung. Dem möchte ich deutlich widersprechen.

Wir können auch nur mit den Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung agieren, die sie uns zur Verfügung stellt. Da muss ich an dieser Stelle sagen: Es gibt derzeit keine einzige Unterversorgung in Sachsen im hausärztlichen Bereich.

(Holger Zastrow, FDP: In fünf Jahren? Oder in zehn Jahren?)

Sie haben vorhin so geredet, als wenn es sie bereits gäbe. Sie haben gesagt, die Praxen sind schon leer. – Natürlich, lassen Sie uns im Protokoll nachschauen.

Also, es gibt keine.

In Richtung Frau Herrmann: Es gibt – jetzt möchte ich mich nicht binden lassen – vier oder fünf Plätze der Unterversorgung im fachärztlichen Bereich in ganz Sachsen. Das ist die momentane Situation.

Dass natürlich die gefühlte Situation vor Ort für den einzelnen Bürger anders ist, das will ich nicht bestreiten.

Zum anderen müssen wir natürlich auch wissen – und das möchte ich der Ehrlichkeit halber noch zum Schluss sagen –: Es wird uns nicht gelingen, jede Arztpraxis, die in den letzten 15 Jahren bedient worden ist, aufrechtzuerhalten. Ich glaube, das ist uns allen klar; ich hoffe es zumindest. Wir müssen versuchen, dass sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich die medizinische Versorgung gesichert ist. Aber es wird nicht funktionieren, so wie es teilweise heute ist, dass in jedem Dorf eine Arztpraxis existiert. Wir müssen hier Bezug nehmen auf die Flexibilisierung des Arbeitsrechts und mit Zweigstellen, mit Zweigpraxen und Ähnlichem arbeiten.

Bitte, lassen Sie uns die Debatte in Berlin mit verfolgen. Seien Sie versichert, dass wir uns als Landesregierung entsprechend unseren Möglichkeiten mit einbringen. Lassen Sie uns auch hier in Sachsen mit den entsprechenden Arbeitsgremien weiter arbeiten. Denn ich denke, einiges haben wir in Sachsen schon verändern können. Wir sind auch dabei, in Zukunft die medizinische Versorgung in Sachsen zu sichern.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Gisela Schwarz, SPD)

Damit ist die Debatte beendet und der Tagesordnungspunkt 2 kann geschlossen werden. Aber ich komme noch einmal zurück zum Tagesordnungspunkt 1.

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 1

Meine Damen und Herren! Inzwischen liegt natürlich das Ergebnis der geheimen Wahl auf der Grundlage des Wahlvorschlages der NPD-Fraktion zur Wahl eines beratenden Mitgliedes des Wahlprüfungsausschusses im dritten Wahlgang vor.

Abgegeben wurden 119 Stimmscheine. Ungültig waren zwei Stimmscheine. Es wurde wie folgt abgestimmt: Herr Matthias Paul erhielt 31 Jastimmen, 23 Neinstimmen, 63 Enthaltungen.

(Beifall des Abg. Uwe Leichsenring, NPD)

Damit hat Herr Abg. Paul die notwendigen mehr Ja- als Neinstimmen erhalten. Ich frage Herrn Paul, ob er die Wahl annimmt.

(Matthias Paul, NPD: Ja!)

Damit möchte ich Ihnen zur Wahl als beratendes Mitglied des Wahlprüfungsausschusses gratulieren.

Meine Damen und Herren! Inzwischen liegt das Ergebnis der geheimen Abstimmung zur Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Landesjugendhilfeausschusses auf der Grundlage eines Wahlvorschlages der Linksfraktion.PDS ebenfalls vor.

Abgegeben wurden 119 Stimmscheine. Ungültig war ein Stimmschein. Es wurde wie folgt abgestimmt: Als stellvertretendes Mitglied wurde Herr Jens Kretzschmar mit 60 Jastimmen, 19 Neinstimmen und 39 Stimmenthaltungen gewählt. Damit ist Herr Kretzschmar stellvertretendes Mitglied des Landesjugendhilfeausschusses. Der Gewählte wird über diese Wahl schriftlich informiert und in diesem Zusammenhang natürlich auch zu seiner

Wahlannahme befragt. Damit können wir den Tagesordnungspunkt 1 abschließen.