Protokoll der Sitzung vom 10.05.2006

Ich bin überzeugt, dass wir hier gemeinsam eine gute Lösung gefunden haben. Ich darf an dieser Stelle noch einmal all denen herzlich danken, die in den Gremien, in den Ausschüssen konstruktiv miteinander diskutiert haben. Auch ich empfand diese Diskussion als sehr konstruktiv. Ich bedanke mich auch noch einmal bei den beteiligten Ressorts und beim Datenschutzbeauftragten für diese manchmal etwas zeitraubende Diskussion. Aber sie war wichtig und sie war gut und am Ende zählt das gemeinsame Ziel, das wir in guter Qualität erreicht haben.

Deswegen bitte ich Sie, meine Damen und Herren, um die Zustimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Bevor wir in die Einzelberatung eintreten, frage ich zunächst den Berichterstatter, Herrn Krauß, ob er noch einmal das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Dann, meine Damen und Herren, kommen wir zur Einzelberatung der Gesetzentwürfe und wir behandeln als Erstes die Drucksache 4/4037, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP „Gesetz über die Zentrale Stelle zur Durchführung des Einladungswesens im Rahmen des Mammographie-Screenings“, auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend in der Drucksache 4/4494. Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über den Gesetzentwurf, wenn es dagegen keinen Widerspruch gibt, paragrafenweise zu beraten und abzustimmen. Sehen Sie das so wie ich? – Dann verfahren wir so.

Aufgerufen ist das Gesetz über die Zentrale Stelle zur Durchführung des Einladungswesens im Rahmen des Mammographie-Screenings, Drucksache 4/4037, Gesetzentwurf der FDP-Fraktion, auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend in der Drucksache 4/4494..

Wir stimmen über die Überschrift ab. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe auf: § 1 – Bestimmung der Zentralen Stelle. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist § 1 dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe auf: § 2 – Aufgabe der Zentralen Stelle. Wer diesem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Stimmen dagegen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten. § 2 ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe auf: § 3 – In-Kraft-Treten. Wer kann dem zustimmen? – Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Gleiches Stimmverhalten. Damit ist § 3 ebenfalls mehrheitlich abgelehnt worden.

Somit, meine Damen und Herren, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung, da alle Paragrafen abgelehnt worden sind. Es erfolgt demzufolge keine weitere Beratung.

Es gibt am Mikrofon 1 eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Herr Abg. Dr. Pellmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz mein Abstimmverhalten erklären. Ich habe dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zugestimmt, wissend, dass einige Mängel durchaus vorhanden sind. Ich habe zugestimmt, um damit in gewissem Sinne auch meinen Protest darüber zum Ausdruck zu bringen, wie im Ausschuss und im gesamten Verfahren mit diesem Gesetzentwurf umgegangen worden ist, und ich kritisiere damit zugleich das Verfahren, wie das Gesetz, über das wir jetzt abzustimmen haben werden, nämlich das Gesetz der Staatsregierung, auf den Weg gebracht worden ist.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der FDP)

Das war eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten.

Meine Damen und Herren! Wir behandeln als Zweites die Drucksache 4/4557, Gesetzentwurf der Staatsregierung „Gesetz über die Durchführung eines MammographieScreenings und anderer Präventionsmaßnahmen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Präventionsdurchfüh- rungsgesetz)“.

Meine Damen und Herren! Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen ein ähnliches Vorgehen wie beim vorherigen Gesetzentwurf vor: paragrafenweise zu beraten und abzustimmen. Ich nehme an, Sie stimmen dem zu? – Dem ist so.

Dann kommen wir zur Einzelabstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz über die Durchführung eines MammographieScreenings und anderer Präventionsmaßnahmen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Präventionsdurchfüh- rungsgesetz), Drucksache 4/4557, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend in der Drucksache 4/4777.

Wir stimmen über die neue Überschrift „Gesetz über die Durchführung eines Mammographie-Screenings und anderer Präventionsmaßnahmen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Präventionsdurchführungsgesetz) “ ab. Wer dieser Überschrift seine Zustimmung geben kann, den

bitte ich das jetzt anzuzeigen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die neue Überschrift einstimmig beschlossen worden.

Ich rufe auf: § 1 – Zentrale Stelle. Wer diesem § 1 seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist § 1 beschlossen.

Ich rufe auf: § 2 – Aufgaben der Zentralen Stelle (Einla- dungswesen). Wer dem zustimmen kann, den bitte ich das jetzt anzuzeigen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist § 2 beschlossen.

Ich rufe auf: § 3 – Datenübermittlung und Datenverarbeitung. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Damit ist § 3 einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf: § 4 – Andere Früherkennungsmaßnahmen. Dazu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN. Frau Herrmann, wollen Sie den Änderungsantrag noch einmal einbringen? – Bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der § 4 regelt, wie eben schon gesagt, andere Früherkennungsmaßnahmen. Er enthält in dem Zusammenhang eine Ermächtigung des Staatsministeriums für Soziales, andere Früherkennungsmaßnahmen per Rechtsverordnung einzuführen. Ausreichend dafür ist allein der Verweis auf das SGB V oder die Richtlinien des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen.

Mit dieser Verweisung wird dem SMS ein großer Ermessensspielraum eingeräumt. Es ist für den Bürger nicht erkennbar, welche weiteren Früherkennungsmaßnahmen jetzt und zukünftig gemeint sein könnten. Was noch hinzukommt: Der Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen ist kein demokratisch legitimiertes Gremium. Das hat auch der Datenschutzbeauftragte dazu angemerkt.

Zum Zweiten kann das SMS im Zusammenhang mit dem SMI darüber entscheiden, welche Daten wie zu übermitteln sind. Damit ist nach unserer Auffassung der § 4 in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig:

Erstens. Er widerspricht dem Rechtsstaatsprinzip. Artikel 20 Grundgesetz besagt, dass wesentliche Entscheidungen der Gesetzgeber selbst zu treffen hat.

Zweitens. Er greift ein in das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Jeder medizinische Eingriff berührt dieses Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Drittens berührt er das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ich vorhin am Beispiel der Mammographie deutlich gemacht habe, trifft auf andere Früherkennungsmaßnahmen in gleicher Weise zu. Wir als Parlament müssen über die Einführung weiterer Reihenuntersuchungen beraten und danach entschei

den. Das ist unsere Aufgabe und die können wir uns nicht aus der Hand nehmen lassen. Es müssen in diesem Zusammenhang zusätzliche Bedenken diskutiert werden:

Es kann Personengruppen geben, die in mehrfacher Hinsicht gefährdet sind. Wie verhalten sich die einzelnen Screening-Maßnahmen zueinander, bezüglich der Strahlenbelastung zum Beispiel? Wie sind verschiedene Screening-Maßnahmen zu verbinden, Blutuntersuchungen zum Beispiel? Was passiert eigentlich, wenn ich mehrmals im Jahr die Aufforderung zu einer Früherkennungsuntersuchung bekomme? Nehme ich das noch ernst? Verunsichert mich das? Was ist mit meiner Lebensqualität, mit einer – nennen wir es – positiven Unbeschwertheit? Sitze ich da wie das Kaninchen vor der Schlange und warte, welches von diesen Risiken mich nun trifft? Werde ich handlungsunfähig?

Darüber müssen wir beraten. Wir müssen beraten: Welche Signale senden wir und was ist mit den Kosten?

Aus den angeführten Gründen wollen wir den § 4, der sozusagen ein Türöffner für andere Früherkennungsmaßnahmen ist, ersatzlos streichen. Unsere Fraktion will nicht, dass uns die Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten aus der Hand genommen werden.

Wir bitten Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu diesem Änderungsantrag können die Fraktionen Stellung nehmen. – Am Mikrofon 5 steht Frau Nicolaus.

Ich möchte für die Koalition Stellung nehmen. Gerade das, was in § 4 zum Ausdruck kommt, wollen wir im Besonderen. Wir wollen, wie Frau Herrmann es dargelegt hat, dass die Tür aufgemacht wird und dass der Bundesärzteausschuss gemeinsam mit den Kassen beurteilen kann, welche weiteren Früherkennungsmaßnahmen in ein solches Screening-Programm hineinkommen. Ich hatte vorhin in meiner Einführung davon gesprochen, dass zum Beispiel Prostataerkrankungen mit benannt werden könnten.

Wir haben weiterhin davon gesprochen, dass es nur die Frauen betreffe. Natürlich haben auch die Männer das gute Recht, entsprechende Früherkennungsmaßnahmen wahrzunehmen. Darüber werden wir uns sicherlich in nächster Zeit unterhalten.

Wir möchten den Antrag der GRÜNE-Fraktion nicht annehmen und bestehen ausdrücklich auf dem § 4.

Gibt es weiteren Diskussionsbedarf? – Für die Linksfraktion.PDS Herr Dr. Pellmann.

Frau Präsidentin! Ich bin auch skeptisch, wenn der Staatsregierung gelegentlich Aufträge erteilt werden, bei denen ich die Kontrolle nicht so richtig ausüben kann. Aber hier

geht meine Skepsis doch eher gegen null. Das heißt, ich kann die Befürchtungen, liebe Frau Herrmann, liebe Fraktion der GRÜNEN, so nicht teilen, zumal jede Bürgerin und jeder Bürger immer noch das Recht hat zu entscheiden, ob sie oder er sich dann dieser Untersuchung unterzieht oder nicht. Das wird ja nicht ausgehebelt. Von daher, denke ich, kann der jetzige § 4 kein Schaden und gegebenenfalls eher hilfreich sein. Deswegen empfehle ich meiner Fraktion, den Antrag der GRÜNEN abzulehnen.

Am Mikrofon 3 steht Herr Abg. Lichdi.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte es noch einmal auf den Punkt bringen: Das, worüber wir gerade sprechen, ist ein Ermächtigungsgesetz.

(Gelächter bei der CDU)

Sie wollen damit den Landtag der Pflicht überheben, in jedem Einzelfall darüber zu entscheiden, ob dieser Grundrechtseingriff, der bereits in dem Einladungswesen besteht, stattfinden soll oder nicht. Dies geschieht im Grunde, ohne dass jetzt überhaupt absehbar ist – – Es soll ja überhaupt nicht absehbar sein; denn Sie haben nicht definiert, welche Krankheiten dabei in Betracht kommen. Das wollen Sie ausdrücklich. Kollegin Nicolaus hat es soeben bestätigt. Da sage ich Ihnen: Das ist aus unserer Sicht mit dem Wesentlichkeitsgrundsatz, der aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip fließt, nicht vereinbar. Ich sagte es Ihnen. Ich weiß, dass Sie es gern so hätten. Sie finden es pragmatisch, leicht und schlank, aber so geht es nicht. Deswegen möchte ich davor eindringlich warnen und bitten, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.

Gibt es weitere Diskussionswünsche? – Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN, Drucksache 4/5224. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben kann, den bitte ich das anzuzeigen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den § 4 in der Fassung des Ausschusses unter der Bezeichnung „Andere Früherkennungsmaßnahmen“. Wer diesem Beschlussvorschlag des Ausschusses im § 4 zustimmen kann, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Stimmen dagegen? – Einige. Stimmenthaltungen? – Keine. Bei einigen Stimmen dagegen ist der § 4 mehrheitlich beschlossen worden.