Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Neubert, Ihr Einstieg in die Rede war schon wieder etwas, was mich zum Widerspruch animiert hat: gleich wieder erst einmal das Land schlechtzureden, und dann machen wir eine Bundesratsinitiative, und im Bund lösen wir das Problem.
Dem ist nicht so. Ich glaube – da sind wir uns einig –, dass alles, was wir in die Qualität, in die Betreuung und in die Bildung für unsere Kitas gerade für den Bereich Familie in Sachsen tun, aktive Familienpolitik ist. Das können Sie doch nicht wegreden und sagen,
dass wir hier nicht mehr Geld hineingesteckt haben; und wir werden voraussichtlich auch – wie wir aus der Kabinettsklausur wissen; es ist ja hier noch nicht beschlossen, wir haben noch ein Wörtchen mitzureden – weiterhin Geld drauflegen können. Es muss doch unser Ansatz sein, dass wir im Land erst einmal das für Familienförderung tun, was wir können.
Die Anhörung, auf die schon – dank eines Antrages der FDP durchgeführt – eingegangen wurde, hat widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Die Abschaffung des Ehegattensplittings, die Einführung eines Familiensplittings oder einer Individualbesteuerung – ich denke, das können wir hier nicht so einfach beschließen. Es kommt auf die Ausgestaltung des Gesamtsystems an. Ich bin keine Steuerexpertin, aber man muss doch sehen, welche Konsequenzen aus solchen neuen Überlegungen entstehen. Das deutsche Familienförderungssystem – Kollegin Nicolaus hat schon einiges genannt – mit relativ hohem Kindergeld, Betreuungsangeboten und steuerlichen Erleichterungen, immerhin ab 2006 der volle Abzug der Betreuungskosten, ist insbesondere für die unteren und mittleren Einkommen gut. Ihre Forderung nach Beteiligung des Bundes an der Kinderbetreuung ist ein Wunsch. Wir haben gerade eine Föderalismusreform, die dem entgegensteht. Deswegen können wir nicht immer nur Wünsche formulieren, sondern wir müssen auch einmal das sehen, was bereits getan wird, also auch den Abzug der Betreuungskosten.
Frau Dr. Schwarz, habe ich es richtig in Erinnerung, dass Sie in der Öffentlichkeit die Abschaffung des Ehegattensplittings begrüßt haben?
Ich komme noch dazu. Immer mit der Ruhe. Es gibt ja hier auch parteipolitisch oder was die Grundsatzfragen in den einzelnen Parteiprogrammen angeht, durchaus unterschiedliche Positionen.
Das französische Familiensplittingmodell, wie gesagt, im Gegensatz zum deutschen Modell bevorteilt Familien mit höherem Einkommen und im Grunde erst ab drei Kindern. Unstrittig ist, dass das jetzige Ehegattensplitting in dieser Form allein, das überproportional kinderlose Ehen mit einem hohen Einkommen bevorteilt, sicherlich überholt ist. Aber das zeigt ganz deutlich – nur 7 %, wie gesagt wurde, fließen nach Ostdeutschland –, dass hier die Berufstätigkeit beider Partner schon eine ganz andere Realität ist. Insoweit ist unstrittig, dass zugunsten von Familien mit Kindern etwas getan wird. So weit, so gut.
Es ist Bundesangelegenheit, und es gibt verschiedene Modelle, die auch in den Medien diskutiert werden. Ich
nenne Ihnen nur einmal zwei Schlagzeilen: Ehegattensplitting ist ungerecht, Familiensplitting ist ein Irrweg. Für welches Konzept soll sich die Staatsregierung, so wie es in Ihrem Antrag heißt, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln einsetzen? Welches Konzept? Ich hätte da auch noch den Wunsch, sich für die Abschaffung der Steuerklassen III und V unter dem gleichstellungspolitischen Aspekt einzusetzen. Nach wie vor ist auch unklar, ob die Abschaffung des Ehegattensplittings einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält. Deswegen versucht man das hier langsam zu diskutieren, um sich nicht gleich wieder die Finger zu verbrennen.
Das Gleiche betrifft die verfassungsrechtliche Prüfung hinsichtlich der Abschaffung der Kinderfreibeträge. Dort kommen wir in schwieriges verfassungsrechtliches Fahrwasser.
Es gibt – jetzt komme ich zu Ihrer Zwischenfrage, Herr Neubert – in Arbeitsgemeinschaften der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, zum Beispiel bei der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratische Frauen, auch bei den Jusos, Beschlusslagen, die die Abschaffung des Ehegattensplittings fordern. Aber es ist nicht Beschlusslage der Gesamtpartei, wohl aber die Umgestaltung mit dem Schwerpunkt, Familien mit Kindern besser zu fördern.
Gegenwärtig wird durch die Bundesregierung die Gesamtheit aller Leistungen auf Ziele und Wirkung für Familien geprüft. Änderungen im Steuerrecht müssen wohl überlegt, die Konsequenzen bedacht sein. Wir wissen, wie schwierig es ist – wir haben da schon Erfahrungen gemacht, die nicht so besonders gut waren –, Folgekostenabschätzungen zu machen. Deswegen können wir heute den Anträgen – ich beziehe den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gleich ein – nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Themen rund um die Familie sind wieder verstärkt in das politische Gesichtsfeld gerückt. Alle geben vor, es gut mit den Familien, insbesondere den Kindern, zu meinen. Es ist allerdings schon sehr deutlich zu erkennen, dass auf diesem Felde ein knallharter Kampf um verschiedene Gesellschaftsmodelle geführt wird. Die NPD-Fraktion unterstellt der politischen Linken auch, dass es ihr, der ansonsten außer demografischen Anpassungsstrategien und Rückbaumaßnahmen nichts einfällt, weniger um die plötzlich entdeckten Kinder als vielmehr darum geht, ihr abstruses Gesellschaftsmodell zu forcieren. Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb wir, die NPD, dem vorliegenden Antrag in dieser Form nicht zustimmen können.
Es ist schon viel zu lange überfällig, eine entschiedene Ablehnung zu den irren Vorstellungen zu formulieren, die kuriosesten Lebensformen dem traditionellen Familienbild der Ehe mit Kindern gleichzustellen. So manche Lebensformen, die für die Antragsteller vielleicht modern sein mögen, sind schlicht und einfach krank, um den in Ihren Kreisen diskreditierten Begriff „entartet“ zu vermeiden. Deswegen möchte ich für die NPD-Fraktion feststellen, dass wir in jedem Fall für eine Beibehaltung des vollkommen richtigen Ehegattensplittings eintreten.
Der Umstand, dass eben nicht alle Lebenspartnerschaften berücksichtigt sind, stellt für die NPD-Fraktion einen gesellschaftspolitisch wünschenswerten Effekt dar, den wir tunlichst beibehalten wissen wollen. Die Ehe stellt eine Form des Zusammenlebens dar, die durch die abendländische Tradition kultiviert wurde und besonders innig aufeinander verpflichtet. Wir Nationaldemokraten begrüßen den Anreiz zur arbeitsteiligen Einverdienstehe, gerade weil wir das Wohl unserer Kinder im Blick haben. Mit den individualistischen Utopien der politischen Linken verbindet uns nicht das Geringste. So sehr wir auch die für das Berufsleben unbestritten besonderen Qualifikationen der Frauen und den Wunsch nach beruflicher Verwirklichung respektieren, sehen wir dennoch nicht den geringsten Widerspruch darin, auch gegenläufige Anreize zu gestatten. Punkt 1 des Antrags findet folglich unsere Ablehnung.
Mit Punkt 2 des Antrags kann die NPD hingegen mitgehen. Der Forderung nach einer Kindergrundsicherung anstelle von steuerlichen Freibeträgen können wir zustimmen, wenngleich darüber nachzudenken wäre, inwiefern eine wirklich den Kindern zugute kommende Zweckbindung der Mittel bzw. eines Teils davon realisierbar ist. Es ist zwar zugegebenermaßen nicht vorstellbar, einen Kriterienkatalog aufzustellen und Verwendungsnachweisprüfungen vorzunehmen. Doch es ist meiner Ansicht nach sinnvoller, darüber nachzudenken, wie sichergestellt werden kann, dass für Kinder gedachte Mittel nicht anderweitig verkonsumiert werden, sondern für Musikunterricht oder sportliche Betätigung Verwendung finden, statt einen verdeckten Generalangriff gegen die traditionelle Ehe zu führen.
Zu Punkt 3 vertreten wir die Haltung, dass vordringlich dafür Sorge getragen werden sollte, das Kindergartenjahr im Jahr vor dem Schuleintritt kostenfrei auszugestalten, um den Besuch sicherzustellen. Dies trägt dem Umstand einer vorschulischen Bildung Rechnung wie auch dem Umstand, dass sich die leider fast die Regel gewordenen Einzelkinder gewisse soziale Kompetenzen erwerben. Grundsätzlich sei aber gesagt, dass die NPD die Auffassung vertritt, dass Kinder in erster Linie im familiären Umfeld ihre kulturelle Prägung erfahren sollen und ein Betreuungssystem nicht dem Zweck dienen soll, die Familien an den Vorstellungen der freien Wirtschaft auszurichten. Leider sind heutzutage aufgrund der von der etablierten Politik verschuldeten Rahmenbedingungen Einverdienerhaushalte kaum mehr in der Lage, den Lebensunterhalt für eine Familie zu bestreiten. Allein aus
diesem Grunde gewann die Betreuungsinfrastruktur an Wichtigkeit. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Kind – besser sogar: Geschwister – am besten von den Eltern betreut werden. Dies ist auch mit Blick auf das Grundgesetz nicht nur ihr natürliches Recht, sondern auch ihre Pflicht, wie Artikel 6 Abs. 2 zu entnehmen ist.
Im Sinne meiner Ausführungen hat die NPD-Fraktion einen Änderungsantrag eingereicht, dem ich natürlich zuzustimmen bitte. Für den Fall seiner Ablehnung bitten wir hinsichtlich des Ursprungsantrags um punktweise Abstimmung, da wir den Punkten 2 und 3 gegebenenfalls unsere Zustimmung nicht versagen würden. Punkt 1 allerdings stößt auf unsere entschiedene Ablehnung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass mittlerweile auch die Linksfraktion im Sächsischen Landtag erkannt hat, dass die in Deutschland traditionell tief verankerte Förderung von Steuerobjekten nicht mehr zeitgemäß ist und stattdessen die Förderung der Steuersubjekte wie der Familien bzw. der Familienmitglieder in den Vordergrund treten muss.
Zum Thema „Familiensplitting“ gab es am 31. Mai dieses Jahres eine öffentliche Anhörung im Sächsischen Landtag. Grundlage war unser Antrag, der Antrag der FDPFraktion, mit dem die Staatsregierung aufgefordert wurde, sich auf Bundesebene für eine entsprechende Änderung des Steuerrechts stark zu machen. Mit einem inhaltlich geforderten Familiensplitting würden unserer Meinung nach Kinder besser als bisher bei der Besteuerung berücksichtigt werden.
Verehrte Frau Kollegin, Bezug nehmend auf Ihre Eingangsbemerkung möchte ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass die PDS-Fraktion in diesem Hohen Hause bereits in der letzten Legislaturperiode die Abschaffung des Ehegattensplittings und einen Paradigmenwechsel in der Kinder- und Familienförderung beantragt hat.
Das ist mir in dem Sinne bekannt. Aber ich kann Sie auch darauf hinweisen, dass gerade die FDP auf Bundesebene dies schon seit Längerem fordert.
Die Besteuerung wäre also unserer Meinung nach mit der Reform des Familiensplittings familienfreundlicher. Dies hat die sächsische CDU bereits im Januar 2005 erkannt. Am 6. Februar 2006 sprach sich Herr Ministerpräsident Prof. Milbradt für die Einführung eines Familiensplittings aus. Auf Bundesebene ist es der sächsische CDUGeneralsekretär, Herr Michael Kretzschmer, der für ein Familiensplitting wirbt. Auch im familienpolitischen Papier der CDU ist es wiederzufinden. Selbst Frau Staatsministerin Orosz hat in ihrer Fachregierungserklärung zur Familienpolitik hier im Landtag im April erklärt – ich zitiere –: „Die Umwandlung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting wäre ein Zuwachs an Gerechtigkeit aus steuer- und familienpolitischer Sicht.“
Doch wie es für die Ankündigungspolitik der CDU üblich ist, folgen den Worten keine Taten. Der FDP-Antrag, der bereits im Februar 2005 entstand, wurde im Ausschuss abgelehnt. Warum, kann ich wirklich nicht mehr nachvollziehen. Entweder will es die CDU doch nicht und die Ankündigungen dienen nur der familienpolitischen Profilierung, oder die SPD verbietet es ihrem großen Koalitionspartner. Nun gut.
Doch zurück zu den Forderungen der Linksfraktion. Ihr Antrag stützt sich ohne Zweifel auf die Ergebnisse der oben genannten Anhörung. Diese brachte das Ergebnis, dass das Ehegattensplitting in seiner jetzigen Form keine familienpolitischen Anreize setzt. Deshalb versucht es die Linksfraktion jetzt mit der Abschaffung des Ehegattensplittings. Herr Neubert, was haben Sie eigentlich gegen engagierte, gut verdienende Familien mit Kindern, auch mit mehr Kindern? Sie versuchen eine Gerechtigkeitsdiskussion an einer Stelle aufzumachen, wo Sie doch selbst für nur „eine“ Klientel eintreten wollen.
Unbenommen von einigen Vorteilen, die die Individualbesteuerung bringt, machen Sie es sich an dieser Stelle doch zu einfach. Sie übersehen, dass die Ehe laut unserem Grundgesetz unter dem besonderen Schutz der Gemeinschaft steht, so wie es im bisherigen Steuersystem berücksichtigt wird. Was an die Stelle dieser steuerlichen Förderung treten soll, bleibt bei Ihnen vollkommen unklar. Dass die Ehe als besondere Gemeinschaft mit nachhaltig feststehenden Verpflichtungen, zum Beispiel beim Unterhalt, weiter zu fördern ist, steht für uns als FDP fest. Diese Feststellung vermissen wir allerdings im Antrag der Linksfraktion und können daher dem Punkt 1 nicht zustimmen.
Frau Kollegin, Sie haben gerade ausgeführt, Sie wüssten nicht, was an die Stelle des abgeschafften Ehegattensplittings treten solle. Ich möchte Sie fragen, ob Sie unseren Antrag aufmerksam
gelesen und daher zur Kenntnis genommen haben, dass wir erstens die Individualbesteuerung, zweitens die bedarfsorientierte Kindergrundsicherung und drittens eine Beteiligung des Bundes an der Regelfinanzierung von Kindertagesstätten einfordern?
Das habe ich in Ihrem Antrag zur Kenntnis genommen. Trotzdem fehlt, was an die Stelle der Förderung der Ehe treten soll. Das lassen Sie im Antrag offen.
Wir sehen das von uns vorgeschlagene Familiensplitting in Form des Familientarifsplittings, das auch vom Deutschen Familienverband in der Anhörung unterstützt wurde, für zielführender und einfacher umsetzbar zum heutigen Zeitpunkt.
Auch mit Punkt 2 Ihres Antrages können wir nicht konform gehen. Grundsätzlich könnten wir mit einem einkommensunabhängigen Betrag für jedes Kind mitgehen, also Sie unterstützen, entspricht es doch unserem liberalen Bürgergeld. Doch mit der geforderten Aufhebung der Anrechnung des Kindergeldes auf das Arbeitslosengeld II wird eben nicht mehr nur der Lebensunterhalt abgedeckt.