Wird dazu das Wort gewünscht? – Die Fraktionen haben zehn Minuten Redezeit. Das ist ihnen ja bekannt. Von der Linksfraktion.PDS gibt es eine Wortmeldung, ebenso von den GRÜNEN. Gibt es weitere Wortmeldungen? – CDU und FDP. Ich schlage Ihnen vor, dass die Redner in dieser Reihenfolge sprechen können. Die Linksfraktion.PDS beginnt. Frau Abg. Falken, bitte.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesen letzten Tagesordnungspunkten des heutigen Tages aufmerksam zu folgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun zum Antrag 4/3710, Grundsätzliche Neuausrichtung der astronomischen Grundbildung an den allgemein bildenden Schulen in Sachsen. Zu diesem Antrag haben wir im Schulausschuss relativ umfangreich diskutiert und debattiert. Wir sind trotzdem der Auffassung, dass wir diesen Antrag, weil hier eine weit reichende Entscheidung getroffen wurde, im Plenum noch einmal diskutieren sollten und müssen. Ich freue mich, dass noch so viele zur Diskussion sprechen wollen.
Ich möchte zum Anfang meines Redebeitrages eine Frage stellen: Welchen Stellenwert hat die naturwissenschaftliche Bildung unserer Schülerinnen und Schüler für Sie im Sächsischen Landtag?
Im Schuljahr 2007/2008 soll an den Mittelschulen und Gymnasien in Klasse 10 das Unterrichtsfach Astronomie abgeschafft werden. Wir hören zurzeit aus dem Kultusministerium, dass die naturwissenschaftliche Bildung in der gymnasialen Oberstufe sehr wichtig, entscheidend und unerlässlich ist. Nun fragen sich viele Leute im Freistaat, wieso es für die gymnasiale Oberstufe sehr wichtig und entscheidend ist, aber für die Klasse 10 nicht, denn gerade der Astronomieunterricht umfasst vielfältig, zusammenfassend und fächerübergreifend die naturwissenschaftliche Bildung.
Diese Entscheidung ist bereits vor vielen, vielen Jahren gefallen. Ich glaube, Herr Dr. Rößler, Sie waren damals noch Kultusminister, als die Entscheidung gefallen ist, den Astronomieunterricht abzuschaffen. Wenn man vor Jahren entschieden hat, das Fach Astronomie zu streichen, und heute feststellt, dass das eine falsche Entscheidung war, dann würde es von Größe zeugen, wenn man diese Entscheidung wieder rückgängig machte. In der Anhörung zu unserem Antrag, gemeinsam gestellt mit den GRÜNEN, waren acht von neun Sachverständigen für den Erhalt des Astronomieunterrichts. Weit über 30 000 Petitionen, alle Fachleute innerhalb und außerhalb von Sachsen sind für den Erhalt des Astronomieunterrichts. Schüler, Lehrer und Eltern haben sich in großem Umfang für den Astronomieunterricht ausgesprochen. Ich erspare es Ihnen, alle Argumente für dieses Fach aufzuführen, weil Sie in vielfältiger Art und Weise Schreiben, Informationsblätter und Ähnliches erhalten haben und sich ausführlich damit beschäftigen konnten. In Brandenburg wird dieses Fach wieder eingeführt.
Deshalb bitten wir Sie, heute im Plenum noch einmal über die Entscheidung, Astronomie als Unterrichtsfach – ja oder nein? –, zu befinden. Die Linksfraktion.PDS wird der Beschlussempfehlung des Schulausschusses nicht zustimmen.
Ich hatte bei den Wortmeldungen als Nächste Frau Astrid Günther-Schmidt von der Fraktion der GRÜNEN gesehen. Bitte, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute noch einmal über die Abschaffung bzw. über den Erhalt des eigenständigen Unterrichtsfaches Astronomie. Wir haben in den vergangenen drei bis vier Monaten eine sehr leidenschaftliche, sehr heftige Auseinandersetzung geführt. Wir haben uns als miteinreichende Fraktion – –
Wir hatten uns als miteinreichende Fraktion dieses Antrages von einer öffentlichen Anhörung versprochen, mehr Sachlichkeit in die notwendige Diskussion zu bringen. Die Sachlichkeit der Auseinandersetzung war in der Anhörung deutlich gegeben. Acht von neun Sachverständigen haben sich eindeutig und unmissverständlich für den Erhalt eines eigenständigen Unterrichtsfaches Astronomie ausgesprochen. Ich möchte Ihnen Dieter B. Herrmann zitieren, der im Ausschuss gesprochen hat: „Die Astronomie beinhaltet eine sehr große Fülle von Problemen, die junge Menschen für Naturwissenschaft und Technik zu begeistern vermögen. Ich erinnere immer wieder daran, dass Astronomie eine motivierende Funktion hat, was das Interesse an Naturwissenschaften generell anbelangt.“ Das erinnert uns doch an etwas: an die Notwendigkeit, die naturwissenschaftlichen Kompetenzen zu stärken. Wenn man von konservativer Seite konsequent wäre, müsste man spätestens jetzt auf die Idee kommen, Astronomie erhalten zu wollen.
Parallel zu dieser öffentlichen Anhörung ist eine breite Bewegung von Eltern, Lehrern und Schülern aufgetreten, die dieses Unterrichtsfach ebenfalls erhalten wollen. Das ist ungewöhnlich. Normalerweise haben Schüler eher ein Interesse daran, nicht mit zusätzlichen Unterrichtsfächern behelligt zu werden. Den Argumenten kann man sich eigentlich – –
Frau Günther- Schmidt, ich würde Sie bitten, einen kleinen Moment zu warten. Wir halten Ihre Zeit an.
Ich bitte das Plenum, der Rednerin wieder den nötigen Ernst und die nötige Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Den Argumenten kann man sich eigentlich nicht verschließen. Für uns steht die bittere Erkenntnis dahinter, dass es um pure Ideologie geht. Es ist einmal auf dem Verwaltungswege vor mehreren Jahren darüber befunden worden, das Fach zu streichen. Nun will man nicht zugeben, dass man möglicherweise einen Fehler gemacht hat. Handstreichartig verschwindet das Fach Astronomie, das beispielgebend ist.
Ich möchte Ihnen noch sagen, dass im Ausschuss auch darauf hingewiesen wurde, dass es neue Bundesländer gibt, die das Fach vor mehreren Jahren abgeschafft haben. Brandenburg hat es inzwischen wieder eingeführt. Das sollte einem doch zu denken geben. Unser Anliegen ist es heute, dass Sie noch einmal in sich gehen und überlegen, ob Sie tatsächlich eine so schwerwiegende Entscheidung unterstützen wollen.
Meine Fraktion wird der Beschlussempfehlung des Schulausschusses nicht zustimmen. Wir wollen, dass das Unterrichtsfach erhalten wird, und ich hoffe, dass die Sterne heute glänzend günstig stehen.
Wenn Sie es gestatten, spreche ich gleich von hier. Unsere Fraktion steht grundsätzlich einer Überarbeitung der naturwissenschaftlichen Ausbildung, auch des Astronomieunterrichts, offen gegenüber. Allerdings – das hat die Anhörung hier im Landtag auch gezeigt – ist das von der Staatsregierung und den Koalitionsfraktionen favorisierte Modell von nahezu allen Experten abgelehnt worden. Es ist eine Verschlechterung der bisherigen Ausbildung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Thomas Reiter ist im All und der Sächsische Landtag debattiert über Astronomie.
Ich freue mich, dass in den neuen Lehrplänen ein fächerübergreifendes Arbeiten als Unterrichtsprinzip festgeschrieben wurde. Ich bin von den Stärken eines fächerverbindenden Unterrichts an den Schulen überzeugt. Dieser kann zur Entwicklung interdisziplinärer Denkweisen und zur Wissensvernetzung bei Schülern beitragen.
Zukünftig werden astronomische Bildungsinhalte nicht mehr in einem eigenständigen Fach an Mittelschulen und Gymnasien vermittelt, sondern in Physik und Geografie integriert, in den Neigungskursen sowie im Profil unterrichtet. Gerade davon kann man sich eine stärkere Vernetzung astronomischer Bildungsinhalte mit anderen Wissenschaftsdisziplinen versprechen. Insbesondere schafft die Möglichkeit der Behandlung astronomischer Bildungsinhalte in den Neigungskursen und im Profilunterricht die optimale Verbindung für die Nutzung der sächsischen Sternwarten.
Die Fähigkeiten der Astronomielehrer werden im Neigungskursbereich eingesetzt und genutzt. Ich möchte deshalb nochmals deutlich machen: Der Themeninhalt der Astronomie geht auch zukünftig nicht verloren, sondern
wird in andere Fächer integriert, es kommt sogar zu einer Aufstockung der astronomischen Inhalte. Da gibt es auch umfangreiche Anlagen, mittlerweile Ausarbeitungen, die Sie überall im Netz oder in unseren eigenen Landtagsunterlagen nachlesen können. Ich sehe vielmehr die Chance, dass zukünftig astronomische Inhalte in allen Bildungsgängen vermittelt werden können und allen Schülern zugute kommen.
An dieser Stelle will ich einen entsprechenden Passus noch einmal hervorheben. Bisher waren Hauptschüler ausgeschlossen, da astronomische Inhalte nur in Klasse 10 vermittelt wurden. Für diese ist die neue Lösung eindeutig besser.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Anhörung im Schulausschuss zum Ausdruck gebracht hat, dass das Fachgebiet Astronomie in einer Zeit von 30 Stunden in der 10. Klasse nicht den Anspruch erfüllen kann, der von den Sachverständigen und von den Oppositionsinitiativen im Landtag immer wieder vorgetragen wird. Nachhaltige Wissenserfolge sind zu bezweifeln. Dazu vielleicht noch eine kleine Anekdote: Auch auf die Gefahr hin, als Streber dargestellt zu werden, aber meine Eins in Astronomie war die einfachste, die ich bekommen hatte. Das wird zukünftig etwas schwieriger, weil zukünftige Schülergenerationen das nun in anderen Fächern erreichen müssen.
Aus vorgenannten Gründen unterstütze ich die Entscheidung der Staatsregierung, astronomische Inhalte in die Fachlehrpläne Physik, Geografie und in die Neigungskurse Naturwissenschaft und Technik zu integrieren, und bitte den Landtag, der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! In der Hoffnung, dass es die letzte Debatte zum Thema „Astronomie“ ist, will ich noch einmal dazu sprechen.
Man muss sich schon einmal fragen, was unsere Reformfähigkeit betrifft: Die Entscheidung wurde im Mai 2002 getroffen. Wir haben jetzt Juli 2006. Das Problem ist, dass diese Sache erst im Schuljahr 2007/2008 eingeführt wird. Deshalb gibt es immer wieder die Debatten mit den gleichen Argumenten.
Ich will noch einmal auf die damalige Entscheidung, die ich für richtig halte, hinweisen, was vorausging, nämlich eine umfassendere Reform der Lehrpläne. Diese hatten eine Stoffreduzierung und Erhöhung der Freiräume im Unterricht zum Ziel.