Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

Ich bin auf die Sächsische Verfassung vereidigt. Ich glaube, Sie waren sogar anwesend, Herr Abgeordneter. Lesen Sie bitte Artikel 31 Grundgesetz durch. Dort ist geregelt, dass Bundesrecht Landesrecht bricht.

Aber nicht Verfassungsrecht. Entschuldigung!

Haben Sie noch eine zweite Nachfrage?

Ich habe noch eine Nachfrage.

Ich möchte gern wissen, worauf sich die Auffassung, schon in der Presseerklärung verbreitet, des Staatsministers des Innern stützt, dass er nicht an die Verfassung des Freistaates Sachsen gebunden ist, wenn eine bundesrechtliche Vorschrift kommt, dass das Staatsministerium von Stund an der Verfassung entgegen handeln kann.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, dass ich mich mit meinem Handeln nie gegen die Verfassung des Freistaates Sachsen stelle. Ich habe Ihnen nur gesagt, dass ich der Auffassung bin, dass Artikel 31 des Grundgesetzes die Regelungen zwischen Bund und Land hinreichend beschreibt.

(Beifall des Abg. Gottfried Teubner, CDU)

Ich rufe jetzt die Frage Nr. 3 auf. Frau Abg. Bonk, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich habe eine Frage zur Teilnahme am Schulessen.

Laut einer Studie der Technischen Universität Dresden aus dem Jahr 2005 nahmen in diesem Jahr nur noch 17,8 % der Schülerinnen und Schüler jeden Tag am Schulessen teil. Die überwiegende Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, nämlich 72,4 %, isst nicht in der Schule. Die Teilnahme der Schüler am Schulessen, so heißt es dort, hinge mit Alter, besuchter Schulform und dem Wohlstand der Familien zusammen. Das gemeinsame Essen gilt jedoch pädagogisch und ernährungswissenschaftlich als sinnvoll, darum sind die Entwicklung der Teilnahme am Schulessen und mögliche beabsichtigte Schritte der Staatsregierung von Interesse.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Welchen Stellenwert misst die Staatsregierung dem Angebot bzw. der Teilnahme am Schulessen aus pädagogischen, ernährungswissenschaftlichen und sozialen Gründen bei und welche Gründe sieht die Staatsregierung für eine verminderte Teilnahme von Schülerinnen und Schülern am Schulessen?

Herr Minister Flath, bitte.

Ich möchte gern den Text zu Ende vorlesen.

2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Schülerinnen und Schüler anteilig am Schulessen teilnehmen, und wenn ja, wie viele (bitte aufgeschlüs- selt nach Landkreisen und kreisfreien Städten, nach Schularten und Vergleichen für die Jahre 1999 bis heute), und was kostet ein Schulessen im Durchschnitt und sind diesbezüglich regionale Unterschiede erkennbar?

Bitte, Herr Minister Flath.

Frau Präsidentin! Frau Abg. Bonk! Dem Schulspeisungsangebot bzw. der Teilnahme von Schülerinnen und Schülern am Schulessen misst die Staatsregierung einen hohen Stellenwert bei, obwohl hierfür eine direkte Verantwortung seitens der Staatsregierung nicht besteht. Bei der Schulspeisung handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Schulträger. Dennoch wurde beispielsweise der Aspekt Schulspeisung für Ganztagsschulen durch die Kultusministerkonferenz aufgegriffen. So muss an allen Tagen des Ganztagsschulbetriebes den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern ein Mittagessen bereitgestellt werden. Diese Anforderung gilt auch für entsprechende Schulen in Sachsen.

Zahlreiche sächsische Schulen nutzen im Rahmen der Schulprogrammarbeit über Ganztagsangebote vielfältige Möglichkeiten, auf pädagogische, ernährungswissenschaftliche und soziale Aspekte bei der Ernährungserziehung einzugehen.

Zwischen dem Freistaat Sachsen und den Kommunen existieren keine Richtlinien für Schulspeisung. Im Rahmen der Eigenverantwortung entscheiden die Schulträger in Abstimmung mit der jeweiligen Schulkonferenz über Art und Umfang der Schulspeisung.

Die Kosten für die Schulspeisung haben die Eltern selbst zu tragen. Es obliegt kommunalen Entscheidungen, dafür Unterstützung zu gewähren.

Der Staatsregierung liegen keine Angaben über die Anzahl der an der Schulspeisung teilnehmenden Schülerinnen und Schüler vor. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben dazu keine Erhebungen durchgeführt. Deshalb kann zur Teilnahme an der Schulspeisung keine Stellungnahme abgegeben werden. – So weit zur Antwort.

Möchten Sie noch nachfragen?

Ja, eine Nachfrage: Sie führen aus, dass dazu nicht erhoben worden ist. Ich nehme trotzdem an, dass in Ihrem Haus die zirkulierenden Studien und die Erkenntnisse über die Teilnahme am Schulessen bekannt sind, gerade über den Rückgang der Teilnahme. Im Kontext auch der Bedeutung des Schulessens im Schultag kann man das problematisch sehen.

Wie steht die Staatsregierung zu einer Teilnahme am Schulessen und sieht sie Handlungsbedarf in diesem Bereich?

Frau Abgeordnete! Ich will auf meine Antwort verweisen, dass die Staatsregierung keineswegs der Schulspeisung gleichgültig gegenübersteht. Ich hatte auch angeführt, dass über die Kultusministerkonferenz und über die Förderrichtlinien, die im Freistaat sehr großzügig bestehen, die Staatsregierung indirekt Einfluss nimmt und die Schulträger anregt, diese Bedeutung zu erkennen. Aber die Staatsregierung ist der Meinung, dass die Verantwortung dort bleiben sollte, wo sie hingehört, das heißt bei den Schulträgern. Die Bitte der Staatsregierung geht deshalb dahin, dass die Schulträger in gemeinsamer Verantwortung auch mit den Eltern und der Schulkonferenz vernünftige Regelungen treffen.

Herr Petzold, bevor ich Ihnen aber das Wort gebe, die Bitte, das nächste Mal die Anfragen auch in der richtigen Reihenfolge zu stellen; Frage Nr. 1.

Frau Präsidentin! Es geht um private Altersvorsorge im Freistaat Sachsen.

Eine unlängst durchgeführte Untersuchung des „Handelsblatts“ ergab, dass sich eine private Leibrente nur für Versicherte lohnt, die älter als 91 Jahre werden. Für alle anderen sei dagegen eine Anlageform mit einmaliger Kapitalauszahlung günstiger.

Fragen an die Staatsregierung:

1. In welchem Umfang wird derzeit (Stand September 2006) nach Kenntnissen der Staatsregierung die Möglichkeit der privaten Altersvorsorge (Riester-Rente) von den Bürgern im Freistaat Sachsen genutzt?

2. Wie schätzt die Staatsregierung angesichts der gegenwärtigen ökonomischen Situation im Freistaat Sachsen, die durch Lehrstellenmangel und hohe Arbeitslosigkeit geprägt wird, die Möglichkeit der Nutzung einer privaten Altersvorsorge durch die Bürger ein, gerade im Hinblick auf eine absehbare Entwicklung von Altersarmut, bedingt durch Langzeitarbeitslosigkeit?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zur ersten Frage gebe ich folgende Antwort: Die über die staatlich geförderte zusätzliche Altersvorsorge – Riester-Rente – allgemein abgeschlossenen Verträge werden nicht zentral erfasst. Es werden lediglich bei der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen die Zulassungsanträge statistisch erfasst. Da die Zulagen aber auch nachträglich beantragt werden können, lassen diese Daten nur bedingt Rückschlüsse auf die aktuelle Zahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossenen Verträge zu. Uns liegen auf Nachfrage lediglich die Zahlen von 2002 vor. Damals wurden in Sachsen 194 072 Personen

gefördert, davon 83 171 Männer und 110 901 Frauen. – So weit zur ersten Frage.

Zur zweiten Frage: Zur Sicherung des Lebensstandards im Alter ist neben der gesetzlichen Rentenversicherung der Ausbau einer zusätzlichen Altersvorsorge notwendig. Hierfür kommt die betriebliche oder private kapitalgedeckte Altersvorsorge in Betracht. Besonders um Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen den Aufbau der zusätzlichen Altersvorsorge zu ermöglichen, werden diese bekannterweise staatlich gefördert. Diese Förderung setzt allerdings die Leistung eines von der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen abhängigen Beitrages voraus. Um die maximale Förderung zu erhalten, muss derzeit ein Eigenbeitrag in Höhe von 3 % der beitragspflichtigen Einnahmen erbracht werden. Bei geringen Einkommen können anzurechnende Zulagen, zum Beispiel die Grundzulage oder Kinderzulage, dazu führen, dass bereits die Zulagen diese 3-%-Grenze erreichen oder überschreiten. In diesem Fall muss ein Mindesteigenbetrag geleistet werden. Er beläuft sich derzeit jährlich auf 60 Euro. Diese Summe muss auch ein Arbeitsloser erbringen, um die für ihn maximale Förderung zu erhalten.

Gleichwohl ist der Staatsregierung in diesem Zusammenhang bewusst, dass auch dieser Eigenbeitrag von Personen mit niedrigem Einkommen, vor allem Arbeitslosen, in vielen Fällen nur sehr schwer aufgebracht werden kann. Ob und in welchem Umfang Arbeitslose und Bezieher niedriger Einkommen im Freistaat Sachsen bisher die Möglichkeit, staatlich geförderte Vorsorge zu betreiben, genutzt haben, kann mangels – wie schon erwähnt – entsprechender statistischer Daten jedoch nicht eingeschätzt werden.

Eine Auswertung der bei der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen vorhandenen Daten lässt zumindest den Schluss zu, dass die Zulagenförderung grundsätzlich die gewünschten Zielgruppen erreicht, nämlich Geringverdiener, Frauen und Zulagenberechtigte mit Kindern. Diese Schlussfolgerung ergibt sich daraus, dass in Ostdeutschland rund 30 % der Mittel, die für geförderte Altersvorsorgeverträge aufgewandt werden, aus den Zulagen stammen und 70 % echte Eigenleistungen darstellen. Allerdings wird aus einer anderen Untersuchung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft auch deutlich, dass längere Arbeitslosigkeit nicht nur Einbußen bei dem Aufbau der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern wegen der Reduzierung der eigenen Beitragsleistung in der Regel auch in der privaten Altersvorsorge nach sich zieht. – So weit zu Ihren Fragen.

Frau Herrmann, bitte; Frage Nr. 12.

Frau Präsidentin! Es geht mir um die Aufnahme eines verletzten Mäusebussards.

Am 20.03.2006 eröffnete das Ordnungsamt des Landkreises Leipziger Land ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Geschäftsführer der Ökologischen Station

Borna. Grund dafür ist die Aufnahme und Pflege eines verletzten Mäusebussards durch seine Einrichtung. Der verletzte Vogel war am 15.03.2006 durch den Leiter des Ordnungsamtes Pegau (Kreis Leipziger Land) in der ökologischen Station eingeliefert worden: Die Ökologische Station Borna ist seit 01.01.2005 eine anerkannte Tierauffang- und Pflegestation im RP Leipzig. Eine weitere Pflegestation im Landkreis existiert nicht.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Stellung bezieht die Staatsregierung zu dem Sachverhalt, dass gegen engagierte Bürger, die sich um verletzte, geschützte Tierarten fachgerecht kümmern, Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden?

2. Wie will die Staatsregierung künftig absichern, dass verletzte, geschützte, zugleich dem Jagdrecht unterstehende Vogelarten fachgerecht gepflegt werden?

Frau Präsidentin! Ich möchte die Fragen der Abg. Herrmann folgendermaßen beantworten:

Zur ersten Frage: Gemäß Bundesjagdgesetz hat der jeweilige Jagdbezirksinhaber das alleinige Aneignungsrecht für alle Wildtiere. Er entscheidet auch über verletztes Wild und dessen Weitergabe zur Behandlung. Bei dem angesprochenen Fall handelt es sich um ein laufendes Ordnungswidrigkeitsverfahren, daher verbieten sich Beurteilungen und eine vorgreifende Verfahrensbewertung.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Aber eine Meinung können Sie doch haben!)

Zur zweiten Frage, auch für Sie, Herr Abg. Hahn: In den Landkreisen sollen zur Unterstützung der Jagdbezirksinhaber regionale Lösungen für die eventuell gebotene fachgerechte Pflege von Vögeln angeboten werden. Eine Möglichkeit könnte zum Beispiel die Benennung von Auffangstationen sein, die die notwendigen Voraussetzungen zur Haltung von Greifvögeln erfüllen. Die unteren Jagdbehörden werden zu diesem Thema fachlich von der höheren Jagdbehörde, dem Staatsbetrieb Sachsenforst, angeleitet. Im Rahmen der Fachaufsicht gewährleistet dieser einen einheitlichen Vollzug des Jagdrechts unter Beachtung der natur- und tierschutzrechtlichen Grundsätze. Dazu wurde zwischen dem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft und dem Sozialministerium unter Beteiligung der höheren Jagdbehörde am 5. Juli 2006 beraten. Flankierend soll die Thematik verstärkt mit den Jagdverbänden diskutiert sowie in der Öffentlichkeit kommuniziert werden.

Frau Herrmann, haben Sie Nachfragen?

Es gibt aber Nachfragen aus der CDU-Fraktion, bitte.