Wir halten es für wichtig und finanzierbar, den Eltern die Kosten für diesen Teil der Ausbildung ihrer Kinder zu erlassen, und ich bin Herrn Kollegen Hähle sehr dankbar, dass er hier immerhin bereits die Ampel auf grün-gelb gestellt hat; als Optimist sage ich: grün-gelb.
Wenn wir es überhaupt schaffen wollen, meine Damen und Herren, die demografische Entwicklung positiv zu verändern, kann der Weg nur darüber führen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Kinder bekommen die Menschen halt nur, wenn sie berufliche Tätigkeit und Elternschaft vereinbaren können und wenn sie sich dies auch leisten können. Unser Vorschlag ist ein Schritt in diese Richtung. Wir verstehen Bildung darüber hinaus natürlich auch als Vorteil im Standortwettbewerb mit den anderen Bundesländern, als aktive Wirtschaftspolitik, bei der im Moment nicht die Kosten für die öffentlichen Kassen im Vordergrund stehen, sondern der langfristige Nutzen für die Gesellschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien, lassen Sie uns deshalb bitte jetzt darangehen, den vorliegenden Haushaltsplanentwurf durch eine in der Sache durchaus harte, gleichzeitig jedoch faire und sachorientierte Diskussion
in den Fraktionen, in den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen sowie in den Ausschüssen weiter zu verbessern. Wir freuen uns auf konstruktive Verhandlungen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zauberei ist die Kunst, Illusionen entstehen zu lassen. Strategie vieler Zauberer ist es, die Aufmerksamkeit auf Nebensächlichkeiten zu lenken, sodass die eigentliche Manipulation unentdeckt bleibt.
Das größte Geheimnis eines Zauberkünstlers sind dabei seine Tricks, die er niemals preisgeben würde, und nichts Schlimmeres könnte ihm passieren, als wenn das Publikum merken würde, was eigentlich hinter den Illusionen steckt. Nicht mehr das „Wie hat er das gemacht?“, sondern vielmehr das „Was hat er gemacht?“ ist die Frage, die sich aufdrängt. So dürfte es auch aufmerksamen Lesern des vorgelegten Entwurfs für den Doppelhaushalt gehen.
Spätestens im Jahr 2007 – nach Aussagen des Ministerpräsidenten vielleicht schon im laufenden Jahr – soll Sachsen ohne Neuverschuldung auskommen. Das, was auf den ersten Blick wie eine Sensation aussieht, gewinnt auf den zweiten Blick einen fragwürdigen Charakter. Nur wer genauer hinschaut, erkennt, dass sich selbst die optimistischen Zukunftsaussichten vor allem auf eine außerordentliche Entwicklung bei den ordentlichen Einnahmen stützen, die im nächsten Jahr um 5,1 % auf 16,3 Milliarden Euro steigen sollen. Dieser Sprung, meine Damen und Herren, dürfte aber eine einmalige Ausnahme bleiben, da er vor allem aus der Überlappung der zwei EU-Strukturfondsperioden, 2000 bis 2006 und 2007 bis 2013, resultiert. Da dieser Einmaleffekt aber 2008 schon wieder entfällt, sind wir skeptisch, ob der Freistaat Sachsen auch im Jahr 2008 ohne Neuverschuldung auskommen wird.
Außerdem hat sich die Staatsregierung bei den Fördermitteln der EU die zuversichtlichste aller Prognosen zu eigen gemacht. Unverantwortlicherweise geht sie nämlich davon aus, dass in den Jahren 2007 bis 2013 in ihrer Mittelfristigen Finanzplanung 3,9 Milliarden Euro aus den Töpfen der EU gezahlt werden. Nach den Vereinba
rungen der Ministerpräsidenten stehen Sachsen in diesem Zeitraum aber nur 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Beim Auftreten solcher Diskrepanzen lässt das böse Erwachen meist nicht lange auf sich warten. Apropos böses Erwachen: Für wie plausibel, meine Damen und Herren der Staatsregierung, halten Sie eigentlich Ihre eigene Steuerschätzung? Nach Ihren eigenen Aussagen sollen die Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung, die im Jahr 2007 erst einmal einen kräftigen Sprung annehmen werden, bis 2010 stetig ansteigen. Das deutet darauf hin, dass der Arbeitskreis Steuerschätzung in den nächsten vier Jahren mit einer ständig anziehenden Konjunktur rechnet. Dies erscheint uns jedoch äußerst unrealistisch, da gerade die Steuerabzocke der Bundesregierung die Konjunkturlokomotive unsanft zum Stehen bringen dürfte.
Aber nicht nur hier lauern Risiken. Es ist auch unklar, wie sich die erneut verschobene Unternehmensteuerreform oder die geplante Einführung einer ominösen Abgeltungssteuer auf die Landesfinanzen auswirken wird. Der von der Regierung prognostizierte Anstieg der Einnahmen aus der Körperschaftsteuer soll sich von 159 Millionen Euro im nächsten Jahr bis auf 200 Millionen Euro im Jahr 2009 belaufen. Das erscheint uns unter diesen Vorzeichen umso erklärungsbedürftiger.
Es gibt auch Einnahmen, die schon im nächsten Doppelhaushalt wegbrechen. Dazu gehören die Mittel aus dem Solidarpakt II, die bereits 2009 und 2010 um fast eine dreiviertel Milliarde Euro geringer als 2007 und 2008 ausfallen werden. 2008 beginnt dann aber eine Entwicklung, die sich mit jedem Jahr nicht nur auf die Einnahmen in Sachsen, sondern aller mitteldeutschen Länder fatal auswirken wird. Die Rede ist von den wegbrechenden Einnahmen aus den EU-Strukturfonds, die 2007 wegen der Überlappungseffekte bei der Abgrenzung der Förderperioden noch einmal 1,4 Milliarden Euro erreichen werden. Ein Jahr später schon fallen diese auf knapp 880 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2010 werden sie noch einmal dramatisch um knapp 300 Millionen Euro auf 594 Millionen Euro zusammenschrumpfen.
Das Ärgernis beginnt schon bei den fremdbestimmten Operationellen Programmen Brüssels, jenen Programmen, die auch in der Anhörung zur künftigen Ausrichtung der Operationellen Programme für die Förderperiode 2007 bis 2013 beklagt wurden. So wies zum Beispiel Dr. Thomas Scheller vom DGB Dresden darauf hin, dass in Schottland und Schweden schon auf kommunaler Ebene über die Förderschwerpunkte in den Operationellen Programmen entschieden werden kann, während in Deutschland und in Sachsen das Subsidiaritätsprinzip weiterhin mit Füßen getreten wird. Auch die Einbeziehung der regionalen Partner bei der Entscheidungsfindung über die Verwendung der ESF-Programme kann nach den Worten Dr. Schellers nur als mangelhaft bezeichnet werden.
Meine Damen und Herren, solche Zustände sind absurd. Vergessen wir nicht, dass Deutschland seit Bestehen der
Europäischen Union, vormals der EG, größter Nettozahler ist und es sich bei den Bruchteilen an Geldern, die wieder nach Deutschland zurückfließen, um deutsche Steuergelder handelt. Da kommt es einem schon wie doppelter Hohn vor, wenn Sachsen auch noch die Verwendungshoheit über diese eigenen Gelder abgesprochen und das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht genommen wird. Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren,
und ich fordere die Staatsregierung auf, sich in Brüssel dafür stark zu machen, die Gesamtzuweisungen aus den Strukturfonds einer Revision zu unterziehen und deutlich zu erhöhen.
Als Deutsche müssen wir zunächst erst einmal unser eigenes Haus in Ordnung bringen, und wir können es uns nicht länger leisten, Geschenke nach Brüssel zu verteilen, vor allem dann, wenn es sich bei diesen Geschenken um verfassungsrechtlich unveräußerbare Selbstbestimmungsrechte handelt. Unser Haus werden wir aber nur dann in Ordnung bringen, wenn wir wieder für mehr Wirtschaftswachstum sorgen.
Im letzten Jahr war der Freistaat mit einem Miniwachstum von gerade einmal 0,1 % das viertschwächste Bundesland. Zum Vergleich: Das Sorgenkind Sachsen-Anhalt erreichte immerhin 0,9 %. Umso unverständlicher ist es, dass Sie sich ausgerechnet bei einem so wichtigen Instrument zur Stärkung der Wirtschaftskraft strukturschwacher Regionen wie der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ so zurückhaltend zeigen. Während in diesem Bereich im letzten Jahr immerhin noch knapp 300 Millionen Euro Zuschüsse gezahlt wurden, werden es 2007 nur noch 256 Millionen Euro sein.
Das ist umso unverständlicher, als die schon erwähnte Anhörung auch das Ergebnis brachte, dass gerade die gezielte einzelbetriebliche Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen für Innovation und Wachstumsimpulse sorgt. Vor diesem Hintergrund kann die Ausstattung des Haushaltstitels „Integriertes Förderprogramm Regionales Wachstum“ mit wieder einmal nur 10 Millionen Euro lediglich als schwache symbolische Geste bewertet werden.
Gerade im Hinblick auf die dringend notwendige langfristige Strukturpolitik in den Bereichen Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Bevölkerungspolitik erscheint dies völlig unverständlich. Bis zum Jahre 2010 werden die zur Wendezeit noch recht starken berufstätigen Jahrgänge ab 35 zunehmend in die Rente eintreten. Andererseits wird der Berufsnachwuchs am Arbeitsmarkt ausschließlich von den nach der Wende geborenen Jahrgängen bestimmt; das heißt, dass wir etwa ab dem Jahre 2015 einen zunehmenden Mangel an Fachkräften mit mittlerer Qualifikation haben werden. Heute haben wir aber gerade in diesem Bereich 320 000 Arbeitslose, größtenteils Leute, die im Jahre 2015 noch am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden; natürlich vorausgesetzt, dass
sie bis dahin nicht durch Langzeitarbeitslosigkeit und Kompetenzverlust bzw. wegen Abwanderung als Fachkräfte für die sächsische Wirtschaft nicht mehr infrage kommen.
Dieses zu verhindern müsste eines der vorrangigen strategischen Ziele der Staatsregierung und ihrer Haushaltsplaner sein. Genau das ist es auch, was wir in diesem Haushaltsplan wieder einmal vermissen. Sie prahlen mit Ihrer angeblich so soliden Haushaltspolitik, während Sie im Endeffekt doch nur den Niedergang unseres Landes verwalten. Doch über Ihre rosige Darstellung der Haushaltslage hinaus scheinen Sie zu vergessen, dass ein ordentlicher Haushalt kein Selbstzweck ist. Er sollte vielmehr das oberste Ziel haben, unser Land mit seiner Kultur, seinen Regionen und Siedlungen und den gewachsenen Wirtschaftstraditionen in seiner Substanz zu bewahren. Hauptgegenstand und der eigentliche Zweck der Politik sind das Land, das Volk und die Menschen – sie sollten es zumindest sein –, doch bei Ihrer Politik ist das nicht zu erkennen.
Anfang des Jahres 1989 lebten in Sachsen über fünf Millionen Menschen – heute ist es eine dreiviertel Million weniger. Im Jahre 1989 hatte Sachsen noch halbwegs bestandserhaltende Geburtszahlen. Nach der Wende sind diese auf die Hälfte abgestürzt. Vor der Wende waren unbeschadet der DDR-Misswirtschaft noch viele aussterbende Regionen lebendig, heute bricht die sozioökonomische Grundlage und mit ihr jede Zukunftsperspektive weg. So sieht der tatsächliche Kassenschluss Ihrer Politik aus, jenseits aller buchhalterischen Schönrechnungen.
Meine Damen und Herren! Deswegen fehlt Ihrer Haushaltsplanung auch jedwede politische Vision zum Erhalt unseres Landes. Es ist nur ein selbstzufriedenes Grunzen über die angeblich mustergültige buchhalterische Verwaltung der Finanzen festzustellen. Doch darauf darf sich Haushaltspolitik nicht beschränken. Strategische Ziele müssen vorgegeben werden, so zum Beispiel eine bestandserhaltende Geburtenentwicklung, ehemals traditionsreiche, heute verfallende Industrieregionen wieder einer nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung zuzuführen, zur Sicherung der Lebensfähigkeit der Regionen eine zukunftssichernde finanzielle Grundlage für die verschuldeten Gemeinden zu schaffen, die Schaffung einer langfristigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage für alle Menschen in Sachsen und nicht nur für die Eierköpfe der heutigen Globalisierungskonjunktur.
Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass Sie das wahrscheinlich sowieso nicht wollen, werden Sie vielleicht sagen: Dieses strategische Zwischenziel gehört nicht in den Haushaltsplan. Ich sage: Doch, es gehört sehr wohl in den Haushaltsplan; denn der Haushalt ist das wichtigste Instrument einer Regierung, mit dem sie eine Chance hätte, dem Verfall der Region entgegenzutreten.
Gerade beim Einsatz staatlicher Finanzmittel, und zwar bei fast jedem einzelnen Haushaltstitel, muss die Frage gestellt werden, inwiefern man dadurch dem strategischen
Ziel der Erhaltung der Substanz, der Identität und der Überlebensfähigkeit des deutschen Volkes und unseres Landes näherkommt. Dann sollte dieses Gesetz im Haushaltsgesetz auch klar formuliert sein. Denn wenn man nicht weiß, wohin man will, ist man natürlich auch bei der Wahl des Weges überfordert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich könnte man Sie auf der Regierungsbank – es sind zwar nicht mehr viele anwesend, aber der wichtigste Mann, Herr Finanzminister Metz, ist anwesend – beglückwünschen. Zum ersten Mal seit einiger Zeit können Sie in den nächsten zwei Jahren ein wenig aus dem Vollen schöpfen. Es mag zwar nicht so sein, wie die „Morgenpost“ heute in ihrer Überschrift „Sachsen schwimmt im Geld“ geschrieben hat, aber so ein kleiner netter Geldschauer kommt doch auf unseren Freistaat zu.
Sie brauchen aber keine Angst zu haben, dass Ihnen vom Schulterklopfen die obere Armpartie wehtun wird, denn das ist es mit dem Lob für heute auch schon gewesen. Wenn man sich anschaut, woher das Geld kommt, über das Sie sich so sehr freuen, dann wird schnell klar, dass dieses Geld aus dem größten, mit Verlaub falschesten Steuererhöhungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stammt.
Meine Damen und Herren! Es ist der altbekannte, dieses Mal aber sehr rabiat vollzogene Griff in den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger. Es sind keine Reformen, sondern es ist das pure Abkassieren. Das Geld, das in diesem Jahr und in den nächsten zwei Jahren mit ausdrücklicher Zustimmung unserer Staatsregierung zusätzlich zu den traditionell hohen Belastungen, die alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ohnehin schon tragen, diesen abgeknöpft wird, kommt ab dem Jahre 2007 als ordentlicher Geldsegen zurück in den sächsischen Landeshaushalt. Für diese Leistung, meine Damen und Herren, kann man Sie nun wirklich nicht beglückwünschen.
Es hat hier noch niemand gemacht, deshalb mache ich es: Wir können sicherlich über die Verwendung der Mittel sprechen, wir müssen aber auch darüber sprechen, woher das Geld eigentlich kommt.
Ja, Herr Porsch, Sie haben es teilweise gemacht. – Was diesbezüglich gemacht worden ist, kann man anhand der
Zahlen des Doppelhaushaltes deutlich sehen. Hinter jeder Mehreinnahme – wenn wir einmal die Mittel des Strukturfonds herausrechnen – stehen Steuererhöhungen und der Wegfall von Leistungen. Wie der Bund sind auch Sie in Sachsen mit der leider von der SPD beeinflussten Regierung den einfachen und sehr typischen Weg gegangen: Sie drehen lieber an der Steuer- und Gebührenschraube, anstatt zunächst bei sich selbst, zum Beispiel bei den Verwaltungs- und Bürokratiekosten, zu sparen.
Lieber Herr Metz, Sie tragen für das, was in Berlin passiert, auch Verantwortung und Sie konnten im Bundesrat dagegenstimmen. Sie haben die Entscheidung mitgetragen. Deshalb muss ich Ihnen das so sagen.