Protokoll der Sitzung vom 13.10.2006

Frau Dr. Schwarz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, natürlich.

Herr Neubert.

Frau Dr. Schwarz, stimmen Sie mir darin zu, dass ich ausschließlich Argumente gebracht habe, im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn Krauß, der gesagt hat, den Betrag von 300 auf 900 Euro aufzustocken, würde 600 Euro bedeuten? Ich habe dies zurückgewiesen, weil es nicht stimmt und etwas differenzierter ist.

(Alexander Krauß, CDU: Wie viel kostet es denn?)

Trotzdem sind wesentlich mehr Kosten damit verbunden, das muss man so sehen. Ich bin erst einmal froh, Kollege Neubert, dass diese 300 Euro nicht als Einkommen angerechnet werden. Dies, denke ich, ist auch ein wichtiger Schritt, der mit dem Bundeselterngeld getan wird.

Lassen Sie uns also noch ein wenig Zeit. Wir werden uns bemühen, es passend zu machen und zu einem möglichst baldigen Zeitpunkt mit unserer Diskussion so weit zu sein, dass die Betroffenen damit rechnen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die NPDFraktion ist mir Frau Schüßler gemeldet worden.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der vom Bundestag beschlossenen Einführung eines einkommensabhängigen Elterngeldes ab 2007 ist es notwendig, auch die Voraussetzungen für den Bezug des Landeserziehungsgeldes zu verändern.

Obwohl wir den guten Willen mit der Einführung des beschlossenen Elterngeldes anerkennen, sehen wir in dieser Maßnahme kein geeignetes Mittel, die katastrophale demografische Entwicklung zu verbessern oder umzukehren. Die Absicherung von berufstätigen jungen Leuten, die sich für Kinder entscheiden, wird sich nun allerdings verbessern, wenn auch nur für einen eng begrenzten Zeitraum. In diesem Zusammenhang möchte ich gern noch einmal auf unseren Vorschlag eines voll versteuerbaren, sozialabgabenpflichtigen Müttergehaltes hinweisen. Mutterschaft als Beruf, auch mit der nötigen finanziellen Anerkennung, scheint uns doch eine gute Alternative zum

zeitlich begrenzten Elterngeld und damit zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sein.

Aber zurück zum Antrag. Der Freistaat Sachsen – und damit wir als Legislative – sind nun gefordert, die Veränderungen auf Bundesebene mit der Landesebene kompatibel zu machen. Dem steht nach unserer Auffassung die Regelung der Anspruchsvoraussetzungen entgegen. Die jetzigen Regelungen sind vor allem deshalb überholt, da mit der Verabschiedung des sächsischen Bildungsplanes in Sachsen ein neues Kapitel des Verständnisses von Vorschulpädagogik aufgeschlagen wurde.

Wurde in der Vergangenheit der Vorschulbereich lediglich als ergänzender Bereich angesehen, welcher die Betreuung des Kindes außerhalb der Familie gewährleisten sollte, so hat sich dieses Verständnis glücklicherweise gewandelt. Kindertagesstätte und Schule sollen langfristig eine integrierte, aufeinander bezogene Organisation bilden. Dafür gibt es bereits gute Ansätze in der Verzahnung von Schulvorbereitungsjahr und Schuleingangsphase sowie in den Kooperationsvereinbarungen.

Unsere Kinder müssen sehr frühzeitig vergleichbare Chancen für ein hohes Bildungsniveau erhalten. Daher geht der vorliegende Antrag durchaus in die richtige Richtung. Die Koalition hat bereits signalisiert, dass den Eltern zukünftig auch die monatliche Unterstützung durch das Landeserziehungsgeld gewährt werden soll, wenn sie ihre Kinder in diesem Zeitraum in die Einrichtung geben. Die Staatsregierung hat nach anderen Presseberichten die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Wir verstehen uns in diesem Fall als konstruktive Opposition. Wir werden deshalb die Staatsregierung in dieser Frage nicht vor uns hertreiben, wie es offenbar das Ziel der antragstellenden Fraktion ist, und uns deshalb bei diesem Antrag der Stimme enthalten, um gemeinsame Schritte hin zu einer Lösung, welche von allen Parteien mitgetragen wird, nicht im Kern zu ersticken.

Danke sehr für die ungeteilte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Frau Schütz beendet die erste Runde für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch zu vorgerückter Stunde wünsche ich mir noch Ihre Aufmerksamkeit. Die Politikfelder in Deutschland befinden sich im Umbruch, seien es die Wirtschaft mit der Mehrwertsteuererhöhung, Gesundheit und Familie.

Auf Bundesebene wird nun Anfang 2007 mit dem Elterngeld die Familienpolitik aus dem Bereich der Sozialpolitik herausgelöst – dank Frau von der Leyen. Es geht nicht mehr nur um Subjektivität, also nach Bedürftigkeit, sondern um Objektivität, um eine aktive Familienpolitik. Die Entwicklungen auf Bundesebene machen auch eine Anpassung der Regelungen zum Landeserziehungsgeld aufgrund des Gewährungszeitraumes in Sachsen notwen

dig. Dazu hat Frau Staatsministerin Orosz in ihrer Fachregierungserklärung bereits Folgendes gesagt: „Wir wollen auch weiterhin die Wahlfreiheit der Eltern unterstützen, deshalb werden wir an unserem sächsischen Landeserziehungsgeld festhalten und seine Zahlung entsprechend den Regelungen des Elterngeldes anpassen.“ – So weit zum Zitat.

Wir haben in den letzten Monaten verschiedene Vorschläge gehört – leider nicht von der Staatsregierung in Person von Frau Orosz. Dafür kam im Sommer vonseiten der SPD sogar der Vorschlag, auf das Landeserziehungsgeld zugunsten des kostenfreien Schulvorbereitungsjahres zu verzichten. Das ist für mich und für die FDP-Fraktion kein nachvollziehbares Geschäft. Das wäre im Gegenteil sogar ein schlechter Kuhhandel.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen nämlich die eine familienpolitische Maßnahme nicht gegen eine andere ausspielen. Am Mittwoch war in der „Lausitzer Rundschau“ zu lesen, dass GRÜNE, SPD und wohl auch die sozialpolitische Sprecherin der CDU, Frau Nicolaus, wie im Antrag gefordert, auch Landeserziehungsgeld an die Eltern zahlen wollen, die ihre Kinder in die Kinderkrippe bringen, das heißt während der Bezugsdauer des Landeserziehungsgeldes, das nicht als Einkommen angerechnet wird, wie bei anderen Sozialleistungen, eine Kindertageseinrichtung in Sachsen zu besuchen.

Frau Schütz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Lassen Sie mich einfach weiter sprechen. – Grundsätzlich ist diese Idee richtig, denn Kinder sollen nicht durch das Landeserziehungsgeld aus der frühkindlichen Bildung der Kita herausgekauft werden. Das wäre gewiss nicht sinnvoll. Das Landeserziehungsgeld soll aber auch kein Anreiz sein, sondern die Möglichkeit geben, eigenverantwortlich zu wählen zwischen einer häuslichen oder einer institutionellen Betreuung im dritten bzw. zweiten Lebensjahr des Kindes.

Danach halte ich den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der bloßen Ausweitung des Anspruches der Eltern, die ihr Kind in eine Kinderkrippe schicken wollen, für inkonsequent und daher für falsch. Denn damit bleibt das Landeserziehungsgeld eine reine soziale, aber nicht familienpolitische Maßnahme. Aufgrund wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Probleme wird eine Sozialleistung arbeitseinkommensabhängig gezahlt. Das wird zu Mitnahmeeffekten führen, und zwar in unserem Fall sogar dreifach. So könnte jemand das einkommensabhängige Landeserziehungsgeld, einen aus Landes- und Kommunalmitteln geförderten Kita-Platz und die Ersetzung des Elternbeitrages wegen fehlenden Einkommens nebeneinander bekommen. Ich halte dies in Anbetracht der Gerechtigkeit bei der Familienförderung für nicht vertretbar.

(Beifall bei der FDP)

Damit wird nicht der Anreiz zur Berufstätigkeit geschaffen, sondern er schafft in dem Fall Abhängigkeiten. Wenn, dann sollte man es wie in Thüringen umsetzen, wo das Erziehungsgeld einkommensunabhängig gezahlt wird und im Falle eines Kinderkrippenbesuches dann aber zwingend für die Kita-Betreuung, das heißt für den Elternbeitrag, auszugeben ist.

Folgt man aber dem Vorschlag der GRÜNEN, dann hat das Landeserziehungsgeld für wenige einen reinen wohlfahrts-, aber keinen familienpolitischen Aspekt. Wir als FDP-Fraktion begreifen die Familienpolitik als eigenständiges Politikfeld und nicht als Unterpfand der Sozialpolitik. Das heißt, das Landeserziehungsgeld darf nicht länger nur an die Bedürftigkeit gekoppelt werden. Es sollte allen jungen Eltern unabhängig von der konkreten Bedürftigkeit zur Verfügung stehen. Um einen konkreten familienpolitischen Anreiz zu haben, kann es natürlich auch nach der Zahl der Kinder gestaffelt werden.

Wir müssen daher den Mut für echte Veränderungen haben und nicht nur an den Stellschrauben drehen, denn so wie die GRÜNEN ihren Vorschlag machen, belässt es die Fraktion beim Landeserziehungsgeld als reine soziale Funktion. Es fehlt der Mut, tatsächliche familienpolitische Akzente zu setzen. Ich empfehle daher meinen Kollegen, sich bei dem Antrag der GRÜNEN zu enthalten.

Um die Zeit zu nutzen, möchte ich gleich noch den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS behandeln. Punkt 1 Ihres Antrages erinnert eher an die Mindestlohndebatte, hier auch eines Erziehungsentgeltes, ähnlich einem Arbeitseinkommen. Das werden wir nicht mittragen.

Was ein dritter Partner- bzw. Partnerinnenmonat bewirken soll, wenn doch der Krippenbesuch favorisiert wird, erinnert mehr an den von mir vorhin genannten befürchteten Mitnahmeeffekt.

Bei Punkt 3 wäre es wichtig, dass sich die Staatsregierung endlich per Gesetzentwurf positioniert, denn für die bedarfsgerechte Bereitstellung von Krippenplätzen sind die Kommunen vor Ort verantwortlich. Diese Forderung im Änderungsantrag läuft für uns ins Leere. Wir werden daher den Änderungsantrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das war die Runde der Fraktionen. Gibt es von den Fraktionen weiteren Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Nun ist Frau Orosz an der Reihe.

Die Sprecher der Koalition haben alles gesagt. Die Staatsregierung muss nichts hinzufügen.

Danke schön. – Das war auch ein klares Wort. Dann kommen wir zum

Schlusswort. Frau Herrmann für die Fraktion der GRÜNEN, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Krauß, wenn Sie sagen, gut Ding will Weile haben, dann trifft das zwar manchmal zu, aber nicht, wenn das Landeserziehungsgeld ab 1. Januar 2007 gezahlt werden soll. Wir haben nicht mehr so viel Zeit, sondern müssen uns im Gegenteil beeilen, eine neue Regelung zu finden.

Herr Neubert, ich hatte gesagt, es wäre konsequent, das Landeserziehungsgeld an dieser Stelle abzuschaffen, aber das verkennt eben die Lage, die wir in Sachsen haben; denn es ist einfach so, dass die Mütter nach dem Jahr nicht in die Berufstätigkeit zurückkehren. Genau deshalb können wir derzeit auf das Landeserziehungsgeld als Anschlussfinanzierung nicht verzichten.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir auch nicht den Gleichstellungsaspekt gegen die Rechte der Kinder auf Bildung ausspielen können. Diese stehen für uns im Vordergrund. Wir haben gestern über die Qualität in den Kitas diskutiert. Wir alle kennen den neuen Bildungsplan. Es handelt sich eben nicht mehr um Betreuung und um familienentlastende Leistungen, sondern es handelt sich um Bildung. Da sollte für alle Kinder der Zugang gewährt sein. Deshalb kann ich auch das Thüringer Modell nicht unterstützen, weil Eltern die Möglichkeit haben, diese 300 Euro zu nehmen, ihre Kinder zu Hause zu lassen und ihnen damit den Zugang zur Bildung zu verwehren. Das sind genau die Eltern, über die wir uns an anderer Stelle beklagen.

Deshalb schlage ich Ihnen vor: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Das schließt im Übrigen andere Überlegungen, die Frau Schwarz hier zur Dauer angestellt hat, nicht aus. Es handelt sich um Bildung und es geht um das Recht der Kinder auf Zugang zu Bildung. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Wir werden den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war das Schlusswort. Wir kommen zur Abstimmung. – Herr Neubert, ich hatte gehofft, Sie haben das bei Ihrer Rede schon mit erledigt. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich hatte in meiner Rede schon einiges zum Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS gesagt. Ganz kurz: Wir diskutieren derzeit die Grundausrichtung, wie wir die Mittel für das Landeserziehungsgeld mit dem Bundeselterngeld kompatibel machen können. Deswegen geht unser Vorschlag in eine andere Richtung.

Wenn wir möglicherweise vonseiten der Koalition die Ansage bekommen, nein, wir haben uns für etwas anderes entschieden, dann muss man natürlich – auch wenn wir die Grundrichtung für falsch halten – über die Ausgestaltung diskutieren. Dann wären wir bei dem Antrag, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute hier darge