Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass es uns in unserer Pressemitteilung von heute und in dieser Debatte vor allem darum geht, im Interesse der betroffenen Schülerinnen und Schüler die gefährdeten Ausbildungsplätze zu schützen?
Frau Bonk, ich nehme zur Kenntnis: Sie wollen eine eierlegende Wollmilchsau. Und ich nehme zur Kenntnis, dass Sie gnadenlos populistisch sind.
Kollegin Günther-Schmidt, da Sie das eine Beispiel und die Pressemitteilung der Kollegin Roth angesprochen haben, möchte ich Sie gern fragen, ob Sie wie ich der Auffassung sind, dass es einen Unterschied zwischen pädagogisch freien Konzepten bei Schulen und konfessionsgebundenen Schulen gibt, und ob Sie wissen, dass wir da sehr wohl differenzieren. Ich frage, ob das für Sie auch ein Unterschied ist.
Herr Hahn, ich stelle fest, dass es gerade Ausdruck von Schulen in freier Trägerschaft ist, dass sie bestimmte Besonderheiten anbieten. Da gibt es konfessionsgebundene Schulen.
Das ist doch kein Argument. Sie müssen doch Schulen in freier Trägerschaft natürlich auch bei den Kirchen akzeptieren.
Wir GRÜNEN haben also einen grundsätzlich anderen Ansatz als die Linksfraktion.PDS. Meine Fraktion tritt unmissverständlich und ohne Abstriche für die Gleichbehandlung von Schulen in freier und staatlicher Trägerschaft ein.
Wir brauchen ein plurales Netzwerk aus staatlichen und freien Trägern selbstverständlich unter einer öffentlichen Schulaufsicht. Aber es soll der Wahlfreiheit der Eltern obliegen, wo sie ihre Kinder anmelden.
Das muss auch für die Wahl der Berufsschulen gelten. Genau hier versucht der Gesetzentwurf in dirigistischer Manier einzugreifen und die Schulen in freier Trägerschaft gegenüber den öffentlichen Schulen zu benachteiligen. Sie erreichen das, indem Sie die Kosten der freien Schulen völlig willkürlich niedriger ansetzen als vergleichbare Kosten der öffentlichen Schulen. Sie lösen zum Beispiel wesentliche Bestandteile wie die Gebäudekosten heraus. Mehrere Kollegen sind vorhin darauf eingegangen.
Wir müssen uns im weiteren Fortgang der Debatte darauf verständigen können, dass die Wartefrist bei berufsbildenden Schulen mit der Gründung neuer Ausbildungs
gänge nicht immer von vorn anfängt zu zählen. Damit hätten wir ein wunderbar flexibles und sich quasi selbst steuerndes Ausbildungssystem, das auf die wechselnden Anforderungen der Wirtschaft und die Dynamik des Bildungssystems viel besser reagieren kann als die kläglichen Versuche, das duale System mittels staatlicher Knebelung am Leben zu erhalten. Es bleibt dem Staat dann vorbehalten, mit Eingriffen in die Berufsschulordnung, so sie denn nötig sind, die entsprechende Feinsteuerung vorzunehmen.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, mit dem gescheiterten Gesetzentwurf zum Privatschulgesetz und jetzt durch die Hintertür des Haushaltsbegleitgesetzes gefährden Sie die Existenz vieler freier Schulen. Sie produzieren darüber hinaus bürokratische Monster. Das darf nach Ansicht meiner Fraktion auf keinen Fall umgesetzt werden.
Ich fordere Sie auch angesichts der heute hier noch einmal vorgetragenen Bedenken auf, den betreffenden Artikel des Haushaltsbegleitgesetzes zurückzuziehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will aus meiner Sicht noch einmal auf die Situation der berufsbildenden Schulen in freier Trägerschaft eingehen.
Natürlich muss auch in diesem Bereich die Notwendigkeit gelten, dass vorhandene Rahmenbedingungen in diese Betrachtung einzubeziehen sind. Da ist Fakt, dass berufsbildende freie Träger in der Vergangenheit maßgeblich die angespannte Ausbildungssituation im Land entschärft haben,
insbesondere durch die Schaffung von vollzeitschulischen Maßnahmen, die die wegbrechenden dualen Angebote ersetzt haben. Ich halte es besonders und gerade vor dem Hintergrund dessen, was ich gerade gesagt habe, rückblickend für problematisch, dass diese Entwicklung in einem Maß stattgefunden hat, das der Aktivierung unseres bewährten dualen Systems eigentlich entgegengewirkt hat. Schließlich hat das zu einem Aufwuchs freier berufsbildender Angebote geführt, die weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen. Ein Anteil von über 20 % freier Träger am Markt macht dies deutlich, meine Damen und Herren.
Gerade vollzeitschulische Maßnahmen bergen die Gefahr in sich, am Bedarf vorbei auszubilden. Frau Kollegin Bonk, wenn Sie die Situation der Hauptschüler angesprochen haben: Welchen Gefallen tun wir denn einem Hauptschüler, wenn er an einem freien Bildungsinstitut zum Bademeister oder zum Masseur geschult wird und dann auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hat, beschäftigt zu
werden, und zum Arbeitsamt gehen muss, um sich umschulen zu lassen? Das ist die Situation, in der wir uns befinden.
Wir bilden über den Bedarf und am Bedarf vorbei aus. Dass wir auch im freien berufsbildenden Bereich eine Orientierung auf den Bedarf hin suchen und versuchen, dies ein Stück weit zu steuern, ist doch auch im Sinne der Betroffenen. So wird doch ein Schuh draus!
Herr Colditz, finden Sie es nicht besser, dass junge Menschen eine abgeschlossene Berufsausbildung haben und sich damit auf dem Arbeitsmarkt bewerben können, als wenn sie ohne Ausbildung quasi immer den sozialen Sicherungssystemen anheimfallen?