Protokoll der Sitzung vom 17.11.2006

In meinem Redebeitrag habe ich auf den Änderungsantrag der Linksfraktion bereits Bezug genommen und ihn begründet, sodass sich eine weitere Begründung aus unserer Sicht erübrigt. Ich bitte Sie um Zustimmung zu

unserem Änderungsantrag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Frau Dr. Raatz, Sie sprechen für die SPD-Fraktion.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ich dachte, die Koalition hat schon gesprochen?!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten!

Ja, ein Koalitionspartner, Herr Dr. Hahn, hat schon gesprochen. Aber die Koalition besteht aus zwei Partnern, und da können auch mehrere Leute sprechen, wenn Ihnen das noch nicht aufgefallen ist. So ist das.

Ich denke, es ist auch sinnvoll, noch einmal etwas zu sagen, gerade auch zum Redebeitrag von Herrn Scheel aus Ihrer Fraktion, der von dem weitergehenden Trassensterben gesprochen hat. Bevor ich zum Antrag komme, möchte ich dazu kurz etwas sagen. Es hat auch damit zu tun: Wo fahren Leute mit? Man kann im Endeffekt nicht einfach Behauptungen in den Raum stellen und sagen, überall sterben die Verkehrswege und man lässt die Leute irgendwo im Raum stehen,

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Das habe ich nur als Beispiel genannt!)

sondern man muss auch sagen: Wo ist es sinnvoll und wo ist es nicht sinnvoll? Wir als SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir während dieser Legislatur eine Schienenkonzeption für Sachsen erstellen werden. Dabei kommt sicher noch viel Arbeit auf unseren Wirtschafts- und Verkehrsminister zu. Aber das muss dann die Voraussetzung sein zu bewerten: Wo hat es Sinn, Verkehre zu betreiben, und wo hat es keinen Sinn? Darin geben Sie mir sicher recht.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Erzählen Sie das den Heimbewohnern!)

Dabei muss man auch die Wirtschaftlichkeit sehen. Wie viel kostet zum Beispiel ein Kilometer mit dem Bus? Das liegt zwischen einem und 2 Euro. Wie viel kostet ein Bahnkilometer in Sachsen? 9, 10 oder 11 Euro; und, da wir den Antrag gestern abgesetzt haben: Vielleicht wissen Sie auch, in welcher Preiskategorie Schmalspurbahnen liegen. Der Kilometer liegt hier bei über 30 Euro. Deshalb muss man auch wirklich einmal darüber nachdenken: Wo macht es Sinn, welche Verkehre zu betreiben? Genau dies wird Sinn und Zweck der Konzeption sein, die wir später noch in dieser Legislatur besprechen werden.

Wenn man das Thema des Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liest – „Keine Zustimmung zur Fahrpreiserhöhung im Nahverkehr“ –, ist man sofort geneigt zu sagen: Das stimmt genau. Ich denke, auch hierüber sind wir uns einig. Man muss abwägen – darin kann ich Ihnen recht geben –, ob eine Preiserhöhung Sinn

macht, und wenn sie notwendig ist, warum sie notwendig ist.

Herr Lichdi, Sie haben einige Aspekte angeführt. Man kann auf der einen Seite natürlich sagen, es sind enorme Gewinne gemacht worden. Man kann auch sagen, es ist zu wenig Transparenz vorhanden. Dies ist genau das, was meine Fraktion immer wieder kritisiert: die geringe Transparenz, die die Bahn zeigt, wenn es darum geht, einmal offenzulegen, wofür sie die Mittel, die sie aus dem Bundes- und aus dem Landeshaushalt erhält, verwendet. Wir haben kürzlich erfahren, dass sich die Bundestagsfraktion einen Bericht vorlegen ließ, der zunächst an den entscheidenden Stellen geschwärzt war. Dies zeugt natürlich nicht davon, dass man für eine gute Zusammenarbeit und für Transparenz steht.

Bei den staatlichen Mitteln, die hineinfließen – auch wir geben Regionalisierungsmittel in dieses System –, stellt sich immer die Frage: Wo sind die Mittel? Wofür sind sie ausgegeben worden? Auf der anderen Seite muss man sagen – dies kann man gerade auch hier in Dresden oder beim Verkehrsverbund Oberelbe sehen –, hier ist viel passiert, und die Mittel sind hier sicher sinnvoll verwendet worden.

Es ist klar, die Menschen sind auf Mobilität angewiesen. Wir fordern – Sie haben es selbst gesagt – von unseren Arbeitnehmern und natürlich auch den Arbeitgebern, dass sie weite Wege zurücklegen sollen. Aber dann müssen wir auch für die Möglichkeit sorgen, dass die Arbeitnehmer dahin kommen, wohin sie müssen, nämlich zur Arbeit; und es kann nicht immer nur das Auto sein, mit dem sie über die Straßen zu diesem Ort gelangen.

Wir hatten in einer der vergangenen Debatten schon einmal zu diesem Thema herausgestellt, dass sich gerade in Sachsen viele Menschen von der Bahn verabschiedet haben, da wir ein sehr gut ausgebautes Straßennetz haben. Wenn wir uns aber die demografische Entwicklung in Sachsen ansehen, wissen wir, dass wir den SPNV weiter ausbauen müssen; denn wir wollen jedem den Zugang zu den Verkehrsmitteln ermöglichen.

Damit sind wir beim Thema Preis. Das heißt, wenn wir jedem den Zugang ermöglichen wollen, dann auch preisgünstig. Ansonsten schließen wir wieder bestimmte Gesellschaftsschichten aus. Deutschlandweit wurde durch die Regionalisierung das Angebot an Zugkilometern um 15 % erhöht. Erfreulicherweise stieg die Anzahl der Fahrgäste um das Doppelte. Das zeigt, wenn ich ein gutes Angebot präsentiere, nehmen die Kunden – die Fahrgäste – das Angebot auch an. Sie sind also um 30 % gestiegen.

Die Zahlen des Verkehrsverbundes Oberelbe zeigen einen ähnlichen Trend. So stiegen die Zahlen seit Gründung des VVO um 25 %. Dazu würde ich sagen, das ist eine Erfolgsgeschichte. Wenn man hier zu Preiserhöhungen greifen sollte, dann steht diese Erfolgsgeschichte schon etwas in den Sternen; denn je teurer das Angebot wird, umso weniger werden sich die Menschen dafür entscheiden, mit der Bahn zu fahren.

Fragt man nun nach den Kunden – Herr Lichdi, Sie haben dies auch für die Preiserhöhung angeführt –, dann wird auf die gestiegenen Energiepreise verwiesen. Man kann es nicht vom Tisch wischen. Es sind 40 % im Gespräch. Die tatsächliche Kostenentwicklung wird aber nicht wieder so transparent gestaltet. Auch das bleibt im Dunkeln. Darum haben wir als Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag vorbereitet, in dem wir die Offenlegung der aktuellen Preiskalkulation der Deutschen Bahn fordern und mit diesem Antrag erreichen wollen. An dieser Stelle sind Sie in Ihrem Antrag etwas unkonkret. Auf der einen Seite sagen Sie: Wir wollen das auch einmal bewerten, wir fordern auch eine Offenlegung. Im zweiten Punkt Ihres Antrages sagen Sie: Wir sind prinzipiell gegen eine Preiserhöhung. Eines von beiden kann nur sein. Wenn man eine Bewertung macht, kann sich im Endeffekt herausstellen, dass es zu einer Preiserhöhung kommen kann, oder man ist prinzipiell gegen jede Preiserhöhung. Dann muss man auch nichts mehr bewerten. Diese zwei Wege gibt es.

Wir haben uns dafür entschieden, uns die Zahlen offenlegen zu lassen und danach zu beurteilen, wie sich die Situation in Sachsen darstellt.

Als weiterer Grund wird durch die Bahn die Mehrwertsteuererhöhung angeführt. Wenn man sich aber die Preiserhöhung im Fernverkehr anschaut, liegt diese durchschnittlich bei 5,6 %. Auch die Argumentation der Mehrwertsteuererhöhung allein hinkt in diesem Falle.

Über die kuriose und unverständliche Preisgestaltung des DB-Konzerns bezüglich der Trassenpreise haben Sie schon etwas gesagt. Wenn die eigenen Töchter erhöhen, beißt sich im Endeffekt der Hund in den Schwanz. Dies wirft kein gutes Licht auf die Bahn. Ich bin der Meinung, dass die bisher gelieferten Begründungen für die Preiserhöhung unzureichend sind. Herr Scheel hat in seinem Redebeitrag einen klaren Auftrag an unseren Wirtschaftsminister Jurk geliefert. Er wird dazu sicherlich selbst etwas sagen. Die Verkehrsminister werden um dieses Thema nicht herumlavieren können. Sie werden es sicher bei ihrer nächsten Ministerkonferenz thematisieren.

Als SPD-Fraktion sind wir Bundesverkehrsminister Tiefensee dankbar, dass er auf die Kundenrechte diesbezüglich aufmerksam gemacht hat, damit man feststellen kann, wie sich solche Preiserhöhungen tatsächlich gestalten sollen und ein gewisser Zwang bei der Deutschen Bahn besteht, schlüssig zu erklären, warum die Preise in solchem Maße gestiegen sind oder steigen sollen, obwohl die Gewinne der Bahn – Sie haben es angeführt – im Vergleich hierzu noch stärker angestiegen sind. Wir brauchen also mehr Transparenz, die Offenlegung der Preiskalkulation, wie wir es in unserem Änderungsantrag fordern.

Die positive Entwicklung der Fahrgastzahlen darf durch eine Preiserhöhung nicht wieder zunichte gemacht werden. Unser Ziel ist es im Wesentlichen, dass sich mehr Kunden für die Bahn begeistern. Ich denke, wir in Sachsen können dabei noch einen Zahn zulegen.

Was steckt nun wirklich hinter dieser Preiserhöhung? Im Hinblick auf den Börsengang versucht Herr Mehdorn unbedingt die für die Analysten wichtige Eigenkapitalrentabilität zu erhöhen und dies auch auf Kosten nötiger Investitionen in die Infrastruktur. Das kann man so oder so bewerten. Nun steht die Bahn vor dem Börsengang und will diesen möglichst erfolgreich durchführen. Es klingt paradox, aber Investitionen, die nicht zu 100 % von der Bahn getragen werden, erhöhen das Anlagevermögen stärker als das Fremdkapital. Dies führt dazu, dass die für den Börsengang wichtige Kennziffer – die Eigenkapitalrentabilität – sinkt. Gleichzeitig sinkt bei Investitionen, die zum Teil aus Eigenmitteln finanziert werden, der Cashflow.

Zusammenfassend kann man sagen, Mehdorn fährt auf verschlissener Infrastruktur, um den Cashflow und die Eigenkapitalrentabilität zu erhöhen. Das kann man so werten. Wir sind der Meinung, dass da etwas dran ist. Ganz nebenbei – die Bezüge wurden schon angesprochen – werden auch die Bezüge erhöht. Ich bin der Meinung, gutes Geld für gute Arbeit, aber die gute Arbeit muss wirklich konkret nachgewiesen werden. Ich denke, dass das nicht in jedem Fall immer stimmig ist.

Was heißt das nun für uns? In die Schienen muss natürlich weiter investiert werden, damit die Fahrgastzahlen den guten Trend, den sie bisher in Sachsen haben, weiter fortsetzen. Die Gewinnentwicklung muss in einem gesunden Verhältnis zur Investitionsquote stehen. Die DB AG ist kein Selbstzweck. Ihr Börsengang ist es auch nicht. Deswegen muss das Erreichen einer höheren Kundenzufriedenheit das Hauptthema der Bahn sein. Die Verkehrsverbünde tun hierbei einiges. Die Bahn selbst kann meiner Meinung nach einen Zacken zulegen. Dazu gehören mehr Qualität im öffentlichen Personennahverkehr sowie besser vernetzte Verkehre. Nur so kann man letzten Endes gute Zahlen bei den Kunden und, wie gewünscht, eine höhere Gewinnspanne erreichen.

Ich denke, wir haben in unserem Änderungsantrag klar dargelegt, was wir wollen. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Herr Abg. Paul spricht für die NPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits im September dieses Jahres über den geplanten Börsengang der Deutschen Bahn AG, der schon mehrfach angesprochen wurde, diskutiert.

Die NPD-Fraktion hatte damals einen Antrag eingebracht, in dem wir uns gegen den geplanten Börsengang gewandt haben – gerade vor dem Hintergrund, dass im selben Zug die Preise steigen werden. Unser Antrag wurde von Ihnen ignoriert und heute sprechen wir bereits über die erste geplante Preiserhöhung der Deutschen Bahn AG. Weitere Maßnahmen der Deutschen Bahn AG werden folgen, um

die Interessen von zukünftigen Aktionären und Spekulanten entsprechend zu befriedigen. Dieses Spiel auf Kosten unserer Bürger werden zumindest wir von der NPDFraktion so nicht mitmachen.

Der Börsengang der Deutschen Bahn AG wird ja hauptsächlich damit begründet, mehr Einnahmen zu erzielen und dadurch den Bund zu entlasten. Die Fahrpreiserhöhung wird von den Befürwortern jedoch in einen anderen Zusammenhang gebracht. Die Rede ist von gestiegenen Energiekosten oder der Verbesserung im Service usw. Das ist meiner Meinung nach alles Quatsch. Wenn die Bahn ungeachtet von Preiserhöhungen Mehreinnahmen durch den Börsengang erzielen wird, dann kann doch die Bahn theoretisch generell auf Fahrpreiserhöhungen verzichten. Wenn die Gewinne der Deutschen Bahn AG steigen, warum werden nicht im Gegenzug die Preise gesenkt? Die Frage sollte man sich ernsthaft stellen.

Doch es ist so, wie wir es vorhergesagt haben: Die Deutsche Bahn AG wird langfristig ihre Preise erhöhen, um den Aktienkurs positiv zu beeinflussen. Wir sind der Meinung, die Bahn hat andere Aufgaben, als sich über ihre Kunden börsenreif zu bilanzieren. Gerade im Nahverkehr nutzen immer mehr Menschen bei stetig steigenden Kraftstoffpreisen öffentliche Verkehrsmittel, insbesondere auch die Bahn. Durch die jedoch stetig steigenden Bahnpreise wird das Autofahren wieder interessant. Das muss man ehrlich zugeben, zumal es oft wesentlich bequemer ist. Damit werden die Interessen von Verkehrsentlastung und Umweltschutz völlig ins Abseits gestellt.

Ein weiterer Aspekt sind soziale Belange. Zum 1. Januar wird unser Volk durch die Mehrwertsteuererhöhung ohnehin wieder genug zur Kasse gebeten. Wir haben heute schon zweimal zum Thema steigende Preise gesprochen, zum einen zur Mehrwertsteuererhöhung und zum anderen zur Biersteuer. Ich denke, die geplante Mehrwertsteuererhöhung ist Grund genug, um anderen Preissteigerungen, egal in welchem Bereich des öffentlichen Lebens, Einhalt zu gebieten.

Noch etwas zum Schluss: Für die NPD-Fraktion zählt in erster Linie das Prinzip „Mobilität vor Profit“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Danke schön. – Die FDP-Fraktion hat Herrn Morlok angemeldet. Sie haben noch 55 Sekunden Redezeit.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Für diesen Antrag reichen auch 55 Sekunden. So viel ist nicht an Substanz drin.

Liebe Kollegen von den GRÜNEN, wenn Sie einen vernünftigen Antrag wie im Parlament von NRW vorgelegt hätten, hätte man ja darüber diskutieren können. Aber so, wie Sie es gemacht haben, prüfen und zustimmen und

wieder nicht zustimmen oder doch prüfen – man muss sich auch einmal entscheiden. Will man nicht zustimmen oder will man prüfen? Zu sagen, ich will nicht zustimmen, und prüfe hinterher, ist keine politische Position.

Wenn Sie Fahrpreise nachhaltig senken wollen, dann brauchen wir mehr Wettbewerb. Wettbewerb ist der Königsweg. Alle von uns haben gemerkt, wie im Bereich der Telefonie die Preise gesunken sind. Das hat jeder von uns praktisch feststellen können.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS)

Deswegen ist Wettbewerb der Königsweg. Lassen sie uns Wettbewerb schaffen auch beim Schienenverkehr, dann werden wir geringere Preise haben!

Vielen Dank.