Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis vor circa zwei Wochen konnten wir in Sachsen noch den Kometen McNaught mit bloßem Auge beobachten. Im Mittelalter haben einige damit noch das Ende der Welt verbunden, heute wird kaum noch jemand angsterfüllt gen Himmel blicken.
Die geplante Abschaffung des Astronomieunterrichts im Freistaat Sachsen wird uns nicht ins Mittelalter zurückwerfen, doch viele Kinder werden im Gegensatz zu unserer Generation – der Generation, der die meisten in diesem Parlament angehören – kaum erfahren, was alles hinter den Himmelsphänomenen, wie Kometen, Sonnenfinsternissen und Polarlichtern, steckt. Es sind gerade diese Phänomene, die das Interesse von Schülern an Naturwissenschaften auf sehr plastische Weise wecken. In kaum einem anderen Fach wird Physik, Geografie, Geschichte so anschaulich und interdisziplinär unterrichtet wie in Astronomie. Sie wissen, viele Schulen in Sachsen haben sogar eine eigene kleine Sternwarte. Das sind Vorteile, die wir nicht einfach verschenken sollten.
Astronomie und Raumfahrt sind aber auch eine sächsische Erfolgsgeschichte. Sie werden sich erinnern: Sigmund Jähn war der erste deutsche Raumfahrer. Er war Vogtländer, aber er war vor allem auch ein Sachse.
Sächsische Unternehmen und die TU Dresden sind in der Raumfahrtforschung äußerst erfolgreich. Warum ausgerechnet das Kultusministerium mit einem Teil dieser Tradition bricht, bleibt uns ein großes Rätsel. Rätselhaft bleibt aber auch, warum dem Rat des Comenius-Institutes nicht gefolgt wurde, das die Abschaffung des Faches Astronomie als Pflichtfach ablehnen will.
Ich will eines klar sagen: Wir stellen uns nicht grundsätzlich gegen eine Neuregelung des Astronomieunterrichts; aber, Herr Flath, wir bezweifeln, dass die beschlossene Integration in den Physikunterricht die bessere Lösung ist. Ich glaube, die Aussagen der Experten in der Anhörung waren eindeutig, auch die der Experten, die die CDUFraktion geladen hatte.
Für die FDP ist klar: Naturwissenschaftliche Bildung muss insgesamt wieder einen höheren Stellenwert erhalten. Ich möchte an dieser Stelle an die Diskussion zur Oberstufenreform erinnern. Ich glaube, diesbezüglich waren wir uns in der Tendenz einig.
Die Naturwissenschaften werden, wenn es bei der Abschaffung des Faches Astronomie bleibt, immer mehr in theoretische Einzelteile zerlegt anstatt interdisziplinär vernetzt. Es ist zu befürchten, dass damit insgesamt die Attraktivität sinkt. Meine Damen und Herren der Koalition, ich glaube nicht, dass Sie das wollen.
Der jetzige Unterricht im Fach Astronomie ist mit einer Wochenstunde nicht optimal strukturiert und sicherlich auch nicht einfach zu handhaben. Doch die Abschaffung wäre der falsche Weg für diese Herausforderung. Wir glauben, dass die astronomische Bildung eine zu große Bedeutung besitzt, als dass man sie als bloßes Anhängsel in den Physikunterricht abschieben kann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei aller kontroverser Sichtweise auf das zur Diskussion stehende Anliegen kann und will ich nicht leugnen, dass das entwickelte Engagement für den Erhalt eines eigenständigen Schulfaches Astronomie beeindruckend ist.
Meine Damen und Herren! Ich will das Engagement in dieser Debatte in keiner Weise diskreditieren, aber es muss trotzdem möglich sein, dass es unterschiedliche organisatorische Varianten bei der Wissensvermittlung gibt, über diese zu diskutieren und letztlich darüber zu entscheiden.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Es ist normal, dass Sie sich dieses Engagement zu eigen machen – vielleicht weniger aus fachlich-inhaltlichen Gründen als vielmehr vor dem Hintergrund von populistischer Kritik an einer Entscheidung des Kultusministeriums.
Bei aller Anerkennung des Engagements von Lobbyisten für den Astronomieunterricht fehlt mir dennoch das Verständnis dafür, dass die inhaltliche Auseinandersetzung von Außenstehenden mit einer zunehmenden Aggressivität und mit mangelnder Seriosität verbunden war. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich einige Briefe vergegenwärtigen, die wir als Abgeordnete bekommen haben, dann ist das eine Sache, die nicht akzeptabel ist.
Obwohl die Sachargumente, die zu einer Neustrukturierung astronomischer Bildung an unseren Schulen geführt
haben, ausführlich und für jedermann nachvollziehbar mehrfach dargestellt wurden, will ich sie noch einmal punktuell benennen.
Meine Damen und Herren! Bereits im Jahre 2002 hat das Kultusministerium im Zusammenhang mit den neuen Lehrplänen die neu ausgerichteten Stundentafeln für die Mittelschulen und Gymnasien beschlossen. Maßgabe für diese Entscheidung war unter anderem, fächerverbindendes Unterrichten besser umzusetzen und vernetztes Denken bei den Schülerinnen und Schülern zu befördern – ein Anliegen, das seitens der Opposition doch wohl immer wieder benannt und auch befördert wurde. Nur das Strickmuster dieser Auseinandersetzung scheint offensichtlich nicht zu passen.
Hergeleitet aus diesen Überlegungen wurde festgelegt, dass die Ziele und Inhalte des bislang nur einstündig und nur in Klasse 10 unterrichteten Faches in andere Fächer integriert und damit schon in früheren Jahrgangsstufen unterrichtet und vermittelt werden sollen.
Meine Damen und Herren! Allein diese Grundsatzüberlegungen machen deutlich, dass es nicht darum ging und auch nicht darum geht, astronomische Bildungsinhalte aus dem Lehrstoff unserer Schulen zu streichen, im Gegenteil, dieses Angebot wird inhaltlich und zeitlich aufgewertet. Welches sachliche Argument, Frau Günther-Schmidt, spricht dagegen, dass zukünftig Hauptschüler, die die Schule nach der 9. Klasse verlassen, astronomische Bildungsinhalte vermittelt bekommen? Sie sprechen unablässig davon, dass das gegliederte Schulsystem in Sachsen angeblich Hauptschüler benachteiligt. Wenn wir dem aber punktuell schulorganisatorisch entgegenwirken, argumentieren Sie dagegen.
Sie wissen ganz genau – möglicherweise ist das Ihre Frage –, wenn im Hauptschulbildungsgang dazu eine Regelung der Lehrplankommission getroffen werden sollte, dass das an der Stundentafel scheitert. Wir bewegen uns schon jetzt bei 35 Wochenstunden und sind damit international an der Obergrenze dessen, was wir unseren Schülerinnen und Schülern zumuten wollen. Somit macht das, was Sie vorschlagen, keinen Sinn.
Herr Colditz, ist Ihnen bekannt, dass Mitglieder der Lehrplankommission natürlich über unseren Antrag geschaut und uns unterstützt haben. Es wäre technisch möglich, deshalb haben wir den Punkt 3 aufgenommen. Dieser Punkt erfüllt genau Ihre Forderung, dass die 9. Klasse der Hauptschule Astronomieunterricht erhält. Haben Sie das gelesen?
Frau Günther-Schmidt, Sie haben wahrscheinlich in den letzten Minuten meiner Rede nicht mehr zugehört. Ich habe gerade deutlich gemacht, dass man, wenn man ein zusätzliches Fach ab Klasse 9 einführen möchte, ganz einfach an Grenzen stößt, die die Wochenstundentafel vorgibt. Sie würde dann gesprengt werden. Das ist das, was wir nicht wollen. Wir befinden uns, wie gesagt, schon an der Obergrenze im internationalen Vergleich. Das kann und soll nicht der Weg sein.
Meine Damen und Herren! Was ist dagegen einzuwenden, wenn der Hauptteil der integrativen Vermittlung astronomischen Wissens und Könnens im Fach Physik angesiedelt ist und damit Wechselwirkungen zwischen physikalischen und astronomischen Lernbereichen garantiert werden? Warum argumentieren Sie gegen fächerverbindendes und vernetztes Denken, obwohl Sie anderenorts genau das befürworten?
Ich kann mich an Diskussionen erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, in denen Sie die Auflösung ganzer Stundentafeln an unseren Schulen gefordert haben. Von diesen Überlegungen ist aber jetzt nichts mehr übrig.
Herr Colditz, ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber kann es sein, dass Sie an der Anhörung gar nicht teilgenommen haben?
Ich weiß, ich hatte es schwach in Erinnerung, dass Sie daran nicht teilnehmen konnten. Gerade in der Anhörung – –
Frau Falken, könnten Sie bitte eine Frage stellen? Ich weiß, dass es schwer ist, aber Sie müssen eine Frage stellen.
Meine Frage hatte ich eigentlich schon im Einstieg gebracht. Stimmen Sie mir zu – Sie haben sicherlich das Protokoll gelesen –, dass die Mehrheit der Sachverständigen deutlich dargestellt hatte, dass das Fächerverbindende und Fächerübergreifende im Astronomieunterricht die bestmöglichen Varianten bietet?
Frau Falken, ich gehe einmal auf diesen Aspekt ein. Das ist ein sachlicher Bezug, den Sie herstellen. Wenn ich fächerübergreifend wirksam unterrichten will, dann kann ich das nicht mit einem Fach, das
nur eine Stunde in der Woche und nur ab Klasse 10 unterrichtet wird. Das muss doch bitte schön über andere Fächer gemacht werden, die über die Jahre hinweg und auch mit einem größeren Stundenvolumen vermittelt werden. Das ist doch ganz einfach und logisch.
(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Steffen Flath – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Weil nicht sein darf, was nicht sein kann!)
Herr Porsch, immer wenn Ihnen die Argumente ausgehen, fangen Sie an zu witzeln. Das finde ich nicht immer korrekt.