Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Fragen an die Staatsregierung:

1. In welcher Höhe sind im Jahr 2006 Bundesmittel für Eingliederungsmaßnahmen aufgrund mangelnden Mittelabflusses verfallen, die den sächsischen Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) und den sächsischen Optionskommunen für Arbeitsmarktpolitik nach SGB II im Jahr 2006 zur Verfügung gestellt wurden?

2. Im September 2006 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages 230 Millionen Euro bis dahin gesperrter Mittel für Eingliederungsmaßnahmen freigegeben. Inwiefern haben die sächsischen Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen die sich daraus ergebenden Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft, diese zusätzlichen Bundesmittel für Arbeitsmarktpolitik nach SGB II (anteilig) abzurufen?

Es antwortet Frau Staatsministerin Orosz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Weichert!

Zur ersten Frage: Den sächsischen Grundsicherungsträgern standen im Haushaltsjahr 2006 nach mehreren zeitlich gestaffelten Zuteilungen – Sie werden sich erinnern, es gab dabei ja einige Schwierigkeiten –, zuletzt im August und September 2006, insgesamt 527 Millionen Euro Ausgabenmittel für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung. Davon wurden 485,9 Millionen Euro ausgezahlt. Das sind insgesamt 92,2 % der den sächsischen Grundsicherungsträgern 2006 tatsächlich zur Verfügung stehenden Eingliederungsmittel, wohingegen es 2005 nur rund 65 % waren, die abgerufen und tatsächlich ausgegeben worden sind.

Mit diesen Zahlen hatten wir 2006 in Sachsen nach Angabe der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit bundesweit die höchste Ausschöpfung des Eingliederungsbudgets zu verzeichnen. Im Übrigen möchte ich anmerken, dass eine hundertprozentige Mittelausschöpfung aus einer Vielzahl von Gründen kaum möglich ist. Naturgemäß besteht auch immer eine Differenz zwischen eingegangenen Bindungen und den danach erfolgenden tatsächlichen Auszahlungen. Diese sind im Wesentlichen auf eine nicht vollständige Besetzung der Maßnahmen bzw. Abbrüche sowie fehlende Abrechnungsunterlagen der Träger zurückzuführen. Eine solche Nichtinanspruchnahme von Bindungen kann durch die Grundsicherungsträger nicht gesteuert werden und auch dazu führen, dass sich solche Ausgaben ins Folgehaushaltsjahr verschieben. – So weit zur ersten Frage.

Zur zweiten Frage: Nach Angabe der Regionaldirektion Sachsen wurden den Arbeitsgemeinschaften nach der Entsperrung am 19. September 2006 rund 26 Millionen Euro Ausgabenmittel zugeteilt. Den zugelassenen kommunalen Trägern wurden 3,5 Millionen Euro zusätzlich zugewiesen.

Von den 527 Millionen Euro Ausgabenmitteln für Eingliederungsleistungen konnten insgesamt 41,1 Millio

nen Euro nicht ausgezahlt werden. Zu diesem Zeitpunkt – sprich: September – war es auch nicht mehr möglich, alle Mittel tatsächlich sinnvoll einzubinden, da vorher nicht klar war, was eigentlich noch kommt und wann wie viel Geld kommt. Die Gründe dafür sind, wie gesagt, eigentlich plausibel. Der Bundeshaushalt wurde – wenn wir uns erinnern – erst Mitte des Jahres beschlossen. Mittelzuweisungen erfolgten in mehreren Schreiben mit entsprechenden step-by-step-Veranlassungen, zuletzt im August und September 2006. Circa 80 % der Mittel müssen jedoch bis zum Sommer gebunden sein, um in der Tat kontinuierlich bis zum Jahresende Leistungen erbringen zu können. Mittel, die erst im III. Quartal zugewiesen werden, können kaum – wie schon erwähnt – sinnvoll umgesetzt werden. Die Planung und gegebenenfalls erforderliche Ausschreibung von Maßnahmen benötigen ja auch eine geraume Zeit.

Die Förderung ist marktabhängig. Das sei auch noch zu erwähnen. Das heißt, dass einzelne Eingliederungsmaßnahmen nur erbracht werden können, wenn diese tatsächlich nachgefragt werden. So können beispielsweise Eingliederungszuschüsse nur gezahlt werden, wenn eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt besetzt wird. Für solche Leistungen müssen die Träger Reserven für den Fall einplanen, dass sie eventuell nachgefragt werden. Hundertprozentige Auslastung ist auch bei optimalem Handeln kaum möglich, da auch Mittel zurückfließen und Träger Schlussrechnungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten stellen, die geprüft werden müssen, bevor entsprechende Gelder angewiesen werden.

Fazit aus meiner Sicht und als Ergebnis für Sie zu den gestellten Fragen: Ohne die Haushaltssperre und ohne die daraus resultierende mangelnde Planbarkeit des Mitteleinsatzes wäre eine kontinuierlichere Bewirtschaftung und eine noch höhere Ausschöpfung möglich gewesen. Vor diesem Hintergrund halte ich die Mittelausschöpfung der sächsischen Grundsicherungsträger in Höhe von 92,2 % unter schwierigen Umständen dann doch für ein respektables Ergebnis. Ich denke, wir können recht stolz sein, dass wir in dieser Situation immerhin noch den Spitzenplatz bundesweit bei der Ausschöpfung dieser Eingliederungsmittel erreicht haben. – So weit zu den Fragen.

Es gibt noch eine Nachfrage.

Vielen Dank. – Ich habe gehört und weiß, dass sich in anderen Bundesländern Landesarbeitsgemeinschaften gebildet haben, die untereinander Sequenzen austauschen, wodurch möglicherweise dann doch noch eine bessere Auslastung zustande kommt. Ist so etwas für Sachsen auch geplant?

Wir haben ja einen sogenannten Landesausschuss, der versucht, sich mit allen Beteiligten auch bezüglich der Verfahren im Land abzustimmen und das nach unten durchzugeben. Auch vor Ort gibt es entsprechende Arbeitsgremien. Nicht alle heißen Arbeitsgruppen. Wir haben in der eben ge

schilderten Situation im September vorigen Jahres auch Mittel untereinander ausgetauscht. Es gab ARGEn und optierende Kommunen, die nicht alle gleich belastet waren. Es gab tatsächlich auch Grundsicherungsträger, die Mittel übrig hatten, die einen anderen Wirtschafts- und Planungsvorlauf hatten. Es sind Grundsicherungsträger noch mit deren Mitteln zusätzlich ausgestattet worden, sodass die Frage eigentlich mit Ja beantwortet werden kann. Es gibt in der Tat ein Abstimmungsverfahren untereinander, das sich zunehmend besser gestaltet, und am Ende werden sogar Mittel ausgetauscht.

Vielen Dank.

Herr Petzold, bitte Ihre Anfrage; Frage Nr. 7.

Es geht um den Abbau der Grenzkontrollen im Freistaat Sachsen.

Gemäß dem Beschluss der EU-Innenminister vom 05.12.2006 fallen voraussichtlich ab 2008 die innergemeinschaftlichen Kontrollen zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten weg. Davon betroffen ist auch der Freistaat Sachsen als Anrainerstaat der EU-Neumitglieder Republik Polen und Tschechische Republik.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Konsequenzen hat der von den EUInnenministern am 05.12.2006 beschlossene Wegfall der Grenzkontrollen an den innergemeinschaftlichen Grenzen ab voraussichtlich 2008 für die Personalstruktur der Polizei des Freistaates Sachsen?

2. Welche Absprachen hat die Staatsregierung bisher mit den EU-Neumitgliedsstaaten Republik Polen und Tschechische Republik als unmittelbaren Anrainerstaaten getroffen, um trotz der voraussichtlich 2008 wegfallenden Grenzkontrollen zu diesen Staaten auch weiterhin ein hohes Maß an Sicherheit, Recht und Ordnung an den Landesgrenzen des Freistaates Sachsen zu gewährleisten?

Herr Minister Dr. Metz.

Ich spreche in Vertretung des Innenministers, Herrn Dr. Buttolo, und will dazu wie folgt antworten.

Zur 1. Frage. Nach den Aussagen des Bundesinnenministers, Herrn Dr. Schäuble, bleibt die Bundespolizei in Sachsen auch nach dem Wegfall der Kontrollen an sächsischen Grenzen zu Polen und Tschechien präsent. Das ist erfreulich. Andererseits bleibt die Sicherung der Grenzen in Deutschland, unabhängig von den Kontrollen, natürlich auch Aufgabe des Bundes.

Wie der sächsische Innenminister im Rahmen einer Kleinen Anfrage im Dezember letzten Jahres in der Drucksache 4/7031 bereits dargelegt hat, ist gegenwärtig jedoch nicht klar, welche strukturellen und personellen Auswirkungen die laufenden Änderungen der Organisationsstruktur der Bundespolizei für den Freistaat Sachsen

haben werden. Die Aussagen des Bundesinnenministers lassen jedoch erwarten, dass es im operativen Bereich keine nachteiligen Veränderungen geben soll. Ob bzw. gegebenenfalls welche Auswirkungen damit auf die sächsische Polizei zukommen, hängt also vom weiteren Vorgehen auf Bundesebene ab und lässt sich daher auch erst dann konkret darstellen, wenn auf Bundesebene entsprechende Ergebnisse vorliegen. Andererseits – das will ich deutlich sagen – sorgen wir in Sachsen dafür, dass die Sicherheit der sächsischen Bürger gewährleistet wird.

Zur 2. Frage. Der Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen ist mit der Übernahme des vollständigen Schengen-Besitzstandes durch die neuen Mitgliedsstaaten verbunden. Damit entfaltet insbesondere das Schengener Durchführungsübereinkommen unmittelbare Geltung in Polen und Tschechien, worin natürlich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geregelt ist. Darüber hinaus bestehen seit 2000 bzw. 2002 ergänzende Polizeiverträge mit unseren unmittelbaren Nachbarn, mit Tschechien und Polen.

In der Praxis läuft die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bereits äußerst effektiv, wobei fast täglich gemeinsame Aktivitäten zu verzeichnen sind. Ich möchte hier beispielhaft gemeinsame Streifengänge, Kontrollen sowie Übungen erwähnen.

Erst kürzlich hat der Innenminister darüber hinaus die Lage mit seinem tschechischen Amtskollegen, Herrn Langer, erörtert. Hier ist man an einer sehr konstruktiven Zusammenarbeit äußerst interessiert.

Danke schön.

Bitte.

Herr Petzold, Sie können gleich Ihre nächste Frage stellen; Frage Nr. 8.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht um psychische Dauerstresssituationen an Schulen im Freistaat Sachsen.

Nach Einschätzung des Fachbuchautors und ehemaligen Schulleiters Horst Kasper werden in neun von zehn Schulen Kinder durch Mitschüler einer psychischen Dauerstresssituation (Mobbing) ausgesetzt. Während in Haupt- und Förderschulen Beleidigungen und körperliche Aggressionen im Vordergrund stehen, wählen die Täter an Realschulen und Gymnasien subtilere Formen der psychischen Demütigung.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Informationen, Hinweise und Erfahrungen über psychische Dauerstresssituationen (Mobbing) an Schulen im Freistaat Sachsen liegen der Staatsregierung vor?

2. Welche pädagogischen und sozialtherapeutischen Angebote für Opfer und Täter von psychischen Dauerstresssituationen sind an Schulen im Freistaat Sachsen vorgesehen, und wie haben sich diese in der Praxis

bewährt bzw. wie werden diese Angebote von den Betroffenen angenommen?

Herr Minister Flath, bitte.

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter!

Zu Ihrer 1. Frage. Das Phänomen Mobbing unter Schülerinnen und Schülern ist der Staatsregierung insbesondere im Zusammenhang mit dem Sachverhalt der schulischen Gewaltprävention bekannt. Mobbing ist ein Thema, das in Gremien der Schüler-, Eltern- und Lehrervertretungen aktiv diskutiert wird. Die Sächsische Staatsregierung wird darüber direkt informiert und erhält Informationen durch die Schulaufsichtsbehörde. So erfassen beispielsweise Schulpsychologen in ihren jährlichen Tätigkeitsberichten unter anderem geleistete Beratungen bei Lern-, Leistungs- und Verhaltensproblemen. Hier wird Mobbing auch als ein zunehmend zu beachtendes Phänomen benannt.

Zu Ihrer 2. Frage antworte ich folgendermaßen: Im Rahmen der Schulprogrammarbeit als Bestandteil der Entwicklung schulischer Qualität arbeiten Schulen daran, dass für jeden Schüler bestmögliche schulische Lebens- und Lernbedingungen geschaffen werden. In allen Schularten ist das Thema Gewalt und Mobbing Bestandteil der Lehrpläne. Im Rahmen des fächerverbindenden Unterrichts sowie als außerunterrichtliches schulisches Angebot existieren weitere Möglichkeiten zu dessen Bearbeitung.

Lehrer erhalten für ihre gewaltpräventive Tätigkeit neben der Schulleitung auch qualifizierte Unterstützung durch Beratungslehrer und Schulpsychologen.

Das Sächsische Staatsministerium für Kultus sieht es als eine wesentliche Aufgabe an, zielgerichtet in die Förderung und Entwicklung von guten sozialen Beziehungen, insbesondere von Lehrer-Schüler- und von SchülerSchüler-Beziehungen, zu investieren. Dementsprechende spezifische Angebote in zentralen, regionalen und schulinternen Fortbildungen unterstützen diese Bemühungen. So werden Fortbildungen für Lehrer zum Thema Mobbing wie auch zu den Themen Streitschlichtung und Schülerschlichtermodelle sowie zu Lebenskompetenzprogrammen angeboten.

Für jede Schule besteht zudem die Möglichkeit, im Rahmen eines Ganztagskonzeptes Projekte und Angebote auch insbesondere zu Gewaltprävention zu gestalten und hierfür finanzielle Unterstützung über die Förderrichtlinie zum Ausbau von Ganztagsangeboten oder über die Förderrichtlinie Schuljugendarbeit als Bestandteil von Ganztagsangeboten zu erhalten. Schulen nutzen hierbei auch die Kooperationsmöglichkeit mit den Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe sowie mit außerunterrichtlichen Einrichtungen.

In diesem Gesamtkontext sind alle pädagogischen und sozialtherapeutischen Angebote für Opfer und Täter von psychischen Dauerstresssituationen an Schulen zu sehen. Angebote werden für Betroffene individuell erstellt. Unter

Beachtung des systemischen Ansatzes werden Schüler, Eltern und Lehrer gleichermaßen einbezogen. Die verschiedenen Angebote werden im Einzelnen allerdings nicht statistisch erfasst.

So weit zur Antwort.

Ich bedanke mich für die Auskunft.