Protokoll der Sitzung vom 15.03.2007

Ich bin seit 1999 im Sächsischen Landtag und habe seitdem schon viele Anhörungen in verschiedenen Fachausschüssen miterlebt, aber eine solche wie die am 15. Januar 2007 im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft noch nicht. Kollege Günther hat es schon erwähnt: Es ist bisher eine Einmaligkeit, dass alle Sachverständigen quer durch alle Fraktionen für einen Antrag gestimmt haben; dass sich alle Sachverständigen in die gleiche Richtung geäußert haben.

Dieser Anhörung vorausgegangen sind seit Oktober 2005, als die Expertenkommission den Vorschlag gemacht hat, Teile der Aufgaben des Staatsbetriebes Sachsenforst zu kommunalisieren, zahlreiche Warnungen und Stellungnahmen von verschiedenen Verbänden und Organisationen, die im näheren Sinn etwas mit Wald und Forstwirtschaft zu tun haben.

Frau Altmann, machen Sie bitte einmal ein Komma. Es gibt einen Wunsch auf Zwischenfrage. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Kollegin Altmann, können Sie sich noch an die Proteste der Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter erinnern, die sogar im Landtag waren? Welche Argumente haben Sie damals vertreten?

Frau Kollegin Dr. Schwarz, ich wäre auf Sie im Laufe meiner Rede noch zu sprechen gekommen. Sie nehmen mir das nun ab und schenken mir damit sogar noch ein wenig Redezeit. Ich hätte meinem Kollegen Günther sozusagen aus der Klemme geholfen, um Ihre Frage, die Sie vorhin auch schon an ihn gerichtet haben, zu beantworten.

Erst einmal ganz grundsätzlich. Die Linksfraktion.PDS hat von Anfang an gesagt: Den Weg der Umwandlung der reinen Forstverwaltung Sachsen in einen Staatsbetrieb gehen wir uneingeschränkt mit. Sie werden von uns nie etwas anderes gehört haben. Aber weiter als bis dorthin geht es bei uns nicht.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion.PDS: Scheinselbstständigkeit!)

Bei den Protesten, die es dazu im Sächsischen Landtag gegeben hat, ging es in erster Linie um den geplanten und durchgeführten Stellenabbau bei den Waldarbeitern. Bei den Protesten, bei denen es um die Gründung des Staatsbetriebes Sachsenforst ging, ging es darum, dass es im Rahmen der Gründung des Staatsbetriebes Sachsenforst auf keinen Fall, so wie es der damalige Staatsminister Flath wollte, zu einem Unternehmen in einer wie auch immer gearteten Form des privaten Rechts kommt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das haben wir glücklicherweise zur damaligen Zeit verhindern können, auch mit Unterstützung der Proteste der betroffenen Waldarbeiter, Forstwirte usw. – So weit zur Beantwortung Ihrer Frage.

Jetzt muss ich schauen, wo ich in meinem Redemanuskript weitermache. Ich kann vielleicht einige Punkte überspringen bzw. mache an einer anderen Stelle meiner Rede weiter, weil es sich so anbietet.

Worum handelt es sich bei dem, was die Expertenkommission vorgeschlagen hat und was bis jetzt im Gesetzentwurf steht, Kollege Heinz? Welche Aufgaben des Staatsbetriebes Sachsenforst sollen nun kommunalisiert werden? Es ist erstens der Vollzug des Sächsischen Waldgesetzes, es ist zweitens die Beratung und Betreuung im Privatwald und es ist drittens die forsttechnische Betriebsleitung und der forstliche Revierdienst im Körperschaftswald. Denken wir uns diese Aufgaben beim Staatsbetrieb Sachsenforst weg, dann bleibt ein reiner Wirtschaftsbetrieb übrig. Diesbezüglich sagen wir als Linksfraktion.PDS schon: Nachtigall, ick hör’ dir trapsen!

Ist das nun ein erneuter Versuch, der damals – wie ich schon beschrieben habe – unter Minister Flath gescheitert ist, um mit der Ausgliederung dieser Aufgaben eine wie auch immer geartete Form des privaten Rechts vorzubereiten? Dem würden wir uns, Frau Dr. Schwarz, jederzeit widersetzen. Deshalb sind wir gegen die Ausgliederung dieser Aufgaben.

Zwangsläufig würden bei einer solchen Übertragung der Aufgaben an die kommunale Ebene und damit dem Schritt zu einem reinen Wirtschaftsbetrieb Dienstleistungsaufgaben, die nicht kommunalisiert werden können, unter die Räder kommen, da sie weiterhin beim Staatsbetrieb Sachsenforst bleiben müssten. Ich nenne da unter anderem das zarte Pflänzchen Umweltbildung und Waldpädagogik. Das würde bedeuten, dass weitere Arbeitsplätze im ländlichen Raum verloren gingen. Die praxisbezogenen Versuchs- und Forschungsaufgaben und die Sicherung des forstlichen Genpotenzials – um nur einige Aufgaben zu nennen, die weiterhin beim Staatsbetrieb Sachsenforst bleiben –, würden drohen, unter die Räder zu kommen. Diese können unter einem größeren wirtschaftlichen Druck nicht mehr in der Art und Weise wie bisher geleistet werden.

Meine Damen und Herren! Wenn schon nicht die im Vorfeld der Anhörung im Ausschuss von mir bereits genannten vielfachen Stellungnahmen und Warnungen von den Verbänden und Vereinen dazu geführt haben, dass sowohl im Innenministerium als auch, wie wir heute gehört haben, bei den Koalitionsfraktionen – – Na ja, vielleicht war so ein wenig Umdenken herauszuhören, wenn man guten Willens war, aber so sehr deutlich habe ich es noch nicht gehört. Ich nenne nur einige Verbände, die sich in Stellungnahmen geäußert haben: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Arbeitsgemeinschaft land- und forstwirtschaftlicher Betriebe Sachsen und Thürin

gen, Sächsischer Forstverein, Sächsischer Waldbesitzerverband, Sächsischer Forstunternehmerverband und – man höre und staune – es gibt auch eine Stellungnahme vom Hauptpersonalrat Forst im SMUL und vom Gesamtpersonalrat im Staatsbetrieb Sachsenforst.

Wenn schon das alles nichts genützt hat und wenn sich nicht wenigstens nach dem Ergebnis der Anhörung am 15. Januar etwas bewegt, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders muss ich Sie ansprechen, denn Sie haben es als Gesetzgeber in der Hand. Ich bitte Sie, lesen Sie das Protokoll dieser Anhörung, informieren Sie sich bei den Fachpolitikern Ihrer Fraktion, sprechen Sie mit den Betroffenen vor Ort und überlegen Sie sich genau, wie Sie in der entscheidenden Abstimmung im Sächsischen Landtag Ihre Stimme abgeben.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Frau Dr. Deicke, Sie sprechen für die SPD-Fraktion; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die in Sachsen anstehenden Reformvorhaben wird überall im Land heftig diskutiert. Im Vordergrund steht dabei die Diskussion über die Verwaltungs- und Funktionalreform. Im Zusammenhang damit steht die Diskussion um die Namen der zukünftigen Kreise, um die Kreissitze und um den Finanzausgleich für den Verlust von Kreissitzen.

Das ist einerseits verständlich, weil das die Menschen direkt berührt, andererseits gibt es viele Bereiche der Verwaltungsreform, die von der Öffentlichkeit bisher weniger beachtet worden sind, aber in der zukünftigen Auseinandersetzung eine große Rolle spielen werden.

Die FDP richtet die Scheinwerfer allerdings völlig einseitig auf den Sachsenforst und pickt einen Punkt der Verwaltungsreform heraus. Das ist zwar nicht der einzige strittige Punkt innerhalb des Referentenentwurfes, aber er ist sehr populär. Auf jeden Fall ist er geeignet, um nach außen hin zu punkten. Was kümmert es die FDP, dass es zunächst darum geht, dass Stellungnahmen, die bis Ende März eingereicht werden können – das Verfahren läuft also noch – von der Staatsregierung ausgewertet werden? Wir befinden uns also noch in der Phase der regierungsinternen Normenprüfung. Das Ergebnis der Prüfung kann also noch gar nicht vorliegen.

Beim Stand der Dinge bedeutet das: Wir führen praktisch eine Debatte über ein Phantom, denn der Gesetzentwurf, der dieses zum Inhalt hat, liegt dem Landtag aus den genannten Gründen noch gar nicht vor. Die SPD diskutiert öffentlich jedenfalls nicht über ungelegte Eier.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Nichtsdestotrotz haben wir natürlich eine eigene Meinung zum Sachsenforst.

Meine Damen und Herren! Bereits in der Aktuellen Debatte, die wir Ende 2005, kurz vor dem Start des Staatsbetriebes Sachsenforst, geführt haben, habe ich meiner Skepsis in Bezug auf eine Kommunalisierung Ausdruck verliehen und empfohlen, zunächst abzuwarten, bis sich die neue Struktur bewährt. Nach nunmehr einem Jahr Sachsenforst kann man bereits ein positives Resümee ziehen, aber eine Evaluierung, die das genauer belegen könnte, hat noch nicht stattgefunden.

Bei der im Januar stattgefundenen Anhörung zur zukünftigen Struktur des Sachsenforstes gaben die Sachverständigen ein klares Votum für den Staatsbetrieb Sachsenforst in seiner jetzigen Struktur ab.

Auch die Bewältigung der jüngsten Sturmschäden ist ein Stück weit bestandene Bewährungsprobe für den Sachsenforst. Ich bin heute bei der Diskussion zum Antrag der Koalitionsfraktionen, die sich mit den Sturmschäden infolge des Orkantiefs Kyrill befasst hat, schon kurz darauf eingegangen. Ich möchte auch – schon, um späteren Missverständnissen vorzubeugen – deutlich herausstellen, dass eine Kommunalisierung des Sachsenforstes im Lenkungsausschuss zur Verwaltungsreform nicht von den Vertretern der SPD, sondern gegen unseren Willen von der kommunalen Seite gefordert und durchgesetzt worden ist.

Dies alles sind für uns als SPD-Fraktion gute Gründe, sich für den Bestand von Sachsenforst als Einheitsforstverwaltung einzusetzen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Im Lenkungsausschuss!)

Trotzdem werden wir dem Antrag der FDP-Fraktion nicht zustimmen, da wir nicht losgelöst vom Gesetzentwurf eine Entscheidung hierzu treffen werden.

Danke schön.

Die NPD-Fraktion hat Herrn Despang gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich den heute vorliegenden FDP-Antrag gelesen habe, bin ich zu einer neuen Erkenntnis gelangt: Die FDP scheint lernfähig zu sein. Herr Günther und die FDP haben gelernt, dass man es in diesem Landtag zu etwas bringt, wenn man einen NPD-Antrag erst ablehnt, um ihn – absolut inhaltsgleich – wenige Wochen später als eigenen Antrag zu präsentieren.

Meine Damen und Herren! Es freut uns, wenn Sie uns kopieren. Ich verspreche Ihnen, dass wir den Wählern aufzeigen werden, von wem mancher kopierte Antrag im Original stammt und wer ihre Interessen dabei wirklich vertritt. Mit jedem weiteren NPD-Antrag, den Sie auf billigste Art und Weise kopieren, beweisen Sie den Menschen in Sachsen einmal mehr, dass viele politische Initiativen hier im Landtag von der NPD erarbeitet wurden.

Bei der Sachverständigenanhörung zur zukünftigen Struktur des Sachsenforstes am 15. Januar haben sich alle

anwesenden Experten einstimmig für den Erhalt des Sachsenforstes in seiner bisherigen Struktur ausgesprochen. Genau das und nichts anderes hatte die NPDFraktion in ihrem Antrag bereits im Juni des vergangenen Jahres gefordert. In der Begründung unseres damaligen Antrages fanden sich zum Großteil die Argumente wieder, die auch von den Sachverständigen hier in diesem Saal vorgetragen wurden.

Für uns waren die vorgetragenen Argumente aber nicht neu, sondern lediglich noch einmal eine Bestätigung unserer damaligen Position. Der Grund dafür, dass uns die Argumente der Sachverständigen nicht neu waren, liegt nicht darin, dass wir hellseherische Fähigkeiten hätten, sondern es war vielmehr ein Ergebnis dessen, dass sich die NPD-Fraktion intensiv mit den zu erwartenden Problemen beschäftigt hat. Wir haben, nachdem die Staatsregierung ihre Pläne bekannt gegeben hatte, mit vielen Beteiligten gesprochen, und für uns war sofort klar, dass dieser Teil der Verwaltungsreform keinesfalls so umgesetzt werden darf.

Bereits seit Mitte letzten Jahres liegen außerdem zahlreiche Stellungnahmen und Positionspapiere von Verbänden und Interessenvertretern des Forstbereiches vor. Alle wenden sich einmütig gegen die geplante Zerschlagung von Sachsenforst und die Kommunalisierung von forstlichen Aufgaben. Sie, meine Damen und Herren, hätten diese Stellungnahmen der Verbände nur zeitig genug lesen müssen. Die NPD-Fraktion jedenfalls hat dies getan und deshalb ihren Antrag zum Erhalt von Sachsenforst schon im September letzten Jahres hier im Plenum eingebracht.

Wenn man einmal davon absieht, dass von Ihnen allen damals keine sachlichen Argumente vorgebracht wurden, war es trotzdem interessant, welche Kunststücke Sie hier vollbracht haben, um eine Begründung für das Ablehnen unseres Antrages hervorzuzaubern. Von der CDU wurde erklärt, man wolle sich nicht mit den Plänen der Regierung beschäftigen, solange der Gesetzentwurf nicht vorliegt. Dazu kann ich nur eines sagen: Wenn die Pläne schon so schlecht sind, so gehören sie in den Papierkorb und nicht auf den Kabinettstisch. Man braucht in einem solchen Fall nicht erst auf den Gesetzentwurf zu warten, weil dieser logischerweise nicht besser sein wird. Außer der Staatsregierung sind sich alle Beteiligten einig, dass eine Zerschlagung des Staatsbetriebes Sachsenforst und die Kommunalisierung forstlicher Aufgaben erhebliche negative Folgen für die Entwicklung der Forstwirtschaft und den gesamten dem Wald zuzuordnenden Wirtschaftssektor in Sachsen haben werden.

Da die Forstwirtschaft einer der größten Arbeitgeber im ländlichen Raum ist und die Nutzung heimischer Hölzer in Zukunft einen noch größeren Stellenwert bekommen wird, muss der Sachsenforst unbedingt in seiner bisherigen Form erhalten bleiben. Diesen Standpunkt haben wir bereits in unserem Antrag vom Juni letzten Jahres deutlich gemacht. Sie haben unseren Antrag damals abgelehnt – aus rein parteipolitischen Interessen. Da sich aber die NPD-Fraktion grundsätzlich von Ihnen unterscheidet,

werden wir dem von der FDP vorgelegten Antrag zustimmen, da für uns – im Gegensatz zu Ihnen – der Wählerauftrag der Bürger im Vordergrund steht.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Weichert, Sie beschließen diese Runde für die Fraktion der GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Projekt des Staatsbetriebes Sachsenforst haben wir von Anfang an sehr kritisch gesehen. Dafür gab es zwei wichtige Gründe:

Erstens hat es wieder einmal nur zu einem Regiebetrieb nach § 26 der Sächsischen Haushaltsordnung gereicht. Regiebetriebe sind jedoch weder Fisch noch Fleisch. Sie sind wenig eigenständig und müssen sich sowohl mit der doppelten Buchführung und der Kosten-LeistungsRechnung als auch mit der Kameralistik herumschlagen. Regiebetriebe haben auch im Personal keine Eigenständigkeit. Die Besetzung von Leitungsstellen ist auch nach Ausgliederung Sache des Kabinetts.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Staatsregierung, konsequent gewesen wären, hätten Sie aus dem Sachsenforst entweder gleich eine Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine GmbH gemacht. Beide Rechtsformen hätten Sie durch Zielvereinbarung steuern und dem Sachsenforst selbst größere Freiheit gewähren können. Aber das habe ich, seitdem ich im Landtag bin, schon begriffen: Die unternehmerische Freiheit wird in der Sächsischen Staatsregierung hauptsächlich rhetorisch bemüht. Wenn es dann ernst wird, will sie doch lieber die volle Kontrolle und die Zügel in der Hand behalten.