Der Girls’ Day ist ein Weg, hierbei den jungen Mädchen andere Wege zu zeigen. Dies geschieht zwar zunehmend, aber nicht ausreichend. Ein Grund liegt unserer Meinung nach darin, dass das SMK, also das Kultusministerium, mit dem Girls’ Day sehr lieblos umgeht. Es wird gesagt, Mädchen werden auf Antrag der Eltern an diesem Tag vom Unterricht beurlaubt, wenn dem keine Hinderungsgründe entgegenstehen. Der Schulleiter entscheidet. Genau hier liegt das Problem. Das eine ist: Es gibt zwar Informationsveranstaltungen, aber zum Beispiel zur Informationsveranstaltung im Landratsamt Meißen waren alle Schulen der Region eingeladen, und es kamen tatsächlich zwei Lehrerinnen, weil diese Veranstaltung eben nicht verbindlich ist und nicht wirklich vom Kultusministerium unterstützt wird.
Eine Umfrage unter Lehrkräften, warum sie ihren Schülerinnen nicht frei gaben oder deren Teilnahme am Girls’ Day nicht unterstützten, ergab ein noch erschreckenderes Bild. Ich möchte hierfür einige Zitate nennen: „Die Schülerinnen sind doch alle unmotiviert und nicht willens, sich mit ihrer Zukunft zu beschäftigen“, oder: „Wenn überhaupt, dann sollte der Girls’ Day nur für die guten Schülerinnen sein, nicht für die, die eh nicht aufpassen“, oder: „Ich finde, die Schülerinnen sollten Bewerbungen an die Unternehmen schreiben und diese sollten auswählen, welche Mädchen zum Girls’ Day in ihre Unternehmen kommen, dann lernen sie das gleich und nicht anders. Und nein, nicht alle, nein, das geht nicht“, oder: „Der Girls’ Day ist Schultag, die können doch nicht fehlen, wissen Sie, was das für mich bedeutet? Dann kann ich keine Arbeiten schreiben, ich habe doch Unterricht zu geben, da fehlt denen dann der Stoff“, oder: „Mir ist egal, ob sich die Mädchen freigeben lassen, ich mache alles wie immer, auch mit Klassenarbeiten, ist doch freiwillig, die müssen ja nicht fehlen“.
Anderes Zitat: „Ich bin als Lehrer völlig überlastet, wissen Sie, was ich alles machen muss? Und dafür soll ich mich jetzt auch noch einsetzen?“ Oder: „Wenn so ein Tag ist, verlangen wir Unterstützung vom Regionalschul
amt.“ Es gibt auch noch diese Aussage: „Es gibt ja keine Aufforderung zur Teilnahme an diesem Tag, das ist doch freiwillig.“ Ein letztes Zitat: „Und dann sitze ich etwa mit den Jungs alleine da – oh Gott!“
Wir finden also nicht nur viel Unwissen vor, sondern auch Unsicherheit und fehlende Sensibilisierung. Schulen, aber auch Schülerinnen müssen bestärkt werden, dass es hier nicht nur um eine Auszeichnung oder um etwas Unwichtiges geht, sondern es geht um die Berufs- und damit die Lebensperspektive der Mädchen. Unser Antrag ist also eigentlich nur ein kleiner Schritt für Herrn Staatsminister Flath, aber ein großer Schritt für die Schülerinnen in Sachsen.
Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Wird es gewünscht? – Das ist nicht der Fall. – Für die Koalition spricht Frau Dr. Schwarz.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier für die Koalitionsfraktionen, und ich werde es auch relativ kurz machen; denn ich denke, wir brauchen uns hier nicht mehr gegenseitig davon zu überzeugen, wie wichtig berufsorientierende Projekte sind – wie gesagt, spreche ich auch für den Koalitionspartner – und dass sich in letzter Zeit auch in diesem Bereich viel getan hat.
Ich denke auch, die Geschichte, die Entwicklung und die Probleme sind schon so oft im Landtag behandelt worden, dass dies heute nicht noch einmal notwendig ist.
Ich habe mir den Antrag der Koalitionsfraktionen vom Januar 2005, der damals als Änderungsantrag eingebracht wurde, noch einmal angeschaut. Darin ging es um die Öffentlichkeitskampagne und die Beteiligung von Behörden und öffentlichen Einrichtungen sowie darum, die Jungen an berufsorientierenden Projekten zu beteiligen. Das ist auch nicht ganz verkehrt, obwohl sie natürlich insbesondere für Mädchen gedacht sind. Ich habe festgestellt, dass sich seit zwei Jahren wirklich sehr viel in Sachsen getan hat und dieser Antrag umgesetzt wurde. Ich bedaure, liebe Kollegin Werner, dass hier nur die negativen Beispiele zitiert werden und weniger die positiven, die es gerade hierbei auch gibt.
Es ist auch so, dass unser Dissens wahrscheinlich nur noch darin besteht, ob es eine allgemeine Schulbefreiung oder einen Freistellungsantrag gibt. Diesen Freistellungsantrag kann man sich immerhin aus dem Internet herun
terladen. Wenn dieser Dissens noch besteht, kann man dazu auch unterschiedlicher Auffassung sein; denn eine allgemeine Schulbefreiung führt vielleicht nicht zu einer solchen möglichen Rückkoppelung der Themen dieses Tages in die Schule, als wenn ein Freistellungsantrag gestellt wird. Zu dem, was als Hinderungsgründe aufgeführt wurde: Auch hier, denke ich, sind sie so eng gefasst, dass sie die Freistellung nicht so einschränken, wie Sie es dargestellt haben. Darin gibt es sicher noch einen Dissens.
Das andere, was uns immer noch bewegt, ist die Frage der Versicherung. Auch dafür gibt es www.girls-day.de. Die Mädchen sind, da dies als Schulveranstaltung betrachtet wird, bei einem Freistellungsantrag versichert, und alle, die an einem Projekt teilnehmen, das sich auf der Internetseite www.girls-day.de eingetragen hat, sind zusätzlich abgesichert. Ich denke also, dabei haben wir eine Menge erreicht, und auch diese Probleme sind gelöst.
Wenn Sie davon sprechen, dass hier keine Aufforderung stattgefunden hat, möchte ich noch einmal der Staatsministerin Orosz danken, die in einer Pressemitteilung vom 20.02. dieses Jahres alle dazu aufgefordert hat, sich an diesem Girls’ Day zu beteiligen und Angebote zu machen. Es beteiligt sich neben dem SMS und nachgeordneten Einrichtungen in diesem Jahr auch das SMWK, und ich denke, wenn wir so weitermachen, werden wir hoffentlich nicht alle Jahre wieder zu diesem Thema sprechen müssen.
Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. – Es wird nicht gewünscht. Die Frage geht an die FDP. – Frau Schütz, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße die Aufforderung zur aktiven Teilnahme von Behörden und nachgeordneten Einrichtungen der Staatsregierung am diesjährigen Girls’ Day, obwohl der Wunsch junger Menschen, im öffentlichen Dienst zu arbeiten, bei Jungen und Mädchen bereits jetzt überproportional ist.
Der Girls’ Day – Mädchenzukunftstag – soll zur Berufswahl in geschlechtsuntypischen Berufen anregen. Was wir heute erleben – dass sich Mädchen und junge Frauen wieder in traditionelle Rollen und Berufe flüchten –, ist nicht nur ein Ausdruck der problematischen Arbeitsmarktsituation, sondern auch fehlender Verbindungen zwischen Wirtschaft, Industrie, Handel, Dienstleistung und Schule. Sie flüchten deshalb, weil fehlende Ausbildungs- und Berufsperspektiven objektiv, aber auch subjektiv von den jungen Frauen bzw. den Jugendlichen allgemein in Bezug auf ihren Wunschberuf empfunden werden.
Dies führt allerdings bei jungen Mädchen und Frauen zur Zunahme der Zahl der Schwangerschaften bei unter 18-Jährigen ohne Berufsausbildung bzw. Berufserfahrung. Deshalb halte ich jede Form des Aufzeigens von Perspektiven und Alternativen bei der Berufswahl sowie Aufklä
Schade, dass die Schulbefreiung als Nummer 1 in den Vordergrund gerückt wurde statt der Aufforderung, dass sich Unternehmen aus Handel, Industrie und Dienstleistung aktiv beteiligen und die berufliche Integration wieder erlebbar machen.
Immer mehr Jugendliche sind auch in den von ihnen selbst gewählten Traumberufen nicht ausbildungsfähig. Jeder Vierte bricht seine Lehre vorzeitig ab, weil er eine komplett falsche Vorstellung von dem von ihm gewählten Beruf hatte. Deshalb unterstütze ich auch jede Form, die wieder an die Berufs- und Lebenspraxis heranführt. Auch wir werden uns in diesem Jahr wieder am Girls’ Day beteiligen, diesmal in Kooperation mit dem Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe, dem b.i.b. International College Görlitz.
Ich denke, ob Mädchen oder junge Frauen, ob Jungen oder junge Männer: Alle jungen Menschen sind in ihrer Berufswahl zu unterstützen, egal, ob sie geschlechtstypisch oder -untypisch ist. Daher sind Eltern, Lehrer, Berufsberater – kurz: Begleiter junger Menschen – allgemein aufgerufen, auch Perspektivberufe zu den Berufswünschen der jungen Menschen aufzuzeigen. In diesem Sinne werden wir dem Antrag zustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde darauf verzichten, meinen vorbereiteten Redebeitrag vorzutragen, um Sie nicht zu lange aufzuhalten.
Aber ich möchte Ihnen sagen, dass ich gemeinsam mit meinem Büro und einer Arbeitsgruppe seit dem vorigen Jahr in der Region den Girls’ Day vorbereite. Meine Erfahrungen bestätigen nur zum Teil das, was Frau Werner hier vorgetragen hat. Die Schulen stehen in der Regel diesem Girls’ Day sehr aufgeschlossen gegenüber.
Ich habe auch noch nicht erlebt, dass Mädchen nicht freigestellt worden sind. Auch das mit der Versicherung kann ich – Frau Schwarz hat es schon gesagt – bestätigen. Die Mädchen sind versichert, da gibt es überhaupt kein Problem. Deshalb bitten wir um punktweise Abstimmung und werden den Punkt 1 ablehnen.
Bezüglich des Punktes 2 sehe ich schon mehr Handlungsbedarf. Es ist so, dass die Bildungsagenturen in diesem Zusammenhang nicht gerade übereifrig sind. Es gibt vielleicht drei Dinge, die man nennen könnte:
Die „Woche des offenen Unternehmens“ darf nicht losgelöst vom bundesweiten Girls’ Day stehen. Das könnte ein Auftrag an die Staatsregierung sein. Solche Initiativen müssen ineinandergreifen. Ansonsten führt das dazu, dass die Schuldirektoren sich alternativ entscheiden, und das ist für das Engagement der Unternehmen, die entweder die Mädchen schon als zukünftige Fachkräfte entdeckt haben oder die bereit sind, sie zu entdecken, nicht hilfreich.
Es ist zum anderen nicht nachvollziehbar, warum es den Bildungsagenturen in Sachsen noch immer so schwerfällt, sich auf die Berufsorientierung von Mädchen einzulassen und die Schulen für eine aufgeschlossene und neugierige Zusammenarbeit in diesem Zusammenhang zu gewinnen.
Drittens möchte ich darauf hinweisen, dass die Förderung der landesweiten Koordinationsstelle für den Girls’ Day bei der LAG Mädchen und junge Frauen – diese wird derzeit durch den Bund gefördert – Ende dieses Jahres ausläuft. Es gibt bisher keine Zusage der Staatsregierung, den Anteil der Förderung, den bis jetzt der Bund geleistet hat – das ist eine halbe Stelle –, zu übernehmen.
Wird von der Staatsregierung das Wort gewünscht? – Das ist offensichtlich der Fall. Wenn die Frau Ministerin mit ihrem Telefonat aufhört, dann bin ich gern bereit, ihr das Wort zu erteilen. Frau Staatsministerin, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat eine wiederholte Debatte, die wir hier im Haus zu Dingen führen, zu denen wir, glaube ich, Konsens haben; denn schon zum siebenten Mal findet nun in diesem Jahr der Girls’ Day statt.
Aber in der Tat: Noch immer spielen die technischen und naturwissenschaftlichen Berufe eine untergeordnete Rolle im Berufsorientierungsprozess der Mädchen. Dass sich das ändern muss, auch darüber gibt es Konsens in diesem Hohen Hause, vor allen Dingen weil wir alle wissen, dass die Mädchen auf diesen Gebieten auf keinen Fall weniger begabt sind als die Jungen. Zum anderen fehlt, wie wir alle wissen, gerade in technischen und techniknahen Bereichen schon heute qualifizierter Nachwuchs. Deswegen kann ich auch an dieser Stelle noch einmal versichern, dass die Staatsregierung diese Aktivitäten und Initiativen begrüßt und nachhaltig unterstützt.
Die Resonanz auf die bisherigen Mädchenzukunftstage zeigt, dass der Bedarf für solche Berufsorientierungsprojekte nach wie vor vorhanden ist. Ich darf an dieser Stelle zwei Zahlen erwähnen: Gab es im Jahr 2001 bundesweit
39 Veranstaltungen, so waren es im vergangenen Jahr bereits 7 000. Ich glaube, hieran wird deutlich, dass dieses Engagement eine vielfältige Unterstützung erhält und dass wir dazu, glaube ich, keine neuerlichen Diskussionen führen müssen.
Zu der Konstellation der Freistellung hat meine Kollegin Schwarz schon gesprochen. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Ich habe auf die allgemeine Schulbefreiung für Mädchen an diesem Tag schon auf die Anfrage von Frau Lay ausführlich geantwortet. Von daher ist für mich unverständlich, warum das heute hier noch einmal debattiert wird. Auch die versicherungsrechtlichen Fragen sind praktikabel geklärt und auch ich habe – ähnlich wie Frau Herrmann – noch keine einzige Kritik zu hören bekommen, dass die eine oder andere, die Interesse gezeigt hat, nicht freigestellt worden wäre.