Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Damit komme ich zur aktuellen Förderrichtlinie. Sicher ist es richtig, die Förderperiode dem Schuljahr anzupassen und bestimmte Änderungen in Bezug auf die Schulklubs vorzunehmen. Aber, meine Damen und Herren, was die Hauptkritik an der Förderrichtlinie betrifft – auch der Kultursenat hat gesagt, die Förderrichtlinie ist bürokratisch und verhindert im Vorfeld jede Kreativität –, ist dieser Hauptpunkt nicht ausgeräumt worden! Das hat auch der Bürgermeister von Eibenstock gesagt, der in der Anhörung des Schulausschusses aus der Perspektive eines Schulträgers gesprochen hat.

Sie wollen die Schulträger stärken, sie konzeptionell in die Verantwortung nehmen, aber die Schulträger sind dafür im Moment konzeptionell gar nicht aufgestellt, auch nicht vom Personal her. Die Beantragung in Modulen erschwert den Schulen, eine eigenständige Konzeption zu erarbeiten. Die Beantragung in Modulen führt dazu, dass die Mittel nicht abfließen und Ganztagsangebote, Ganztagschule nicht in der Breite greifen kann.

Darum fordern wir die Pauschalierung der zugewiesenen Mittel und dass den Schulen die Freiheit gegeben wird, in Globalhaushalten selbst zu entscheiden und nicht jedes Jahr neu beantragen zu müssen. Sie sollen den eigenen Weg über zwei, drei Jahre mit schulinterner und -externer Evaluation beschreiten können. Aber all diese Fachlichkeit ist offensichtlich nicht gewünscht!

Sie haben davon gesprochen, außerschulische Partner einzubeziehen. Ja, natürlich, Ganztagsschule kann nur gelingen, wenn ein erweiterter Bildungsbegriff zugrunde gelegt wird. Lernen muss nicht nur im Unterricht, sondern in verschiedenen Situationen stattfinden. Dafür ist die Kooperation natürlich wichtig; das sagen Sie auch. Aber es gibt bis heute keine Vereinbarung zwischen den zuständigen Ministerien – dem Wissenschaftsministerium, dem Sozialministerium, dem Kultusministerium – zur Zusammenarbeit im Ganztagsbereich. Vor Ort wird die Bearbeitung der Anträge in die Blackbox Verwaltung

gelegt, wo außer im Regionalschulamt Bautzen keine Zuständigkeiten geklärt sind.

Wenn wir heute schon darüber reden, dann müssen wir auch über die Missstände sprechen. In einem Regionalschulamtsbezirk sind die Lehrer und die außerschulischen Partner ein Jahr lang in Vorkasse gegangen, weil die Anträge nicht rechtzeitig bewilligt worden sind. Sie haben das sozusagen aus der eigenen Tasche finanziert.

Wir fordern die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe, Schulverwaltung und Kulturarbeit, und zwar gemeinsam agierende Projektteams. Das ist für uns ein Resultat der Anhörung. Wenn man zu Ganztagsschule kommen will, braucht man die reale Zusammenarbeit aller mit Bildung Beschäftigten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genau das legt Ihre Förderrichtlinie noch nicht an. Die freien Träger fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Ich stelle fest, dass die Einführung von Ganztagsschule bislang in Sachsen weniger als halbherzig verlaufen ist und wir leider immer noch nicht, in der Breite und Qualität vorwärtskommen. Aber ich verspreche Ihnen, wir beschäftigen uns weiterhin mit diesem Thema.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von der Fraktion der FDP das Wort gewünscht? – GRÜNE? – Frau GüntherSchmidt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen, dass die neue Förderrichtlinie für Ganztagsangebote die Förderung von Schulklubs einbezieht, die bislang durch eine eigene Förderrichtlinie gewürdigt wurden.

Es geht bei den Schulklubs aber nicht um Betreuung, sondern um eine sozialpädagogisch unterstützte und begleitete Bildung, die dazu beitragen muss, dass Kinder und Jugendliche ihre Probleme bewältigen können, Antwort auf ihre Fragen finden und ihren Weg in die Welt hinaus gehen können.

Deshalb bleibt für mich in diesem Moment die Frage offen, warum Personalkosten ausgerechnet in diesem Bereich nur bis zu 50 % gefördert werden und die fachlichen Ansprüche an die Mitarbeiter in der Richtlinie doch sehr verwässert worden sind. Ich fürchte, dass das Kultusministerium eigentlich gar nicht genau weiß, was Schulsozialarbeit bedeutet.

Wir brauchen – das möchte ich ganz unmissverständlich sagen – ausgebildete Schulsozialarbeiter an den Schulen. Die Komplexität der Probleme kann nur in der Zusammenarbeit von Pädagogen, Sozialpädagogen und übrigens auch in einer angemessenen schulpsychologischen Betreuung bewältigt werden.

In diesem Zusammenhang noch eine weitere Anmerkung. Natürlich muss die pädagogische Gesamtkonzeption, die für die Förderung vorausgesetzt wird, vor allem von Lehrerinnen und Lehrern erarbeitet und umgesetzt wer

den. Deshalb unterstützen wir auch die Forderung der Lehrerverbände, in einem angemessenen Maß das Stundendeputat anzuheben.

Ich denke schon, dass die Lehrerinnen und Lehrer einen ganz erheblichen solidarischen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet haben und dass es jetzt an der Zeit ist, dass die demografische Rendite vor allem auch in Bildungsaufgaben fließt, zumal die Schülerzahlen wieder steigen.

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt nennen. Der Beratungsbedarf für die Schulen, die Ganztagsangebote entwickeln, ist sehr groß. In der Anhörung wurde der Hinweis gegeben, dass bei steigender Inanspruchnahme der Fördergelder die Arbeit der Servicestellen nicht mehr in der bisherigen Qualität fortgesetzt werden kann. Das Kultusministerium sollte darüber nachdenken, hier das Personal aufzustocken. Es wäre sicherlich gut angelegtes Geld.

Gestatten Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis an das Kultusministerium. Ich verfolge immer wieder gern und aufmerksam Ihre Publikation, insbesondere auch „sachsen-macht-schule.de“. Nun haben Sie unter der Rubrik „Ganztagsangebote“ zwar die neue Förderrichtlinie eingestellt, die entsprechende Handreichung bezieht sich jedoch noch auf die alte Förderrichtlinie. Ich weiß nicht, ob das nun ein Zeichen für die noch rückwärtsgewandte Haltung des Kultusministeriums oder einfach nur ein Versehen ist.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Herr Rohwer, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Der Debattenverlauf hat mich doch animiert, in die Bütt zu gehen, vor allem, weil Frau Bonk noch einmal nachgefragt hat, warum im Parlament noch die Ungleichheit der Meinungen besteht. Manchmal hat man den Eindruck, dass in der Opposition die Ungleichheit der Meinungen befördert wird, damit man einfach eine andere Meinung als die Regierung hat.

Ich finde, dass sich das, was die Staatsregierung und besonders das Kultusministerium mit Herrn Flath an der Spitze hier als neue Förderrichtlinie für Ganztagsangebote vorgelegt hat, sehen lassen kann. Es sind vier Module niedergelegt. Mein Kollege Colditz hat sie vorhin schon ausgeführt. Ich habe den Eindruck, dass die Schulen diese auch annehmen und sich mit den Modulen beschäftigen.

Natürlich ist es richtig, dass der erste Antrag immer etwas schwierig ist, denn man muss sich in die Antragssystematik einarbeiten usw. Aber es ist auch in der Anhörung deutlich geworden, dass bereits im zweiten Jahr alles besser läuft, weil man schon im System ist. Man weiß, worauf man achten muss, und kann sich auf die Qualitätsfortentwicklung konzentrieren. Deswegen, Frau Bonk,

sind wir ausdrücklich gegen eine Pauschalierung, weil eine Pauschalierung ein Gießkannenprinzip ist, mit dem keine Qualität entwickelt wird.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Position, Frau Bonk, war ja: Sie wollen erfahren, was die wissenschaftliche Evaluation im Einzelnen ergeben hat, insbesondere auch zur Qualitätsthematik. An einer weiteren Stelle sagen Sie einfach nur so, dass Sie eine Pauschalierung wollen. Aber wir sind doch nun lange genug in der Bundesrepublik Deutschland angekommen und wissen, dass Pauschalierung keine Qualitätsentwicklung bedeutet. Das heißt Gießkanne über das platte Land. Da findet keine Qualitätsentwicklung statt. Genau deshalb ist es richtig, so wie die Förderrichtlinie jetzt angelegt ist, dass jährlich neu beantragt werden muss. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Qualitätsentwicklung auch nachweisen können. Der Weg ist der richtige, das wollte ich hiermit unbedingt noch einmal ausgedrückt haben.

Zum Nächsten. Herr Herbst hat gesagt, dass das alles schon lange Forderungen der FDP gewesen seien. Es ist natürlich auch nicht schwer gewesen, auf diese Forderungen zu kommen, dass das alles in die Ganztagsangebotsrichtlinie hinein soll. Aber wir waren uns eigentlich alle relativ schnell einig, dass dies hineinkommt, weil die Förderrichtlinie „Schuljugendarbeit“ ausläuft. Das war klar. Es war auch klar, dass wir nicht hinter den Stand der Dinge zurückgehen werden. In der Förderrichtlinie „Schuljugendarbeit“ waren die Jugendhilfeträger bereits enthalten. Deswegen war aus meiner Sicht auch immer klar, dass in die neue Ganztagsrichtlinie Jugendhilfeträger, Schulfördervereine und andere aufgenommen werden sollen. Auch hier sind die Forderungen erfüllt worden, und es war absehbar, dass das so passieren wird.

Nächster Punkt. Frau Bonk hat noch darauf hingewiesen, dass sie der Meinung ist, dass man die regionale Beratung noch mehr nach vorn bringen muss. Frau Bonk, ich glaube, dass Sie da einen Moment in der Anhörung nicht zugehört haben. Dort ist nämlich deutlich geworden, dass das stattfindet. Es gibt nicht nur die gut arbeitende Serviceagentur Ganztagsangebote, in der Mitarbeiter des Kultusministeriums, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und auch der Wissenschaft zusammenarbeiten, sondern es ist auch durch die Regionalstellen der sächsischen Bildungsagentur untersetzt. Diese Beratung findet also vor Ort statt. Ich weiß von den Personen, die damit zu tun haben, dass sie viel im Land unterwegs sind, bei den Schulen die Beratung vornehmen und wenig in ihren Amtsstuben sitzen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dann zuerst Frau GüntherSchmidt, bitte.

Danke schön. – Herr Rohwer, ist Ihnen aufgefallen, dass in der Anhörung am 25. Mai auf meine Nachfrage vom Vertreter der Servicestellen ganz deutlich gesagt wurde, dass die personellen Kapazitäten, die für diese Beratungsleistungen zur Verfügung stehen, doch zu niedrig sind unter der Maßgabe, dass man diesmal die Fördermittel ausreichen will, und dass ganz deutlich der Hinweis kam, dass die Regionalstellen qualifiziert werden müssen, dass also tatsächlich Beratungsbedarf besteht, der im Moment nicht abgedeckt werden kann? Es war, glaube ich, die Rede davon, „man könnte Tag und Nacht beraten“.

Mir ist das bekannt, und ich habe es auch verfolgt. Wenn man noch einmal nachliest, was Herr Lorenz vorgetragen hat, so hat er deutlich gemacht, dass man sich immer mehr vorstellen kann, aber dass er relativ zufrieden damit ist und sagen kann, wir können natürlich die Arbeit erledigen, indem wir Tag und Nacht arbeiten. Er hat das nicht so eindeutig gesagt, sondern, natürlich, wenn Sie die Frage stellen, „Könnte man?“, dann muss er im Konjunktiv antworten „Ja, man könnte.“ – Aber er findet es auch ausreichend. So habe ich ihn verstanden.

Gestatten Sie eine weitere Frage, Herr Rohwer?

Ja, bitte.

Erstens. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass in unserem Antrag, in dem die Pauschalierung enthalten ist, klar davon gesprochen wird, Zielvorstellungen zu formulieren, die dann auch geprüft werden sollen? Natürlich kein Gießkannenprinzip.

Zweitens. Wo findet in Sachsen – Sie haben von Beratung gesprochen – systematisch regionale Beratung unter Einbeziehung von Partnern der Jugendhilfe, der Kulturarbeit statt? Es ist uns ein Beispiel bekannt – Herr Ohlau wirbt in der Lausitz dafür. Aber wo ist es in der Förderrichtlinie für die Bildungsagentur vorgesehen zu sagen, Partner von Jugendhilfe und Kulturarbeit einzubeziehen? Das wird meiner Meinung nach durch die Bildungsagenturen überhaupt nicht abgedeckt.

Nach meiner Auffassung ist dies anders, Frau Bonk. Es ist so, dass die Träger von Kultur und Jugendhilfe auf Schulen zugehen und mit den Schulen zusammen die Konzepte entwickeln und dass dies dann auch in der jeweiligen Schulkonferenz beschlossen wird, so wie es in der Förderrichtlinie steht. Das ist ein praktikabler Weg, der funktioniert. Das ist mein Eindruck. Herr Ohlau hat das auch in der Anhörung deutlich gemacht. Aber wenn Sie weiter im Land unterwegs sind, werden Sie auch Projekte der Kulturarbeit finden, die bereits in Ganztagsangebote eingebunden sind.

Ich glaube, dass mehr stattfindet – das könnte man unter die Debatte insgesamt setzen –, als hier in der Debatte vonseiten der Opposition zugegeben worden ist. Natürlich wird oft nach den kritischen Punkten gesucht. Ich gehe

aber davon aus, dass man, wenn man sich im Land noch einmal genauer umschaut, auch die positiven Dinge sieht und dass sich einiges entwickelt. Auch der Mittelabfluss wird besser – da bin ich ziemlich optimistisch – und das nicht nur wegen der Erhöhung der Gelder, die jede Schule bekommen kann, sondern dadurch, dass auch mehr Schulen Ganztagsangebote nutzen werden.

Letzter Punkt. Ich möchte noch einmal ausdrücklich begrüßen, dass in der neuen Richtlinie steht, dass es Projektkoordinatoren für diese Ganztagsangebote an den Schulen geben kann. Das ist eine Untersetzung, um auch die Qualität von Ganztagsangeboten an der jeweiligen Schule zu befördern. Diese Projektkoordinatoren werden sich massiv für die Qualität einsetzen, damit es sich auch im Unterricht widerspiegelt. Ich denke, wir sind mit Ganztagsangeboten in Sachsen auf einem guten Weg.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann Herr Staatsminister Flath, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Vielen Dank für die Debatte „Förderung von Ganztagsangeboten“. Sie war ausgesprochen sachlich; es war eine sehr angenehme Art, sich mit Schule zu beschäftigen. Die NPD hat sich nicht beteiligt, die PDS hat ein bisschen herumgenörgelt. Nicht alles, Frau Bonk, konnte man wirklich verstehen; und ich will mich jetzt an mein Konzept halten, weil ich mich auch bemühen will, die Koalition beieinanderzuhalten.

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall des Abg. Mario Pecher, SPD)

Es ist natürlich richtig – worauf Herr Colditz hingewiesen hat –, dass Ganztagsangebote in Sachsen schon eine langjährige Tradition haben; und es ist auch wichtig, wenn Herr Dulig anspricht, dass ein entscheidender Impuls ab dem Jahr 2005 gekommen ist, als wir dann auch die finanziellen Möglichkeiten hatten.

Wenn ich mich als Mitglied der Staatsregierung recht erinnere, ist es ja so, dass die Fraktionen der CDU und der SPD den Doppelhaushalt 2007/2008 beschlossen haben. So will ich noch etwas Ungewöhnliches tun und mich bei beiden Fraktionen herzlich für die im Vergleich zu anderen Bundesländern großartigen Möglichkeiten bedanken, die wir in Sachsen für den Ausbau von Ganztagsangeboten haben; denn damit wurde damals die finanzielle Grundlage gelegt.